Beiträge von Frieden-und-Freude

    fotost:

    Immer noch lesenswert


    http://www.buddhistische-gesel…ownloads/brokenbuddha.pdf


    Wenn man sich die Bedingungen deutlich macht, unter denen der Text geschrieben wird kann man die kritische Haltung zum gelebten Alltagsbuddhismus in Theravada geprägten Gemeinden in SO Asien einschätzen.



    Wie beurteilen denn diejenigen von Euch, die persönliche Erfahrungen in Thailand gemacht haben, die in diesem Buch beschriebenen Missstände?


    Sind das Übertreibungen oder entspricht es der Realität?

    Ein gut gemachter Film. Danke für den Link!


    Als Werbung für den Buddhismus ist der Film vermutlich gut geeignet, ich empfinde ihn als professionell gemacht und weitgehend seriös.
    (Für meinen Geschmack etwas zu bunt und blumig, hab den Film aber einer Freundin empfohlen, die diese Form von Ästhetik mag. :) )

    Zur Diskussion über psychosomatische Rückenschmerzen nur kurz:


    Nicht alles, was psychosomatisch sein kann, ist es auch.


    Wenn jemand über starke Schmerzen beim Meditieren klagt, ist es weder naheliegend noch sinnvoll, das auf psychosomatische Ursachen zurückzuführen.



    Samten:

    ist unsere Gesellschaft nicht auf Bequemlichkeit aus..?


    Definitiv. Und zwar so sehr, dass auch eine längere Meditations-Sitzung auf einem konventionellen Stuhl für viele Anfänger eine Überforderung darstellt. Auch ohne starke Schmerzen. Das übliche Zwicken und Zwacken wird bereits als Zumutung empfunden.


    Diese Bequemlichkeit gilt es zu überwinden, das ist richtig und wurde nie bestritten.


    Völlig unzweckmäßig hingegen ist es, einem Anfänger zu raten, starke Schmerzen beim Meditieren zu ertragen, weil das angeblich dazu gehöre.


    Falsch deshalb, weil:
    1. Schmerzen i.d.R. ein Warnsignal des Körpers sind und eine Nichtbeachtung von Schmerzen zu körperlichen Schäden führen kann und
    2. Schmerzen beim Meditieren zuviel Ablehnung im Geiste schaffen, was eines der 5 Hindernisse darstellt.


    Es gibt da natürlich Ausnahmen: Entschiedenes Sitzen (ohne die anfangs eingenommene Sitzhaltung zu verändern), kann für Fortgeschrittene, die ihren Körper gut kennen und wissen, was sie tun, nützliche Wirkungen haben.


    Für Anfänger ist das eine unnütze Quälerei, mit i.d.R. unheilsamen Folgen.

    Samten:

    mag ja sein dasses das gibt, es ist aber nicht die Regel.


    Dass gleich beide Knie im Krankenhaus aufwendig operiert werden mussten, ist natürlich nicht die "Regel".
    Den Fachärzten sind jedoch Schäden durch meditative Sitzhaltungen und übertriebene/unsachgemäße Yogaübungen bestens bekannt.
    All das kann vermieden werden, wenn man Schmerzen als Warnsignal ernst nimmt, statt zu glauben, Schmerzen müssten beim Meditieren einfach ertragen werden. (Wohlgemerkt, es ist von Schmerzen die Rede, nicht von geringfügigem Zwicken und Zwacken.)


    Da die traditionellen Meditationshaltungen zwar gewisse Vorteile bieten, aber das Meditieren beispielsweise auf einem Stuhl ebenso gut möglich ist, sollte jemand mit starken Schmerzen diese Option ernsthaft in Erwägung ziehen.


    Das vermeidet nicht nur Schäden, sondern ist i.d.R. sehr förderlich für die Meditation, da durch Schmerzen durch das Sitzen einfach zuviel Ablehnung im Geist entsteht. Und das ist bekanntlich eines der 5 Hindernisse beim Meditieren.


    In Deiner Signatur ist von "Verantwortung übernehmen" die Rede.
    Einem Thread-Ersteller, der über "starke Schmerzen" bei einer Meditationshaltung klagt, zu empfehlen, "die Schmerzen mal "mit(zu)nehmen"....passiert ja nix, tut doch nur 'n bisschen weh...:p:p", zeugt nicht von Verantwortung.


    Anschließend sogar noch darauf zu bestehen und generell Bequemlichkeit zu unterstellen, ist erst recht nicht hilfreich.


    Mir fällt beispielsweise zu diesem Thema Ajahn Munindo ein, der sich durch verbissenes Sitzen unter Schmerzen beide Knie zerstört hat. Er landete im Krankenhaus ("double knee reconstruction").


    Hier die Quelle:
    https://www.youtube.com/watch?v=Ai_C0Udz5-E
    (ab 0:40)

    Varadinno:


    Frieden-und-Freude: ich kann mich nicht erinnern, etwas von einem "Gegensatz" geschrieben zu haben. Für mich persönlich passt meine Art der Meditation recht gut, so wie ich sie praktiziere. Wenn es für andere Praktizierende andere Strategien sind, die zum Ziel führen: sehr gut! Aber weder bin ich Ayya Khema, noch Ajahn Brahm und sie gehören auch de facto nicht zu meinen Lehrern. Deshalb habe ich auch betont, dass das Geschriebene meine persönliche Erfahrung widerspiegelt. Ich bin auch kein Freund von Pauschalisierungen oder was irgendwelche "Autoritäten" sagen: wie mein Lehrer es einmal ganz schön formuliert hat "awareness is ultimate subjectivity". Jeder muss das finden, was für ihn geeignet ist. Diese Dinge sehe ich eher als Werkzeuge - es kommt darauf an, was man damit macht.


    Mir geht es auch gar nicht um irgendwelche "Autoritäten". Und ich stimme Dir völlig zu, dass jeder das finden soll, was für ihn geeignet ist.


    Der Punkt ist nur der: Ganz gleich, welche "Methode" jemand nutzt, irgendwann tritt bei vielen Menschen bei ausreichender Konzentration ganz automatisch eine Vertiefung ein. Die Jhanas werden ja nicht "gemacht", sie entstehen einfach beim Loslassen.
    Ob jemand intensiv den Body Scan praktiziert oder Metta oder Atemmeditation, irgendwann kann es spontan zu einer meditativen Vertiefung kommen. (Bei Dir war das offenbar der Fall. Bei mir übrigens auch, als ich vor Jahren intensiv "Vipassana" nach Goenka praktizierte, also den Body-Scan.)


    Die Frage ist dann, wie man damit umgehen kann, wenn Vertiefungen eintreten.
    Du hast Dich offenbar entschieden, das nicht weiter zu verfolgen.
    Das ist Dein gutes Recht.


    Allerdings möchte ich doch zu Bedenken geben, dass der Buddha die Jhanas gelehrt hat, und zwar als ein Mittel, um Einsicht zu erlangen.

    Varadinno:

    Danach erreichte ich einen Zustand des tiefen Friedens und der Gelassenheit. Und ich habe mich mit einem Mönch - ich war damals in einem Kloster - darüber unterhalten. Er meinte damals, das ginge Richtung "Jhana". Aber da mein Augenmerk eher auf Vipassana lag und liegt, nutze ich tiefe Versenkung eigentlich nie, sondern eher "angrenzende Sammlung".


    Die meditativen Vertiefungen (Jhanas) sind ja gerade ein Hilfsmittel, um Einsicht (Vipassana) zu erreichen.
    Da gibt es keinen Gegensatz.
    Der durch die Vertiefungen geschärfte Geist ist besser zur Einsicht fähig.


    Zum Ausgangsthema:
    Angst vor dem Kontrollverlust kommt tatsächlich häufig vor, wenn jemand zum ersten Mal eine meditative Vertiefung erlebt. Darauf wird sowohl in der Schule von Ayya Khema als auch von Ajahn Brahm hingewiesen.


    Es ist hilfreich zu wissen, dass es sich um ein bekanntes und "normales" Phänomen handelt.
    Ich möchte Folgendes noch einmal unterstreichen:


    verrückter-narr:

    diese und andere, besondere Wahrnehmungserfahrungen sind in dem Sinne normal, da sie bei fast allen Menschen auftreten, die sich in Meditation und Geistesschulung üben. Die Art, Weise und Intensität der Erfahrungen ist aber von Person zu Person unterschiedlich und hängt auch von der geistigen Veranlagung ab. Sie könnten auch gefährlich werden, wenn dein Geist zu sehr daran haftet und sie für realer hält als die sonstigen "normalen" alltäglichen Erfahrungen. Wenn du eine Neigung zu psychischen Erkrankungen wie Depressionen, usw. hast, würde ich dir raten, erst eine stabilere, ruhigere Meditationspraxis zu entwicklen, bevor du diese Form der Meditationsübungen fortsetzt, da bei labiler psychischer Gesundheit die negativen Symptome sich verstärken können. Man kann dies Erfahrungen teilweise mit psychedilischen Erfahrungen durch Drogen vergleichen, die bei einigen Personen auch zu einer Verstärkung der negativen Geisteseindrücke führt, so dass die Personen dann evtl. therapeutische und psychiatrische Hilfe benötigen.


    _()_

    Sherab Yönten:

    Habt Ihr zur Mitfreude andere Formulierungsvorschläge?


    Bei der Brahmavihara-Praxis geht es ja darum, bestimmte Geisteszustände zu erzeugen und zu kultivieren. Welche Formulierungen dafür zweckmäßig sind, ist individuell verschieden.
    Manche Menschen praktizieren das auch ohne Verbalisierungen: Beispielsweise indem sie sich ein konkretes Wesen vorstellen, das sich freut und an dessen Freude sie teilhaben. Um das dann sukzessive auf die Vorstellung der Freude aller Wesen auszudehnen.


    Wenn Du mit Verbalisierungen praktizierst, wirst nur Du selbst herausfinden können, welche Formulierung für Dich hilfreich ist. Das ist die Formulierung, die tatsächlich geeignet ist, bei Dir Mitfreude zu wecken.

    Moosgarten:
    Axel:

    Falls ich mich blöd ausgedrückt habe:


    So war das auch gemeint von mir. Ich habe manchmal den Eindruck, das eigentliche 'Ausweichmanöver' sei das verbissene Sitzen mit Schmerzen...


    kann schon sein. Andererseits ist es auch eine Illusion zu glauben, es könnte ein völlig schmerzfreies "Meditieren" in welcher Haltung auch immer geben. Irgendwas zwickt oder juckt immer oder wird sonstwie als störend empfunden. Da muß man durch.



    Es stimmt natürlich, dass immer irgendwas zwickt oder juckt oder sonstwie unangenehm sein kann beim Meditieren.
    Und dass es wichtig ist, diese kleinen Unannehmlichkeiten am Anfang auszuhalten.


    Es ging hier aber um das Thema "Schmerzen" beim Meditieren, es war sogar von "heftigen Schmerzen" die Rede.


    Das sehe ich so wie Axel: Das verbissene Sitzen mit Schmerzen ist unzweckmäßig.


    Samten:
    Axel:


    Eine ziemlich steile These...


    Natürlich ist es eine gute Idee, was gegen Rückenschmerzen zu tun (ob 'psychosomatisch' oder nicht), aber ich wage zu bezweifeln, dass die üblichen Sitzhaltungen bei der Meditation (Lotus, Halblotus, 'burmesisch', Seiza mit oder ohne Bänkchen/Kissen) da sonderlich hilfreich sind. Erlernte, schädliche Bewegungsmuster dürften damit nicht verbessert werden, die (vermutlich) verklebten Faszien profitieren davon auch eher nicht und (um mal die Beine anzusprechen): verkürzte Sehnen (haben wahrscheinlich viele von uns) reagieren sehr allergisch auf 'Dauerdehnung'.


    was soll daran "steil" sein?
    is ne allgemein bekannte "Tatsache"..
    ansonsten.. einfach'n bisschen Sportlich sein..;)



    Rückenschmerzen aufgrund ungewohnter Meditationshaltungen als "psychosomatisch" zu bezeichnen, halte ich auch für eine problematische These.
    Es gibt genügend Menschen, die sich durch verbissenes Sitzen unter Schmerzen (z.B. im Lotussitz) schwerwiegende körperliche Schäden zugezogen haben.


    Schmerzen sind i.d.R. ein Warnsignal des Körpers. Das sollte man nicht bagatellisieren.

    Mein Lehrer, Leigh Brasington, sagt in solchen Fällen, dass es in der westlichen Kultur solche "teuflischen" Dinge gibt wie STÜHLE (und Sessel) ... die die Fähigkeit vieler Menschen untergraben haben, lange Zeit traditionelle Meditationshaltungen einnehmen zu können. ;)


    Er sagt das mit ironischem Unterton ... und sitzt auch selbst beim Meditieren auf einem Stuhl. Sogar mit mehreren Kissen. :)


    Für längere Meditations-Sitzungen ist es empfehlenswert, so zu sitzen, dass keine größeren Schmerzen auftreten. Und da bietet es sich tatsächlich an, einen konventionellen Stuhl (oder Sessel) zu benutzen.


    Bei chronischen Rückenschmerzen eventuell sogar ein ergonomisch zweckmäßiger Sessel!


    Probier es mal ein paar Tage aus.



    _()_

    Benji:


    ich habe im November letzten Jahres einen 10 tägigen Vipassana Meditationskurs absolviert und meditiere seitdem jeden Tag 1 h. Seitdem habe ich tatsächlich gute Resultate erzielt, habe allerdings eine Frage zu folgendem:


    Wenn ich meditiere und den "Bodyscan" vollziehe, um die jeweiligen Empfindungen zu spüren, kommt es öfters vor, dass genau in diesem Moment (wenn ich mich auf eine Körperstelle konzentriere, z. B. linke Schulter) kurz ein Bild von meiner Schulter in meinem Kopf auftaucht. Das Bild ist zwar gefühlt nach einer Milisekunde weg, aber dennoch ist es kurz da.


    Könnt ihr mir sagen ob es "falsch" ist auf diese Weise zu meditieren, weil man ja eigentlich die Körperempfindungen ohne jegliche Beimischung von Vorstellungen etc. beobachten soll. Auf der anderen Seite ist nicht von der Hand zu weisen, dass ich bisher eine positive Wirkung vom meditieren spüre. Könnt ihr mir aus dieser kleinen Zwickmühle raushelfen? Kann ich einfach auf meine bisherige Art und Weise weitermachen oder sollte ich schon versuchen, diese Bilder weg zu bekommen? Und wenn ja, wie schaffe ich das? :D


    Wenn ich Dich richtig verstehe, meditierst du nach den Anweisungen von Herrn Goenka.
    Dabei geht es ja darum, nicht ABSICHTLICH mit Verbalisierungen oder Bildern zu arbeiten.
    Wenn aber UNABSICHTLICH etwas auftaucht, entspricht es den Vorgaben, dem keine weitere Beachtung zu schenken.
    Und genau das machst Du ja. Deshalb verschwindet das "Bild" auch schnell wieder.


    Insofern machst Du alles richtig, selbst nach den strengen Vorgaben von Herrn Goenka.


    (Ich habe vor längerer Zeit auch einen dieser "Vipassana"-Kurse mitgemacht, meine eigene Praxis ist inzwischen aber eine andere.)



    Was Du da beschreibst, lieber mkha, kann im Umgang mit "Kollegen" gut funktionieren.


    Der Thread-Ersteller fragt aber, wie er sich gegenüber seinen Freunden verhalten soll, bei denen das Lästern über Außenstehende offenbar der gemeinschaftsstiftende Kommunikations-Stil ist.


    Dazu möchte ich sagen: Ja, das kann ein echtes Problem sein.
    Und wenn das Bedürfnis besteht, "dazuzugehören", ist es ein echtes Dilemma.


    Eine Patentlösung gibt es dafür nicht, fürchte ich ...


    Letztlich liegt die Perspektive vermutlich eher darin, sich neue Freunde zu suchen ... und sich dann zunehmend denen zugehörig zu fühlen, die nicht ständig über andere lästern müssen.



    _()_

    Vielen Dank für den ausführlichen Erfahrungsbericht!


    Ja, Ajahn Brahmali und natürlich sein Lehrer, Ajahn Brahm, sind auch für mich oft inspirierend.
    Und wer nicht weit reisen möchte, kann sich die Dhamma-Talks, Sutta-Besprechungen und sogar einige Retreats auf YouTube anhören und ansehen.


    Bei Ajahn Brahmali fand ich seinen Sprechstil am Anfang gewöhnungsbedürftig, das wirkte auf mich erst mal ein wenig "exaltiert". Aber inzwischen komme ich gut mit seinem Stil zurecht.


    Jedenfalls empfinde ich es so, dass Ajahn Brahm und Ajahn Brahmali zu dem Besten gehören, was die Theravada-Tradition zu bieten hat. Den beiden gelingt es, selbst sehr konservative oder doktrinäre Aspekte der Tradition charmant zu vermitteln. ;)


    Aber statt jetzt darüber zu sprechen, was ich für problematisch halte, möchte ich die inspirierende Seite betonen. Es ist das, was Sabbamitta schildert und erlebt hat: dass eine richtige Praxis begleitet ist von Glücksgefühlen. Von Gefühlen des inneren Friedens und von Freude.


    Ajahn Brahm zitiert häufig die Stelle, in der ein König zum letzten Mal die Sangha des Buddha besucht. Der Buddha fragt ihn, warum es ihm denn so wichtig war zu kommen. Der König antwortet: Weil ich hier stets frohe und glückliche Gesichter sehe.
    Und der Buddha antwortet: Genau das ist zu erwarten, wenn man richtig praktiziert. :)


    Dann ruhst Du unerschütterlich im Gleichmut. :)


    Ja, das ist ein erstrebenswerter Zustand.


    Und wer in diesem Forum konkrete persönliche Erfahrungen einbringt, kann seinen Gleichmut erproben.


    Das Ergebnis bei mir: Manchmal war Gleichmut da, manchmal nicht.



    Du warst ja außer mir der einzige, der ausführlich von eigenen Erfahrungen und Gefühlen in konkreten Situationen gesprochen hat.



    Deine entsprechenden Beiträge fand ich beeindruckend und hilfreich. Ich habe auf zwei dieser Beiträge bislang nicht geantwortet, weil ich lediglich _()_ als Zeichen der Wertschätzung dazu zu sagen habe.


    Das möchte ich jetzt nachholen:



    mkha':

    Ich erzähle nicht oft von mir, aber vielleicht ist meine Zurückhaltung in puncto (be-)urteilen, (oder gar verurteilen) besser nachvollziehbar, wenn man weiß, worauf sie beruht: während ich dies schreibe, sehe ich vor meinem geistigen Auge eine unendliche Reihe unterschiedlicher Gesichter. Es sind die Gesichter all der Menschen, mit absehbar zum Tode führenden Verletzungen, unheilbaren Krankheiten, beißenden, krampfartigen, oder stechenden Schmerzen, Bluterbrechen, Atemnot, tiefer Verzweiflung, Menschen, die unter Tränen um Erlösung gebeten haben. Es gab keine. Es hieß durchhalten - bis zum bitteren Ende. Weißt Du, wie viele Stunden, wie viele lange, die Menschen ängstigende Nächte ich an den Betten sterbender Menschen verbrachte? … Wie oft ich der abgehackten Schnappatmung ihrer letzten Atemzüge lauschte? ... Wie oft ich mich absolut hilflos und tief betroffen fühlte im Laufe der vier Jahrzehnte Vollzeitarbeit, verbracht auf chirurgischen und internistischen Intensivstationen, in der Unfallaufnahme und einem Schwerstverbranntenzentrum.


    ... aber was wissen wir schon, wir kleinen Lichter auf dem Pfad - ausgestattet mit unseren unzulänglichen Sinnen und mangelnder Weisheit? … Ein Buddha hat es gut. Er kennt keine Zweifel, ihm ist bekannt, was genau aus welchem Grunde so ist, wie es eben ist. Er weiß auch um jede Ausnahme. (Siehe z.B. Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung - M. 144. (XV,2) Channovāda Sutta (Channo))
    .......



    _()_

    Sôhei:

    Wieso ufert es eigentlich immer in dogmatischen Wortgefechten aus, wenn man es doch konkret und persönlich halten könnte?


    Die Eingangsfrage war, wie WIR mit dem Problem des Töten umgehen, genannt wurden zwei Beispiele (kranke Katze und Ungeziefer).


    Die Unmöglichkeit, im Leben zu stehen und nicht auf irgendeine Weise ins Töten verstrickt zu sein, wurde ja schon genannt. Es geht also um die eigene Haltung und Einstellung (und vielleicht wie diese durch das eigene Verständnis dessen geprägt ist, was man abstrakt "Buddha-Dharma" oder das sila vom Nicht-Töten nennt), um die eigenen Erfahrungen.
    Davon lese ich hier aber nur wenig...


    Ich stimme Dir völlig zu: Der Thread war von mir so gedacht, dass wir uns konkret anhand eigener Erfahrungen und in Form von Beispielen mit dem Thema beschäftigen ...


    Nun hat es aber Gründe, dass kaum jemand hier über seine konkreten Erfahrungen spricht.
    Morpho hat das vor ein paar Tagen sehr gut auf den Punkt gebracht:


    Morpho:

    In Foren bist du gut beraten, nichts von deinen Gefühlen und "intimeren" Gedanken zu veräussern; ohne dass du in Gefahr eines Hacking läufst; es ist nicht ohne Grund so, dass viele von sich, ihren Erfahrungen und Leben wie in der dritten Person sprechen und immer schön rational daherkommen wollen, man könnte sonst sagen, sie unterliegen Täuschungen der Anhaftung an Gefühle und Gedanken, und insofern Unwissenheit.


    Es ist keine leichte Übung, konkrete Erfahrungen preiszugeben, über die anschließend von einigen rigide abgeurteilt wird, häufig ohne Argumente und ohne die Situation zu berücksichtigen, über die berichtet wurde.


    Ich selbst habe es zuletzt auch nicht mehr geschafft, darauf gelassen zu reagieren bzw. eben gar nicht zu reagieren.


    Kurz: Wer hier tatsächlich persönliche Erfahrungen einbringt, muss sich auf eine harte Übung in Gleichmut einstellen. :lol:


    P.S. Möchtest Du selbst "konkrete und persönliche" Erfahrungen zum Thema beitragen? :)

    Tychiades:


    Dir scheint nicht klar zu sein, was für einen Rattenschwanz an Problemen sich aus der Unkenntnis über das Leben der Katzen ergeben. Ausgewilderte Katzen kommen sehr gut allein zu recht. Dort wo der Mensch sich zurück zieht, folgt die Natur ganz von selbst und sie kommt hervorragend ohne uns aus.
    Ich würde mal mit einem Zoologen reden und mich über Tierleben allgemein mal kundig machen.
    Und nicht so viele Disney-Filme gucken. :)


    Die Katzen einzufangen und die Kosten für die Sterilisierung/Kastration zu tragen, war eine Entscheidung innerhalb unserer Nachbarschaft.
    Dir ist offenbar nicht einmal ansatzweise bewusst, welche Probleme durch die unkontrollierte Vermehrung verwildeter Katzen entstehen.


    Die Ignoranz liegt da ganz auf Deiner Seite.


    ;)


    Vielleicht habe ich die Ausgangs-Situation noch nicht hinreichend beschrieben:
    Das war ein Wurf wilder Katzen im nahe gelegenen Wald. Eine problematische Situation, die sich nur beseitigen lässt, indem man die Katzen einfängt und auf eigene Kosten sterilisiert, um das in Zukunft zu vermeiden. Doch die Katzenjungen waren nun einmal da. Und nicht genügend Menschen, die sich darum kümmern konnten/wollten. Auch der Tierschutzverein war überfordert.
    Die Eltern des Nachbarsjungen hatten schon die Verantwortung für mehrere Katzen übernommen. Andere Nachbarn ebenfalls. Einige Katzen sind übrig geblieben, um die sich niemand kümmern konnte/wollte. Da der Nachbarsjunge zumindest eines dieser übrig gebliebenen Kätzchen retten wollte, kam er damit zu uns.


    Also keine Möglichkeit, die Verantwortung zu delegieren.


    Keine Möglichkeit, sich herauszureden oder Verantwortung abzuweisen.


    Zurückweisung bedeutete hier: ein Todesurteil.


    Also, was tun, als Buddhist?



    Zur anderen Frage:


    "Um Sterben zu beenden habe ich keine Macht."


    Sicherlich. Es ging ja nicht darum, Sterben zu beenden, sondern darum, qualvolles Sterben zu verkürzen. Erkennst Du den Unterschied?


    Ich möchte aber nicht weiter insistieren.
    Wollte nur die Situation klarstellen, um die es in diesem Thread ursprünglich ging.


    _()_

    Tychiades:


    Wenn ich das erkenne, das bestimmte Handlungen unheilsam sind, dann schaffe ich keine Fakten.
    Ich kann natürlich ein Faktum begründen und erklären, dass das Tier es bei mir besser hat, als im Tierheim ..... aber dem geht ja bereits der Wille voraus, ein Tier zu halten.


    Nur zur Info: Die Katze, um die es in diesem Thread ursprünglich ging, wurde uns von einem Nachbarjungen vor 17 Jahren aus einem Wurf wilder Katzen gebracht. (Das war damals ein Problem in unserer Nachbarschaft.)
    Der Tierschutzverein war überfordert, eine andere Unterbringung ebenfalls nicht möglich. Eine Zurückweisung hätte voraussichtlich den Tod des Kätzchens bedeutet.


    Bei mir war zuvor kein "Wille, ein Tier zu halten". Ich habe es in dieser Situation aber angenommen. Und sprach seitdem von "meiner/unserer" Katze, ohne damit ein Eigentumsverhältnis zu bezeichnen, sondern schlichte Zugehörigkeit und Verantwortlichkeit für das Tier.


    Das nur als Ergänzung zum Verständnis.


    Ohne dass ich den Wunsch habe, Dich von etwas zu überzeugen oder zu diskutieren.
    Nur eine Frage:


    Wie würdest Du handeln, wenn Du unerwartet in die Situation kommst, für ein Tier verantwortlich zu sein?
    So wie in meinem Fall: Ein Nachbarskind bringt Dir ein kleines Tier und es gibt sonst niemand, der sich um das Tier kümmern kann.


    Was dann?


    Und ist das Tier, wenn Du für dessen Überleben sorgst, dann nicht auch "Dein Tier", zumindest im Sinne von Verantwortlichkeit?


    Bis sich vielleicht zuletzt auch Dir die Frage stellt: "Muss ich einer Tötung zustimmen, um qualvolles Sterben zu verhindern?"


    Denn niemand anders als Du selbst musst diese Entscheidung treffen und bist für die Folgen verantwortlich, so oder so.


    _()_

    Ich verabschiede mich bis auf weiteres aus der Diskussion.
    Für mich haben die Gespräche dazu beigetragen, meine Gedanken und Gefühle zu klären.


    Sinn ergeben die Übungsregeln für mich in Verbindung mit einer Ethik der Verantwortung (für Handlungsfolgen) und auf Grundlage einer Praxis der Brahmavihara.



    Mir ist klar geworden, dass eine schematische und buchstabengetreue Auslegung der Silas in direkter Verbindung steht mit religiösem Dogmatismus, also einer geistigen Haltung, die in der Geschichte der Menschheit schon immer viel Unheil ausgelöst hat.


    Mir ist auch deutlich geworden, dass die Vertreter dieser fundamentalistischen Position gar kein Interesse daran haben, Argumente zur Kenntnis zu nehmen bzw. ernsthaft zu diskutieren.


    Insofern ist meine Toleranz gegenüber intolerant-dogmatischen Haltungen (die sich hier als einzig wahren Buddhismus darstellen) inzwischen erschöpft.


    Mögen alle religiösen Fundamentalisten in ihrer Einsiedelei (ohne Internet-Anschluss) glücklich sein! :lol:


    Hallo 451,


    natürlich erkenne ich die Komplexität des Lebens an.


    Es ist für uns Menschen ja auch eine Überforderung, wenn wir an uns den Anspruch stellen, die Konsequenzen jeder Handlung zu erkennen, uns immer alle Handlungsalternativen bewusst zu machen und den Nutzen (bzw. die Minimierung des Schadens) rational zu berechnen.


    Deshalb gibt es Regeln: Sie reduzieren sozusagen die Komplexität. Und helfen uns bei der Orientierung unseres Handelns. Ohne dass wir immer jede Handlung reflektieren müssten.


    Wenn aber die Regeln als starre (religiöse) Gebote oder Verbote formuliert werden, ist das ebenfalls ein Problem.
    Erstens deshalb, weil aus dem Blick gerät, dass die Regel ja nur deshalb existiert, um Nutzen zu stiften bzw. Leiden zu vermeiden. In Situationen, in denen eine Regel ihre Funktion nicht erfüllt, sollte es möglich sein, sie flexibel und verantwortlich zu handhaben.
    Dafür muss man dann tatsächlich Handlungsfolgen miteinander vergleichen.


    Und zusätzlich finde ich das wichtig, was Sudhana geschrieben hat:




    Wir brauchen also (aus meiner Sicht):


    1. Übungsregeln, um mit der Komplexität des Lebens umzugehen.
    2. die Offenheit und Eigenverantwortung, um in Ausnahmesituationen Handlungsfolgen abzuwägen und
    3. eine Praxis der Brahmavihara, da der Verstand bei der Entscheidung letztlich überfordert ist.



    Das ist ein mittlerer Weg, der verschiedene Konzeptionen der Ethik praxisnah kombiniert. (Es werden sowohl Regeln, Handlungsfolgen und Dispositionen des Handelnden berücksichtigt.)


    Ich hoffe, etwas zur Klärung beigetragen zu haben.


    _()_


    Es ist immer nützlich, auch extreme Positionen einmal zu prüfen.
    Mir scheint diese Position, die Du schilderst, aber nicht sehr einladend zu sein:


    Letztlich bedeutet diese Haltung den Verzicht auf jede Form eigenverantwortlichen und rationalen Handelns. Verbunden mit einer unkritischen Unterwerfung unter ein gegebenes "Gebot", das dann auch gar nicht mehr als Übung, sondern als ein religiöses Dogma aufgefasst wird.


    Begründet wird ein solcher Verzicht auf eigenverantwortliches Handeln mit einer angeblichen totalen Unkenntnis der Handlungsfolgen ("Das Leben ist komplex", "Wer weiß, ob die Katze in einem Höllenreich wiedergeboren wird" etc.).


    Kurz zum konkreten Beispiel der Katzenhaltung: Die Katze brachte uns vor 17 Jahren ein Nachbarsjunge aus einem Wurf wilder Katzen. Wir hatten in unserer ländlichen Wohngegend damals ein erhebliches Problem mit unkontrollierter Vermehrung dieser Katzen. Statt nichts zu tun, haben wir in der Nachbarschaft dafür gesorgt, die Katzen einzufangen und zu sterilieren. Und uns soweit möglich um einige der Katzen persönlich zu kümmern. So wurde erhebliches Leid verhindert. Durch Übernahme von Verantwortung.
    Wenn Katzen in größerer Anzahl frei jagen, entsteht viel Leiden bei den Vögeln. Es ist sinnvoll, das einzuschränken und die Katzen zu füttern. Schlachtabfälle entstehen ohnehin, es müssen keine Tiere extra dafür geschlachtet werden.
    Und sonstiges Engagement wird durch das Geld für Katzenfutter auch nicht verhindert.


    Insofern: Es ist durchaus möglich, mit Hilfe von vernünftigem Nachdenken und Handeln Verantwortung zu übernehmen.


    Wer das bestreitet, verbindet einen totalen Skeptizismus mit einer autoritären Ethik: einer Unterwerfung unter religiös begründete Normen, die gar nicht mehr im Hinblick auf ihre Zweckmäßigkeit überprüft werden.


    Ein kompletter Rückfall hinter die Errungenschaften der Aufklärung!
    (Den Buddha halte ich weiterhin für einen Aufklärer, manchen seiner Anhänger zum Trotz. :D )


    Du bist jetzt nicht gemeint. :)


    Wie gesagt: Es ist völlig okay, solche Haltungen mal geistig auszuprobieren. Um zu sehen, wohin sie führen.


    Placet experiri ... ;)



    Deine Antwort war als Zurechtweisung und Belehrung formuliert, es geht also um den Stil Deiner Rede.
    Der ist einfach unzweckmäßig. Denn er provoziert mich, in derselben Art zu antworten. Und in Kürze hätten wir dann eine weitere Eskalation in einer Diskussion, die ohnehin schon unheilsame Formen annimmt.


    Darauf verzichte ich.


    Meinetwegen kannst Du Recht behalten.


    Ich bin nur in einem Punkt "neugierig":
    Versetze Dich mal in die Situation. Du bist für ein Tier verantwortlich, die Tierärztin empfiehlt dringend, es einschläfern zu lassen. Schmerzmittel sind eine langsame Form der Tötung. Und Du nimmst das Tier ohne Schmerzmittel wieder mit nach Hause und fühlst Dich nicht im geringsten für das Leiden der Katze verantwortlich, weil "Du es ihr ja nicht aktiv zufügst"?


    Denn: "Die Katze leidet aufgrund der Früchte ihres vergangenen Karmas."


    Und Du hast durch Nichtstun die richtige Wahl getroffen?
    Und findest diese Entscheidung unproblematisch?



    Um bei dem Stil Deiner Rede zu bleiben: "Was gibt Dir das Recht", so mit mir zu sprechen?

    Herzlichen Dank für Eure Antworten!


    Ellviral:
    pamokkha:

    Was ist denn bei meiner ersten Antwort - Der Wille zu Töten steigt zwingend mit dem Geistesfaktor Hass auf - unklar geblieben. Der Wille steigt mindestens auf beim Tötungsauftrag und bei der Tötungsausführung.

    Der Wille zum Töten aus Gier, Hass, Verblendung ist immer abzulehnen. Ich habe das Erfahren, doch es gibt eine Gier, Hass und Verblendung freie Tat des Tötens. Das ist einfach so und wenn ich das nicht so erfahren hätte müsste ich mich als Mörder bezeichnen.


    Mir ist es wichtig, sehr ehrlich mit mir selbst zu sein. Dazu gehört es, deutlich zu beobachten, aus welchen Motiven ich handle. Welche Impulse bei mir vorhanden sind.
    Und in den meisten Fällen, in denen ich in meinem Leben getötet habe, gab es Impulse von "Hass" (im Sinne von Aversion) und "Verblendung".
    Beispiel: Als Kind habe ich Regenwürmer aufgesammelt, die auf der Straße waren, damit sie nicht überfahren werden. Einmal war ein Regenwurm bereits überfahren und fast ganz zerquetscht. Ich konnte die Vorstellung, dass der Wurm leidet, nicht ertragen und habe schnell ein Taschentuch daraufgelegt und ihn zertreten. (Hauptsächlich deshalb, um nicht selbst zu leiden.)
    Da war "Hass" im Sinne von Aversion gegenüber dem Leiden und auch Verblendung.


    Ob man sich gleich als "Mörder" bezeichnen muss, wenn solche Motive vorliegen, ist eine andere Frage. Ich finde es aber wichtig, die eigenen Motive klar zu sehen.


    Also stimme ich Dir zwar zu, dass es eine von "Gier, Hass und Verblendung freie Tat des Tötens gibt", aber das kommt nur selten vor.





    Ich stimme Dir zu, dass bei solchen Handlungen meistens "Hass" im Sinne von "Abneigung" bzw. "Aversion" vorliegt.
    Und ich stimme auch zu, dass das Vorliegen einer solchen Motivation noch nichts darüber aussagt, ob die Handlung moralisch "verwerflich" ist oder nicht. (Und zwar deshalb, weil eine ernstzunehmende Ethik immer auch die Konsequenzen einer Handlung berücksichtigt, nicht allein ihre Beweggründe.)


    Was heißt es aber, dass "Abneigung" bzw. "Ablehnung" bzw. "Aversion" vorliegt?
    Meiner Meinung nach heißt es, dass da ein Impuls sein muss, den der Handelnde bei ausreichender Achtsamkeit und Übung auch wahrnehmen kann.


    Wenn Du stattdessen sagen möchtest, dass schon die Tatsache der Ablehnung einer Handlungsalternative "Hass" sei (auch ohne einen zumindest prinzipiell wahrnehmbaren Impuls von Aversion), dann wäre jede Handlung mit "Hass" verbunden. Denn bei jeder Entscheidung für eine Handlung entscheidet man sich automatisch GEGEN bestimmte Handlungsalternativen.


    Als ich mich gegen die Option entschieden habe, meine Katze länger leiden zu lassen, habe ich keine Aversion gegen das Leiden gespürt, sondern nur Hilflosigkeit und direkt danach "Mögest Du frei von Schmerzen sein", also die Konzentration auf Befreiung, was verbunden war mit einem Zustand der Ruhe.


    Gerade deshalb, weil ich ja sehr genau fühle und mich daran erinnere, wenn ich aus Ablehnung töte (siehe oben das Beispiel mit dem Regenwurm), überzeugt mich davon, dass da kein "Hass" war. Und Gier und Verblendung ebenfalls nicht.


    mkha':


    Ich verstehe, dass die harte Reaktion pamokkhas leicht irritierend ist, allerdings stellt das Gebot des „Nicht-Verletzens“ (skt. ahiṃsā). eines der „fünf Grundgebote der Sittlichkeit“ dar und gebietet, vom „Töten lebender Wesen“ (skt. prāṇātipāta) Abstand zu nehmen. Punkt.


    (...)
    Es heißt, in den meisten Fällen gehe das Denken dem Reden und der Tat voraus. Analysiert man also seine Motivation, (ohne sich selbst etwas vorzumachen), erkennt man recht leicht, ob das eigene Denken, Reden und Handeln karmisch heilsam oder unheilsam ist, (stark vereinfacht könnte man sagen: egoistische Motive unheilsam, selbstlose Motive heilsam).


    Du hast, mit der Motivation helfen zu wollen, alles getan, um die schwere der Erkrankung für das Tierchen erträglicher zu machen. Du hast Dich fachlich beraten lassen und bist, aufgrund mitfühlender Motive, zum Wohle Deines Lieblings, der Ansicht des Tierarztes, dass es angezeigt sei, das nicht zu lindernde Leiden des Tieres zu beenden, gefolgt. Hättest Du dieses Karma nicht auf Dich genommen, wäre Das Tier bis zu seinem natürlichen Tod den nicht zu lindernden Schmerzen ausgesetzt gewesen. ... Meines Erachtens war das eine absolut selbstlose Tat zum Wohle des Tieres.


    Vielen Dank für Deine freundlichen Worte!


    Ja, die Auffassung Pamokkhas hinsichtlich des Gebots des Nicht-Verletzens ist mir ganz klar.
    Weniger klar ist mir, ob er das Gebot richtig auslegt.
    Denn wenn wir nichts "aktiv" tun, handeln wir doch auch. Und zwar durch Unterlassen.
    Wenn Pamokkha also verantwortlich gewesen wäre für die Katze, hätte er ebenfalls folgende Alternativen gehabt:
    (1.) Der Tötung durch die Tierärztin zuzustimmen.
    (2.) Der Katze Schmerzmittel zu geben, die das Leiden nicht wirksam lindern, aber zu einer langsamen Vergiftung führen und also ebenfalls eine Tötung darstellen.
    (3.) Die Katze ohne Gabe von Schmerzmitteln wieder mit nach Hause zu nehmen und für extremes Leiden verantwortlich zu sein.


    Jede dieser Handlungsalternativen hätte doch "karmische Konsequenzen" gehabt.
    Nicht bloß die Zustimmung der Tötung durch die Tierärztin, sondern auch die grausameren Alternativen durch Unterlassen bzw. langsame Tötung.


    Sehe ich das falsch?


    Da scheint doch bei der gängigen Auslegung des "Nicht-Verletzens" irgendwie die Illusion eine Rolle zu spielen, dass es gar keine karmischen Konsequenzen habe, wenn man scheinbar "nichts tut".
    Doch das Unterlassen kann grausamer sein als eine direkte Tötungshandlung.



    Sudhana:
    Frieden-und-Freude:

    Man könnte die buddhistische Ethik natürlich so umformulieren, dass daraus ein "negativer konsequentialistischer Handlungsutilitarismus" wird.


    Das ist keine Umformulierung, sondern die buddhistische Ethik schlicht auf einen kurzen Nenner gebracht.
    (...) eine 'Technik' um damit zu einem Ergebnis zu kommen, also die Orientierung / Bewertung des Handelns anhand seiner Eignung, zu einem Ziel (hier: Überwindung von Duhkha) zu führen ist - bezogen auf die Handlungsempfehlungen der sikkhapada - Utilitarismus. Da dies nicht auf ein positives Ziel gerichtet ist (etwa Erlangung von Glück), sondern auf ein negatives (Überwindung von Duhkha), handelt es sich um einen negativen Utilitarismus. Da dabei die Handlungen an ihren Folgen gemessen werden (führen sie zu einer Vertiefung / Perpetuierung von Duhkha oder zur Überwindung / Minderung) ist dieser Utilitarismus konsequentialistisch.


    Lieber Sudhana,


    eine philosophische Grundlagendiskussion wäre an dieser Stelle vermutlich off topic. (Wir können die Diskussion aber gern per PN führen, falls Du das möchtest.)


    Vielleicht beschränken wir uns an dieser Stelle auf das konkrete Beispiel: Wie wurde in diesem Thread bisher über die Übung bzw. das Gebot nicht zu töten, diskutiert?


    Es ging doch immer wieder hauptsächlich um die Motive des Handelnden: Waren da "Hass", "Gier" und "Verblendung"?
    Es ging nur am Rande um die konsequentialistische bzw. utilitaristische Beurteilung der Handlungsalternativen.


    Aus der Sicht eines negativen Utilitarismus müsste man die Handlungsalternativen im Hinblick auf die Minimierung des Leidens bewerten. Und käme sehr einfach zu dem Schluss, dass die Tötung der Katze durch die Tierärztin selbstverständlich die einzig richtige Entscheidung ist.


    Da es aber in der Diskussion um Handlungsmotive geht und weniger um die Idee des Minimierens von Leiden, zeigt sich doch, dass hier eine Gesinnungsethik vorliegt, keine utilitaristische bzw. konsequentialistische Ethik.


    (Sofern man den Buddhismus überhaupt mit Begriffen abendländischer Ethik-Traditionen beschreiben möchte. Ich bin da sehr skeptisch, ob das angemessen ist. Eine ausführliche Begründung würde hier zu weit führen.)