meine Formulierung "... wahre Natur der Person ..." in Beitrag 24 ist natürlich eine ziemlich verunglückte Formulierung. Ich habe die Formulierung auch nicht in dem Sinne gemeint, dass es einen substanziellen Wesenskern der Person gibt. Vielmehr habe ich damit gemeint, dass die Person ein abhängiges, benanntes Phänomen ist, das nicht aus sich selbst heraus existiert, sondern nur in Abhängigkeit von Phänomenen, die die Person nicht selbst sind.
Und genau das lehrte der Buddha (nur nach meinem Verständnis sicher) nicht.
Der Glaube nämlich, dass da eine Gesamtheit Person (egal ob abhängig oder nicht) wäre, ist ein Glaube, den es zu durchdringen gilt. Was heisst es, beispielhaft aufgezeigt, an eine Einheit der Person zu glauben? Es heisst, zB glauben/annehmen zu können,
-dass man dieses kann, weil man etwas anderes gelesen hat
-dass es einem schlecht geht, weil ein anderer geschimpft hat und man selbst sensibler ist
-dass man Schwierigkeiten im Leben hat, weil da eine problematische Kindheit war
-dass man diese Stellung im Beruf hat, weil man dies und das und jenes und anderes getan hat.
-dass man diese Frau heiratet, weil man sich dann und wann in diese Frau verliebt hat.
Es ist da aber nur ein Glaube an die Wahrheit solcher Begründungen, und damit auch ein Glaube an die eigene Person und die anderen Personen.
Anschaulicher:
Angenommen da sitzt einer bei einer Therapeutin. Es sind im Probleme im Leben. Selbstschädigende HandlungsWeisen zB, die immer wieder auftauchen.
Es wird dieses Ding: diese selbstschädigende HandlungsWeise als zugehörig zu einem selbst begriffen. Deswegen geht man zur Therapeutin. Diese Dinger sind da und müssen weg.
In einer Gesprächstherapie werden Erfahrungen aus der Kindheit nicht selten thematisiert und als solche auch begriffen: da hat eben der dies und das (leidvolle) erfahren. Und aufgrund dieser Erfahrung ist das in ihm nun so oder: aufgrund dieser Erfahrungen ist dieser Patient nun so. Es wird hier in dieser Therapiesituation ein Mensch mit diesen Erfahrungen und Wirkungen dieser Erfahrungen als durch sich selbst und aus anderen begründbare Einheit "individuelle Person" aufgefasst.
Und der Buddha lehrte eben, dass es eine solche (Einheit) Person nicht gibt. Eine Person ist ja nur als Einheit, als ein durch sich und oder irgendwas gestütztes System begreifbar.
Idealerweise läuft die Therapie gut. Und ein erkannter BedingungsZusammenhang zwischen frühkindlicher Prägung und aktuellen Handlungsweisen wurde gelockert oder aufgelöst. Sowohl Therapeutin als auch Patient sehen und denken es womöglich so. Dieser Zusammenhang war da und wurde gelockert, denn die Therapie hat ja gewirkt.
Aber es war nicht die Therapie, die aus sich selbst heraus gewirkt hat, und auch nicht dieser eine spezifische Zusammenhang, der gelockert wurde. Es wurde durch die Therapeutin im besten Fall nur eine Möglichkeit der distanzierteren/feineren Betrachtung mitbewirkt. Der Patient hat nun die Möglichkeit, mit bestimmten Gefühlen kontrollierter, achtsamer, wissender umzugehen.
Obwohl man so sagen könnte, dass da ein Detail dieser Person nun anders ist, und der ehemalige Patient das selbst vielleicht auch so sagen würde: er fühlt sich anders, es ist da von ihm etwas abgefallen, er fühlt sich stärker/befreiter - sind das alles nur wieder Beschreibungen, die IchGlaube anzeigen und aussagen, und das was wirklich stattgefunden hat nicht anzeigen und nicht beschreiben. Höchstens andeutungsweise und implizit.
Ich möchte diese Ausführung anhand eines weiteren Zitats aus dem PK deutlich machen:
Zitat Drei Glaubensstandpunkte (*1) gibt es, ihr Mönche. Werden sie von Verständigen geprüft, untersucht und gründlich vorgenommen, dann ergibt sich, daß sie, selbst wenn man ihnen bloß der Tradition wegen (*2) folgt, in Untätigkeit (*3)enden. Welches sind diese drei Glaubensstandpunkte?
- Es gibt einige Asketen und Priester, die da behaupten und der Ansicht sind, daß, was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles bedingt sei durch frühere [vorgeburtliche] Tat.
- Es gibt einige Asketen und Priester, die da behaupten und der Ansicht sind, daß, was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles bedingt sei durch Gottes (*4)Schöpfung.
- Und es gibt einige Asketen und Priester, die behaupten und der Ansicht sind, daß, was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles ohne Ursache und Grund geschieht.
Jene Asketen und Priester nun, die da behaupten und der Ansicht sind, daß alles bedingt sei durch frühere Tat, diese habe ich aufgesucht und also gefragt:
»Ist es wahr, Verehrte, daß ihr, wie es heißt, behauptet und der Ansicht seid: was auch immer der Mensch empfindet, sei es Wohl oder Wehe oder weder Wohl noch Wehe, daß dies alles bedingt ist durch frühere Tat?« (*5) Derart von mir befragt, stimmten jene mit »Ja« bei. Ich aber sprach zu ihnen: »Demnach also, Verehrte, würden die Menschen infolge früherer [vorgeburtlicher] Tat zu Mördern, Dieben, Unkeuschen, Lügnern, Zuträgern, Schimpfbolden, Schwätzern, Habgierigen, Gehässigen und Irrgläubigen?« (*6) Wahrlich, ihr Mönche, denjenigen, die sich auf frühere Tat als das Entscheidende berufen, fehlt es an Willensantrieb und Tatkraft und [an einem Anlaß] dieses zu tun oder jenes zu lassen. Weil sich nun aber hieraus wirklich und gewiß keine Notwendigkeit ergibt für ein [bestimmtes] Tun oder Lassen, so verdienen solche geistig Unklare und unbeherrscht Lebende nicht die Bezeichnung als Asketen. Dies ist mein erster begründeter Vorwurf gegen jene Asketen und Priester, die solches behaupten, solcher Ansicht sind.
Anguttara Nikaya 3 (62-66)
Wenn im PK von einer Person gesprochen wird, dann aus OrientierungsGründen. Weil es anders nicht geht. Oder: um die Illusion anzuzeigen, und worauf sie sich gründet (u. a. die skhandas). Dass die Illusion/der Glaube an eine solche Einheit der Person da ist, das bestreitet niemand und ist ja auch Grund für die Lehre und damit den Buddhismus.
Wenn ich eine falsche Ansicht über die Bestehensweise der Person widerlege, widerlege ich nur diese Ansicht, aber nicht die Existenz des Phänomens in Bezug auf das eine falsche Ansicht bestanden hat.
Dass es Personen gibt, ist doch ganz offensichtlich, denn hier auf dem Forum debattieren doch Personen und keine Maschinen. Die Frage ist doch, wie existieren diese Personen; existieren sie so wie sie uns erscheinen? Da die Peraon keinen substantiellen Wesenskern besitzt, existiert sie nicht so wie sie uns erscheint. Da es aber eine Person gibt, also existiert, kann sie nur abhängig existieren.
Insofern möchte ich das wohlbegründete Fazit ziehen, dass deine Aussagen im Sinne der Lehre des Buddha falsch sind.
