• Beständigkeit in dieser Welt zu suchen, um dem Leid zu entgehen, ist von ebensolcher ängstlicher Enge: Es bedeutet kontrollieren wollen, sich aneignen zu wollen, sich ständig identifizieren wollen.


    Beständigkeit wurde vom Buddha ja auch nicht in dieser Welt (Samsara) gesucht, sondern in jener: Nirvana.


    Dabei kannst du auch Samsara und Nirvana nicht als Orte, sondern als "Bewusstseinssphären" oder ähnliches (was eigentlich nicht benennbar ist) verstehen.

    :rainbow:

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Ellviral.


    Ich finde die Reden ja gar nicht langweilig, sonst würde ich es nicht lesen, und es würde nicht so in mir arbeiten! Man muss sich aber vielleicht einmal vor Augen führen, wie dieser Kanon entstanden ist: Es sind die aufgeschriebenen mündlichen Überlieferungen, die in unzähligen (angeblich 500 bei ersten Konzil) Mönchen "zwischengespeichert" waren. Verschiedene Mönche waren jeweils für die "Speicherung" bestimmter Aussagenkomplexe zuständig. Und natürlich gab es auch redundante "Datenspeicherung" falls ein "Datenträger" ausgefallen ist, z.B. durch Tod. Dann wurden alle Daten gesammelt und auf Palmblätter aufgeschrieben, abgeschrieben, wieder abgeschrieben und wieder abgeschrieben und das in verschiedenen Klöstern, in verschiedenen Ländern Asiens, innerhalb von verschiedenen Schulen des Buddhismus mit jeweils anderen Schwerpunkten und Sichtweisen. Sachen wurden ergänzt, erfunden, ausgelassen, falsch abgeschrieben, etc...


    Und dann irgendwann wie z.B. 1954 in Rangun die erneute große Sammlung von allem, was sich so angesammelt hatte im Laufe der Jahrhunderte: der Kanon! Was lässt man weg? Was nimm man rein? Besser man nimmt zwei Versionen rein, wenn man nicht entscheiden kann, welche richtiger ist. Besser man nimmt 10 Versionen rein, besser 20... Und wenn die Lehre des Buddha so kostbar ist (und das ist sie!), darf man dann überhaupt etwas weglassen?! So hat man – Ratz Fatz – tausende von Seiten voll. Aber braucht man das wirklich alles? Ich muss es glückerlicherweise nicht entscheiden, und ich bin heilfroh, dass die Texte überhaupt überliefert sind und übersetzt!


    Dennoch: Es ist nüchtern betrachtet eine historisch gewachsene Sammlung mit sehr, sehr viel redundanter Information. Das kann man mit gutem Recht hinterfragen. Ich glaube, mehr Leute würde die originalen Lehren des lieber Buddha lesen, wenn der Inhalt etwas gestrafft würde.


    Viele Grüße


    Thorsten

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Eine schon lange bestehende traditionelle Einteilung der Lehre des Buddha ist: Ethik, Konzentration, Weisheit. Das sind die drei Körbe (pitakas).


    Hallo Rudolf, das ist so nicht ganz richtig. Die Einteilung ist:


    I. Vinaya Pitaka, Der Korb der Ordens Regeln


    II. Sutta Pitaka, Der Korb der Lehrsätze
    und da gehören hinein:

    Dígha Nikaya, die Längeren Lehrreden.

    Majjhima Nikaya, die Mittleren Lehrreden.

    Samyutta Nikaya, die Gruppierten Lehrreden.

    Anguttara Nikaya, die Angereihten Lehrreden

    Khuddaka Nikaya, die Kurzen Texte


    III. Abhidhamma Pitaka, der Korb der Höheren Lehrreden


    Das Sutta Pitaka besteht aus Lehrreden, die alle drei Themen behandeln: Ethik, Konzentration und Weisheit.


    Viele Grüße


    Thorsten

  • Ich gaube, es würde nicht schaden, wenn man den Palikanon mal lektorieren würde, um zumindest die ständigen Wiederholungen zu reduzieren. Wahrscheinlich könnte man so das ganze auf ein paar hundert Seiten bringen.

    Die Reden in den Übersetzungen sind ja schon reduziert.

    In Pali ist das alles viel ausführlicher. und das soll natürlich

    seinen Grund in der Wirkung haben. Nicht nur im auswendig Lernen

    sondern auch auf den eigenen Geist. Jemand der sich damit befassen

    will sollte keine Eile haben. Das hindert am tieferen Verständnis. Aber

    wenn man noch was anderes vor hast ist das natürlich was anderes.

  • Dabei kannst du auch Samsara und Nirvana nicht als Orte, sondern als "Bewusstseinssphären" oder ähnliches (was eigentlich nicht benennbar ist) verstehen.

    Richtig, Samsara und Nibbana ist kein Ort und keine "Bewusstseinssphäre".

    Samsara ist nur eine Bezeichnung für den Daseinskreislauf und Nibbanā nur

    eine Bezeichnung für das Ende des Daseinskreislauf (also Samsaras).

  • Das Sutta Pitaka besteht aus Lehrreden, die alle drei Themen behandeln: Ethik, Konzentration und Weisheit.


    Das Sutta Pitaka besteht aus allen drei Themen, weil ja über jeden Dhamma-Aspekt meditiert wird, oder nicht?


    Das ist doch offenbar, dass das Sutta Pitaka der Korb der Konzentration ist. Du hast es ja selbst begründet: die vielen, vielen wörtlichen Wiederholungen ganzer Passagen. Dies sind ja zugleich Denk-Wiederholungen beim Hörer oder beim Rezitierendem. Und das ist Meditation.

    :rainbow:

  • Die Reden wurden innerhalb von 40 Jahren gehalten und immer zu anderem Publikum. Wenn also damals jemand eine Rede verstanden hat, warum sollte er/sie noch weitere hören?


    Wer die vier edlen Wahrheiten begreift und den achtfachen Pfad betreten hat, um sich in all den Empfehlungen zu üben, braucht sich nicht mit allen Lehrreden herumzuschlagen. Aber wer begriffen hat, worum es geht, der wird vielleicht ein größeres Interesse spüren, sich damit zu beschäftigen - so wie ich das auch erst jetzt seit wenigen Jahren mache.


    Der Palikanon braucht nicht überarbeitet zu werden, ganz im Gegenteil, das würde die Lehre nur verwässern. Jede/r kann sich selbst so damit beschäftigen, wie es ihm/ihr möglich ist, denn es ist ja kein Wettbewerb und wir müssen darüber ja auch keine Diplomarbeit schreiben. Wer versteht, versteht auch ohne viel Worte. Ich behaupte sogar, eigentlich muss jemand schon viel verstanden haben, um mögliche Widersprüche in den Texten richtig einzusortieren zu können. Unterscheidungsvermögen ist da vonnöten.

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    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Hinzufügen möchte ich noch, dass das rituelle Auswendigdahersagen (Herunterleiern) von spirituellen Texten keineswegs ein Beweis für Verstehen und Wissen um den Inhalt dieser Texte ist. Wie oft kann es vorkommen, dass man einen Text von einem Gedicht oder Lied oder Zitat erst nach Jahrzehnten plötzlich begreift, obwohl man ihn schon ewig hört oder sogar selbst von sich gibt. Da frage ich mich dann, wieso habe ich diese Worte nie richtig untersucht, sondern einfach nur übernommen? Ich halte es allerdings für menschlich normal. Wir übernehmen so Vieles, ohne uns über dessen Bedeutung Gedanken zu machen. So geht es vielleicht auch so manchem jungen Mönch, der aus Tradition im Kloster lebt.

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    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Bis, ja bis ich angefangen bin die Reden lesend zu hören, beim Lesen ganz bewusste das gelesene in Gedanken zu hören und dann zeigten sich mir die Worte des Buddha, die Lehre offen.


    Es gibt immer mehr Projekte die Lehrreden als "Hörbücher" anbieten. Dann muss man sie nicht "lesend hören", sondern kann sie ganz direkt hören. So wie es früher war. Da hat man die Lehrreden nicht gelesen, sondern sie als Gemeinschaftsrezitation gehört.


    2 Projekte sind www.paliaudio.com und auch SuttaCentral.


    Leider sind die Projekte, die ich kenne, alle auf Englisch. Sie sind entweder von einem Menschen oder einer Computer-Stimme gelesen. Ein ganz einfacher, aber leider qualitativ nicht so hochwertiger Weg, die Lehrreden auf Deutsch zu hören ist, wenn man Microsofts Browser Edge benutzt. Der hat eine eingebaute Lesefunktion, natürlich ohne Pali-Kenntnisse.