Ich möchte mal ein praktisches Beispiel nennen, um zu zeigen, wie ein Mensch gestrickt ist (in diesem Fall ich), dass eine Übung bei jedem Menschen anders wirkt und man sie nun wirklich nicht über einen Kamm scheren kann.
Neulich nahm ich am vierten Teil eines Bardo-Kurses teil. Dabei hieß es, dass Traumpraxis, die auf luzides Träumen abzielt, absolut von Vorteil ist, weil man sich dabei einübt, während des Sterbeprozesses sich nicht mehr führungslos durch die Turbulenzen treiben zu lassen, sondern sich, im Fall des Falles, dann sozusagen "schon auskennt" und weiß, was zu tun ist.
Dazu wurde eine Übung empfohlen: man solle sich zum Einschlafen auf das Kehlzentrum konzentrieren und dabei einen fünfblättrigen Lotos visualisieren, ein Blatt in der Mitte, und auf jedem eine Silbe, in dieser Reihenfolge: Om-A-Nut-Ta-Ra, angefangen in der Mitte, die zweite vorn, und dann im Uhrzeigersinn weiter. Immer so fort, bis man eingeschlafen ist.
Na, die nächsten drei Wochen habe ich es dann auch so geübt. Da ich schon seit Längerem fast immer gut einschlafen kann, war ich dann immer ganz schnell weg. So schnell, dass ich am nächsten Tag stets dachte: das kann nicht sein, ich habe es wohl doch nicht richtig geübt, bin bestimmt in eine unbewusste Halbschlaf-Träumerei gefallen und habe beim Einschlafen sehr schnell die Übung vergessen! War anscheinend egal, das Einschlafen, ob mit oder ohne Übung.
Soso, dann muss ich mich wohl noch mehr konzentrieren!
Beim mehr Konzentrieren sah ich dann nur noch eine rosa Dreivierteltorte, der oben links, bzw. vorn links, ein Viertel fehlt, in meiner Kehle. Ich konnte mich gar nicht gegen diese Torte wehren, Ihr kennt das ja selbst: Torte sehen verboten!, das erzwingt geradezu das Torte sehen.
Stellt Euch vor, ein Uhren-Ziffernblatt steht auf 9 Uhr. So meine ich das mit der Torte.
Die Torte machte nun meine Kehle ganz dick, es fühlte sich fast so an, als wäre sie in meinem Hals steckengeblieben.
Wie ich auf die Torte kam? - Ganz einfach! Wenn Ihr im Verlauf, von Silbe zu Silbe, eine Linie zieht: ab Mitte, dann nach vorn und dann im Uhrzeigersinn weiter (fortsetzend Richtung Mitte und wieder von vorn) , dann zeichnet Ihr dabei eine Dreivierteltorte (von oben gesehen).
Ich konnte diese rosa Köstlichkeit einfach nicht mehr loswerden, nach und nach bekam sie auch noch sahnige Verzierungen, schmeckte nach Himbeer oder nach Erdbeer. Mich machte das ganz verrückt! Nach vier Stunden war ich immer noch hellwach. Ich sprang auf und machte alles Mögliche, um mich abzulenken. Dann wurde mir im Nachthemd kalt und ich sprang wieder ins Bett, schmiss mich aber anschließend hin und her... Nur die letzte Dreiviertelstunde (hier kommt schon wieder das Dreiviertel!) fiel ich in einen betäubten Erschöpfungsschlaf.
Zum Glück ist sowas heute bei mir nicht mehr schlimm, ich muss ja nicht mehr arbeiten.
Aber voll daneben war es trotzdem.
Ich denke, wenn jemand psychisch labil ist, und die Ergebnisse solcher Übungen dann ausrasten, rastet der ganze Mensch aus, und wegen der Labilität kann man nicht einschätzen, wann man aufhören muss. Man macht also weiter... mit unabsehbaren Folgen....
Aber jedes Mal, wenn ich "meinen" Lama zu solchen Dingen befragt habe, hat der überhaupt nicht verstanden, wovon ich spreche, und hat irgend etwas Pauschales geantwortet.
Es ist in solchen Fällen unweigerlich so, dass man ganz auf sich allein gestellt ist.
In meinem Fall ist es so, dass ich in punkto "Luzides Träumen" noch keinen einzigen Schritt weitergekommen bin - kein Wunder.