Ich lese grade "Geschichte des buddhistischen Philosophie" von Volker Zotz und nehme diesen Post mal als Aufhänger um ein wenig Zen- bzw. Ch'an-Geschichte einfließen zu lassen.
Aus dem 7. Kapitel über Buddhistisches Denken in China, Seite 195 ff:
Es gibt eine Klassifikation von Tsung-mi (780-840) in drei unterschiedlichen Richtungen des Ch'an-Buddhismus:
1. Die nördliche Ch'an Schule, als deren Gründer Shen-hsui (606-706) gilt, ging im Sinne der Tathagatagarbha-Lehre von der Buddhanatur jedes Lebewesens aus. Wegen der anfanglosen Verblendung ist man dieser jedoch nicht gewahr und darum Tod und Wiedergeburt ausgeliefert. Es gilt, durch Meditation falsche Ansichten vom Spiegel des Bewusstseins zu wischen, um dessen ursprüngliche Natur zum Vorschein zu bringen. Auf einem Weg des graduellen Fortschreitens kommt es endlich zur Befreiung.
2. Die Niu-t'ou-Lehre des Fa-jung (594-657), welche zentrale Motive des Madhyamaka radikal interpretierte: Jedes Dharma in der Welt und auf dem befreienden Weg gleicht wegen seiner Freiheit von Eigensein dem Trugbild eines Traums. Sogar die Leerheit erkennende Weisheit (prajna) existiert letztlich nicht. Auf Ebene des Dharmas mag zwar kein Unterschied zwischen Buddha und Mensch sein. Doch ist dies nur eine leere Aussage. Da es letzlich kein Bewusstsein gibt, kann niemand die Dharma-Ebene wahrnehmen. Existiert nichts und niemand, besteht keine Notwendigkeit, Nichtwissen und Leid zu überwinden. Man vollzieht Erlösung unmittelbar, indem man wie ein Buddha still sitzt und leeren Bewusstseins erlebt, wie alle Dharmas nicht existieren.
3. Die beiden Zweige der dritten Richtung gehen auf Shen-huis Lehrer Hui-neng (638-713) zurück und behaupten im Gegensatz zum graduellen Weg der ersten Richtung die unmittelbare Befreiung. Ihre Theorie gründet im Vijnanavada, das im Denken den entscheidenden Faktor der Subjekt-Werdung sah. Weil der Mensch durch Bewusstseinstätigkeit, zu der das Denken gehört, die Welt und damit die unerlöste Befindlichkeit gestaltet, liegt im Ende mentaler Aktivität die Befreiung. Den Leerheitsbegriff des Madhyamaka interpretierte man in diesem Sinn als Leersein von Bewusstseinsinhalten.
Der erste Zweig Hung-Chou lehrt, alles sei unmittelbare Offenbarung gestaltloser und unbedingter Buddha- oder Dharma-Natur (dharmata). Gier und Hass gelten wie die Bodhisattva-Tugenden des Mitleids und der Geduld als Ausdruck dieser letzten Wirklichkeit. Freiheit ist jetzt und immer in allen Gedanken, Worten und Taten.
Drückt so für den Hung-chou-Zweig auch jeder alltäglichste Akt die Buddhanatur aus, unterscheidet der Ho-tse-Zweig des Shen-hui (668 - 760) das Bewusstsein als Buddhanatur vom subjektiven Denken, das diese verschleiert. Im Meditieren bemerkt man aufsteigende Gedanken und lässt sie versiegen, indem man sich nicht mit ihnen identifiziert und sie nicht fortspinnt. Nimmt Hung-chou alles als Ausdruck der Buddha-Natur, lässt Ho-tse alles gedanklich los.
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Katrin.
Inwiefern ich es alles verstehe, sogar die Meditation sei nicht notwendig. Eher es geht hier um die unmittelbare innere Erkenntnis im Sinne von actus purus.
Actus purus – Wikipedia
LG.
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So wie ich es verstanden habe, gibt es da je nach Schule verschiedene Sichtweisen.
Bist du der Meinung, dass Erkenntnis notwendig ist, oder würdest du eher sagen, dass alle Menschen gleichermaßen "befreit" egal, ob sie davon wissen oder nicht?
Und würdest du sagen, dass wenn Erkenntnis notwendig ist, hat man dann einen Einfluss darauf (etwa durch Meditation, oder theoretische Schulung) oder kommt Erkenntnis von selbst, ohne dass man einen Einfluss darauf hätte?
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Katrin.
Zuerst danke sehr für dein feedback.
Ehrlich gesagt, das weiss ich nicht, Katrin.
Ich habe das
Die Vielfalt religiöser Erfahrung. Buch von William James (Verlag der Weltreligionen)
sehr ausführlich gelesen.
Ich würde niemals als die konkrete Peson behaupten, dass alle Wesen schon "befreit" sind.
Aber ich kann diese Sichtweise doch sehr gut nacvollziehen.
Ca. 1995, ich erinnere es nicht genau, das war mir so absolut dreckig, dann hatte mit mir eine Heilerin gearbeitet. Sie hatte mich sogar angerufen, und ich hatte fast sofort die Visionen, meistens mit der ortodoxen Kirche verbunden, aber so absolut real und lebendig, als ich dort anwesend wäre. So wie die Prozessionen, mit den Fahnen, ...hatte dann wie die Gänsehaut bekommmen, und die Frau spürte es sofort.
Als ich bei ihr das Letze mal war, die hatte mich wie mit dem "Kreuz" wie besiegelt, ohne mich zu berühren. Sie wusste viel mehr, was mich doch erwartet, das spürte ich, sie hatte es nur mir nichts gesagt.
Und dann...das war für mich auch ...sehr überraschend, ich hatte es entschieden, zu taufen.
Und so wie am nächsten Tag ich war bei der Arbeit, ich hatte auf sehr großer Fabrik gearbeitet, mit dem Hammer, sehr schmutzige und aufwendige körperliche Arbeit.... Ich war total schweissgebadet, schmutzig, und ich fühlte mich doch am Ende. Und dann ich schaute auf den Himmel, und es war so überwältigend.... Als ob alles wurde von dem Innerem Licht wie durchgetränkt. Alles war absolut lebendig und frisch, und das war im allem.... die absolute Ruhe, der Frieden, wie die innere Kraft und so wie die Liebe.... im allem...absolut....
Von kurzem ich habe bei D.T. Suzuki das gelesen.
Kono-mama bezeichnet die Ist-heit von etwas, Gott ist-in seiner Art von Ist-heit, die Blumen blühen-in ihrer Art von Ist-heit, die Vögel fliegen-in ihrer Art von Ist-heit. All dies ist in seiner Ist-heit vollkommen. Die Christen schreiben allerdings all diese Arten von Ist-heit Gott zu und begnügen sich selbst damit, inmitten von Widersprüchen zu leben. John Donne hat gesagt:"Gott ist so allgegenwärtig, dass Gott ein Engel ist in einem Engel und ein Stein in einem Stein und ein Strohhalm in einem Strohhalm." Eckhart drückt dasselbe auf seine Art aus: " Nimm man eine Fliege in Gott, so ist sie edler in Gott, als der höchste Engel in sich selbst ist. Nun sind alle Dinge in Gott gleich und sind Gott selbst."
So genau spürte ich damals. Das war doch alles auf mich wie von heiterem Himmel zugekommen. Keinen Einfluss.
Bis zu meiner Auswanderung ich hatte es manchmal kurz erfahren.
So wie die himmliche innere Stadt, wo man die Ewigkeit spürt auf den eigenen Haut, wie der Schlagen des Herzes in der eigenen Brust. Und dein eigenes Atmen ist wie der Atmen des Gottes. ("").
So kann ich doch auf deine Fragen , Katrin, antworten.
LG.
Igor.