Buddhismus und Umgang mit Boshaftigkeit

    • Offizieller Beitrag
    Licht:

    Ich denke was Du da beschreibst kann ein Grund für negatives, aggressives, schädigendes Verhalten sein, muss aber nicht.
    Es gibt genügend Menschen aus gutsituierten Verhältnissen und/oder in Machtpositionen die sich bösartig gegenüber schlechtsituierten und/oder machtlosen Menschen verhalten.
    Während es wiederum (gar nicht mal so wenige m.E.!) ärmere in existentiell schwierigen Situationen lebende Menschen gibt, die sehr herzlich und gütig sind.


    Ich denke jetzt gar nicht so stark an reich und arm. Sondern eher an Belastungen. Wenn du arm bist, musst du ja Armut überhaupt nicht als "Auflösung" panisch fürchten sondern kannst es vielleicht als was ganz Normales annehmen. Und damit glücklich sein. Während da jemand, dem immer erzählt wurde, er sei was Besseres und der fühlt, diesen Anforderungen nicht gewachsen zu sein, jeder Bedrohung des Status eine Aussicht auf Auflösung ist. Weil für ihn schon die Ausicht keine 1+ zu haben, sein Selbstbild bedroht. Wenn du so ein überzogenes Selbstbild hast, triffst du bei jedem Schritt auf Demütigung. Es ist nicht die reale Ohnmacht sondern die "erlebte Ohnmacht", in die der eigene Machtanspruch reinspielt.


    Aber es gibt auch noch andere Belastungen. Ich habe auch schon Leute erlebt, die früher sehr offen ware, die aber eine schwere Krankheit, verhärten hat lassen. Die haben einfach ihr Vertrauen in das Leben verloren und gehen hart und misstrauisch durchs Leben. Ich glaube es braucht sehr viele innere Kraft und auch Bemühen um dem entgegen zu wirken. Bei mir leicht es ja mich selber zu beobachten, wenn ich mal ein paar Tage Grippe hatte. Und wenn dann noch irgend eine Baleastung dazu kommt, während ich einfach nur schlafen will, bin ich um einiges grober und unverträglicher.


  • Buddhist zu sein und der Lehre des Dharma zu folgen bedeutet meiner Meinung nach NICHT, sich alles von jedem gefallen zu lassen. Du kannst sehr wohl deinen Standpunkt vertreten und es wird sicher tausend Situationen in deinem Alltag geben - öffentlich und privat - in denen du deine seelische und körperliche Gesundheit vor negativen Einflüssen und Angriffen schützen wirst müssen. Es geht nicht darum, absolut passiv zu sein, sondern gezielt, wohlüberlegt und ruhig zu agieren. Greift mich eine Person verbal an, versuche ich ruhig und sachlich zu bleiben und herauszuhören bzw. herauszufinden was der Grund dafür ist. Meistens haben Probleme am Arbeitsplatz selten etwas mit der eigenen Person zu tun und selbst wenn, betrachte ich es nur als ein Zeichen dafür, dass die andere Person Leid empfindet, es aber nicht erkennt und in ihrer Blindheit nur den Weg kennt ihren Frust und die negativen Gefühle an einer anderen Person auszulassen. Werde ich also auf persönlicher Ebene verbal angegriffen, beachte ich es nicht weiter und bleibe gelassen. Damit nehme ich meinem Gegenüber den Wind aus den Segeln. Wo keine Angriffsfläche ist, kann nichts zerstört werden. Betrifft es die Arbeit an sich, sollte man versuchen sich ruhig hinzusetzen und nach einer Lösung zu suchen. Natürlich erst nachdem sich die Stimmung beruhigt hat. Geht es unter vier Augen nicht, sollte eine dritte "neutrale" Person dazu genommen werden.


    Das gleiche gilt für köperliche Angriffe. Ich werde aus mir selbst heraus niemals der jenige sein, der einen anderen Menschen angreift oder verletzt. Das bedeutet aber NICHT, dass ich mich nicht selbst schützen oder veiteidigen darf, wenn es keine andere Möglichkeit mehr gibt. Es geht nur darum, sich dabei nicht von den negativen Gedanken und Emotionen des anderen anstecken zu lassen und somit aus Wut oder gar Hass dem anderen mehr Schaden zuzufügen als unbedingt notwendig ist. Es ist sicherlich nüzlich, wenn man z.B. eine Form der Selbstverteidigung beherrscht, aber auch da würde ich persönlich die auswählen die am wenigstens Schmerz bzw. Schaden verursacht. Karate ist für meinen Geschmack etwas zu aggressiv und hart, wenn auch sehr effizient. Daher neige ich mehr zu Arten des Kung Fu, aber das wie gesagt jedem selbst überlassen.


    FAZIT: Verteidigen JA, aber nur falls nötig und wenn, ruhig und wohlüberlegt. Egal, ob verbal oder körperlich. Der Lehre Budhas zu folgen, bedeutet nicht dem Leben gegenüber passiv zu sein.


  • Wenn's nur um mich geht, entziehe ich mich der Situation, oder auch der Person im Ganzen. Klarer Schnitt und Tschüss, wenn's geht.
    Das Mittel der Wahl, wenn ich etwas nicht ändern kann, ist Vermeiden - und bei echter Boshaftigkeit lässt sich nunmal kaum was machen, es sei denn man ist ein wirklich guter Therapeut.


    Wenn ich allerdings in die Situation gerate, dass ich meine, andere verteidigen zu müssen, wird es haarig.
    Da nehme ich den Kampf auf, und wenn mich echter Ärger erfasst, steht dieser einer Konfliktlösung meist im Weg. Also, das ist noch eine schicke Baustelle: sich ganz ohne Ärger effektiv für die Benachteiligten und Unterdrückten einsetzen! Das wäre mein Wunsch, ist aber voll schwierig.
    Sind die Trigger-Knöpfe erstmal gedrückt, laufe ich lieber weg, bevor Schaden entsteht. Es ist ja nicht so, dass ich mich nicht wehren könnte. Aber wenn man niemanden verletzen will, muss man ganz schön aufpassen. (Bei der Zufluchtnahme hab ich, glaub ich, gelobt, zu versuchen anderen zu helfen - und wenn das nicht geht, ihnen wenigstens nicht zu schaden. Wenn's kein Gelöbnis war, so war es doch ein Rat meines Meisters, den ich mir zu Herzen genommen hab.)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Mir ist noch etwas eingefallen als ich über Wiedergeburt nachgedacht habe. Ich habe jemanden an der Arbeit, der wirklich eine Prüfung ist. Einmal sagte ich mal zu mir eher spielerisch, weil ich an real stattfindender Wiedergeburt nicht so richtig glaube: Der Typ kann mir egal sein, ich brauche nur eine glückliche Wiedergeburt. Und das scheint mir nochmal darüber nachdenkend gar nicht so dumm zu sein: es wird vom konkreten aktuellen Anlass umgelengt auf das allgemeine (also nicht an Personen gebundende) langristige. Damit fällt das ärgerliche aktuelle Konktrete aus dem Focus und wird durch das langfristig Positive ersetzt. Mir schwannt, dass Wiedergeburt einen wichtigeren Platz hat im Buddhismus als ich bis jetzt geahnt habe. Jedenfalls auf konzeptioneller Ebene als Hilfestellung finde ich Wiedergeburt ein sehr nützliches Mittel um mehr Gelassenheit entwickeln zu können.


    Gruß, Anandasa

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Hallo Anandasa,

    Anandasa:

    Mir ist noch etwas eingefallen als ich über Wiedergeburt nachgedacht habe. Ich habe jemanden an der Arbeit, der wirklich eine Prüfung ist. Einmal sagte ich mal zu mir eher spielerisch, weil ich an real stattfindender Wiedergeburt nicht so richtig glaube: Der Typ kann mir egal sein, ich brauche nur eine glückliche Wiedergeburt. Und das scheint mir nochmal darüber nachdenkend gar nicht so dumm zu sein: es wird vom konkreten aktuellen Anlass umgelengt auf das allgemeine (also nicht an Personen gebundende) langristige. Damit fällt das ärgerliche aktuelle Konktrete aus dem Focus und wird durch das langfristig Positive ersetzt. Mir schwant, dass Wiedergeburt einen wichtigeren Platz hat im Buddhismus als ich bis jetzt geahnt habe. Jedenfalls auf konzeptioneller Ebene als Hilfestellung finde ich Wiedergeburt ein sehr nützliches Mittel um mehr Gelassenheit entwickeln zu können.


    wenn ich das täte, was Du beschreibst, wäre es für mich ein Flüchten aus der Gegenwart hinein in gedankliche Konzepte. Unangenehmes 'schön denken'. Da wäre ich weit weg davon, die liebevoll auf die tatsächliche Gegenwart zu antworten.


    <woltlab-metacode-marker data-name=:

    Das Gleichnis von der Säge (M21)" data-link="">

    Wenn andere euch ansprechen,


    mag ihre Rede zur rechten Zeit oder zur falschen Zeit erfolgen;
    wahr oder unwahr sein;
    sanft oder schroff sein;
    mit dem Gutem oder mit Schaden verbunden sein;
    mit einem Geist von Liebender Güte gesprochen sein oder mit innerem Haß.


    Ihr solltet euch euch so üben:


    'Wir werden keine bösen Worte äußern, mein Geist wird unbeeinträchtigt bleiben, und;
    ich werde in Mitgefühl für das Wohlergehen der Person verweilen,
    mit einem Geist voll Freundlichkeit, ohne inneren Haß.
    Ich werde verweilen, indem ich jene Person mit einem Herzen durchdringen, das von Freundlichkeit durchtränkt ist;
    und mit Freudlichkeit als Objekt werden wir verweilen, indem wir die allumfassende Welt mit einem Herzen durchdringen, das von Freulichkeit durchtränkt ist, unerschöpflich, erhaben, unermeßlich, ohne Feindseligkeit und ohne Übelwollen.'


    Der Buddha (angeblich)


    Herzliche Grüße

  • Es hilft auch daran zu denken, dass es Karma gibt: Die Rückwirkungen des eigenen Denkens und Handelns auf seinen eigenen Geist. Wer böse denkt und/oder handelt, fängt sich dadurch unheilsame Rückwirkungen auf seinen eigenen Geist ein. Der Geist verdunkelt sich immer mehr und mehr. So bekommt jeder ein Stückweit was er verdient. Aus meiner Beobachtung ist Karma nicht nur eine religiöse Idee, sondern ist ein Umstand, der real eintritt. Nicht unbedingt immer Auge um Auge und Zahn um Zahn, aber es gibt Rückwirkungen auf den eigenen Geist. Diese bösartigen Leute, die dir zu schaffen machen, bekommen also in irgwendwelchen Teilen zurück was sie verdient haben. Es ist gut zu wissen, dass man nicht nur Opfer ist.


    Allerdings funktioniert Karma aus meiner Sicht nur auf einer Mikro-Ebene, aber nicht unbedingt auf einer Makro-Ebene. Die Anführer der Roten Khmer, die noch am Leben sind, sind zwar als "Strafe" für die unzähligen Greueltaten bedingt durch ihr Karma mehr oder weniger geistig umnachtet. Dies entspricht aber nicht wirklich der Strafe, die sie für die unzähligen Morde verdient haben. Aber dafür gibt es ja die Wiedergeburt und sie müssen in kommenden Leben dafür den Rest "abbüßen". Nur dumm, wenn man nicht so richtig an Wiedergeburt glaubt ... Ich würde stattdessen sagen, dass geistige Raserei beim Menschen sehr schnell passieren kann (IS, Holocaust, Rote Kmer, etc.) und die Folgen dann einfach katastrohpal sind u.a. wegen der heutigen Technik (Maschinengewehre, usw.). Der Mensch hat nur das Denken, dass es ungerecht ist, wenn ein Mensch stirbt, es aber völlig wurscht ist, wenn dagegen ein paar Hundert Kaulquappen eines Geleges allesamt von Fischen gefressen werden. In Wirklichkeit laufen in beiden Fällen nur natürliche Phänomene ab und es gibt keinen Unterschied. Aber vielleicht ist das ganz einfach zu hart um das aushalten zu können und der Ausweg über Wiedergeburt hilft dagegen geistig unversehrt zu bleiben und nicht auch vor Entsetzen in Raserei zu verfallen. Vielleicht hat Buddha deswegen Wiedergebut aus dem Hinduismus entnommen und abgewandelt, weil er dachte, dass man das System Mensch am Ende so besser vom Explodieren und sich ständig gegenseitig umbringen bewahren kann.

    Die Dinge entstehen, existieren und vergehen. Das ist normal. Ajaan Tippakorn

  • Zitat

    Es gibt auch Menschen die es einfach cool finden bösartig zu sein.


    Was ist bösartig? Das ist ein Urteil was gefällt wird und darin ist Ablehnung versteckt. Ablehnung in extremer Form ist Hass und schon schnappt die Falle zu und man steckt selbst im Leidenssumpf fest.
    Wenn man es schafft von Urteilen wie: "das ist gut und jenes böse" abzusehen und dadurch das Wohl seines Gegenübers nicht weniger im Auge behält als sein eigenes (und umgehkehrt), findet sich die optimale Handlungsweise in der jeweiligen Situation schon.