Was ich so gar nicht zu erkennen vermag, wo in den zitierten Abschnitten aus den Sutten MN 43, MN 114, MN 117 IRGENDETWAS steht, das zu der Annahme verleiten könnte, Zen sei nicht Dhamma.
Zu erst einmal sei festgestellt, dass der Buddha mit keinem Wort auch nur andeutet, oder in Anspruch nimmt "seine" sei die einzige Wahre Lehre. Denn darum geht es dem Buddha nicht. Vielmehr sagt er, er habe den Dhamma, also das Gesetz, die Gesetzmäßigkeit erkannt und zwar wirklichkeitsgemäß, d.h. er hat die Wirklichkeit erkannt, so wie sie ist, eine Nuance übrigens von Tathagate (=so gekommen/so gegangen) - der Wirklichkeit wiederum ist es egal,ob ich sie so ausdrücke, oder so, sie bleibt immer wahr/wirklich. Daraus leitet sich unmittelbar der Dhamma im Sinne von Lehre, Lehrgebäude ab. Dieses Dhamma ist aber der mittlere Pfad, es vermeidet Extreme wie "Nihilismus", Materialismus, Eternalismus etc, eben (mal wieder) "der Wirklichkeit gemäß).
Alle, die genannten Merkmale treffen auch auf das Zen zu.
Und was der Buddha meint, um das herauszufinden muss man verstehen, was die zentralen Begriffe rechte Ansicht/Einsicht, rechte Absicht, und so, bedeuten. Sie bedeuten eben nicht "richtig" im Sinne von "dem Buchstaben" gemäß, bzw. wie Hans Gruber schreibt:
Zitat
'"Recht" legt nahe, dass die Glieder des Befreiungspfades Angelegenheiten sind, die mit einmalig getroffenen Entweder-Oder-Entschlüssen (eben für "recht" oder "falsch") zu entscheiden wären.'
. Statt dessen, so schreibt er an gleicher Stelle weiter
Zitat
"handelt sich beim inneren Befreiungspfad klar um eine allmähliche (wenngleich konsequente) Höherentwicklung, um einen inneren Entwicklungsprozess des zunehmenden Zusammentreffens der Pfadglieder mit der höchsten Wirklichkeit bzw. "wahren Natur" der Dinge. Die Frage, womit die Pfadglieder gemäß jener Ursprungsbedeutung von sammâ "zusammentreffen" oder "in eins verbunden werden" sollen, ist bloß so zu beantworten: Mit der wahren Natur der Dinge, die vom Buddha als "flusshaft-vergänglich, letztlich keinen Stand bietend (nicht-hinreichend für Glück), bzw. das Nicht-Selbst" (anicca, dukkha und anattâ) beschrieben worden ist. Sammâ deutet klar dieses Wesen der Dinge an, das laut dem frühen Buddhismus mit der meditativen Einsicht befreit.'
Hans Gruber kommt zu der Ansicht, eine korrekte Übersetzung von Samma sei "trefflich". Ich nenne noch eine andere Möglichkeit, die je nach Kontext sinnenthüllend sein kann, ich leite sie aus dem oben Gesagten ab: "wirklichkeitsgemäß". Dem Buddha geht es um 'treffliche" Einsicht von was? Um Einsicht in Dhamma, Dhamma ist "das was trägt", "das was heilt" letztlich, nehmen wir seine Reden beisammen, um - ich wiederhole mich - die Wirklichkeit und ihr heilender Aspekt ist der wenn man ihr gemäß lebt. Denn wenn man dieser gemäß lebt, lebt man trefflich, lebt man recht, im deutschen könnte man sagen "rechtschaffen" etc.
Und um diese "wirklichkeitsgemäße" Erkenntnis, Ansicht, Schau um das wirklichkeitsgemäße Handeln, die wirklichkeitsgemäße Absicht etc. geht es auch dem Zen.
Und dieser, wirklichkeitsgemäße, Pfad,der ist es der zu Befreiung führt, ja der Befreiung auch schon in sich enthält.Und damit ist Zen "Buddhismus" im ureigensten Sinn, um bei dieser modernen Wortschöpfung zu bleiben, um die wir hier so sinnlos streiten.
Worum wir aber streiten, dass sollten wir einmal betrachten. Was mich angeht - für andere kann ich hier nicht sprechen - bedeutet die Frage, ob Zen nun Buddhismus sei, die Frage dannach, ob Zen wirklichkeitsgemäß im Sinne der unübertrefflichen Wirklichkeitserkenntnis des Buddha sei, oder nicht, darum streite ich so. Anderen scheint es doch eher darum zu gehen ob Zen Buddhismus sei im Sinne von Buch(en)staben (das Wort Buchstabe leitet sich ab von Buchenstäben mit denen einmal Runen gelegt wurden) - getreu. Und weil wir von völlig anderen Bedeutungen ausgehen - reden wir aneinander vorbei.
Diese letzte Sicht ignoriert etwas. Sie ignoriert, dass das Buddha-Wort etwas lebendiges ist. lebendig im Sinne von, dem Leben gemäß, das bedeutet auch "geschmeidig", geschmeidig im Sinne von sensibel, fein, sich anschmiegend (nämlich an den Fragenden/Suchenden), damit meine ich: tragend, helfend, unterstützend, NICHT "opportunistisch".
Als das Buddha-Wort schriftlich fixiert wurde, war das etwas Fortschrittliches, etwas Gutes einerseits, denn es wurde uns so einigermaßen autentisch bewahrt. Was dabei verloren gegangen ist - offensichtlich - ist die Qualität, die auch der Buddha hatte, das es den Umständen gemäß und dem Fragenden gemäß gelehrt wurde, der Buddha versuchte immer, den Fragenden dort abzuholen, wo er war. Statt dessen ist das Buddha-Wort zu etwas geworden, etwas totem, an dem sich alterwürdige urdeutsche Philosophen heißreden können, bei der Frage nach "dem Prinzip", auf dem man "herumreiten" kann, als sei die Wirklichkeit etwas festes, unveränderliches. Betrachtet man es so, wird der innewohnende Wiederspruch dieser Ansicht offensichtlich: Für den Buddha war alles dynamisch: Sprache, Umstände, Bedingungen. Das einzige nicht-Veränderliche ist das Nibbana das Todlose, aber dies entzieht sich der sprachlichen Beschreibung, er hat dazu wenig gesagt.
Als er starb sagte er: Nehmt den Dhamma zur Zuflucht - meinte er "die Lehre" (Dhamma) als etwas sich selbst genügendes, (von der konkreten Wirklichkeit) abgetrenntes, festgefügtes, unabänderliches, oder die Lehre (Dhamma) der Wirklichkeit (Dhamma) gemäß?
Buddh-ismus, wie der Buddha ihn gelehrt hat, war unendlich viel feiner, liebevoller, sensibler, als die sprachliche Brachialgewalt, die wir ALLE hier jeden Tag zur Schau stellen.
Wir haben es alle noch nicht erfaßt.
Ich wünsche euch allen einen schönen Abend