Lüge im Alltag aus buddhistischer Sicht


  • Mit dem Verweis auf rechte Rede hast du schon recht. Die Absicht ist nicht zu verletzen, werder sich noch andere. Und zum wohl von sich selbst und anderen zu sprechen.
    Wenn ich nun die Wahrheit nicht sagen möchte, weil ich mir denke, dass sie verletzt, dann habe ich die möglichkeit mich in rechter Rede zu übern, dass heißt ich kann mit meinem Wort auf andere Dinge lenken, oder aber ich kann auch schweigen, wenn eine Antwort entweder unrichtig oder verletzend wäre.
    Ich denke aber, dass es überheblich ist, zu wissen was wirklich hilft, und ich denke, dass dies der Gedanke hinter der Absicht sein mag. Aus der Sicht des Dhammas, hilft immer Dhamma und auch das zurückkehren zu noblen Gesprächen.
    Was aus aus seiner unvollkommenen Sicht der Dinge passiert, wenn da auch eine (persönliche) gute Absicht ist, steht auf einem anderen Blatt und deine Aufgabe ist es nicht die welt zu retten. Wenn du die Welt besser machen willst, ist der erste Griff immer dazu die Dinge nicht schlimmer zu machen. Und das führt zur Rechten Rede in jeglicher Art, ob es nun der Klang, das Thema, die Weise... ist sollte es immer nichtverletzend aber auch bescheiden sein.


    Manchmal einfach *schmunzel* wiegt oft mehr als ein Wort. Selbstherrlich, mit dem Glauben die Dinge mit einer unreifen Ansicht in eine rechte Absicht drehen zu können ist denke ich fast gefählicher als einfach nicht zu lügen. Man kann sich immer fragen, ob einem seine Ansicht nicht bereits schon belügt.


    Nicht zu lügen und rechte Rede zu üben ist das wichtigste Sila, kein anderes muß man sich ernsthaft vornehmen um das Ziel zu erreichen und alle anderen schlechten Gewohnheiten abzulegen.


    *schmunzel*


    Wenn man sich selbst bessert ist das der einzige wirksame Schritt, alles andere ist sicher unheilsam, weil die Ansicht da sicher nicht stimmt.

  • GaliDa68:

    Mir ist nicht klar, warum es so schwer zu verstehen ist, dass Lügen bisweilen den Menschen mehr helfen als die Wahrheit.


    Mag sein, dass sie den Wesen helfen noch mehr runden zu drehen, aber das ist nicht letztlichen Glück und auch nicht wirklich Thema des Buddha Dharmas. *schmunzel*

  • Lauscher:
    TMingyur:

    Die zugrundeliegenen Geistesgifte als Motivatoren sind Anhaftung/Begierde, Ablehnung/Hass oder Unwissenheit.


    Wie wenn die Lüge NICHT aus den Geistesgifte als Motivation ausgesprochen wird?
    Ist es möglich, oder unmöglich?


    Mit dir ist es wirklich sehr schwer zu schreiben. Du liest und verstehst auf eine Art, dir mir sehr irrational erscheint.



    Grüße
    TM

  • hedin:

    Heilsam oder unheilsam ? Ich habe heute Morgen meiner Nachbarin (90 Jahre) Freude bereitet, in dem ich sie belogen habe.


    Die Unwahrheit zu Sprechen wirkt in dem, der es macht.


    Alles Gute :)

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()


  • Was sonst? *schmunzel* Welcher Geisteshaltung entspringt eine Lüge? Doch sicher nicht "anhaftungslos". Unbewusst quassel, hat da sicher weniger auswirkungen, macht man es unbewusst.


    Was mich wieder mal an Baba erinnert *schmunzel*

  • hedin:

    Mit Karma und seinen Teilaspekten (cocolores) hast du scheinbar nicht viel am Hut.


    ich kümmere mich lieber und soweit wie es meine momentanem möglichkeiten zulasse um das was ist.
    Karma ist für mich ein Konzept, mit dem ich mal gerne "rumturne".....

    hedin:

    Deinen Ausführungen entnehme ich, dass du davon ausgehst, dass „Lügen“ in jeden Fall unheilsames Karma hervorbringt.


    ja, aber das ist nicht der beweggrund warum ich lüge nicht befürworte.
    in meiner beschränkten art die dinge zu sehen ist es für mich menschen unwürdig jemanden bewusst anzulügen. ich muss nicht das was ich als die warheit halte in die welt posaunen aber noch weniger jemandem, auch dann (oder vor allem dann) wenn er auf dem sterbebett liegt, irgendwas vormachen (ich spreche hier nicht aus büchern oder vorstellungen ).
    was die selbstlüge angeht.... ich bemühe mich mir nichts vorzumachen, mit oder ohne den gedanken an karma.... ob des gellingens...steht auf einer anderen seite.


    _()_

  • mirco:
    hedin:

    Heilsam oder unheilsam ? Ich habe heute Morgen meiner Nachbarin (90 Jahre) Freude bereitet, in dem ich sie belogen habe.


    Jede Handlung wirkt. Die des Lügens in diesem Fall in Dir.


    Alles Gute :)


    Hallo mirco


    kannst du mal die Definition von "Lügen" gemäß dem Theravada Abhidhamma geben?



    Grüße
    TM

  • hedin:

    Mit "heilsam oder unheilsam" meinte ich nicht die Lüge als solches (Rede) sondern das karmische Ergebnis, welches aus der Lüge entstanden wäre.


    Woher willst du das denn kennen?


    hedin:


    Die Frau hat sich aber richtig gefreut.


    Rechtfertigt "Freude von anderen" Lügen?



    Grüße
    TM

  • Ich denke ohne eines dieser Unheilsamen Geistefaktoren kommt es nie zu einer Lüge (Unwahrheit):



    Sicherlich kann man sie wie immer auf die Wurzeln des Übels zusammenfassen. Wenn man nun genauer die "heilsamen" Lügen unter diesem Filter betrachtet, wird man denke ich, nicht leicht eine heilsame Lüge finden.
    Sicherlich gibt es aber eine "ausweichende" Rede und nicht jede Frage bedarf einer Antwort und nicht jedes Ereignis einer Erklärung das es jeder versteht (dies ist ein Traum - sonst wären wir alle nicht hier *schmunzel*)

  • Hanzze:

    Wenn ich nun die Wahrheit nicht sagen möchte, weil ich mir denke, dass sie verletzt, dann habe ich die möglichkeit mich in rechter Rede zu übern, dass heißt ich kann mit meinem Wort auf andere Dinge lenken, oder aber ich kann auch schweigen, wenn eine Antwort entweder unrichtig oder verletzend wäre.


    Wir sind uns einig, dass die Wahrheit, oder das Schweigen, die besseren Lösungen sind, da wo möglich.


    Hanzze:

    Ich denke aber, dass es überheblich ist, zu wissen was wirklich hilft, und ich denke, dass dies der Gedanke hinter der Absicht sein mag. Aus der Sicht des Dhammas, hilft immer Dhamma und auch das zurückkehren zu noblen Gesprächen.


    Ja, wenn das Gesprochene aus einer Überheblichkeit entsteht, ist es natürlich KEINE gute Absicht, auch da sind wir uns einig.


    Hanzze:

    Wenn du die Welt besser machen willst, ist der erste Griff immer dazu die Dinge nicht schlimmer zu machen. Und das führt zur Rechten Rede in jeglicher Art, ob es nun der Klang, das Thema, die Weise... ist sollte es immer nichtverletzend aber auch bescheiden sein.


    Auch hier sind wir uns einig, außer dass ich nicht vor habe die Welt zu verbessern. Bin froh wenn bei mir sich was verändert ;)


    Hanzze:

    Selbstherrlich, mit dem Glauben . . .


    Na ja Hanzze, >Selbstherrlich< sagt schon alles über die Absicht, oder?


    Hanzze:

    Nicht zu lügen und rechte Rede zu üben ist das wichtigste Sila, kein anderes muß man sich ernsthaft vornehmen um das Ziel zu erreichen und alle anderen schlechten Gewohnheiten abzulegen.


    Mir geht es, in erste linie, nicht darum schlechte Gewohnheiten abzulegen, mir geht es darum den dritten Wurzel abzulegen. (Bitte keine lange Vorträge wie falsch meine Rangehensweise ist – es ist völlig sinnlos ;) )


    _()_

  • Zitat

    es ist völlig sinnlos


    halte ich für eine Lüge *schmunzel*


    und der rest vom letzten Satz ist und bleibt ein Traum, wie soll das gehen? *schmunzel*


    Alles in allem ein selbstbelügen.

  • GaliDa68:

    Mir ist nicht klar, warum es so schwer zu verstehen ist, dass Lügen bisweilen den Menschen mehr helfen als die Wahrheit.


    Ein Beispiel:
    Wenn mir jemand etwas Schlimmes angetan hat und er bittet mich auf seinem Sterbebett um Verzeihung, dann werde ich immer Ja sagen, auch wenn ich in dem Moment noch voller Wut und Rachegedanken bin. Das ist natürlich eine faustdicke Lüge. Aber ich würde ihn nicht in dem Gedanken sterben lassen, ich hätte ihm nicht verziehen. Denn dieser Zeitpunkt wäre einmal gekommen, nur wäre der Betroffene schon tot gewesen und ich hätte es ihm nicht mehr mitteilen können. Und selbst wenn der Zeitpunkt in meinem Leben nicht gekommen wäre, weil ich es nicht geschafft hätte, dann hätte ich wenigstens nett sein und mein Ego einen Moment zurückstellen können.


    Nicht überzeugend, weil Wut und Rachegedanken nicht mit dieser Rücksichtnahme zusammenpassen. Entweder oder.


    GaliDa68:


    Noch ein Beispiel:
    Wenn in meinem Job mal was schiefgeht, dann kann ich dem Kunden nicht immer die Wahrheit sagen. Nicht einmal, weil ich ihn verlieren würde, sondern weil er den Grund einfach nicht verstehen könnte. Es würde zu Diskussionen, Misstrauen und einem Eklat führen, da die wenigsten Kunden eine Ahnung von der Sache haben. Also verschweige ich es ihnen oder gebe Gründe an, die sie verstehen können. Mehr ist nicht wichtig. Ich kann auch nicht jedem Kunden, der mit selbstgemachten Sachen zu mir kommt sagen: "Himmel, das sieht aber Sch… aus!" Er will es so, ihm gefällt es. Woher nehme ich das Recht meinen Senf dazu zu geben?


    Nicht überzeugend. Wenn Lügen zur Tätigkeit gehört, dann handelt es sich um unrechten Lebenserwerb. Das "Himmel, das sieht aber Sch… aus!" ist harsche Rede und deshalb unrecht, rechtfertigt aber nicht die Lüge.



    GaliDa68:


    Noch ein Beispiel:
    Jemand hat ein neues Gewand an. Mir gefällt es absolut nicht. Der Mensch sieht schrecklich damit aus. Soll ich das rausprusten oder den Mund halten? Wenn er sagt: "Guck mal, mein neues Kleid. Oh, es ist sooo hübsch, gel!" Soll ich sagen: "Ja" oder "Schöne Farbe" oder "Schöne Volants" oder soll ich sagen "Es ist schrecklich."


    Nicht überzeugend. Nein, aber du sollst ehrlich sein. Wenn du gefragt wirst und es gefällt dir nicht, dann sag es. Dass Geschmäcker relativ sind, sollte jeder wissen, kannst es aber dazu sagen. Du gewöhnst dir sonst nur an zu lügen um zu gefallen.


    GaliDa68:


    Und so kennen wir alle unzählige Beispiele.


    Die allesamt nicht überzeugend sind und zu denen die Motivation zu erforschen ist, statt sich Lügen schönzureden.



    Grüße
    TM


  • Tja, das was dem einen nicht vorstellbar erscheint, muss für den anderen nicht möglich sein. Gelle? ;)


    Aber bitte - lassen wir das. Darüber per PN oder Tel. Sonst nicht.


    _()_



  • Grüße
    TM

  • GaliDa68:

    Mir ist nicht klar, warum es so schwer zu verstehen ist, dass Lügen bisweilen den Menschen mehr helfen als die Wahrheit.


    Ein Beispiel:
    Wenn mir jemand etwas Schlimmes angetan hat und er bittet mich auf seinem Sterbebett um Verzeihung, dann werde ich immer Ja sagen, auch wenn ich in dem Moment noch voller Wut und Rachegedanken bin. Das ist natürlich eine faustdicke Lüge. Aber ich würde ihn nicht in dem Gedanken sterben lassen, ich hätte ihm nicht verziehen. Denn dieser Zeitpunkt wäre einmal gekommen, nur wäre der Betroffene schon tot gewesen und ich hätte es ihm nicht mehr mitteilen können. Und selbst wenn der Zeitpunkt in meinem Leben nicht gekommen wäre, weil ich es nicht geschafft hätte, dann hätte ich wenigstens nett sein und mein Ego einen Moment zurückstellen können.


    Hi Knochensack,
    ich kann nicht glauben, dass es Dir wichtiger erscheint, eine Lüge zu kontruieren anstatt Deine Wut und Deine Rachegedanken zu bearbeiten, damit Verzeihung überhaupt nicht notwendig ist. Da Du auch schon weisst, dass Du ihm früher oder später sowieso verzeihen würdest, dürfte die Arbeit an der Rache auch keine Problem sein.
    Außerdem weiß ich aus Erfahrung, dass - gerade weil Du ja auch die buddhistische Perspektive hast und nicht die "normal weltliche" - ein Mensch auf dem Sterbebett, der um Verzeihung bittet, ganz andere Türen in Dir öffnet. Es wird also nicht schwerfallen.


    Im übrigen stellst Du Dein Ego nicht zurück, sondern ganz im Gegenteil. Würdest Du es zurückstellen, dann müsstest Du nicht lügen.


    Zitat

    Noch ein Beispiel:
    Wenn in meinem Job mal was schiefgeht, dann kann ich dem Kunden nicht immer die Wahrheit sagen. Nicht einmal, weil ich ihn verlieren würde, sondern weil er den Grund einfach nicht verstehen könnte. Es würde zu Diskussionen, Misstrauen und einem Eklat führen, da die wenigsten Kunden eine Ahnung von der Sache haben. Also verschweige ich es ihnen oder gebe Gründe an, die sie verstehen können. Mehr ist nicht wichtig. Ich kann auch nicht jedem Kunden, der mit selbstgemachten Sachen zu mir kommt sagen: "Himmel, das sieht aber Sch… aus!" Er will es so, ihm gefällt es. Woher nehme ich das Recht meinen Senf dazu zu geben?


    Ja, hier hilft sicher schweigen und entschuldigen.


    Zitat

    Noch ein Beispiel:
    Jemand hat ein neues Gewand an. Mir gefällt es absolut nicht. Der Mensch sieht schrecklich damit aus. Soll ich das rausprusten oder den Mund halten? Wenn er sagt: "Guck mal, mein neues Kleid. Oh, es ist sooo hübsch, gel!" Soll ich sagen: "Ja" oder "Schöne Farbe" oder "Schöne Volants" oder soll ich sagen "Es ist schrecklich."


    Ich würde z. B. sagen (kommt natürlich auf den Menschen an), "Was gefällt Dir daran? Ich mag es nicht so gern leiden" eventuell sogar "ehrlich gesagt, ich finde es schrecklich, das steht Dir überhaupt nicht". Der Ton spielt hier die Musik (wie immer).


    Zitat

    Noch ein Beispiel:
    Mein mich mein Liebster fragt, ob ich ihn liebe und im Moment habe ich alles andere im Kopf als Liebe, soll ich "Nein" sagen, weil in diesem Moment einfach nur Ärger da ist?


    Wieso ist die Liebe nicht dennoch da? Kann es nicht beides geben, Kopf-voller-anderer-Sachen und trotzdem liebe ich meinen Mann? Versteh ich nicht. Wo bleibt da die Achtsamkeit?


    Zitat

    Noch ein Beispiel:
    Ich bekomme einen ungewöhnlichen Auftrag und werde von einem Kunden gefragt: "Haben Sie das schon mal gemacht?". Ich habe es noch nicht gemacht. Soll ich sagen: "Nein, kann ich nicht." Warum denn? Jede Fähigkeit habe ich einmal erlernt, alles war das erste Mal. Natürlich sage ich "Ja". Wie soll ich dem Kunden erklären, dass jeder Auftrag mehr oder weniger Neuland ist? Er ist nicht vom Fach und hat keine Ahnung wovon ich spreche, kriegt nur Panik.


    Sehe ich auch keinen Grund, nicht die Wahrheit zu sagen. Es kommt doch darauf an, ob Du Dir das zutraust oder nicht. Und diese Schwingung wird rüberkommen, ob Du lügst oder nicht. Panik kriegt er nur, wenn Du die kriegst. Und wenn's dann schiefgeht, dann hast Du gelogen, weil Du es noch nie gemacht hast und musst dann wieder lügen s. Dein zweites Beispiel. Es setzt sich also fort.


    Zitat

    Noch ein Beispiel:
    Wenn in Zeiten großen Mangels die Kinder hungrig sind und die Mutter ihren Kindern zuliebe auf ihr Essen verzichtet und auf die Frage ihrer Kinder ob sie Hunger habe "Nein, Kinder. Ich habe keinen Hunger." sagt, warum sollte das schlecht sein? Soll sie sagen: "Ich sterbe vor Hunger. Aber ich verzichte wegen Euch auf das Essen."?


    Erstens fragen die Kinder sowas nicht unbedingt, sie sind ja mehr mit sich selbst beschäftigt, und zweitens kann es auch hier nicht schaden zu sagen: "Ja, ich habe auch Hunger, aber ihr müsst noch wachsen, mir fällt es nicht so schwer zu verzichten"


    Zitat

    Und so kennen wir alle unzählige Beispiele. Wie gut, dass wir täglich so viel lügen. Es macht uns mild und zu sozialen Wesen. Ich unterscheide zwischen "wahr" und "wahrhaftig".


    Nein, es macht uns nicht mild, sondern schwach und schwächer. Ich muss nicht jedem die Wahrheit ins Gesicht schreien, ich kann schweigen und ich kann mich in Achtsamkeit üben, dann fällt Vieles weg.


    Ich habe am letzten Samstag zum Geburtstag meiner 90jährigen Schwester eine Laudatio gehalten. Bevor ich diese schrieb, war ich gerade ziemlich genervt von ihr und glaubte, ich müsste wohl das Blaue vom Himmel lügen, um sie zu erfreuen. Während ich schrieb, spürte ich jedoch, dass jedes Wort wahr ist, ich bin stolz auf sie, sie hat mir viel geholfen, wir haben viele schöne Urlaube miteinander verbracht, aber sie kann auch ganz schön mit ihrer Streitlust nerven - was ich auch erwähnte. Jedenfalls habe ich mich auf ihre positiven Seiten besonnen und begegne ihr seither wieder völlig neu und offen.
    _()_ Monika

  • Ich versuche nun abseits der morgendlichen Unterhaltung mit der Nachbarin die Sache rein hypothetisch weiterzudenken.


    Gesetzt dem Fall mir wäre bekannt, dass die Frau nur noch ? Monate zu leben hätte. Dadurch, dass ich wieder besseren Wissens ihre Beschwerden verniedlicht und als nicht ernsthaft erklärt hatte, ist der Frau sprichwörtlich ein Stein vom Herzen gefallen usw.


    Nach dem was ich bisher gelesen habe, wäre es heilsam, die Frau noch mal aufzusuchen, sie wegen meiner Lüge um Entschuldigung zu bitten und ihr die Wahrheit zusagen. Als Folge wäre die Frau dann sprichwörtlich zu Tode betrübt und ich hätte der buddhistischen Pflicht genüge getan.


    Eine andere Möglichkeit wurde auch schon angesprochen, nämlich einem Thema, das eine Lüge nach sich ziehen könnte, auszuweichen, sich also etwas diplomatisch zu verhalten.


    Da frage ich mich allerdings, ob das nicht auch eine Art von Lüge wäre.


    hedin

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Das ist doch ein guter Weg *schmunzel*

  • hedin:

    Nach dem was ich bisher gelesen habe, wäre es heilsam, die Frau noch mal aufzusuchen, sie wegen meiner Lüge um Entschuldigung zu bitten und ihr die Wahrheit zusagen. Als Folge wäre die Frau dann sprichwörtlich zu Tode betrübt und ich hätte meiner buddhistischen Pflicht genüge getan.


    Und hier sprichst du die Wahrheit?


    hedin:


    Eine andere Möglichkeit wurde auch schon angesprochen, nämlich einem Thema, das eine Lüge nach sich ziehen könnte, auszuweichen, sich also etwas diplomatisch zu verhalten.


    Ist wohl die Methode der Wahl.


    hedin:


    Da frage ich mich allerdings, ob das nicht auch eine Art von Lüge wäre.


    Eine "Art von Lüge" ... gegen derartige diffuse Verdinglichungen von bloßen Wörtern auf der Grundlage von "Gefühl" ist hin und wieder so etwas wie eine Definition hilfreich.



    Grüße
    TM

  • hedin:

    Gesetzt dem Fall mir wäre bekannt, dass die Frau nur noch ? Monate zu leben hätte.


    liebe/r hedin,
    tschuldigung aber das kann wirklich keiner wissen.... auch "götter in weiss" sind nicht allwissend :)
    ich kenne leute die schon "abgeschrieben" waren und nach 30 jahren immer noch leben....
    da hast du dir was eingebrockt.... machen wir alle.....
    schlaf mal drüber.....du wirst sicher eine bessere lösung finden....
    war nur laut gedacht


    _()_

  • Liebe Monikamarie,


    zum meinem Beispiel mit dem Sterbebett.
    Ich bin wohl nicht so einfach gestrickt wie andere Menschen. Ich kann eine ganze Menge Gefühle parallel für einen Menschen empfinden. Es könnte mir sehr schwer fallen, wenn ich noch voller Zorn bin, jemandem zu verzeihen. Aber ich kenne Situationen, in denen ich das in voraus tue – auf dem Sterbebett wäre das für mich eine Art Nottaufe. Ich habe dann keine Zeit mich mit der Bearbeitung meiner Gefühle zu befassen. Damit ist mein Zorn, meine Verletzung nicht weg, aber ich stelle sie zurück, zugunsten für etwas, das ich für wichtiger halte als meine momentane Befindlichkeit. Tut mir leid, so weit bin ich noch nicht, dass ich gänzlich ohne schlechte Gedanken Verletzungen einstecken kann. Mir könnte das sehr sehr sehr schwerfallen, je nachdem was vorgefallen ist. Dennoch sehe ich keinen Grund dem anderen meine negativen Gefühle zuzumuten, auch wenn ich eigentlich noch nicht soweit bin. Dann lüge ich lieber.


    Natürlich, ist die Liebe dennoch da. Aber im Moment kann ich das nicht spüren, wenn ich auf jemanden so richtig wütend bin. Aber ich WEISS mit meinem Verstand, dass sie da ist, oder besser: war – eine Garantie dafür, dass sie in einer Stunde wieder da ist, kann ich nicht geben. Deshalb ist es eine Lüge, denn die Antwort auf: Liebst Du mich" müsste in diesem Moment "Nein" sein. Zu schweigen halte ich in vielen Fällen nur für eine elegante Art der Lüge. Klar, ich könnte auch sagen: "Im Augenblick nicht. Ich bin zornig, aus dem und dem Grund." Jedoch finde ich es nicht nötig alles anzusprechen. Ich halte mich für alt genug, um mit Missempfindungen auch alleine klarzukommen. Schweigen oder vom Thema ablenken ist auch nicht wahrheitsgemäß und könnten noch mehr Probleme verursachen, Misstrauen hervorrufen, wo es gar nicht angebracht ist.


    Zu dem Beispiel mit dem Auftrag: Ich weiß, was ich mir zutrauen kann. Aber wie gesagt, fast jeder Auftrag ist einzigartig. Der Kunde will das nicht wissen, er will im Grunde wissen, dass ich es kann. In seiner Vorstellung kann ich es meist nur dann, wenn ich es schon mal genauso gemacht habe, vor allem Leute, die keine Ahnung vom Fach haben denken so. Und da das jedem so geht, wird er niemanden finden, der seinen Auftrag erfüllen kann, weil er denkt es sei nicht machbar. Man muss schon ein wenig Fingerspitzengefühl dafür haben, welches Wissen man einem Kunden zumuten kann und welches nicht und mit wem man es zu tun hat.


    Du denkst, dass Kinder das nicht fragen? Oh, doch, das tun sie. Das ist eine Geschichte, die mir eine alte Dame erzählt hat. Es handelte sich um ihre Mutter. Die Dame selbst war damals ein Kind von fünf Jahren und sie hätte nicht essen können, wenn die Mutter ihren Hunger eingestanden hätte. Sie hat erst in späteren Jahren erkannt, dass ihre Mutter gelogen hatte, nach dem Zweiten Weltkrieg als sie selbst Mutter war und in einer derartigen Lage, aber diese Lüge hatte sie davor bewahrt, ihr Leben lang unter einem schlechten Gewissen zu leiden.


    Mein Mann und meine Schwester arbeiten auf Demenzstationen, sie erzählen mir oft von den Dingen, die sie dort erleben. Was willst Du mit einem Demenzerkrankten mit der Wahrheit anfangen, wenn er z.B. sagt Du seist doch seine Mutter?


    Für mich ist immer der Kontext wichtig, die Situation in der ich was wie wem sage. Nein, ich kann nicht ersehen, was meine Handlung in tausend Jahren für Konsequenz haben wird und bezweifle, dass dies der Buddha konnte oder dass dies irgendein Buddha könnte, allenfalls ein allwissender Gott. Ich finde mich damit ab, dass ich als kleiner unvollkommener Mensch auf dem Weg meine Entscheidungen treffe und lebe mit meiner Fehlbarkeit. Mir ist das Wohl der Menschen wichtiger als eine buchstabengetreue Befolgung von Regeln, und das entscheide ich in jedem Moment neu nach dem Stand meines aktuellen Wissens. Wer damit nicht leben kann, muss nicht mit mir in Kontakt stehen.


    Liebe Grüße
    Knochensack

  • sumedhâ:


    tschuldigung aber das kann wirklich keiner wissen.... auch "götter in weiss" sind nicht allwissend :)
    ich kenne leute die schon "abgeschrieben" waren und nach 30 jahren immer noch leben....
    da hast du dir was eingebrockt.... machen wir alle.....
    schlaf mal drüber.....du wirst sicher eine bessere lösung finden....


    Lieber wäre zutreffend !


    Ich habe schon damit gerechnet, dass irgendwann mal solche spitzfindigen Wortklaubereien kommen werden.
    Meistens ein Zeichen von……….. :(


    Es handelt sich hier um eine hypothetische Annahme…...
    „Gesetzt dem Fall mir wäre bekannt, dass die Frau nur noch ? Monate zu leben hätte“,
    .......und keiner dogmatischen Feststellung.


    Bei einem Alter des Gesprächspartners von 90 Jahren ist es m.E. legitim mit Monaten zu rechnen.
    Wo habe ich den von Göttern in Weiß geschrieben und wie wissend die sind.
    Du versuchst hier deine karmischen Ungereimtheiten bei mir abzuladen.


    Ich bin noch Aufnahmefähig :P


    hedin

  • Liebe Knochensack,
    ich verstehe Deine Argumente durchaus.


    Zitat

    Für mich ist immer der Kontext wichtig, die Situation in der ich was wie wem sage.


    Für mich auch.


    Zitat

    Nein, ich kann nicht ersehen, was meine Handlung in tausend Jahren für Konsequenz haben wird und bezweifle, dass dies der Buddha konnte oder dass dies irgendein Buddha könnte, allenfalls ein allwissender Gott.


    Mir geht es dabei noch nicht einmal um Karma, schon gar nicht um die nächsten 1000 Jahre, mir geht es einfach darum, authentisch zu bleiben. Das war auch schon vor Kenntnis von Buddhas Lehre so.


    Zitat

    Ich finde mich damit ab, dass ich als kleiner unvollkommener Mensch auf dem Weg meine Entscheidungen treffe und lebe mit meiner Fehlbarkeit.


    Ich lebe mit meiner Fehlbarkeit, halte mich (und auch Dich) aber nicht für einen kleinen unvollkommenen Menschen. Darüber urteile ich überhaupt nicht mehr. Mit geht es nur um Bewusstes Sein.


    Meine Erfahrung ist: desto ehrlicher ich mit meinen Mitmenschen umgehe, desto mehr Vertrauen entsteht, desto näher kommt man sich auch.


    Natürlich nur Menschen gegenüber, die dazu psychisch in der Lage sind. Ich spreche hier nicht von Demenzkranken. Insofern hast Du Recht. Ich würde einer Frau, die glaubt, ich sei ihre Tochter, nicht widersprechen, dafür z. B. ihre Hand streicheln ... Das habe ich bei meiner sterbenden Freundin auch nicht gemacht. Sie sah an der Zimmerdecke eine schöne Wiese, beschrieb das und ich habe mich mit ihr auf den Weg dorthin gemacht.


    Zum Beispiel meiner Tochter gegenüber war ich oft unehrlich, weil ich sie nicht enttäuschen wollte oder verletzen. Daher war ich ihr gegenüber oft unnatürlich und unsicher, was wiederum zu schmerzhafter Kritik ihrerseits führte "Du bist so komisch" oder "ich glaub Dir nicht, dass Du mich liebst". Ich habe dann festgestellt, dass ich "im festen Stand" zu mir stehen muss. Dazu gehörte natürlich auch, dass ich von meinem Ideal herunterkommen musste, ich musste erstmal "innerlich gesund werden" und mich wirklich erkennen. Heutzutage habe ich Worte und eine Tonlage gefunden, die - wenn gewünscht - meine ehrliche Ansicht zum Ausdruck bringen. Das hat uns endlich ganz, ganz nahe gebracht.


    Apropo: Die Frage des Partners "liebst Du mich?" finde ich äußerst unfair bzw. unsensibel. Ich selbst stelle solche Fragen nicht mehr, denn entweder ist er grade sauer, dann ist sie dumm, oder er zeigt es doch durch sein alltägliches Handeln, dann ist sie nicht nötig. Die romantische Liebe gehört für mich ohnehin der Vergangenheit an. Für mich zählt Vertrauen, Zuverlässigkeit, Achtung, Aufmerksamkeit. Da erübrigen sich solche Fragen sowieso.


    Zitat

    Mir ist das Wohl der Menschen wichtiger als eine buchstabengetreue Befolgung von Regeln, und das entscheide ich in jedem Moment neu nach dem Stand meines aktuellen Wissens.


    Ja, so entscheide ich auch :D .
    _()_ Monika


  • lieber hedin,
    ich bedauere das mein schreiben so ankam....
    ich lade gar nix ab, aber wenn das bei dir so ankommt, schmeiss es in den mülleimer.... :) ist besser als es als fundament für "hirngebäude" zu nutzen...


    LG _()_

  • Liebe Monikamarie,


    Zitat

    propo: Die Frage des Partners "liebst Du mich?" finde ich äußerst unfair bzw. unsensibel. Ich selbst stelle solche Fragen nicht mehr, denn entweder ist er grade sauer, dann ist sie dumm, oder er zeigt es doch durch sein alltägliches Handeln, dann ist sie nicht nötig. Die romantische Liebe gehört für mich ohnehin der Vergangenheit an. Für mich zählt Vertrauen, Zuverlässigkeit, Achtung, Aufmerksamkeit. Da erübrigen sich solche Fragen sowieso.


    Mein Partner hat Gewissheit, aber manchmal stellt meine Mutter die Frage. Sie signalisiert dann z.B. ihr Bedürfnis nach Zuwendung. Es kann Ausdruck von Unsicherheit sein, von Zweifel, von Angst, eine Bitte um mehr Aufmerksamkeit, eine Aufforderung zum Schmusen, auch mal ein Scherz und vieles mehr. Ich weiß, dass ich sie liebe, sie weiß es manchmal anscheinend nicht. Da ich es aufgegeben habe sie zu ändern und ich ihre Unsicherheit spüre, antworte ich mit "Ja", auch nach einem Krach, wenn mir der Hals überquillt.


    Würde mein Partner mir diese Frage stellen, dann würde ich als erstes vermuten, dass ihn etwas an unserer Beziehung verunsichert und ihm a) meiner Liebe versichern und dann b) fragen, ob er daran zweifelt, und wenn ja, woran macht er das fest.


    Liebe Grüße
    Knochensack