Wenn du so weitermachst, wirst du einen Psychotherapeuten brauchen. Das ist ja vollkommen irrsinnig. Schau dir einfach die Bienen an oder meinetwegen Menschenaffen, wenn du nur denen einen Willen unterstellen willst. Die Unheilsamkeit entsteht in deinem dualistischen Gehirn.
Ach was. Ich brauche keinen Therapeuten. Ich genieße mein Leben. Aber ich weiß eben auch um die Augenblicke der Stille, in denen es ruhig ist und nichts mehr zerrt oder drückt, um irgendwas oder irgendeinen Zustand zu erreichen. Würde ich das nicht kennen, würde ich die Idee mit der Blume auch für irrsinnig halten.
Die Vorstellung von heilsam/unheilsam ist natürlich dualistisch. Damit habe ich auch kein Problem, denn es sind für einen langen Teil des Weges zumindest für mich nützliche Kategorien, die sich immer wieder in realem Erleben niederschlagen: Ursache – Wirkung.
Es gibt weder eine noch zwei Wahrheiten. Vielleicht so etwas wie die "nackte Realität".
Die "nackte Realität" erst recht nicht. Was soll das auch sein? Die zwei Wahrheiten sind buddhistische Konzepte, natürlich. Sie dienen der Orientierung. Nicht mehr, nicht weniger. Mit den meisten Texten und Konzepten ist das so. Muss man das immer wieder betonen? Wer weiß das denn nicht? Vor allem in einem Forum wie hier, das nur aus Text besteht? Der Finger ist nicht der Mond..., ok, ja doch, ok, ok, ok, darüber müssen wir nicht mehr reden und darüber können wir auch nicht reden, weil sich das alles, weil sich der Mond der Sprache komplett entzieht. Darum hast Du natürlich immer recht, wenn Du darauf hinweist. Aber es ist eben auch eine Binsenweisheit, die nirgendwohin führt.
Ich denke, für Dich sind die Sila noch immer viel zu sehr mit einem christlich/religiösen Sündenbegriff verbunden. Daher vielleicht diese Wut. Es geht nicht um Schuld und Sühne, Verbrechen und Strafe, Heilung und Krankheit. Es geht um die Stille zwischen einem Begehren, Gedanken, einer Abneigung, Vorstellung, einem Konzept und dem nächsten, die größtenteils lückenlos aufeinander folgen, wodurch es nie still wird. Manchmal entstehen in der Ruhe diese Lücken, diese Pausen. Durch diese Lücken wird etwas sichtbar, hörbar, spürbar das sonst im Rauschen untergeht. Die Sila bedingen im besten Falle die Grundlage für die Stille. Die "Geistesgifte" sind nicht "böse" und die Einhaltung der Sila ist nicht "gut". Nur ist das alles (dieses ganze Begehren, Hassen, Wollen, Aufregen, Leiden, Frustriert sein, dieses ständige ich, ich, ich, ich, ich, mir und mein) zu laut und zu grell, um (wieder) sehen, hören, riechen und schmecken zu lernen – und letztlich auch handeln. Letztlich! Sind die Schritte zu groß, legt man sich leicht auf die Fresse und hält das für Freiheit.
Er steht im Gefolge der Waldtradition von Buddhadasa Bhikkhu und hat verstanden, dass die buddhistische Übung auch Befriedigung bringen darf und kann und nicht zu so einem grüblerischen Getue führen sollte.
Natürlich bringt sie Befriedigung, sonst würde sich wohl keiner lange damit beschäftigen. Und genau diese Befriedigung ist es doch, die im Laufe der Zeit zu einer unwillkürlichen Verschiebung der Wertmaßstäbe führt. Die fette Karre ist immer noch nett und aufregend, aber sie lohnt im Vergleich eben den Aufwand an Arbeit und Zeit nicht mehr. Es gibt besseres. Und Besseres. Und Besseres. Und irgendwann ist der Geruch der Blume noch immer wundervoll. Aber es gibt vielleicht auch dann noch Besseres: Vielleicht weil der Geruch der Blume einfach da ist, ohne dass ich ihn herbei gezerrt hätte, indem ich hingegangen bin, um das Erlebnis dieses Geruchs zu haben?
Grübeln schadet nicht, wenn es mit Erleben einhergeht. Konzepte sind Landkarten oder Flöße, die man wegwerfen kann, wenn man angekommen ist. Bis dahin sind sie nützlich. Sie sind nicht die Realität – selbstverständlich nicht.