Posts by Thorsten Hallscheidt

    Und offenbar auch mit Band:

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    Macht ihr auch Auftritte?

    Es fällt mir auf, dass du auf manche Beiträge achtsam eingehst, während andere scheinbar von dir mit avijjā (Unwissenheit) oder vielleicht mit einer Form von dosa (Abneigung) übersehen werden. Im Geist von sati (Achtsamkeit) und samma-vācā (rechter Rede) möchte ich dich einladen, auch den Stimmen Gehör zu schenken, die vielleicht nicht sofort mit deinen Ansichten in Einklang stehen.

    Im Sangha ist es eine wertvolle Praxis, mit upekkhā (Gleichmut) und mettā (liebender Güte) allen Beiträgen offen zu begegnen, um gemeinsam Weisheit (prajñā) zu entfalten und nicht in selektiver Wahrnehmung oder Anhaftung an eigene Sichtweisen (ditthi-upādāna) zu verharren.

    Mögen wir alle im Austausch wachsen und voneinander lernen.

    Da bekommt man ja gleich noch einen Nachhilfekurs in buddhistischer Terminologie. Vielen Dank!


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    Ich habe Deinen Beitrag (vacana) nicht übersehen (anavalokita) und wollte damit auch keine Missachtung (tiraskṛti) zum Ausdruck bringen. Da es mir manchmal an Zeit (kāla-abhāvaḥ) fehlt oder aber ich nachdenken (cintayati) muss, um eine angemessene Antwort (uttara) zu finden, kann es manchmal etwas dauern. Aber es kommt auch vor, dass ich nichts zu erwidern (virodhayati) habe.


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    Was Deinen Beitrag angeht. Hm, was soll ich dazu sagen? Mir sind diese Fakten schon lange bekannt. Allerdings ging es mir in diesem Thread mehr darum, die unter religiöser Praxis verborgene Depression zu besprechen, die mir nicht selten im buddhistischen Kontext, nicht zuletzt auch in Bezug auf meine eigene Person immer wieder mal begegnet ist. Depression als allgemeines Phänomen ist auch interessant, hier soll es aber um die Gefahr gehen, buddhistische Texte im Falle einer depressiven Grundverfassung misszudeuten. Zum Beispiel das hier:


    Zitat

    Wird dem Begehrlichen zuteil, was er begehrt,

    Gewiß ist er dann frohgestimmt,

    Wenn, was er wünscht, der Sterbliche erlangt.


    Doch wenn dem Lüstenden, erfüllt von Willensdrang,

    Die Gegenstände seiner Lust entschwinden,

    Gleichwie vom Pfeil durchbohrt, so ist er dann gequält.


    Wer Lüste, wie der Fuß den Schlangenkopf, vermeidet,

    Das Hängen an der Welt wird achtsam er verwinden.


    Nach Feldern, Land und Schätzen, nach Rindern, Pferden, Dienervolk,

    Nach Frauen, Freunden, vielen Lustobjekten wer da giert,


    Was machtlos scheint, das übermächtigt ihn, die Fährnisse bezwingen ihn.

    Hieraus dringt Leiden in ihn ein, wie Wasser in ein leckes Schiff.


    Daher soll, achtsam stets, der Mensch die Lüste meiden,

    Hat er sie aufgegeben, kreuzen kann er dann die Flut,

    Wie man hinübersetzt auf ausgeschöpftem Schiff.


    Quelle


    Die Haltung, schöne und lustvolle Dinge zu meiden aus Angst vor dem Pfeil des Verlustes führt in eine enge, ängstliche Haltung der Welt gegenüber. Zugleich ist die Analyse, die sich in diesem Vers bietet, richtig. Sobald ich mein Herz an etwas hänge, laufe ich Gefahr, Leid zu erfahren. Wenn ich aber mein Herz an nichts hänge, höre ich in gewissen Maßen auch auf zu leben. Hier liegen die Untiefen, die ich in den Jahren der Praxis immer wieder einmal wahrgenommen habe, die auch den Anlass für diese Diskussion gegeben haben. Im Zustand der Freiheit (oder was ich dafür halte) fließen Lust, Freude, Angst und Leid, ohne ins Stocken zu geraten. Das Stocken, dieses Nicht-Mehr-Fließen assoziiere ich mit depressiven Episoden. Und die können sehr tugendsam wirken – nach außen wie nach innen. Ein Trugschluss.

    Zitat

    Aber man wird ja nicht wirklich moralisch und auch nicht tugendhaft sondern bildet sich das nur ein, oder?


    Ich denke, von außen wie innen ist das manchmal nicht zu unterscheiden. Der Geist ist da schon sehr einfallsreich.

    Krishnamurtis Aussage mag philosophisch anregend sein, aber sie bleibt an der Oberfläche. Sie blendet das Leid und die Not der Betroffenen aus und bietet keine echte Unterstützung. Wahre Spiritualität sollte nicht nur zum Nachdenken anregen, sondern auch Mitgefühl zeigen und praktische Hilfe bieten.

    Darum geht es doch hier gar nicht.

    Beispiel: Ich verliere das Interesse an "sinnlichen Freuden" jeder Art und deute das als erfolgreiche Durchdringung der Realität als vergänglich und leidhaft. Ich werde leise und ruhig, und erzeuge eine äußere wie innere Maske der Freundlichkeit und Freigebigkeit, die aber im Kern eine neurotische Reaktion auf diese innere Zwangslage ist, mit dem Ergebnis, dass das Gefühl des Ausgenutzt-Werdens und der Erschöpfung auftritt, statt der Freude an der "selbstlosen Handlung". Dieses Charakterbild erscheint nach außen freundlich und tugendhaft – wenn auch etwas hölzeren. Und auch im Inneren kann dieser Eindruck entstehen. Unterdrückte Energien, Wünsche oder Triebe erzeugen oft eine mitunter zwanghafte Haltung zu Ordnung und Kontrolle. Auch das kann nach außen wie innen als Tugend der Ordnung und Selbstdisziplin aufgefasst werden. Die buddhistische Lehre kann hier leicht eine fruchtbare Basis für diese Fehleinschätzungen (Symptomatik) bieten.

    Zitat

    Wenn etwa ein Mensch aufgrund einer Depression hochmoralisch und tugendhaft wird, dann sagen Sie, was ist das für ein netter Mensch, wie hat er sich verändert!


    Krischnamurti, vollkommene Freiheit, S.46



    Eine beliebte Falle – für alle Seiten. :|

    Krishnamurti verfolgt im Grunde folgende Auffassung:

    Wenn ich mich auf die Suche nach etwas (Wahrheit, Erlösung, Rettung, etc.) begebe, werde ich auch etwas finden, das dem entspricht, was ich suche, weil die Suche immer schon das impliziert, was dann gefunden werden soll. (Joseph Beuys: Nicht suchen, finden!)


    Wenn ich etwas suche, ist damit zugleich auch eine ganze Vorstellungswelt verbunden, wie das, was ich finden möchte, beschaffen sein soll. Diese Erwartungen erfüllen dann verschiedene religiöse und spirituelle Systeme, indem sie anhand der Konstanten Alter, Krankheit, Tod und Leiden Wege suggerieren, die die als beängstigend und unzufriedenstellend erlebte Wirklichkeit gegen eine andere Seinsebene einzutauschen vorgeben. Wie sehr diese neue Ebene auf Autosuggestion und Abhängigkeit beruht, kann man anhand der Gewaltbereitschaft messen, wenn diese Systeme durch andere, konkurrierende Systeme infrage gestellt werden. Mit der Wirklichkeit haben sie jedenfalls meist nicht viel zu tun. Es sind tröstliche Spiele, Halluzinationen.


    Ich fand es immer schon sehr merkwürdig, dass ich Elemente tibetischer, japanischer oder thailändischer Kultur und Tradition übernehmen und lernen hätte sollen, um meine höchst unmittelbare Wirklichkeit zu begreifen. Nicht anders geht es mir mit dem christlichen Budenzauber, mit den Metaphern und Bildern, die kaum noch zu meiner Lebensrealität passen wollen. Ich kann sie passend machen, aber oft genug sind gewagte Denk-Konstrukte und Verrenkungen dazu notwendig.


    Religion jeder Art ist vollkommen unwirksam, solange sie sich nicht im alltäglichen Leben in völlig alltäglicher Form ereignet, dann ansonsten ist es eine private Theateraufführung, die man als Hauptdarsteller für sich selbst aufführt. Aber ist es dann noch Religion, wenn ich alles Institutionalisierte, Formalisierte, Traditionelle und Hierarchische weglasse?


    Für Krishnamurti speist sich Denken immer aus der Vergangenheit. Mit Denken sind auch alle Vorstellungen, Pläne, Hoffnungen, Strategien und "Pfade" gemeint, die institutionalisierte Religionen erzeugen und vermitteln. Die Ergebnisse oder Erfahrungen, die dieses Denkens hervorbringt, sind ebenso tot, wie auch die Vergangenheit tot ist, aus denen sich das Denken speist. Lebendig ist allein die Wirklichkeit, die sich in diesem Augenblick, im Jetzt ausbreitet.


    Denken ist eine gute und hilfreiche Sache, aber, so Krishnamurti, sie führt einen nicht zur Erfahrung der Wahrheit/Wirklichkeit. Religionen helfen oft genug, nicht mehr so genau hinzuschauen, weil sie Sicherheit, Tröstung und Identifikation versprechen. Wenn ich wütend werde, wenn jemand daran kratzt, wird schnell klar, dass diese Sicherheit trügerisch ist und die Identifikation voller Anhaftungen ist.


    Mit dem, was ich hier schreibe, möchte ich mich nicht gegen die Erfahrung dessen aussprechen, woraus Religionen ihre Erzählungen speisen. Im Gegenteil. Es ist nur fatal, wenn die Institutionen und ihre Erzählungen diese Erfahrungen vergessen, formalisieren, verdecken, verhindern oder in Hierarchien einbetten, die dann zu Machtmissbrauch unterschiedlicher Art führen.


    Zitat

    Die Erfahrung des Heiligen oder das Unbedingten oder des Religiösen kann man nicht auf ein spezielles Segment beschränken, entweder Religion ist ethisch oder ästhetisch oder was immer. Sondern Religion ist ein Inbegriff, ein Element und eine Komponente jedes Wirklichkeitsbereiches.


    Quelle



    Letztlich kann nur jeder seinen eigenen "Pfad" finden. Aber auch hier ist schon die Metapher "Pfad" irreführend, denn das, wohin all das Suchen und Streben nicht führt, ist immer schon anwesend, und es wäre alles schon "da" also Wirklichkeit, wenn wir nicht dauernd anhand exotischer oder heimischer Choreografien irgendwelche Pirouetten drehen würden, die sich Wahrheitssuche nennen.


    Der "Pfad" besteht also darin, nicht mehr zu laufen und zu suchen. Was nach Stillstand klingt, ist eine echte Bewegung, im Gegensatz zum Stillstand des Umherirrens.


    Religiöse Texte können inspirieren, sie zu vergessen. Und das wäre schon sehr viel.


    Das Besondere an der buddhistischen Lehre ist ja gerade, dass sie ihre eigene Auflösung zum Programm hat und jeden Wahrheitsbegriff in Zweifel zieht. Darum wurde Krishnamurti auch immer wieder dem Zen zugeordnet, was natürlich völliger Unsinn ist.

    Solange ich einen Schutz vor der Wirklichkeit suche, gehe ich in die falsche Richtung.


    Es ist dann eher ein Handel: Wenn ich A,B,C befolge, wird es mit besser gehen. Damit es mir gut geht, muss ich A,B,C befolgen. Und wenn Meister X,Y oder Z sagt, dass ich A,B,C nur machen muss, damit es mit besser geht, dann mache ich das. Hauptsache es geht mir besser als jetzt.

    So aus dem Kontext genommen ist die von Krishnamurti geäußerte Idee aber nicht sehr hilfreich.

    Diese Idee durchzieht das gesamte Lebenswerk von Krishnamurti, es ist der zentrale Punkt seiner Lehre, insofern von Bedeutung auch und vor allem außerhalb des historischen Kontextes.


    Auch wenn die Wahrheit ein pfadloses Land ist, führen Pfade hin.

    Eben nicht. Pfade (von anderen gegangen) führen immer daran vorbei. Im Zen ist das bekannt, und das macht auch einen guten Teil der darin verkörperten Schizophrenie aus.


    Der edle achtfache Pfad ist eine gute Sache.

    Wenn er zu seiner Auflösung führt.

    Tja, jemand wie ich, der in unendlicher Weisheit und Liebe alles Sein durchdrungen hat, hat mit solchen banalen Problemen nicht mehr zu kämpfen und muss mit Bedauern auf jene Menschen blicken, die zu blind und zu schwach sind, um solche Haltungen und Gefühle zu überwinden.


    Schade für euch.


    :|

    Ich finde es immer schwierig, wenn die Früchte des buddhistischen Pfades zu so einem Riesengeheimnis oder zu einer enormen Schwierigkeit gemacht werden, die nur wenigen Auserwählten vorbehalten ist, weil die ganze Lehre dadurch sehr unzugänglich wird. Natürlich ist es nicht leicht, die Geistesgifte völlig oder auch nur im Ansatz zu überwinden, aber auf dem Weg dahin passieren so viele positive Dinge, über die nicht zu sprechen unsinnig wäre. Die positiven Wirkungen der Lehre sind ja das, was motiviert, weiter zu praktizieren.

    Zum Beispiel hier:

    Wenn die Erleuchtungserfahrung als wundervoll empfunden wird, ist Ego in ihr gefangen, dann führt sie dazu, dass Ego glaubt, etwas Besonderes zu sein und unbedingt lehren muss.

    Ach was. Das ist viel zu hirnlastig... Wenn Du im Palikanon liest, findest Du unzählige Stellen von Buddha, seinen Schülern und Mönchen/Nonnen, die davon berichten, wie schön, wundervoll, befreiend, etc. dieses Erleben ist. Das ist gut, natürlich und richtig so.

    Meiner Meinung nach kann jemand, der VON SICH SELBST behauptet, er waere erlechtet nicht erleuchtet sein.

    Ein Mensch kann eh nicht erleuchtet sein, aber Menschen können Erleuchtung (Erwachen) erfahren. Und wenn sie dann davon erzählen, wie z.B. der Buddha oder viele andere nach ihm und vor ihm, kann das sehr motivierend für andere sein, diesen Bereich des Seins auch auszukundschaften. Es bedeutet ja nichts anderes als: Ich habe es erlebt, die Geschichten, die darüber erzählt werden, sind wahr! Es ist wundervoll und es lohnt sich, diesen Weg weiterzuverfolgen!


    Dieses Bezeugen, dass die Lehre des Buddha auf wirklichen Gegebenheiten beruht, die nicht geglaubt werden müssen, ist eine wichtige Funktion innerhalb des Sangha, denke ich. Denn die für jeden Menschen nachvollziehbare und erreichbare Realität hinter der Lehre ist es ja gerade, was den Buddhismus von vielen Religionen unterscheidet.


    Etwas anderes ist es, wenn jemand Erleuchtung oder Erwachen behauptet und benutzt, um Macht über andere auszuüben, sich aufzublasen oder sich über andere zu stellen. In diesem Fall hat die Praxis diesen Menschen wahrscheinlich in die falsche Richtung geführt.

    Aber heute hatte ich irgendwie den Eindruck, dass es eigentlich keine Achtsamkeitsübung ist, sondern es geht halt darum, dass man möglichst schön sitzt. Sonst nichts.

    Das "sonst nichts" ist der Haken und der wichtige Punkt. Versuch das mal für 10 Minuten. Sobald Du "was machst" hörst Du auf damit. Auch das Schön-Sitzen-Wollen, Aufhören-Wollen oder Nicht-Wollen ist "etwas machen". Nur Sitzen, das ist die Übung. Machst Du was anderes noch zusätzlich, lass es los.