Candrakirti Madhyamakavatara

  • Der Bodhisattva weiß, dass die Weisheit irgendwann voll ist, doch Erleuchtung endet erst mit dem Zerfallen.

    Aufgrund welcher Kriterien weiß denn der Bodhisattva, dass die Weisheit voll ist? Dass die Weisheit voll ist, bedeutet doch, irgendwann ist die Entwicklung der Weisheit abgeschlossen und kann dann nicht mehr weiter entwickelt werden.


    Was muss denn zerfallen, damit die Erleuchtung, die der Bodhisattva anstrebt, endet? Warum muss denn die Erleuchtung, die ein Bodhisattva verwirklicht, zu Ende gehen?

    Genau das sind die Fragen, auf die man trifft, wenn Weisheit voll ist doch Erleuchtung nicht endet. Alles rhetorische Fragen und Unterstellungen jede Frage enthält schon die Antwort, die erwartet wird. Weisheit ist stinklangweilig, heißt Voll. Erleuchtung endet nicht, wie soll man das sonst ertragen?

  • Noreply,


    einmal sagst du, "doch Erleuchtung endet mit dem Zerfallen" und dann sagst du "Erleuchtung endet nicht". Was denn nun? Das erste oder das zweite. Beides zusammen ist nicht möglich.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Der Bodhisattva, der die 1.Bhumi erreicht hat, ist auf dieser Stufe, weil er eine unmittelbare, nichtbegriffliche Erkenntnis der Leerheit (sunyata) erlangt hat. Im 8.Vers des 1.Kapitels geht es u.a. um die Frage, ob sich dieser Bodhisattva durch diese Erkenntnis von einem Arhat unterscheidet. Candrakirti verneint dies.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Noreply,


    einmal sagst du, "doch Erleuchtung endet mit dem Zerfallen" und dann sagst du "Erleuchtung endet nicht". Was denn nun? Das erste oder das zweite. Beides zusammen ist nicht möglich.


    Zerfallen ist der Ausdruck den Buddha benutzt, weil es Tod für ihn nicht gibt. Also mit deinem Tod endet jede lebendige Erleuchtung, dann gibt es eventuell, sogar nach Buddha, Meinung, den Eingang ins Vollkommene Nirvana. Die Erleuchtung endet also nie, nur nach dem Zerfall gibt es eben keine Sicherheit mehr ob das wirklich so ist. Aber was geht dich das an du lernst ja nicht vom Buddha.

  • Candrakirti greift diesen Punkt auf, weil die Mahayana-Schulen unterschiedliche Positionen vertraten in Frage, was unterscheidet Bodhisattva-Heilige einerseits von den Sravaka- und Pratyekabuddha-Heiligen andererseits.


    So waren die Cittamatrins und die Svatrantika-Madhyamikas der Ansicht, dass die Heiligen dieser drei Fahrzeuge unterschiedliche Leerheiten erkennen würden und deshalb seien die Bodhisattva-Heiligen den Sravaka- und Pratyekabuddha-Heiligen auch von der Weisheit her überlegen.


    Candrakirti vertritt dagegen die Auffassung, dass auch die Sravaka- und Pratyekabuddha-Heiligen die gleiche tiefgründige Leerheit erkennen müssen wie die Bodhisattva-Heiligen, um die Stufe der Heiligkeit zu erlangen. Deshalb können sich die Bodhisattva-Heiligen nur durch Bodhicitta von den Sravaka- und Pratyekabuddha-Heiligen unterscheiden.


    Wenn Candrakirti in der letzten Zeile des 8.Verses schreibt: "Auf der 'Weit Gelangten' Ebene wird auch ihr Verständnis überragend", dann sagt er damit, dass die Bodhisattvas erst auf der 7.Bhumi die Sravakas und Pratyekabuddhas auch von der Weisheit her übertreffen. Das bedeutet, dass die Weisheit der Bodhisattvas auf den ersten sechs Bhumis nicht größer ist als die der Sravakas und Pratyekabuddhas.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Auf jeder Bhumi vollendet der Bodhisattva eine Tugend. Auf der 1.Bhumi ist es die Freigebigkeit.


    Dies legt Candrakirti ab Vers 9 dar. In diesem Vers schreibt er: "Zu der Zeit der ersten Ebene ist die erste Ursache der vollkommen erleuchteten Buddhaschaft - die Freigebigkeit - überragend."


    Im 10.Vers heißt es weiter:" Erkennend, dass Wohlstand durch Freigebigkeit entsteht, lehrte der Fähige Buddha die Freigebigkeit zuerst." (Übersetzung Geshe Kelsang Wangmo)

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Candrakirti schreibt, dass auch Wesen mit wenig Mitgefühl durch Freigebigkeit Wohlstand erlangen können.


    "Selbst für jene, die wenig Mitgefühl und einen groben

    Geist haben und nur auf den eigenen Nutzen bedacht sind,

    geht aus der Freigebigkeit der gewünschte Wohlstand hervor,

    der eine Mäßigung des Leidens bewirkt."

    (Übersetzung Geshe Kelsang Wangmo)


    Die Freigebigkeit hinterlässt also nicht nur bei Sravakas, Pratyekabuddhas und Bodhisattvas heilsame Potenziale in deren Geist, sondern sie hinterlässt bereits heilsame Potenziale im Geist derer, die aus Egoismus, Stolz, Überheblichkeit usw. freigebig sind.


    Wobei natürlich ein deutlicher Unterschied zwischen den heilsamen Potenzialen der ersteren und den zweiteren besteht.


    Im 12.Vers sagt Candrakirti, dass diese Wesen selbst aufgrund dieser begrenzten Freigebigkeit irgendwann auf einen Arya treffen und von ihm Belehrungen erhalten werden.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Nun aber frage ich mich, würde ein erleuchtetes Wesen, (sei es ein Arhat oder ein Bodhisattva), diese und ähnliche Fragen thematisieren? ... :? ... Weshalb ist Candrakirti diese Fragestellung wichtig?


    Es geht auch darum, abzugleichen, wo man selbst steht. Hat man diese, oftmals "zähen Tabellen" nicht, so kann es zu Verwirrungen kommen. Da dieses Thema sonst nicht behandelt wurde, liegt darin Candrakirti´s Verdienst.


    Denn nach dem Ablegen des Bodhisattva Gelübdes meint man ja, dass man jetzt ein Bodhisattva sei und kümmert sich nicht mehr groß um das Thema, denn man "ist es ja". Mit Hilfe von Candrakirti kann man aber genau sehen, wo man steht. Und es ist wirklich schwierig, nur die erste Stufe überhaupt zu erreichen. Darum ist der Begriff eher schwierig, wenn man ihn nach dem Gelübde als Selbstbezeichnung nimmt. Natürlich steckt vorderrangig die Motivation dahinter, allen Lebewesen zu helfen - aber diese Fähighkeit ist wiederum abhängig von Wissen und Weisheit. Shunyata wird von vielen bereits erkannt als "leer von einem Selbst", sie verstehen es an sich selbst - aber oftmals können sie Shunyata nicht auf Objekte, die außerhalb erscheinen, anwenden. Solche Entwicklungen (Feinheiten) werden in den verschiedenen Stufen dargestellt.

  • Selbst wenn wir im Vergleich zu den Bodhisattvas auf der 1.Bhumi nur ein geringes Mitgefühl haben, so wird die Freigebigkeit, die wir auf der Grundlage dieses geringeren Mitgefühl durchführen, trotzdem heilsame Prägungen in unserem Geist hinterlassen. Diese werden in Zukunft zu Glück und Wohlstand führen.


    Deshalb ist es richtig Freigebigkeit auch dann kontinuierlich zu praktizieren, wenn das eigene Mitgefühl noch nicht dem der Bodhisattvas auf der 1.Bhumi entspricht.


    Die heilsamen Prägungen, die diese Freigebigkeit in unserem Geisteskontinuum hinterlassen, werden wie Candrakirti im 12.Vers schreibt, dazu führen, dass wir in Zukunft auf Aryas treffen.


    Wenn wir jetzt auf Aryas treffen, ist das ein Anzeichen dafür, dass wir in früheren Zeiten freigebig waren.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Sehr tiefgründig finde ich auch den 16.Vers des 1.Kapitels des Madhyamakavatara:


    "Das Geben, das leer ist von dem, was gegeben wird, Empfänger und Gebendem,

    wird 'über das Weltliche hinausgehende Vollkommenheit' genannt.

    Wenn für diese drei Anhaftung entsteht,

    wird es als 'weltliche Vollkommenheiten' dargestellt."

    ( Übersetzung Geshe Kelsang Wangmo)

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Das Geben, das leer von Geber, Geschenk und Empfänger ist,

    wird als, das Weltliche überschreitende Vollkommene Weisheit bezeichnet.

    Eine Bindung an diese drei weltlichen Geber, Geschenk, Empfänger

    wird als gewöhnliche Vollkommenheit gelehrt.

    (Gewöhnliche Vollkommenheit, weil es eine Ich enthaltende ist.)


    Hab ein PDF gefunden. MadhyamakavataraDJKR.pdf

    Nun bin ich neugierig geworden. Son M...

    Einmal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Denn nach dem Ablegen des Bodhisattva Gelübdes meint man ja, dass man jetzt ein Bodhisattva sei und kümmert sich nicht mehr groß um das Thema, denn man "ist es ja".

    Das ist ein Missverständnis. Candrakirti sagt zu Beginn des 1.Kapitels, dass Mitgefühl, nicht-duale Weisheit und Bodhicitta die Ursachen des Bodhisattvas sind. Durch diese drei Ursachen tritt man in den Bodhisattvapfad ein und schult sich dann weiter.


    Es geht dem Bodhisattva ja nicht einfach nur darum, ein Bodhisattva zu sein. Er tritt ja in den Bodhisattvapfad ein, um durch die Schulung der Vollkommenheiten von Freigebigkeit, Ethik, Geduld usw. den Zustand der Buddhaschaft zu erreichen, weil er erkannt hat, dass er nur dann die notwendigen Fähigkeiten hat, den anderen leidenden Wesen aus dem Samsara herau zu helfen.


    Mit dem Bodhisattva-Gelübde stärkt und stabilisiert er seine Motivation, den Bodhisattvapfad zu üben, nicht von ihm abzuweichen und ihn zu verwirklichen.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • "Das Geben, das leer ist von dem, was gegeben wird, Empfänger und Gebendem,

    wird 'über das Weltliche hinausgehende Vollkommenheit' genannt.

    Wenn für diese drei Anhaftung entsteht,

    wird es als 'weltliche Vollkommenheiten' dargestellt."

    ( Übersetzung Geshe Kelsang Wangmo)

    In diesem Vers wird eine Unterteilung der Vollkommenheit der Freigebigkeit in die überweltliche und die weltliche Vollkommenheit der Freigebigkeit vorgenommen. Das Unterscheidungskriterium ist die Weisheit, die die Leerheit (sunyata) erkennt.


    Eine überweltliche Freigebigkeit ist mit der Sicht verbunden, dass der Gebende, die Gabe und der Empfänger der Gabe leer von einem Eigenwesen sind. Sie existieren nicht aus sich heraus, sondern nur in gegenseitiger Abhängigkeit. Der Gebende ist abhängig von der Gabe und dem Empfänger der Gabe. Die Gabe ist abhängig vom Gebenden und dem Empfangenden. Der Empfänger der Gabe ist abhängig von der Gabe und dem Gebenden.


    Der Gebende ist also nicht aus sich selbst heraus ein Gebender, sondern nur in Abhängigkeit von Faktoren, die nicht der Gebende sind. Genauso ist es bei der Gabe und dem Empfänger der Gabe.


    Die weltliche Vollkommenheit der Freigebigkeit ist nicht mit dieser Sicht verbunden. Diese Freigebigkeit ist mit der Sicht verbunden, das Geber, Gabe und Empfänger jeweils ein Eigenwesen haben. Mit Anhaftung in der dritten Zeile ist gemeint, dass man an dieser Sicht, das die drei ein Eigenwesen haben, festhält.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Zur Charakterisierung des überweltlichen Gebens habe ich bei Santideva folgendes gefunden:


    "Wenn die Vollkommenheit der Freigebigkeit darin bestünde, die Armut der Welt beseitigt zu haben, so hätte sie den früheren Buddhas gefehlt; denn die Welt befindet sich noch immer in Armut.

    Die Absicht, den Wesen zu geben, was man besitzt, - samt der Frucht dieser Tat - nennt man die Vollkommenheit der Freigebigkeit. Sie ist also nichts anderes als eine Geisteshaltung."

    (Santideva, Bodhicaryavatara, 5.Kapitel, Verse 9-10)


    Es gibt mehrere leicht variierende Übersetzungen des Bodhicaryavatara.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Das Geben, das leer von Geber, Geschenk und Empfänger ist,

    wird als, das Weltliche überschreitende Vollkommene Weisheit bezeichnet.

    Eine Bindung an diese drei weltlichen Geber, Geschenk, Empfänger

    wird als gewöhnliche Vollkommenheit gelehrt.

    (Gewöhnliche Vollkommenheit, weil es eine Ich enthaltende ist.)

    In der deutschen Übersetzung von Dzongsar Jamyang Khyentse Rinpoches Kommentar zum Madhyamakavatara von 2013 (inzwischen gibt es eine überarbeitete 2.Auflage) lauten die beiden letzten Zeilen des 16.Verses aus dem 1.Kapitel:


    "An diesen drei zu hängen,

    wird als gewöhnliche Paramita gelehrt."


    Diese Übersetzung finde ich besser als "Bindung an". Es geht darum, ob man an der Sichtweise festhält, dass der Geber, die Gabe und der Empfänger der Gabe ein Eigenwesen besitzt. Hält man an der Sichtweise fest, dass diese drei ein Eigenwesen besitzen, und ist nicht bereit diese aufzugeben, dann haftet man an einem Eigenwesen der drei an. Aufgrund dieser Anhaftung, also dem Festhalten an dieser Sicht ist dann die Freigebigkeit nur eine weltliche und unterscheidet sich dadurch grundlegend von der überweltlichen Freigebigkeit eines Bodhisattva-Heilligen, der eine unmittelbare Erkenntnis in die Leerheit (sunyata) verwirklicht hat und deshalb nicht mehr an einem Eigenwesen der drei anhaftet, festhält.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

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  • Ja hast du recht. Hab ich einfach so verblendet gesehen. War aber falsch. Ich hab nicht Anhaften verwenden wollen, bin aber nicht auf "hängen an" gekommen.

  • Jede der 10 Bhumis ist im Wesentlichen durch drei Merkmale charakterisiert.

    1. Eine Vollkommenheit erhält eine besondere Qualität, die bisher auf dem Pfad noch nicht erreicht wurde
    2. Es werden bestimmte Hindernisse überwunden
    3. Die Einsicht in die Leerheit (Sunyata) wird immer tiefer.

    Darüber hinaus gibt es eine etymologische Erklärung des Namens der jeweiligen Bhumi.


    Auf der 1.Bhumi erhielt die Freigebigkeit eine besondere Qualität und es wurden intellektuell geformte Hindernisse für die Befreiung überwunden, also diesbezüglich eine Beendigung verwirklicht.


    Auf der 2.Bhumi erhält die Ethik eine besondere Qualität. Deshalb heißt es im 1.Vers des 2.Kapitels:


    "Da sie hervorragende ethische Disziplin und einwandfreie Qualitäten besitzen,

    haben sie selbst in ihren Träumen die Makel fehlerhafter Ethik beseitigt.

    Weil die Bewegungen ihres Körpers, ihrer Rede und ihres Geistes rein sind,

    sammeln sie alle zehn Pfade weiser Handlungen an."


    Weil sich die Bodhisattvas von dem Makel unmoralischen Verhaltens befreit haben, heißt die 2.Bhumi "Makellose Ebene".

    Gruß Helmut


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  • Die 2.Bhumi: Die Makellose


    Das Kapitel über die 2.Bhumi im Madhyamakavatara gliedert sich in fünf Hauptpunkte:

    1. Aufzeigen der gründlichen Läuterung der ethischen Disziplin auf der zweiten Ebene
      Dieser Hauptpunkt hat vier Unterabschnitte und umfasst die Verse 2.1 - 2.3
    2. Lobpreis der ethischen Disziplin
      Dieser Hauptpunkt hat fünf Unterabschnitte und umfasst die Verse 2.4 - 2.7
    3. Aufzeigen von Analogien für das, was unvereinbar ist und sich nicht verträgt
      Dieser Hauptpunkt hat keine Unterabschnitte und umfasst den Vers 2.8
    4. Einteilungen der Vollkommenheit ethische Disziplin
      Dieser Hauptpunkt hat keine Unterabschnitte und umfasst den Vers 2.9
    5. Abschließende Zusammenfassung durch Darstellung der Qualitäten der Ebene
      Auch dieser Hauptpunkt hat keine Unterabschnitte und umfasst den Vers 2.10

    Diese Strukturierung der 2.Bhumi geht auf einen Kommentar Je Tsongkapas zum Madhyamakavatara zurück.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Vers 2.3:


    "Falls sie mit reiner Ethik diese als inhärent ansähen,

    würde ihre Ethik dadurch unrein

    Darum vermeiden sie stets das geistige Wandern

    der dualistischen Wahrnehmung zu allen drei."


    Ethik als inhärent existent ansehen bedeutet, die Auffassung zu vertreten, dass die Ethik aufgrund eines ihr innewohnenden Eigenwesens als aus sich selbst heraus existiert. Aufgrund einer solche Auffassung wäre die Ethik mit Fehlern, mit Makeln behaftet und deshalb unrein.


    Dualistische Wahrnehmung kann verschiedenes bedeuten, denn es gibt drei Arten dualistischer Erscheinungen:

    1. die Erscheinung eines Objektes als verschieden vom Wahrnehmendem,
    2. die Erscheinung von wahrhafter Existenz,
    3. die Erscheinung von Konventionen.

    "... zu allen drei" am Ende der letzten Zeile bezieht sich nach einem Kommentar von Je Tsongkapa

    1. auf das Lebewesen in Zusammenhang mit dem die falsche Ethik aufgegeben wird,
    2. auf das Gegenmittel, das das Aufgeben bewirkt,
    3. auf denjenigen, der etwas aufgibt.

    Durch dieses Aufgeben der dualistischen Wahrnehmung zu allen drei verbindet der Bodhisattva seine Ethik mit der Weisheit, die die Leerheit (sunyata) unmittelbar erkennt. Durch diese unmittelbare Einsicht in die Leerheit hat der Bodhisattva die 1.Bhumi erlangt, die wiederum die Voraussetzung für das Erreichen der 2.Bhumi ist.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • In Vers 1.10 schreibt Candrakirti:


    "Alle Wesen wünschen sich glücklich zu sein.

    Sind die Menschen jedoch mittellos, sind sie nicht glücklich.

    Erkennend, dass Wohlstand durch Freigebigkeit entsteht,

    lehrte der fähige Buddha die Freigebigkeit zuerst."


    Die Freigebigkeit ist also die Ursache für Wohlstand in der Zukunft.


    Auf der 2.Bhumi vervollkommnet der Bodhisattva die Ethik, die wiederum eine Grundlage für eine Existenz im hohen Dasein bildet.


    In Vers 2.4. stellt Candrakirti einen Zusammenhang zwischen diesen beiden Vollkommenheiten her indem er aufzeigt, wie sich die Degeneration der Ethik auf die Freigebigkeit und deren Resultat auswirkt.


    "Wenn das Standbein der ethischen Disziplin nachgibt,

    ist auch in den niederen Bereichen noch Wohlstand als Resultat der Freigebigkeit zu finden.

    Sind Ertrag und Kapital jedoch völlig erschöpft,

    wird sich fortan der Wohlstand nicht einstellen."


    In Vers 2.4 weist Candrakirti darauf hin, dass man in niedere Bereiche fällt, wenn man die Ethik nicht einhält, sie dadurch degeneriert und es schwer ist, sich aus den niederen Bereichen zu befreien.


    Candrakirti schreibt deshalb in Vers 2.6:


    "Darum gab der siegreiche Buddha im Anschluss an seine Lehren

    über die Freigebigkeit, Unterweisungen über die ethische Disziplin.

    Wenn die Qualitäten auf dem Feld ethischer Disziplin gedeihen,

    werden die Früchte uneingeschränkt zu genießen sein."


    In Vers 2.7 führt Candrakirti aus, dass eine makellose Ethik für alle wichtig ist:


    "Für gewöhnliche Wesen (1), für die aus den Lehren Entstandenen (2),

    für jene mit dem eindeutigen Naturell der alleinigen Erleuchtung (3) und

    für die Nachkommen der Buddhas gibt es keine andere Ursache für das wahre Wohl

    und den hohen Zustand (4) als die ethische Disziplin."


    --------------------------------------


    Die Verse sind der Übersetzung von Geshe Kelsang Wangmo entnommen. vgl. Link in Beitrag Nr.7


    (1) das diejenigen, die noch keine unmittelbare Einsicht in die Soheit haben

    (2) das sind die Sravakas

    (3) das sind die Prayjekabuddhas

    (4) das wahre Wohl ist die Befreiung aus Samsara und mit hoher Zustand ist eine Wiedergeburt im menschlichen oder göttlichen Bereich gemeint.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Der Bodhisattva auf der zweiten Ebene/Bhumi besitzt eine außerordentliche ethische Disziplin. Sie ist so stark, dass er nicht nur im Wachzustand, sondern selbst im Traum nicht gegen seine Ethik verstößt. Diese Ethik beinhaltet auch, dass er sämtliche Fehler aufgegeben hat, die im Widerspruch zu allen von ihm angenommenen Gelübden stehen.


    Diese außerordentliche Qualität der Ethik des Bodhisattvas auf dieser Ebene drückt Candrakirti nur dadurch aus, dass er hervorhebt, dass der Bodhisattva dieser Ebene nicht einmal im Traum gegen seine Ethik verstößt.


    "Da sie hervorragende ethische Disziplin und einwandfreie Qualitäten besitzen, haben sie selbst in ihren Träumen die Makel fehlerhafter Ethik beseitigt." (Vers 2.1 a/b)


    Natürlich üben sich die Bodhisattvas nicht erst auf der 2.Bhumi in der Ethik, sondern auch schon auf den vorherigen Stufen ihres Pfades. Auf dieser Stufe/Bhumi erhält ihre Ethik aber eine Qualität, die die Qualität ihrer Ethik auf den vorherigen Stufen des Pfades deutlich überragt. Sie hat jetzt eine Qualität, die der Bodhisattva auf den vorherigen Stufen seines Pfades noch nicht verwirklichen konnte.

    Gruß Helmut


    Als Buddhisten schätzen wir das Leben als höchst kostbares Gut.

  • Da es um die Lehre des Buddha geht ist hier glaub ich wichtig das es nicht um Ethik oder Moral geht, es geht um Tugenden um die Sila und um die Sittlichkeit auf der Grundlage der Sila. Nicht vergessen darf man, dass die Disziplin in den Sila ein Teil der wichtig ist für den Stromeintritt.

    Die Überschrift von Teil 2 heißt ja: Der Tugendhafte, der Tadellose.


    2.1

    Er ist mit vollkommener Sittlichkeit und Reinheit ausgestattet.

    Selbst im Traum meidet er den Makel der Sittenwidrigkeit.

    Da alle Tätigkeiten seines Körpers, seiner Rede und seines Geistes rein sind,

    vereinigt er die hervorragenden zehnfachen Aspekte des heiligen Pfades .

  • (Hervorhebung von mir)


    Inwiefern siehst Du einen Unterschied?


    Worin unterscheiden sich in dem Kontext Deines Erachtens (z.B.) Moral und Sittlichkeit - hast Du dafür ein konkretes Beispiel?




    Hier steht: […]Neben den 5 Silas,die das ethische Grundgerüst für buddhistische Laien bilden, gibt es im Theravada zu bestimmten Zeiten erweiterte Regeln.[…]

    Sila

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa

    2 Mal editiert, zuletzt von Deepa ()

  • Ich sehe keinen Unterschied ich seh nur die Sila als Hauptpunkt. Beispiele liefer ich nicht. Ich hätte auch drei mal Tugend, Tugenden, schreiben können und dafür würdest du auch Beweise/ Beispiele und son Kram haben wollen. Es ist auch nicht für Dich, sondern einfach nur eine Möglichkeit der Vollständigkeit. Muss ja nicht sein. Ist wahrscheinlich auch unwichtig.

  • Es geht bei Beispielen nicht um Beweise, sondern ums Verstehen. Du hebst hervor:


    „Da es um die Lehre des Buddha geht ist hier glaub ich wichtig das es nicht um Ethik oder Moral geht, es geht um Tugenden um die Sila und um die Sittlichkeit auf der Grundlage der Sila.


    Demnach ist Deiner Aussage nach Moral etwas anderes als Tugend und Sittlichkeit.


    Meine Frage: inwiefern?


    Wie definierst Du:


    Moral:


    Sittlichkeit:


    Sila:


    Tugend:


    ?

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa