Anhaften vs. Bedürfnisse

  • Hallo zusammen,


    ich folge der Lehre schon einige Jahre
    und so wie Buddha aufforderte zu prüfen,
    so prüfe ich auch ausgiebig.


    Lange Zeit integrierte ich die Praxis des Nichtanhaftens
    in mein Leben.


    Durch achtsames Beobachten habe ich viele Einsichten gewonnen.
    An einem Punkt kam ich aber zum Schluss,
    dass es sinnvoll ist, den Weg des Nichtanhaftens selektiv zu gehen,
    auch um den Preis, dass ich nicht erleuchtet werde bzw. viele Male geboren werde.


    Es sind die Bedürfnisse, die den Menschen treiben,
    dieses oder jenes zu tun,
    was im Buddhismus in vielen Fällen
    mit dem Wort Gier belegt wird.


    Es gibt Bedürfnisse, deren Nichterfüllung körperliche Schwierigkeiten erzeugen können.
    Dabei denken wir ganz natürlich an Essen, Schlafen und die Toilette.


    Es gibt aber auch jenseits davon Bedürfnisse,
    wie das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Nähe,
    deren Nichterfüllung Einsamkeit mit all ihren Folgen auslösen kann.
    Und diese Folgen findet man auch im Körper wieder.
    Wissenschaftliche Studien belegen,
    dass Einsamkeit so schädlich ist wie Rauchen.


    Ich bin bisher davon ausgegangen,
    dass buddhistische Achtsamkeit ein Hilfsmittel sein kann,
    um damit besser klar zu kommen.


    Meine Erfahrungen haben jedoch gezeigt,
    dass das Bedürfnis und die Gefühle immer wieder kommen
    uns immer wieder treiben etwas zu tun.


    An diesem Punkt kam mir die Einsicht,
    dass wir unsere Gefühle und Bedürfnisse achtsam erforschen müssen,
    aber sie nicht pauschal loslassen,
    sondern innehalten und nachdenken,
    um dann dem Bedürfnis nachzugehen oder eben nicht.


    Bedürfnisse sind ein starker Motor in uns.
    Wir können sie nicht per se als Gier abtun und versuchen sie loszulassen.
    Sie sind per se nichts Schlechtes.


    Ungünstig wird es dann,
    wenn die Erfüllung unserer Bedürfnisse
    zu Lasten Anderer gehen.
    Hier macht es wirklich Sinn genauer hinzuschauen
    und zu überlegen, ob man loslassen kann.


    Wenn wir unsere Bedürfnisse ausgiebig erforscht haben,
    erkennen wir sie zum Einen in uns selbst und
    wir können sie u. U. auch in Anderen entdecken
    und besser verstehen warum der Eine so oder so reagiert
    und das Thema Bedürfnis in eine ehrliche Kommunikation
    so gut es eben geht einbringen.


    Es ist sehr edel dem Anhaften so beizukommen,
    dass man einen Ausweg aus selbstgemachten Leid findet.
    Aber auch das NIchtanhaften kann Leid verursachen.
    Daher finde ich es persönlich besser hier sehr selektiv vorzugehen
    und einen Weg abseits von Extremen, eben den mittleren Weg zu gehen.


    Liebe Grüße


    Stefan

    Egal wie Dein Weg auch sein mag.
    Laß Dich stets von Achtsamkeit, Liebe und Mitgefühl führen.
    Denn ohne diese 3 Weisen, wird kein Weg von Erfolg sein.

  • Aus meiner Sicht sollte da jeder bei sich selber schauen was (schon) geht. Es muss auch karmisch passen. Erzwungenes oder aufgesetztes macht auf Dauer krank.


    odysseus05:

    Es gibt aber auch jenseits davon Bedürfnisse,
    wie das Bedürfnis nach Gemeinschaft und Nähe,
    deren Nichterfüllung Einsamkeit mit all ihren Folgen auslösen kann.
    Und diese Folgen findet man auch im Körper wieder.
    Wissenschaftliche Studien belegen,
    dass Einsamkeit so schädlich ist wie Rauchen.


    Deswegen ist auch nicht jeder geeignet sich in die "Waldeinsamkeit" zurück zu ziehen.
    Das alleine sein, sich selber genug sein können ist ein Produkt aus der Praxis.
    Für viele ist es dann eine Wohltat allein zu sein.


    Aaaber es geschieht nicht alles gleich und sofort. Manches sogar nie.
    Da sollte man dann soviel Metta und Geduld mit sich selber haben und sich sagen: Alles hat seine Zeit und alles darf so sein wie es ist.
    Step by step :)
    Sich Über-Fordern bringt nichts heilsames.


    Aber auch da wieder ein aaaaaber. Man sollte aber auch nicht in Lässigkeit verfallen. Lässigkeit ist Schmutz und aus Lässigkeit entsteht Schmutz. Viel zu leicht sagt man sich auch, dass etwas nicht geht. Manchmal ist der Weg eben auch recht steinig und mühsam.


    Meide man halt die Extreme.


    Liebe Grüße
    Kusala


  • Ich hab mal einen Lehrer die Worte "Provokatives" ( alles was in uns Abneigung auslöst ) und "Versuchendes" ( alles was in uns Anziehung auslöst )
    sagen hören - und dass unser Geist ( auch Körper, Psyche usw ) ständig zwischen diesen "herumgeistert".


    Ich hab beide Begriffe sofort angenommen. Sie stehen alternativ für Hass und Gier.
    Ich hab sie angenommen, weil darin Verständnis ausgedrückt wird, Mitgefühl.


    Hass und Gier haben einen negativen, schuldhaften Tenor und der ist schädlich, auch für die Praxis.
    Beide Begriffe bezeichnen die äußersten Spitzen, sozusagen eine totale Ablehnung und eine aggressive Sucht. Beides kommt vor, aber häufiger sind die weniger prägnanten Bewegungen.


    Mitgefühl ist essenziell für die Praxis, denn die "Unwissenheit" die den Geist provoziert und versucht
    ist zu verstehen als Heimatlosigkeit und Verlorenheit und natürliche Todesfurcht.


    Wir erkennen unsere wahre Natur nicht, deshalb sind wir unwissend und getrieben auf der Suche, auf der Flucht, im Phlegma, im Kampf.
    Furcht ( vor dem Tod/ Auslöschung ) ist der Auslöser der Wiedergeburt, der Grund für "Hass " und "Gier".


    Wenn man diese tiefste Furcht betrachtet, bei sich und bei anderen, entsteht tiefes Mitgefühl.
    Man sollte Bedürfnisse und Aversionen also achtsam und mitfühlend betrachten, meiner wertlosen Meinung nach.


    Zum Mitgefühl gehört aber auch sich darin zu üben sich nicht darin ( in diese Bewegungen ) zu verwickeln, weil das bedeutet, weiter gefangen zu sein.


    P.s.:
    Übrigens, liebe Reformer :D , habe ich diese Begriffe von einem amerikanischen Lehrer übernommen. :lol:

    2 Mal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Tatsächlich gehört es zum mittleren Weg Grundbedürfnisse zu erfüllen.
    Man braucht einen gewissen Frieden in sich, Harmonie und Gesundheit.

  • Hallo,


    Bakram:

    Lieber Stefan


    Ich verstehe nicht, was Du unter Praxis des nicht Anhaftens verstehst. Für mich gibt es nur eine Praxis: Achtfacher Pfad.
    Respektive Dana, Metta , Sila


    Gruss Bakram


    die Überwindung der Gier durchzieht sich aber auch durch den achtfachen Pfad
    und der Pfad ist gekennzeichnet von beständigen Loslassen von Dingen,
    die zu Leid führen.


    Mein Lehrer meinte mal,
    dass wir eigentlich nur wenig wirklich wichtige Bedürfnisse haben,
    wie Schlafen, Essen, Trinken und Entleeren.


    Davon bin ich aber nicht überzeugt.
    Es gibt eben auch abseits von den allbekannten Grundbedürfnissen
    Bedürfnisse deren Nichterfüllung nicht nur unangenehme psychologische
    sondern auch physiologische Folgen haben,
    selbst dann, wenn wir meinen wir hätten sie losgelassen.
    Die Folgen zeigen sich trotzdem sehr klar.


    Und daher ist ein logischer Schritt hier genau zu forschen, selektiv und individuell vorzugehen.
    Bedürfnisse, die eben nicht der Genußsucht dienen oder Andere schädigen
    könnten m. E. hierunter fallen.


    Bedürfnisse haben eine starke körperliche Komponente
    und die Message hinter dem Bedürfnis sollte man m. E. durchaus mal
    mit viel Mitgefühl aufnehmen und verarbeiten.


    Dies führt nicht nur zu einem besseren Verständnis der eigenen Natur,
    sondern es hilft ungemein Andere besser zu verstehen und mit ihnen mitfühlend zu kommunizieren.
    Denn im Grunde werden Alle von Bedürfnissen getrieben, egal ob sich Menschen sich so oder so verhalten.


    Liebe Grüße


    Stefan

    Egal wie Dein Weg auch sein mag.
    Laß Dich stets von Achtsamkeit, Liebe und Mitgefühl führen.
    Denn ohne diese 3 Weisen, wird kein Weg von Erfolg sein.

  • Bakram:

    Lieber Stefan


    Ich verstehe nicht, was Du unter Praxis des nicht Anhaftens verstehst. Für mich gibt es nur eine Praxis: Achtfacher Pfad.
    Respektive Dana, Metta , Sila


    Gruss Bakram


    Eine irritierende Antwort. Ist doch der Achtfache Pfad der Weg des Nicht-Anhaftens, oder auch: der Weg des fortschreitenden Enthaftens.
    LG
    Onda


  • Gerade die Grundbedürfnisse können wie nicht abschalten, sollten wir auch nicht versuchen. Davon abgesehen, essen kann man auch ohne Gier und schlafen müssen wir sowieso. Du hast dir schon die Antwort selber gegeben. Es kommt darauf an, andere nicht zu schädigen. Auf diese Weise übe ich auch. Und wenn ich mich nach Gemeinschaft sehne, kümmere ich mich darum, dass ich nicht alleine vor mich hinvegitiere. Ich schädige doch niemanden damit. Irgendwie sind doch Buddhisten auch Menschen.

  • Hallo zusammen


    Ich sehe gerade, dass ich nicht geantwortet habe :roll:


    Ich sehe dies so wie mombour.


    Ich glaube wir müssen uns immer unserer menschlichen Natur gewahr bleiben und dazu gehören halt Bedürfnisse, die erfüllt werden müssen. Bedürfnisse sind per se auch nicht schlecht. Deshalb ist es unklug zu glauben es sei heilsam alle Bedürfnisse in toto zu unterdrücken.
    Entscheidend ist auch hier den Weg der Mitte zu finden resp. diesen zu gehen. Aufmerksam in jeder Situation zu unterscheiden ob ein auftretendes Bedürfnis für mich und Andere heilsam oder unheilsam ist.


    Dies ist für mich ein unsichtbarer aber entscheidender Ausdruck buddhistischer Praxis und wird in diesem Sinne eben im 8 fachen Pfad ausgedrückt.


    Buddha hat uns keine Patentlösungen, sondern lediglich ein möglicher Weg diese selber zu finden hinterlassen.


    Das Anhaften ( 4 Upadana) macht es eben schwierig den mittleren Weg zu finden, da wir durch Anhaften häufig vom mittleren Weg abkommen. Eben auch dadurch, zu glauben es gäbe Patentlösungen.


    Gruss Bakram


  • :shock:
    Was mach ich jetzt? Geh ich den Weg der wissenschaftlichen Studien oder den des Buddha? ;)


    Der Weg des Buddha erzeugt Lungenkrebs :?



    Zitat

    " Ānanda, ein Bhikkhu zeichnet sich nicht aus, indem er Geselligkeit liebt, indem er sich mit Geselligkeit vergnügt, indem er sich der Vorliebe für Geselligkeit hingibt, indem er Gesellschaft liebt, indem er sich mit Gesellschaft vergnügt, indem er sich über Gesellschaft freut. In der Tat, Ānanda, es ist nicht möglich, daß ein Bhikkhu, der Geselligkeit liebt, der sich mit Geselligkeit vergnügt, der sich der Vorliebe für Geselligkeit hingibt, der Gesellschaft liebt, der sich mit Gesellschaft vergnügt, der sich über Gesellschaft freut, jemals nach Belieben, ohne Problem oder Schwierigkeit, die Glückseligkeit der Entsagung, die Glückseligkeit der Abgeschiedenheit, die Glückseligkeit des Friedens, die Glückseligkeit der Erleuchtung erlangen wird. Es kann aber erwartet werden, daß ein Bhikkhu, wenn er allein, von der Gesellschaft zurückgezogen lebt, nach Belieben, ohne Problem oder Schwierigkeit, die Glückseligkeit der Entsagung, die Glückseligkeit der Abgeschiedenheit, die Glückseligkeit des Friedens, die Glückseligkeit der Erleuchtung erlangen wird [1]."


    http://palikanon.com/majjhima/zumwinkel/m122z.html



    odysseus05:

    Aber auch das NIchtanhaften kann Leid verursachen.


    So wie Wasser brennen kann und durch Feuer gelöscht wird 8)



    odysseus05:

    Mein Lehrer meinte mal,
    dass wir eigentlich nur wenig wirklich wichtige Bedürfnisse haben,
    wie Schlafen, Essen, Trinken und Entleeren.


    Davon bin ich aber nicht überzeugt.
    ...


    Ich wünsche dir dass du deinen Lehrer verlässt.