Posts by Thorsten Hallscheidt

    2500 Jahre sind keine lange Zeit. Ich denke, dass der buddhistische Weg schon in vielen und immer mehr Bereichen Teil der menschlichen Kultur geworden ist. Die Lehre ist eine, deren Anfang begütigt, deren Mitte begütigt, deren Ende begütigt (Quelle). Viele Menschen profitieren schon heute von Stressreduktion durch Achtsamkeit (der Anfang der Lehre), einige gehen weiter und können mit ihren Emotionen besser umgehen, indem sie sich nicht mehr in jedem Fall mit ihren Leidenschaften identifizieren (die Mitte der Lehre), manche gehen auch darüber hinaus, und Liebe, Mitgefühl, Mitfreude, Tatkraft, Konzentration, Geduld und Weisheit bestimmen ihr Handeln zum Wohle der Mitwesen (Richtung Ende oder Ziel der Lehre). All das sind positive und erfolgreiche Wirkungen und Ziele der Lehre des Buddha. Man muss den Weg nicht zu Ende gehen, um die Wirksamkeit der Lehre zu erfahren. Das beginnt schon am ersten Tag.


    Jeder und jede bestimmt selbst, wie weit er oder sie geht. Erleuchtung ist nicht notwendig, um die positiven Wirkungen der Lehre im eigenen Leben zu erfahren. Der Erfolg bemisst sich eher an einer Verbesserung der Lebenssituation, die weniger auf Kosten anderer Wesen geht, diese vielleicht sogar unterstützt, und nicht daran, ob alle "das Ziel" erreichen. Erleuchtung ist ein Aspekt der Lehre, und vielleicht sogar der unbedeutendste, weil er die wenigsten Menschen betrifft. Auch verhindert die Fixierung auf dieses Ziel das Wachstum all der positiven Aspekte, die schon nach den ersten Schritten Wirksamkeit erlangen. Der beinahe schon bis zur Floskel populär gewordene Satz: der Weg ist das Ziel, bringt das zum Ausdruck.


    Es gibt gute Lehrer und schlechte Lehrer. Buddha hat das gewusst und darum die gründliche Prüfung der Lehrenden anhand ihres ethischen Verhaltens zur Grundvoraussetzung gemacht, um sich diesen Menschen anzuvertrauen. Buddhismus ist keine Magie, die plötzlich aus Menschen Heilige macht. Es ist kontinuierliche Arbeit und zugleich ein Weg, auf dem es nur zu leicht ist, sich zu verirren, und zwar am Anfang, in der Mitte und am Ende... da vielleicht besonders.


    Buddhismus ist ein Weg für mein Leben. Was andere damit machen, ist dabei nur am Rande von Bedeutung. Lehrer sind Menschen wie ich, und wenn ich mein eigenes Leben betrachte, so sehe ich deutlich all die Schwankungen, Zweifel, Verblendungen, Irrwege... Aber Lehrer können inspirieren, in ihren besten Zeiten. In den schlechtesten brauchen sie vielleicht selbst Inspiration oder Hilfe oder wohlmeinende Kritik.


    Das Netz ist leider ein Ort, in dem viele Menschen sich als Lehrende präsentieren, was an sich nicht schlecht sein muss. Nur gibt es hier keine Möglichkeit, diese Menschen als Lehrende zu prüfen. Das Gleiche gilt für die "Stars" der Szene, die man nur ein paar Augenblicke zu Gesicht bekommt. Ich denke manchmal: Wer sich in den hart umkämpften Bereichen der Achtsamkeitsindustrie einen Namen gemacht und sich seine Pfründe gesichert hat, wird einiges an der buddhistischen Lehre nicht im Alltag realisiert haben können. Es ist schwer, in den strengen und heiß umkämpften Hierarchien "nach oben" zu kommen. Konkurrenz, Missgunst, Neid, Machtkalkül, spirituelle Habgier, etc. werden oft Begleiter sein, wenn nicht im eigenen Geist so im Geist der Kontrahenten – wobei der Splitter im Auge des Anderen immer leichter zu sehen ist, als der Balken im eigenen Auge. :| Dieser Kampf um Platz eins steht mit der Lehre eigentlich im Widerspruch, weshalb die Stars der Szene, die berühmten und bekannten Lehrenden auch nicht unbedingt die besten Beispiele für die Wirksamkeit der Lehre sein müssen.

    Wenn ich getötet habe, bin ich kein Mörder. Mörder ist nur ein Begriff für unliebsame Tötende, die man dann eliminieren kann. Ein Tötender im Sinne seines Auftrages ist ein Held. Der Held ist ein Mörder in dem Sinne dessen, auf den der Tötende gewirkt hat.

    Wie auch immer die Bewertung ausfällt, eine solche Tat wird Spuren hinterlassen. Vertanen aus den diversen großen oder kleinen Kriegen leiden manchmal bis zu ihrem Lebensende an ihren Taten, seien sie nun politisch gerechtfertigt oder nicht. Wenn kein Ich mehr ist, ist auch das Karma am Ende. Darum ist heilsames Handeln auch nicht automatisch ein Ausweg aus dem Daseinskreislauf.

    Wenn ich gemordet habe, bin ich ab diesem Augenblick ein Mörder. Aus dieser Position heraus handele ich ab diesem Zeitpunkt als jemand, dessen Geist der eines Mörders ist. Mit anderen Worten: Der Mord hat Spuren in meinem Geist hinterlassen. Mord ist eine krasse und heftige Tat, die massive Spuren im Geist hinterlässt. Aber jede Tat, jedes Wort, jeder Gedanke hinterlässt Spuren im Geist. Diese Spuren (karmische Samen) verändern den Geist, das bedeutet: Die psychische und physische Grundlage, auf Basis derer meine nächsten Handlungen erfolgen. So fördern heilsame Handlungen eine heilsamere Grundlage für mein Fühlen, Denken und Handeln. Unheilsame Handlungen fördern das Gegenteil. Da unsere Handlungen sehr vielen unterschiedlichen Motivationen entspringen und wir ständig auf irgendeine Art und Weise handeln, sprechen und denken, ändert sich unsere geistige "Konfiguration" ständig wie das Wetter. Aber anders als beim Wetter, haben wir bei der geistigen Wetterlage die Möglichkeit aus dem unbewussten Autopilot-Modus herauszutreten und mit dem Werkzeug der Achtsamkeit uns so oft wie möglich die potenziellen Wirkungen des eigenen Handelns vor Augen zu halten und Denken, Handeln und Sprechen eine Richtung zu geben.

    Angst ist lebendiger Widerstand. Solange ich Widerstand leiste, wird Angst da sein. Angst vor dem eigenen Tod oder dem Tod eines geliebten Menschen, Angst vor dem Krieg, dem Alter, den Schmerzen, etc... Wenn ich den Widerstand all diesen Dingen gegenüber aufgebe, endet die Angst. Das ist, als ob man noch nicht wirklich auf dem Boden der Tatsachen angekommen wäre. Jeder Zentimeter über dem Boden in Richtung von Illusion und falscher Hoffnung hat Angst im Gepäck. Die Hoffnung aufgeben. Die Hoffnung war das, was in der Büchse der Pandora blieb, nachdem alles Übel und Laster über der Welt ausgeleert wurden. Angst sagt: Hoffentlich tritt A,B,C nicht ein. Angst ist eine verzerrte Sicht auf die Tatsache, dass das, wovor ich Angst habe, eintreten wird, dass ich alles werde verlieren müssen, dass ich nichts festhalten kann – tiefe Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit bleiben zurück, wenn der Schleier der Angst fort ist – zunächst – dann vielleicht Akzeptanz und am Ende sogar Umarmung der totalen Vergänglichkeit. Angst und Hoffnungslosigkeit scheinen Geschwister zu sein. Beide haben Gier und Hass als Eltern. Die Angst ist die dünne Schicht zwischen der Wirklichkeit und mir: Samsara. Gebe ich auf, gebe ich mich hin, endet auch die Angst.

    Ich bin kein kompletter Vegetarier, richte nur mein Konsumverhalten entsprechend dem oben Gesagten aus.

    Ein guter Schritt.


    Irgendwann kommt vielleicht der komplette Verzicht – oder auch nicht. Von tierischem Leben müssen wir nicht leben. Es lässt sich alles Notwendige durch andere Nahrungsmittel ersetzen.


    Eine deutliche Reduktion und echte Wertschätzung sind aber schon sehr, sehr viel.

    Wenn das Gefühlsleben ein Musikinstrument ist, so wird es im Gleichmut oft und intensiv gespielt, ohne dass es Präferenzen gäbe, ob es die Musik laut, leise, fröhlich oder traurig wäre. Die Musik ist die Resonanz der Wirklichkeit. Mitgefühl, Ethik und Weisheit bestimmen im Gleichmut die Re-Aktionen darauf.


    Bei Gleichgültigkeit bleibt das Instrument oft stumm, um sich vor negativen Gefühlen zu schützen. Hier verhindern die Geistesgifte das offene Erleben. Das eigene Glück steht im Vordergrund. Vom Unglück oder der Hilfsbedürftigkeit anderer scheint dieses Glück eingeschränkt. Darum "schützt" man sich vor negativen Eindrücken. Aber auch vor allzu positiven Gefühlen schützt sich die Gleichgültigkeit, weil man die Enttäuschung fürchtet.


    Der Gleichmütige behält auch bei hohem (Gefühls-)Seegang die Nerven. Der Gleichgültige meidet das Meer.


    Die Praxis führt zu einem Erblühen, einer Intensivierung und Verfeinerung des Gefühlslebens bei gleichzeitiger Akzeptanz der Höhen und Tiefen, Farben und Formen. Buddhistische Praxis bedeutet in keinem Fall, dass ein Zustand der Fühllosigkeit angestrebt wird oder der emotionalen Abhärtung gegenüber der Welt, im Gegenteil.


    An guten Tagen bin ich gleichmütig. Zu oft aber gleichgültig – vor allem seit Krieg, Klimawandel, Rechtsruck, Artensterben, etc... :nosee: Mit fehlt der (Gleich-) Mut.

    Jo, das ist ein guter Punkt. Wenn der ÖPNV schlecht ist,

    • kann man Fahrgemeinschaften bilden.
    • den ÖPNV verbessern (via Gemeinderat) -> Das geschieht gerade bei uns.
    • eine eigene Meditationsgruppe im Dorf aufmachen.

    Um nicht so weit fahren müssen, haben wir hier in Maulbronn vor 7 Jahren eine Meditationsgruppe gegründet. Ansonsten hätten wir auch mindestens eine halbe Stunde fahren müssen. Das funktioniert eigentlich recht gut.


    Das regelmäßige Meditieren in einer Gruppe ist und bleibt für mich eine wichtige Sache, da eine ganz andere Form von Konzentration aufkommt, die, wenn man immer alleine sitzt, seltener erscheint. Zudem ist der Austausch mit Gleichgesinnten auch wichtig.


    Mit dem Flugzeug zum Retreat ist kritikwürdig, da es sicher in Zugentfernung auch hier in Deutschland, der Schweiz oder Österreich sehr gute Angebote gibt. Ich denke, das eigene Erwachen sollte mit so wenig Schaden für andere Wesen wie möglich einhergehen.


    Zugleich kann der Fortschritt auf dem Weg natürlich dazu führen, dass der eigene CO₂-Fußabdruck sehr deutlich sinkt, da der Konsum und auch der Wunsch nach Bedürfnisbefriedigung nachlassen kann. Aber ich denke, dass diese Fortschritte auch im regionalen Kontext möglich sind, vor allem, da alle wichtigen Schriften mittlerweile frei zugänglich und auch hier sehr fähige Lehrer anzutreffen sind.

    Ich denke, es ist gut, viele verschiedene Erfahrungen zu machen und das Glück auch im Außen zu suchen. Denn letztlich ist die Welt doch ein ebenso so spannender und schöner wie langweiliger und leidvoller Ort. Und wenn die Zeit kommt, in der ich mich verabschieden muss oder loslassen möchte, weiß ich zumindest wovon, weil ich eben Freude, Langeweile und Leiden kennengelernt habe. So kann ich schließlich – ehrlich vor mir selbst – bewerten, ob alles Dukkha ist oder nicht. Anlesen kann ich mir diese Erfahrungen jedenfalls nicht. Der Dharma entfaltet sich am besten an der konkreten Wirklichkeit.


    Buddha hat – wie zu lesen ist – das Leben zunächst bejaht, vielleicht sogar genossen, bevor der Überdruss, Furcht und schließlich Einsicht ihn den Weg nach Nirvana suchen ließ. Ich bin mir nicht sicher, ob man diesen ersten Schritt, das Leben in all seinen Facetten zu erleben, auslassen kann, um nur den zweiten Schritt der Erkenntnis und des Loslassens zu gehen.


    Ungelebtes Leben kann vielleicht ebenso viel Leid verursachen wie gelebtes. Und letztlich geht es auch bei der buddhistischen Lehre um das Erlangen von Glück – außen wie innen – durch Weisheit, Mitgefühl, Geduld, Mitfreude etc.. Es gibt ja nicht nur das Glück, das ich mir von der Welt holen kann, sondern auch das, das ich der Welt geben möchte. Klingt vielleicht nach einem ganz schlechten Tipp, wenn, wie Du schreibst, das eigene Leiden schon so heftig ist. Aber vielleicht auch nicht. Vielleicht kannst Du ja auch trotz oder gerade wegen Deiner schlimmen Erfahrungen anderen Menschen helfen, mit ihrem Leid besser fertig zu werden. Das wäre eine Art, das Glück im Außen zu suchen, die – neben der eigenen Freude am Dasein – mit Sinn und Freude am Tätigwerden für andere zu tun haben könnte.

    Anna Panna-Sati

    Wenn ein Phänomen Ursachen und Umstände als Benennungsgrundlage hat, so kann Geld nicht "eigentlich nur Papier" sein. Denn wäre es "nur" Papier, wäre es eben Papier und nicht Geld. Eine wesentliche Grundlage für Geld ist ja eben die Vereinbarung, diese spezielle Form von bedrucktem Papier als abstraktes Tauschmittel zu nutzen. Diese Eigenschaft, Tauschmittel zu sein, ist ja keine Illusion innerhalb der konventionellen Wahrheit, denn ich kann ja etwas kaufen damit und bekomme es als Entlohnung für Arbeit. Es ist sogar ein starkes Bild für das abhängige Entstehen, denn ohne die Vereinbarung, bedrucktes Papier als Tauschmittel zu nutzen, würde es kein Geld geben. Bedrucktes Papier wird also erst in Abhängigkeit von unserer kulturellen Vereinbarung Tauschmittel zu sein zu Geld. Damit hat das Geld zwar keine inhärent existierende Eigenschaft (das hat nach der Lehre von Shunyata kein Phänomen) einer Wertigkeit, aber eine strukturelle, in Abhängigkeit entstehende Wertigkeit.

    Das Flecksein der Buchstaben ist nur ein abhängig entstandener Aspekt unter vielen, die ein Phänomen Wort ausmachen. Diese Konzentration (oder Reduktion) auf Fleck-Sein oder Quark-Sein hat nichts mit der absoluten Wahrheit zu tun, denn Shunyata ist es ja gerade, womit postuliert wird, dass keine Eigenschaft, kein Phänomen, kein Ding eigenständig sein kann, sondern immer mit allem verbunden auf- und in die Existenz tritt, kontextuell und kausal. Eine Reduktion der Seinsaspekte auf "naturwissenschaftlich" oder "ontologisch" beleuchtet immer nur einen kleinen Teil der Wahrheit. Wenn dieser Aspekt dann absolut gesetzt wird (so ist es, DAS, dieser Aspekt ist die Wahrheit und der Rest ist Illusion), hat das mit Shunyata nichts mehr zu tun.

    Dieses Konzept wurde so vereinbart und um Verirrung/Verwirrung zu vermeiden, sollte es vernünftigerweise akzeptiert werden, auch, wenn es nicht der "absoluten Wahrheit" entspricht (als Buddhist wird man sich dessen bewusst sein).

    Nein, Anna, es gibt keine absolute Wahrheit hinter der Rose. Die Rose ist Produkt des abhängigen Entstehens, darum und nur darum ist sie Rose. Alle Ursachen und Umstände (auch die der Benennung oder kulturellen Definition in all ihrer Vielfalt) gehören dazu. Die Rose entspricht so vollkommen der absoluten Wahrheit, denn es gibt keine andere. Keiji Nishitani nennt das absolute Diesseitigkeit. Keine Realität hinter den Erscheinungen. Die Erscheinungen sind die Realität im höchsten Sinne.

    Igor07

    Das ist wieder nur eine neue Konstruktion. Da sind auch keine eigentlichen "flimmernden Flecken", die aus sich selbst heraus existieren würden. Auch diese Konstruktion besteht in Abhängigkeit von Deinen Vorstellungen und Sichtweisen. Da sind – in Abhängigkeit von Fähigkeit, Bildungsgrad, kultureller Zugehörigkeit, physischer, sozialer Disposition, ect., u.s.w. ... – Worte, die einen Kontext bilden. Es gibt nichts Eigentliches. Es gibt keine Wirklichkeit, die eigentlich ganz anders ist, weil das "Eigen" nicht existiert und nicht existieren kann. Das, was da ist, ist da, abhängig entstanden und nur in Relation, Bezug und Abhängigkeit zu anderem existent. Ein Geldschein ist ein Geldschein. Eine Rose ist eine Rose.

    Und die Begründung?

    Weil ich Blumen und Wolken erlebe, sehe, rieche und spüre – elektromagnetischen Wellen nicht. Diese "Wellen" ersetzen intersubjektive Begriffe, die auf einer in Form von Erfahrung wirklichen (=wirksamen) Benennungsgrundlage beruhen, durch abstrakte Vorstellungen, die keine Benennungsgrundlage mehr haben und auch mit keiner Erfahrung mehr verbunden sind. Das Leiden kommt nicht dadurch zustande, dass ich Blumen oder Wolken sehe, sondern dadurch, dass Gier, Hass und Unwissenheit aufkommt, wenn ich positive oder negative Erfahrungen mache, die ich gerne besitzen oder vermeiden möchte und deren Bedeutung ich übertreibe.

    Nirvana ist das vollkommene Ende der Geistesgifte, Nirvana ist Friede.

    Samsara ist vollkommen geprägt durch die Geistesgifte, Samsara ist ohne Frieden.


    Wollte man sagen, beide seien identisch, würde man behaupten, Frieden sei Krieg und Verwirrung sei Klarheit.


    Wenn ein Wahn endet, endet nicht das, worauf sich der Wahn bezieht. Wenn ich ein Seil im Garten für eine Schlange halte und merke dann, dass es ein Seil ist, ändert sich nichts an der Tatsache, dass dort etwas ist, das als Schlange oder Seil erscheinen kann. Es ist aber weder Seil noch Schlange.


    Die wahnhaften Vorstellungen, Bilder und Einschätzungen bezogen auf die Wirklichkeit sind Produkte der Geistesgifte. Enden die Geistesgifte, endet nicht die Wirklichkeit. Der Wahn endet.

    Nanu

    Ja, das ist ein guter Punkt. Ich weiß natürlich nicht, wie es tatsächlich sein wird, wenn ich schwerkrank, verarmt und vereinsamt vor dem Tod stehe oder vor einer Perspektivlosigkeit in Schmerzen, Verwirrung und Vergesslichkeit. Möglicherweise ist diese "Abgeklärtheit" nur das Pfeifen im Walde. Mir bleibt nur, auf andere Praktizierende zu verweisen, die trotz hohen Alters und Todesnähe, eine freundliche und oft fröhliche Offenheit bewahren und bewahrt haben – nicht nur bei den Buddhisten.


    Die buddhistische Praxis bezieht die Vergegenwärtigung von Krankheit und Tod als tägliche Übung mit ein. Und zugleich geschieht ein Perspektivwechsel: Die Angst vor dem Tod hat viel mit der Angst vor dem Sturz in einen Abgrund zu tun – bis man realisiert, dass man selbst dieser Abgrund ist. Dieser Satz stammt nicht von mir, ich habe ihn bei einem Vortrag gehört, und leider vergessen, wo es war. Aber dieser Satz hat – in Verbindung mit Erfahrungen in der Meditation – etwas in mir in Bewegung gebracht.

    Ich werde nur sehr wenig Rente haben, der Körper wird alt und krank, ich werde in den nächsten Jahren oder Jahrzehnten sterben. Allgemein nimmt die Kraft ab, das Geld wird weniger, und der Körper wird auch zunehmend unattraktiver. Die jungen Leute werden übernehmen, ihr Leben und ihre Ziele verfolgen. Ich komme nach und nach aufs Abstellgleis.


    Die buddhistische Lehre ermöglicht es mir, mich darauf einzustellen, mein Leben so zu verändern, dass ich diesen Entwicklungen mit Ruhe, ja sogar mit Neugierde und Freude entgegensehe.


    Meine Bedürfnisse sind deutlich weniger geworden. Auch eine kleine Rente wird mich gut ernähren. Ich brauche nicht viel Platz, auch in einem Zimmer oder einer Nische oder einem Dachboden werde ich mich gut entfalten können, denn der Geist ist frei, zu wandern, wohin er möchte. Zudem ist die Welt groß genug und schön, zumindest so lange ich werde laufen können oder rollen oder aus dem Fenster schauen. Und wenn das alles nicht mehr geht: In der Meditation habe ich gelernt, mich an einem Ort der Stille einzurichten, der auch bei sehr widrigen Bedingungen zugänglich bleibt – vielleicht sogar in Sterben und Tod. Auf dem Abstellgleis wachsen viele unterschiedliche Pflanzen. Insekten leben dort, und allgemein ist dort nicht so viel Trubel. Im Inneren treibt mich der Sex weniger vor sich her, was die Welt wieder größer macht.

    Hallo Samadhi1876

    Vielleicht wäre es doch ganz gut, sich etwas intensiver mit der buddhistischen Lehre auseinanderzusetzen, falls Buddhismus für Dich überhaupt von Interesse ist. Das könnte einige Überraschungen und hilfreiche Perspektiven bieten. Aber vielleicht bist Du ja auch mit der Praxis, die Du Dir selbst zusammengestellt hat, ganz zufrieden. Das wäre doch ideal. In jedem Fall gibt es einige Unterschiede zwischen der buddhistischen Lehre und dem, was Du – nach dem, was Du schreibst – dafür hältst. Vor allem ist doch das Ziel weit umfassender und auch Begriffe wie Leerheit oder Erleuchtung/Erwachen sind um einiges radikaler und existenzieller. Und dabei geht es nicht in erster Linie darum, dass man den äußeren, materiellen Besitz verschenkt. Aber das ist an dieser Stelle zu umfangreich, um es in einer Diskussion zu erläutern, bei der die Beschäftigung mit der Lehre generell bezweifelt wird. ;)