Posts by Thorsten Hallscheidt

    Mir kommt vor, da wird das Nicht-Getrennt Sein der Dinge zu einer All-Einheit gemacht, der man sich mit romantischen und hoffnungsfrohen Gefühlen nähert, die dazu einladen in ihnen zu schwelgen.

    Du vergisst, dass die wirklich sehr schönen Gefühle, die auftreten, wenn Planen und Wollen, Beurteilen und Werten, Ablehnen und Kategorisieren weniger werden, den Weg erst ebnen, um den buddhistischen Pfad zu betreten. Das, was dann geschieht, ist eben wesentlich freier und schöner als alles andere, was die unbeständige Wirklichkeit und selbst die intensivsten Glücksgefühle wie ein Orgasmus oder ein Lottogewinn bieten mögen. Es erlöst von dem beständigen Mangelempfinden, es beendet das unablässige Getriebensein – und es schadet weit weniger als alles andere, weder mir noch den Mitwesen. Es ist im Gegenteil heilsam und es heilt. Das hat nichts mit Romantik zu tun. Es ist eine reale Möglichkeit des Seins, die sich zeigt, wenn es gelingt, das Tor zu öffnen. Dazu braucht es aber regelmäßige Praxis und geduldiges geistiges Training. Wenn diese Erfahrung fehlt, bleibt alles Gerede.


    Zudem setzt das Ende des ständigen Mangelempfindens und Umherrennens unglaublich viel Energie frei, Freude, Geduld und Mitgefühl mit anderen Wesen sind die Konsequenz, weil man aus einem Überfluss, nicht mehr aus einem Mangel heraus agieren kann.


    Es ist so unglaublich kräftezehrend, andauernd dem eigenen Drängen nach Wohlbefinden, Bestätigung, Ich-Sein-Müssen, Bedeutung, Sicherheit, etc. entsprechen zu müssen. Mit dem Wegfall dieser Bindungen und Gefängnisse fällt wirklich eine große Last ab, eine Last, die man vorher nicht einmal mehr gespürt hat.


    Um diese Last zumindest einmal loszuwerden, braucht es ernsthaftes geistiges Training, intensive Meditation, Kontemplation, Geduld und Disziplin. Da komm man nicht drumherum. Wenn aber der Geschmack einmal geschmeckt wurde, lässt sich diese Erfahrung nicht mehr auslöschen, und das Mutmaßen und Diskutieren, was denn unter Befreiung zu verstehen sei, hat ein Ende. Damit ist der Weg klar, und der achtfache Pfad kann betreten werden.

    Aber das geschieht doch bestenfalls nicht als Reaktion auf Vorwürfe sondern im beständigen Austausch.

    Ja, genau, darum sind auch Brückenbauer, die sich aufrichtig für die jeweils andere Seite, andere Kultur interessieren und fähig sind, Inhalte zu verstehen, zu übersetzen und zu transportieren von so unschätzbarem Wert.


    Nishitani Keiji, Hajime Nakamura, Paul Tillich, Enomiya-Lassalle, Thich Nhath Hanh waren und sind zum Teil für mich solche Figuren.

    Aber man muss natürlich auch die Frage stellen: Ist unser derzeitiger Wertekompass hinsichtlich des Dharma immer nützlich und hilfreich? Sind Wertvorstellungen oder Praktiken anderer Kulturen, die unseren Wertvorstellungen entgegenlaufen, möglicherweise hilfreicher? Und wenn ja, für wen, unter welchen Bedingungen? Prüfen, prüfen, prüfen.

    Aber wenn es buddhistische Linien gibt, die diese Integrität nicht sicher stellen können oder wollen, dann haben sie in unserem Kulturkreis eben nichts zu suchen.

    Ja, klar. Aber auch in unserer Kultur gab es auch Werteverschiebungen. In den 70er Jahren z.B. war es weit weniger anrüchig, unmittelbare sexuelle Avancen zu starten. Im Rahmen der sexuellen Befreiung galt es zum Teil sogar als verklemmt und rückständig, darauf mit Empörung zu reagieren. Heute würde man solche Übergriffe natürlich anders bewerten, weil sich auch das Bewusstsein verändert hat. Was also vor 50 Jahren in buddhistischen Gruppen noch relativ normal war, kann heute im Rückblick zum Skandal werden, zumindest wenn wir heutige Maßstäbe an die Handlungen vergangener Zeiten anlegen.

    Zudem kommen viele "authentische" buddhistische Lehrer aus wirklich sehr anderen Kulturen. Und wenn man ihr (Fehl-)Verhalten in unserer Kultur nicht kritisiert und somit nicht korrigiert, setzt sich dieses Fehlverhalten fest oder wird gar nicht erst erkannt. Die Gurus haben somit schlechte Chancen, sich an hiesige Gepflogenheiten anzupassen, bzw. sie müssten ihre eigene Unfehlbarkeit infrage stellen lassen und sich für die Kultur, in der sie lehren, interessieren. Aber wer wagt unter Buddhisten schon seinen Guru (Meister, Lehrer) zu kritisieren, und welcher Guru mag schon von seinem Thron der Allwissenheit steigen? ;)


    Ich war zum Teil erschüttert, wie wenig z.B. manche tibetische Lehrer, die hier unterrichten, über unsere Kultur wissen. Es gab Diskussionen, bei denen schnell klar wurde, dass sie sich weder für die hiesige Geschichte, Mentalität, Philosophie noch für Kultur oder sittliche Regeln interessierten.


    Die tibetischen Häuser, die ich kennenlernen durfte, versuchen ja auch möglichst viel von der tibetischen Kultur zu kopieren, sodass für die Lehrenden auch kaum ein Anpassungsdruck bestand und besteht. Im Zen, sofern ein japanischer Meister anwesend ist, oder ein europäischer, der die japanische Kultur für das Non Plus Ultra hält, ist es ja ähnlich. Man versucht Sitten, Ästhetik und Gepflogenheiten des Herkunftslandes zu kopieren. Das gilt dann als "unverfälschte Lehre". Im Theravada das Gleiche.


    Ich fand dieses unreflektierte Kopieren anderer Kultursysteme immer schon sinnlos und gefährlich, weil damit auch Missverständnisse und Konflikte importiert werden, die aus unterschiedlichen Werte- und Bildsystemen resultieren. Sexueller Missbrauch ist da nur ein Konfliktfeld unter vielen.


    Eigentlich müssten sich die buddhistischen Lehrer, die aus anderen Kulturen zu uns kommen, zunächst vielleicht im Rahmen einer Weiterbildung oder eines Studiums über die Kultur informieren, in der sie zukünftig lehren sollen. Das findet aber offenbar nicht statt. Das Ergebnis ist, dass diese Leute zwar ihre buddhistische Lehre innerhalb ihres kulturellen Kontextes vermitteln können, aber kaum in der Lage sind, diese Lehre in die neue Kultur und die anderen kulturellen Vorstellungen zu integrieren. Zudem können Sie auch oft nicht unsere Sprache, so dass man auf Dolmetscher angewiesen ist, und sie wissen auch nicht, mit welchen Bildungsgrad oder mit welchen sozialen oder psychologischen Hintergründen sie es bei ihren Schülern zu tun haben. Das fand ich ziemlich frustrierend.


    Es gibt dann natürlich auch Ausnahmen, zum Beispiel tibetische Lehrende, die an westlichen Universitäten studiert haben, eine westliche Sprache beherrschen, und sich intensiv mit der für sie neuen Kultur beschäftigt haben. Aus diesen Kontexten kommen dann auch ganz andere Inhalte.

    Christopher, Hendrik

    Denkt ihr, es gibt irgendeinen gesellschaftlichen Bereich, in dem Missbrauch nicht potenziell möglich wäre? Warum sollte der Buddhismus hier eine Ausnahme darstellen? Mich wundert nicht, dass es innerhalb von Strukturen, die ein Machtgefälle darstellen, immer wieder zu Missbrauch kommt. Ich kenne die Statistiken nicht, aber ich denke, dass es im Vergleich zu anderen Institutionen oder gesellschaftlichen Bereichen im Buddhismus möglicherweise seltener passiert – allein schon wegen der ethischen Ausrichtung (Ahimsa). Aber vielleicht ist das auch nur ein frommer Wunsch. Ich glaube jedenfalls nicht, dass ausgerechnet im Buddhismus der Grad der Vertuschung höher wäre, als anderswo.


    Was mich manchmal etwas frustriert, ist folgendes: wenn ein religiöses Oberhaupt, ein Lehrer, oder auch nur ein Praktizierender in irgendeiner Art und Weise kriminell wird, wird das oft mit einer medialen Generalkritik an der Institution beantwortet, auf die oft Austritte folgen (zum Beispiel in der katholischen Kirche). Im Gegenteil dazu führen aber Handlungen, die weit über das normale Maß positiv in der Gesellschaft wirken, nicht dazu, dass besonders medienwirksam und ähnlich umfangreich darüber berichtet oder auch eine ähnliche Zahl an Menschen in eine Kirche oder Religionsgemeinschaft eintreten würden. Skandale sind weit wirkmächtiger als positive Nachrichten, was auch ein Grund sein mag, dass religiöse Institutionen es eher vermeiden, dass diese Skandale in der Öffentlichkeit ventiliert werden. Der Schaden durch negativen Nachrichten ist einfach ungleich größer, als der Nutzen bei positiven Nachrichten.


    Gute Nachrichten sind einfach entsetzlich langweilig. :roll:

    void

    ich möchte hier einen Kommentar aus dem von mir verlinkten Zeit Artikel anbringen, den ich beachtenswert finde:

    Zitat

    "Der Anteil der Falschbeschuldigungen bewegt sich im einstelligen Prozentbereich (3%)"

    Die zugrundeliegende Studie bezieht sich auf 100 untersuchte Fälle in einem einzigen Amtsgericht und ist wissenschaftlich wertlos. Die Wahrheit ist, dass wir die Rate der Falschbeschuldigungen nicht kennen, da die absolute Mehrzahl der Verfahren entweder nicht vor Gericht landet oder dort aus Mangel an Beweisen keine eindeutige Entscheidung stattfindet. Die 3% beziehen sich auf Fälle, in denen am Ende eine tatsächliche Verurteilung wegen Falschbeschuldigung erfolgte.

    Gleichzeitig heißt es:

    "Nur ein Prozent aller Vergewaltigungen wird tatsächlich verurteilt."

    Hier wird die Argumentation zur Rate der Falschbeschuldigung plötzlich ins Gegenteil verkehrt. Es wird einfach vorausgesetzt, dass JEDE Anzeige, unabhängig davon, ob sie vor Gericht verhandelt wurde und mit welchem Ergebnis, eine Vergewaltigung war, während als Falschbeschuldigungen nur die tatsächlichen Verurteilungen zählen. Und begründet wird das dann mit der niedrigen Falschbeschuldigungsrate, also einem perfekten Zirkelschluss.


    Sexualisierte Gewalt: Zum Schweigen gebracht
    Wirft eine Frau einem Mann öffentlich sexualisierte Gewalt vor, wird schnell auf die Unschuldsvermutung gepocht. Die ist wichtig. Doch sie macht Betroffene…
    www.zeit.de

    Dazu zählt für mich auch das reflexartige Pochen auf die "Unschuldsvermutung"

    Was heißt hier schon reflexartig. Das ist nun mal die Grundlage. Und auch Frauen sind nicht per se davon ausgenommen, Dinge falsch zu bewerten oder zu lügen, oder siehst Du das anders?

    Dass wir noch immer in einer patriarchalen Arschlochgesellschaft leben, in der Männer dominieren und Frauen sehr oft strukturell benachteiligt, misshandelt und getötet werden, ist für mich wahrscheinlich ebenso unerträglich wie für Dich.

    Natürlich kann man auch da Fehler machen und falsche Aussagen können Existenzen vernichten.

    Falsche Aussagen, aber auch Missverständnisse und subjektiv unterschiedliche Interpretationen einer Situation, und nicht zuletzt auch das eskalierende Weiterverbreiten von Skandalnachrichten, die den oben genannten moralischen Furor auslösen. Bei dieser Empörungsdynamik wird aus dem Verdacht schnell eine Gewissheit, aus der Belästigung ein Missbrauch, aus dem Missbrauch die Vergewaltigung und insgesamt daraus schnell ein generelles Strukturproblem der jeweiligen Institution, ja die Institution selbst zum generellen Problem.

    Während man da einen Gericht so eine starke Beweislast und Unschuldvermutung zugestehen mag, ist es nicht gut, den 99 Frauen die da vergewaltigt wurden ohne eine Verurteilung vorweisen zu können, zu verbieten den Täter zu benennen und da innerhalb einer Institution einen eigenen nicht-gerichtlichen Prozess der Wahrheitsfindung in Gang zu bringen. Natürlich kann man auch da Fehler machen und falsche Aussagen können Existenzen vernichten.

    Ja, das sehe ich genau so. Mir ging es hier darum, ob grundsätzliches Wohlwollen, eine genaue Prüfung und auch Versuche, Erklärungen für ein Verhalten zu finden, schon als Abwehrhaltung bezeichnet werden sollten, oder ob sie nicht vielmehr im Sinne einer auch außergerichtlichen Unschuldsvermutung gerade aus buddhistischer Perspektive geboten sind. Mir ist die Empörungsdynamik in solchen Fällen unheimlich.

    Unschuldsvermutung ist keine Abwehrhaltung, sondern eine Grundlage unseres Rechtsverständnisses, auch wenn sie leider zu oft dazu führt, dass viele Sexualstraftäter ungeschoren davon kommen, da sich ihre Taten selten zweifelsfrei beweisen lassen. Sollte sie deshalb bei Sexualstraftaten nicht mehr gelten? (keine rhetorische Frage)


    Es ist auch keine Abwehrhaltung, wenn man moralische und sittliche Auffassungen anderer Kulturen oder Zeiten zur Kenntnis nimmt, und diesen Kontext mit in Betracht zieht, wenn es um eine moralische (nicht strafrechtliche) Verurteilung oder Nicht-Verurteilung von Verhaltensweisen oder Taten geht. Beispiel: Päderastie im antiken Griechenland. Nach unserer derzeitigen Rechtssprechung würden die griechischen Männer, die sexuelle Beziehungen zu Knaben hatten, im Gefängnis landen. Haben sie aber aus ihrem damaligen Moral- und Rechtsverständnis heraus falsch gehandelt? Kann man sie heute moralisch verurteilen?


    Rechtsauffassungen und moralischen Empfinden sind einem ständigen Wandel unterworfen. Und nicht zuletzt ist es eine Frage der herrschenden Macht, wie und was bewertet wird. (Dazu als Lektüre: Sexualität und Wahrheit von Michel Foucault)


    Es ist nicht hilfreich, wenn Argumente für einen Lehrer, der sexueller Übergriffe verdächtigt wurde, als Abwehrhaltung bezeichnet werden. Sollten diese Menschen trotz des Verdachtes keinen prüfenden, wohlwollenden, neutralen Blick verdienen?


    Sobald, und das ist auch Teil der Wahrheit, nur der Verdacht aufkommt, jemand könnte sexuellen Missbrauch begangen haben, sind Ruf und berufliche Existenz meist stark beschädigt, und zwar unabhängig davon, ob sich ein Verdacht bewahrheitet oder nicht. Es bleibt immer etwas hängen. Das ist fatal. Und wenn jeder, der versucht, einen solchen Verdacht aus dem Weg zu räumen oder zumindest genau zu prüfen, quasi mit-verdächtig oder als blind, devot, dumm bezeichnet wird, so hat das mit einem wohlwollenden, gerechten oder zumindest neutralen Blick auf ein Geschehnis nichts mehr zu tun, sondern eher mit moralischem Furor.

    So kann sich gleich zu den Erleuchteten zählen, ohne anstrengende Änderungen des Verhaltens, Meditation oder Selbsterkenntnis praktizieren zu müssen. Ein direkter Weg – nur leider für viele in die falsche Richtung.


    :arrow:

    Bei allem Reden und Abwägen über Schulen, Linien, Richtungen, Lehrer und Missbrauch gerät eines oft aus dem Blick: Das Feld der Arbeit und der Schulung ist mein Leben, ist mein Geist, nicht abstrakt, esoterisch, tibetisch, chinesisch, thailändisch oder japanisch, sondern völlig Alltags-deutsch-öde. Das ist mühsam, zuweilen langweilig und langwierig, nicht gerade immer von Fortschritten oder guter Laune geprägt, echt anstrengend, fordert viel Disziplin und stellt mich und meine "Weisheiten" und "Ansichten" immer wieder massiv infrage.


    Viele Leute fangen mit Buddhismus oder Meditation an. Und die meisten hören frustriert wieder auf, weil sie Wunder erwarten. Oder sie erwarten, dass sie nur den richtigen Lehrer, die richtige Linie, die richtige Schulung brauchen, um mühelos und (selbst-) zweifelsfrei zum Erwachen getragen zu werden. Da wird dann ewig diskutiert, welcher Lehrer wie authentisch ist, ob und welche Übertragung oder Berechtigung er oder sie hat, und wie viel besser die eigene Schule als andere ist. Oder die Befreiung wird einfach auf das alltägliche Maß der triebgesteuerten Wunscherfüllung reduziert. In diesem Fall bin ich ja eh schon erleuchtet. Wozu also noch Lehrer (sind eh alles Betrüger) oder Bemühungen (Wer sich bemüht, hat eh nichts verstanden).


    Das ist alles Ablenkung. Spirituelle Prokrastination!


    Dabei haben die meisten so wenig tatsächliche Entwicklung und Veränderung bei sich selbst durchgesetzt, dass die Hinweise eines hochverwirklichten, authentischen Lehrers eh verschwendet sind. Wenn die Grundlagen fehlen (und damit meine ich nicht das Wissen), sind die fortgeschrittenen Lehren eh nicht zugänglich. Und das beginnt schon damit, einfach nur den Geist ein paar Minuten stabil auf ein Objekt richten zu können (konzentrative Meditation). Von fortgeschritteneren Stufen der Meditation ganz zu schweigen. Auch Festigkeit in den Sila und in der Lehre gehören zu den Grundlagen fortgeschrittenerer Studien. Auch hier meine ich nicht das reine Wissen, sondern die Fähigkeit, das Gelernte konkret im eigenen Leben zu reflektieren und umzusetzen. Das wäre kontemplative Meditation und eine Verwirklichung der Grundlagen des Dharma im Leben.


    Auf der Ebene, auf der sich die meisten befinden (mich übrigens eingeschlossen) ist ein Grundlagenbuch zur Meditation, sind ein paar Anfänger-Sutten aus dem Palikanon schon herausfordernd genug, zumindest, wenn man das im eigenen Leben umsetzt, was da steht, und es nicht beim intellektuellen Verstehen belässt. Intellektuell sind die meisten Dinge dort für jedes Kind nachvollziehbar. Darum herrscht oft der Glaube, was ich verstanden habe, habe ich auch schon umgesetzt. Ja, Pustekuchen!


    Je länger ich persönlich praktiziere, desto weiter muss ich das Selbstverständnis bezüglich meiner Fortschritte im Dharma nach unten korrigieren. Heute bin ich schon froh, wenn ich die Sila halbwegs einhalten kann, in der Meditation nicht dauernd abschweife, mir halbwegs klarmache, dass das Bewusstsein von Altern, Krankheit, Tod, Vergänglichkeit und Verantwortung für meine Taten mein Leben weitgehend bestimmen sollten, um mit dem Dharma überhaupt anfangen zu können. Inkonsequenz ist allerdings mein zweiter Vornahme, weshalb ich gar nicht zu einem Lehrer rennen muss. Erst mal muss ich die ersten Schritte konsequent umsetzen, dann könnte irgendwann in vielen Jahren oder Jahrzehnten ein authentischer Lehrer relevant werden.


    Wir, so kommt es mir manchmal vor, reden hier wie Grundschüler, die sich darüber unterhalten, ob Professor A oder Professor B in Sachen Quantenmechanik kompetenter ist. Dabei beherrschen wir nicht mal die Grundrechenarten.


    Falls hier bei den Mitlesenden jemand dabei ist, der wirklich schon fest im Dharma ist und echte Fortschritte gemacht hat, so bitte ich natürlich die vorangegangenen Verallgemeinerungen zu entschuldigen. Aber ihn oder sie wird das Geschriebene dann eh nicht verletzen können, denn dann wäre er oder sie nicht fortgeschritten im Dharma. :party:


    Helau!

    als hätte man nicht kapiert, worum es im Zen geht.

    Seit Du hier die Ansicht vertreten hast, ein sehr guter Orgasmus sei Befreiung, ist Dein Urteilsvermögen in dieser Sache für mich zumindest fragwürdig geworden.


    Innerhalb Deiner Binnenperspektive gibt es, soweit hier zu lesen, offenbar keine Zweifel. Du weißt genau, wer "es" kapiert hat und wer nicht, Du weißt genau, wer ein Scharlatan und Betrüger ist und wer nicht. Du weißt, worum es im Zen geht, die anderen nicht. Nun gut.


    In Ermangelung eines Selbstzweifels kannst Du daher womöglich auch nichts mehr von anderen lernen, was schade ist. Wenn man (nach eigenem Dafürhalten) ganz oben angekommen ist, geht es oft nicht mehr weiter. Manchmal ist dann allerdings die Bergspitze eher eine Sackgasse. Vorschlag aus den Abgründen der Unwissenheit: Vielleicht mit dem Anfängergeist alles wieder wegwischen? :|

    Du hattest geschrieben: Seine Lehre spiegelt weder die Grundlehre Buddhas zur Aufhebung des Leidens noch die der Buddha-Natur wieder.


    Ich habe aus der Grundlehre des Buddha zitiert, die zeigt, dass sich TNH unmittelbar darauf bezieht, er also sehr wohl die Grundlehre des Buddha spiegelt. Aber sei's drum.


    Bevor es jetzt weitergeht mit dem: Du hast nichts verstanden! Nein, Du hast nichts verstanden! Du aber auch, nein Du, ... verabschiede ich mich.


    Ich kann gut damit leben, dass Du anderer Auffassung bist. Ich hoffe für Dich, dass Du den Weg weitergehst, und dass sich die Schranke irgendwann öffnet. Und wenn Du eines Tages mal frei gewesen bist, und den Geschmack der Freiheit geschmeckt hast, kannst Du Dein Floß getrost zurücklassen. Es ist nur ein Floß, Ole, nur ein Floß... Möge es Dich auf die andere Seite bringen. :klee:


    _()_

    Seine Lehre spiegelt weder die Grundlehre Buddhas zur Aufhebung des Leidens noch die der Buddha-Natur wieder.

    Der von Dir zitierte Text spiegelt nur die fünf täglichen Betrachtungen wider. Mit diesen Betrachtungen wird Mensch motiviert, den Blick von außen, nach innen zu wenden. Das ist ein Startpunkt der Lehre, keinesfalls ihr Ende. Beschäftige Dich mal mit der Grundlehre Buddhas.


    Das Sutra von den fünf Betrachtungen für jedermann ist ein guter Anfang. Hier ist der Text.


    A.V.57 Fünf Betrachtungen für jedermann - 7. Abhiṇhapaccavekkhitabbaṭhāna Sutta


    Der buddhistische Weg ist ein Weg der zunehmenden Befreiung von Enge, Bedingtheit, Abhängigkeit und Bedürftigkeit, die bestehen, solange Gier, Hass und Verblendung das Handeln motivieren. Und so beschreibt der Buddha anhand von Metaphern den allmählichen Weg der Befreiung:


    Zitat

    Gleichwie etwa, ihr Mönche, wenn ein Mann siech wäre, leidend, von schwerer Krankheit betroffen, keine Nahrung vertrüge, keine Kraft mehr im Leibe hätte; später dann wiche aber das Gebresten von ihm, die Nahrung bekäme ihm wohl, er fühlte sich wieder kräftig im Leibe; der sagte sich nun: 'Ich war früher siech, leidend, schwerkrank, die Nahrung bekam mir nicht, mein Leib war kraftlos; jetzt aber bin ich von dieser Krankheit genesen, die Nahrung schlägt mir an, ich fühle mich wieder leibeskräftig': darüber freute er sich, wäre fröhlich gestimmt.



    Das ganze Sutra beschreibt einen Weg des zunehmenden Glücks, der zunehmenden Befreiung, die in einen Zustand jenseits von Dukkha mündet. Dukkha besteht in der dynamischen Polarität von weltlichem Glück und Leiderfahrung. Lies mal das ganze Sutra.


    M. 39. (IV,9) Mahā-assapura Sutta, Vor Assapuram I


    So absurd sind Thorstens Ideen vom Normalmenschen.


    Nicht Töten; umfasst alle Lebewesen. Massentierhaltung, Artensterben, mittelbare auch menschliche (gegenwärtige und zukünftige) Tote durch ökologische Schäden, die wissend hingenommen werden. Das Töten von anderen in Gedanken und Worten gehört dazu und ist omnipräsent. Wenn das Gesetz nicht harte Strafen vorsehen würde, wären auch das faktische Töten präsenter.

    Nicht Stehlen: heißt eigentlich: nicht nehmen, was nicht freiwillig gegeben wurde. Z.B. Ausbeutung, Steuerhinterziehung, etc.

    Sexuelles Fehlverhalten vermeiden: Prostitution, Pornografie, Sexismus, etc

    Nicht Lügen: Brauchst Du Beispiele?

    Keine grobe, verletzende Rede: Z.B. Hassrede im Netz

    Keine Zwietracht sähen: Spaltung in der Gesellschaft, Spaltung in religiösen Gruppierungen, Spaltungen in der Familie.

    Sinnlose Rede vermeiden: Brauchst Du Beispiele?

    Habgier: Brauchst Du Beispiele?

    Übelwollen: Brauchst Du Beispiele?


    Verkehrte Ansicht: Klammere ich etwas aus, weil sehr spezifisch für Buddhismus. Aber auch hier sorgen selbst im buddhistischen Rahmen die Eltern nicht automatisch dafür, dass man die Wirkungsweise von Karma erkennt. Allgemeiner formuliert und mehr auf unser tägliches Leben bezogen (auch als Nicht-Buddhisten) hier.


    Weitere umfangreiche Beispiele hier:


    Die Ethik des Zen

    Das Andere darf nicht Anders sein. Und besonders nicht Negativ.

    Das hat sicher nicht viel mit der Sichtweise von TNH zu tun, soweit ich ihn anhand dessen beurteilen kann, was ich von ihm gelesen habe.


    Das geht dann so weit dass er den Christen sagt, sie sollten auf die Darstellung des Gekreuzigten verzichten - weil es für ihn eine Darstellung von Leid und Folter ist - und diese durch was harmonisches, nettes ersetzten - z.B einen lächelnden Jesus der die Arme ausstreckt.


    Jesus wurde übrigens in den ersten Jahrhunderten als Hirte oder Lehrer dargestellt, nicht als Gekreuzigter. Es gibt da also einigen Spielraum.


    Aber das Anhaften an Harmonie, Versöhnung und Friede bringt Risiken und Nebenwirkungen mit sich.

    Ich finde auch die Anhaftung des historischen Buddha an dieses "Nirvana" und diese "Befreiung" verstörend. Ich denke, er hat einiges nicht verstanden.


    Das sind fundamentale Unterschiede.

    Interessant, wie Leute, die Kategorien wie richtig und falsch, oder die Sila, eigentlich so ziemlich jede buddhistische Kategorie, ja selbst den Begriff Buddhismus ablehnen, mit der Begründung der Einsicht in die Leerheit, sich auf der anderen Seite an Unterschiede, Definitionen, Schulen, Abgrenzungen zwischen den verschiedenen buddhistischen Richtungen wortreich klammern.