Hallo in die Runde.
Offenbar haben Buddhisten ein Problem mit der Vergänglichkeit:
"Was aber vergänglich, ist das leidig oder freudig?" - "Leidig, o Herr."
Aber ist dieses Urteil auch richtig? Bleibt am Ende von jeder Erfahrung wirklich nur das Leid übrig? Vielleicht ist der Satz richtiger, wenn man den Begriff Dukkha besser im Sinne von Frustration und Ungenügen übersetzt: Wenn nichts Bestand hat, ist das meiste Bemühen – um was auch immer – sinnlos – und das ist dann unter Umständen tatsächlich ziemlich frustrierend. Zum Beispiel, wenn sich jemand Jahrzehnte hindurch um eine Karriere (ein Haus, einen Job, Reichtum, Ruhm, Ehre, Gewinn, etc.) bemüht hat und am Ziel angelangt merkt: "So besonders ist dieser Zustand auch nicht, es kostet ständige Mühe, ihn zu bewahren und irgendwann werde ich alt werden und sterben, da nutzt mir diese Karriere (dieses Haus, dieser Job, dieser Reichtum, Ruhm, Ehre, Gewinn, etc.) auch nicht." Da fragt man sich dann wahrscheinlich: "Warum habe ich mein Leben mit so einem Quatsch verschwendet? Alles zerrint mir jetzt zwischen den Fingen und nichts bleibt übrig."
Aber wie ist es mit den flüchtigen Formen des Glücks, die man gar nicht wollen, um die man sich nicht bemühen kann, die einfach geschehen, ohne dass man auf die Idee käme, sie festzuhalten? Ist es richtig und "fair" das Erleben von Glück immer nur von seinem Ende, von der Vergänglichkeit her zu betrachten? Dieser Leib und dieser Geist sind auch zur Empfindung von Freude fähig. Ist es wirklich so wichtig, dass etwas bleibt und nicht vergänglich ist, wenn immer nur eines faktisch existiert: und das ist die Gegenwart in ständiger Wandlung? Der Wille, bestehende Freude in eine unbestimmte Zukunft zu verlängern zu wollen, oder die Furcht, bestehende freudvolle Zustände zu verlieren, das Streben nach zukünftigem Glück, die Furcht vor zukünftigem Leid sind oft genug das Gift, das die Wirklichkeit durchdringt und leidvoll macht und all die Quellen der Freude verschüttet, die die Welt bereithält.
Ich freue mich an vielen Dingen. Und oft ist es auch in Ordnung, wenn sie dann vergehen. Hätte Buddha mir diese Frage gestellt: Was aber vergänglich, ist das leidig oder freudig? hätte ich vielleicht geantwortet: Kommt darauf an... Wahrscheinlich hätte er mich kopfschüttelnd wieder zum Meditieren geschickt.
Viele Grüße
Thorsten