Beiträge von mukti im Thema „Daseinsfaktoren“

    Sven, danke für deine Antwort, den interessanten Bericht über Thailand. Ich möchte hier aber nicht weiter darauf eingehen weil es doch ein ganz anderes Thema ist.

    Punkt 1 kann ich zustimmen, denke aber dass auch Formen mit eingeschlossen sind die nicht als Teile eines Lebewesens wahrgenommen werden wie z.B. Steine. Das sehe ich aber für die Analyse des eigenen Daseins in Hinblick auf Anatta erst mal als nebensächlich. Vordringlich geht es dabei ja um die Frage ob ich das bin wofür ich mich halte und bezüglich der Form halte ich mich für einen menschlichen Körper. Außerdem darf man wohl davon ausgehen dass die allermeisten Menschen diesem Irrtum unterliegen.


    Punkt 2 kann ich auch zustimmen, in dem Sinn dass es die Anhaftung ist, die bei der Hingabe an das sinnliche Erleben anwächst. Sinnesobjekte rufen ein Gefühl hervor und werden deshalb ergriffen und zwar mit Begehren wenn es ein angenehmes, mit Hass wenn es ein unangenehmes Gefühl ist. Wenn es weder ein angenehmes noch ein unangenehmes Gefühl ist, ist es mit der zugrundeliegenden Unwissenheit verbunden. Z.B. erlebe ich jetzt beim Sitzen den Druck am Hintern weder als angenehm noch als unangenehm, ich bin einfach nur überzeugt dass der Hintern ein Teil von mir ist.

    Dieses Festhalten an der Überzeugung der Körper zu sein ist keine rein gedankliche Angelegenheit, sie erfolgt auch mittels des Fühlens und Wollens. Die Ansicht dass ich nicht der Körper bin befreit noch nicht von der Überzeugung, dem existentiellen Eindruck der Körper zu sein.


    Punkt 3 kann ich auch zustimmen, Hingabe an das Denken lässt die Anhaftung an das Denken anwachsen. Mit einem gut entwickelten Denkorgan können dann Ansichten entstehen wie "Ich denke also bin ich". Oder "Ich bin Geist der im Körper wohnt".


    So verstehe ich das "Anwachsen der Daseinsgruppen" als ein Anwachsen der Anhaftung und Identifikation.

    ...

    Zu Daseinsmerkmalen, Loslösung und Glück sind wir damit aber noch nicht vorgedrungen. Bisher geht es hauptsächlich um Begriffsbildung. Um Verstehen und Nachvollziehen zu ermöglichen beziehungsweise zu erleichtern.

    Naja wenn man versteht dass das Dasein mit Leid verbunden, vergänglich und Nicht-Ich ist und dass das Glück daher in der Loslösung besteht, ist das wohl eine gute Grundlage für buddhistische Praxis.

    Übrigens nehme ich grundsätzlich nicht an dass die überlieferten Worte des Buddha die Wirklichkeit verdrehen.

    Nein, das wollte ich Dir auch nicht unterstellen und auch nicht, dass es Absicht des Buddha gewesen sein könnte, die Wirklichkeit zu verdrehen. Aber ich räume immer die Möglichkeit ein, dass etwas, das als Worte des Buddha überliefert wurde nicht Worte des Buddha waren. Was nicht bedeutet, dass sie zwangsläufig falsch und irreführend sein müssen oder die Wirklichkeit verdrehen.

    Ungenauigkeiten sind natürlich möglich aber sinnentstellende Abweichungen halte ich eher für unwahrscheinlich. Der Überlieferungsprozess hat wohl immer im Kollektiv von stattgefunden und war nicht das Werk Einzelner. Das werden in Wissen, Sittlichkeit und Sammlung (korrekte Reihenfolge diesmal) weit fortgeschrittene Praktikanten der Lehre gewesen sein die kaum Verschwörungen oder krassen Irrtümern zu verdächtigen sind. Da investiere ich schon einen Vertrauensvorschuss in die Sangha.

    Ich handhabe es mit den Lehrreden ähnlich, wie mit einem Kreuzworträtsel. Wenn ein Kreuzworträtsel sagen wir nach 100 Begriffen fragt, dann mag man nach dem Eintragen von fünf Begriffen zu dem Schluss kommen, dass sei ein langweiliges und einfaches Rätsel und nicht der Mühe Wert, die anderen 95 Begriffe auch noch einzutragen. Man legt es beiseite und nimmt es aber aus Langeweile ein paar Tage später doch wieder in die Hand, um es fortzusetzen. Und muss schon beim Eintragen des sechsten Begriffes feststellen, dass man sich beim ersten Begriff geeirrt hatte, dass es so keinen Sinn ergibt, jedenfalls keinen, der sich einem offenbart. Also korrigiert man seine erste Annahme. Und so arbeitet man sich weiter durch das Rätsel, schafft es vielleicht sogar, es zu vervollständigen, wenn dann am Ende alles zueinander passt.

    Da liegt der Irrtum also nicht beim Verfasser des Rätsels sondern bei dem der es zu lösen versucht. Wenn man etwas das keinen Sinn ergibt erst einmal ruhen lässt um andere Teile des Rätsels zu lösen, füllt sich das fragliche Kästchen allmählich mit richtigen Buchstaben die sich dann leichter zum passenden Wort ergänzen lassen. So gehe ich vor.


    Das Wesentliche der Lehre ist schon ersichtlich finde ich, etwa in den vier edlen Wahrheiten. Bislang ist mir nichts aufgefallen was da überhaupt nicht hineinpasst, ich stolpere nur manchmal über eine holprige Stelle, was teils an meiner Unwissenheit liegen mag, teils an der Übersetzung oder auch an Ungenauigkeit der Überlieferung.

    Es gibt ja immer welche die z.B. behaupten ein Paliwort wäre für Jahrhunderte falsch verstanden worden, etwa weil ein Buchstabe fehlt oder zu viel ist, und wenn man das korrigiert hat das Wort eine andere, die wahre Bedeutung. Auch unter gelehrten Mönchen gibt es solche Diskussionen. Also ich will mich nicht mit solchen Details aufhalten sondern den Sinn der Lehre im Gesamten erfassen und nach meinen geringen Fähigkeiten Wege der praktischen Umsetzung finden.

    Da weiß ich jetzt nicht genau was Sinnesgrundlage bedeutet. Was ist z.B. die Grundlage des Auges? Hab gehört es betrifft den sensitiven Teil der das Sehen ermöglicht, also die Nervenzellen. Dann also auch die Nerven für das Hören, Schmecken, Riechen und Tasten und für den Geist das Gehirn.


    Übrigens nehme ich grundsätzlich nicht an dass die überlieferten Worte des Buddha die Wirklichkeit verdrehen.

    Das klingt ja alles logisch aber ich habe keine Erfahrung von einem Konzentrationsstadium in dem die Gedankenprozesse unterbrochen werden, so dass ein Bewegen in der Welt gefährlich werden könnte. Ich denke dass man sich dann besser nicht bewegt und sitzen bleibt, oder vielleicht entsteht in diesem Stadium ohnehin kein Impuls für Bewegung.

    Das Abbrechen der Gedankenprozesse wird ja automatisch geübt (satipatthana, vipassana), indem man die Achtsamkeit immer wieder auf die Herkunft richtet, um so eine konzeptuelle Weltausbreitung zu verhindern (bzw. sich in Gedanken zu verlieren).

    Man geht z. B. in den Schmerz rein und beobachtet, ohne zu denken, ...dass es der kleine Zeh ist, der schmerzt, weil man ihn gerade am Bettpfosten gestoßen hat und sich jetzt Sorgen macht, ob er gebrochen sein könnte...der Arzt gerade im Urlaub ist...der war letztes Mal sowieso so unfreundlich...der Arzt kann mir gestohlen bleiben... :)

    Dabei müssen ja nicht alle Gedankenprozesse abgebrochen werden, nur die unnötigen. Diese Achtsamkeit bezieht sich auf das konkrete Erleben im Hier und Jetzt ohne von der augenblicklichen Erfahrung und Tätigkeit abzuheben würde ich meinen.

    ... Mit Bescheidenheit und Wohlwollen stellt sich dagegen ein gutes Gewissen und innerer Frieden ein. Und wenn man nun vollkommen bescheiden und selbstlos wäre und allen Wesen immer mit Wohlwollen, Mitgefühl und Mitfreude begegnen würde, dann wäre der innere Frieden vollkommen. Nichts wollen, nichts brauchen, nicht einmal auf das Dasein selber bestehen, alles loslassen, sein lassen wie es ist, mit Gleichmut und Arglosigkeit, Furchtlosigkeit und Unabhängigkeit, wäre das eine merkwürdige Vorstellung oder ein nachvollziehbares großes Glück?

    Bestimmt wäre es das.

    ...Aber jene Art guter Praxis führt nicht zur Ernüchterung, zur Lossagung, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zum Nibbāna, sondern nur zum Wiedererscheinen in der Brahma-Welt. Aber es gibt diese Art guter Praxis, die von mir jetzt eingeführt worden ist, die zu völliger Ernüchterung, zur Lossagung führt, zum Aufhören, zum Frieden, zur höheren Geisteskraft, zur Erleuchtung, zum Nibbāna. Und was ist jene gute Praxis? Es ist dieser Edle Achtfache Pfad; das heißt,...

    Wenn man die Anhaftung an ein glückliches Dasein auch noch aufgibt ist es das höchste Glück.


    Zitat

    »Ein Glück, ihr Brüder, ist das Nibbāna! Ein Glück, o Brüder, ist das Nibbāna!«

    Auf diese Worte sprach der ehrwürdige Udāyi zum ehrwürdigen Sāriputta also:

    »Wie kann denn, o Bruder, ein Glück dort bestehen, wo es keine Gefühle mehr gibt?«

    -»Darin, o Bruder, besteht ja gerade das Glück, daß es dort keine Gefühle mehr gibt.«

    (A.IX.34)

    Pragmatisch gesehen verstehe ich das so dass man nicht an Glücksgefühlen hängt und deshalb leidet man nicht darunter wenn sie vergehen und das ist das wahre Glück.


    Ich sehe die Lehre gerne pragmatisch, konkret auf die gegenwärtige Erfahrung bezogen. Z.B. was bedeutet Anatta in diesem Augenblick? Was gehen da nicht alles für Gedanken und Gefühle durch den Geist während ich überzeugt bin dass ich hier sitze mit meinen Gedanken, Gefühlen und der Absicht etwas über Anatta zu schreiben. Wenn ich alles analysiere ergibt sich am Ende dass ich nicht der Körper, nicht Gedanken, Gefühle und Wille bin. Ich kann aber nicht in jedem Moment eine Analyse machen, also braucht es eine zusammenfassende Kurzformel die eine augenblickliche Erinnerung ermöglicht. So versuche ich mich Sati zu nähern, eine Bedeutung von Sati ist Erinnerung. Er-innern, die Art von Achtsamkeit die tief auf den Grund geht. Wenn ich dann so verkürzt schreibe, etwa "Körper und Geist" oder "Bewusstsein und Objekte" ist das oft unverständlich, denn jeder hat einen individuellen Zugang und eine bestimmte Sichtweise.

    Das klingt ja alles logisch aber ich habe keine Erfahrung von einem Konzentrationsstadium in dem die Gedankenprozesse unterbrochen werden, so dass ein Bewegen in der Welt gefährlich werden könnte. Ich denke dass man sich dann besser nicht bewegt und sitzen bleibt, oder vielleicht entsteht in diesem Stadium ohnehin kein Impuls für Bewegung.

    Und noch eine Frage mukti:


    Hat es einen bestimmten Grund, warum Du die Daseinsmerkmale auf die Kombination "Körper + Geist beziehst?


    In den Lehrreden wird von den fünf Daseinsgruppen Form, Wahrnehmung, Gefühl, Bewusstsein und Gestaltungen gesprochen, auf die sich die Daseinsmerkmale beziehen.

    Eine Daseinsgruppe macht den Körper aus, vier Daseinsgruppen machen den Geist aus. Ich fasse sie einfach kurz zusammen in Körper und Geist.

    Die Identität Körper/Geist entsteht weil sich das Bewusstsein da festmacht, Stütze und Halt findet, zum Ich-Bewusstsein wird. Benötigt wird diese Stütze nicht, sie entsteht wegen des Sinnestriebes und Daseinstriebes - ich will da sein und genießen. Ohne Begehren hätte ich nicht entstehen können.

    Und Deine Vorstellung ist nun, wenn Du den Weg zur Befreiung vollenden würdest (mit ein wenig Sammlung nachdem viel Sittlichkeit geübt und Weisheit entwickelt wurde), dann würde diese Stütze, dies Verbindung von Körper und Geist oder Bewusstsein wegfallen. Und das Bewusstsein würde quasi "in der Luft hängen". Und obwohl das eigentlich eine unheimliche Vorstellung sein könnte, sagst Du Dir, dass müsste dann doch aber das höchste Glück der Loslösung sein. So in etwa?

    Nein nicht so. Damit die Verbindung von Körper und Geist oder Bewusstsein wegfällt ist doch mehr als ein wenig Sammlung nötig. Der Buddha konnte sieben Tage lang so verharren und als er einmal in einem Gewitter saß hat er es gar nicht bemerkt.


    Was mit der Befreiung wegfällt ist das Ego, das ist ja eine Erfahrung die man bereits teilweise macht wenn man nicht befreit ist. Der Egoismus, die Ichsucht macht doch unfrei und unzufrieden, gequält von Wünschen oder Hass, man hält sich verblendet für den Mittelpunkt der Welt, beutet die Umwelt und die Wesen aus für seinen Genuss und was dabei stört wird bekämpft oder vernichtet. Mit Bescheidenheit und Wohlwollen stellt sich dagegen ein gutes Gewissen und innerer Frieden ein. Und wenn man nun vollkommen bescheiden und selbstlos wäre und allen Wesen immer mit Wohlwollen, Mitgefühl und Mitfreude begegnen würde, dann wäre der innere Frieden vollkommen. Nichts wollen, nichts brauchen, nicht einmal auf das Dasein selber bestehen, alles loslassen, sein lassen wie es ist, mit Gleichmut und Arglosigkeit, Furchtlosigkeit und Unabhängigkeit, wäre das eine merkwürdige Vorstellung oder ein nachvollziehbares großes Glück?

    Könntest Du auch mit dieser Präzisierung etwas anfangen:

    "Ihr Bhikkhus, daß man hier und jetzt Dukkha ein Ende bereiten wird, ohne die Neigung zur Begierde ( rāgā ) nach angenehmem Gefühl zu überwinden, ohne die Neigung zur Abneigung gegenüber schmerzhaftem Gefühl zu vernichten, ohne die Neigung zur Unwissenheit in Bezug auf weder-schmerzhaftes-noch-angenehmes Gefühl auszurotten, ohne Unwissenheit zu überwinden und wahres Wissen zu erwecken - dies ist unmöglich."


    "Ihr Bhikkhus, daß man hier und jetzt Dukkha ein Ende bereiten wird, indem man die Neigung zur Begierde nach angenehmem Gefühl überwindet, indem man die Neigung zur Abneigung gegenüber schmerzhaftem Gefühl vernichtet, indem man die Neigung zur Unwissenheit in Bezug auf weder-schmerzhaftes-noch-angenehmes Gefühl ausrottet, indem man Unwissenheit überwindet und wahres Wissen erweckt - dies ist möglich."

    Oder sind da schon wieder zu viele Postulate und Wendungen drin, die so ohne weiteres nicht nachvollziehbar sind.

    Das finde ich nachvollziehbar. Die Gefühle erwecken Gier, Hass und Verblendung und wenn diese Geistestrübungen durch den achtfachen Pfad überwunden sind ist Dukkha zu Ende. Der schwierigere Teil ist den achtfachen Pfad konsequent zu praktizieren.

    Es wäre ja auch irgendwie eine komische Aussage, oder? "Ich bin nicht das Bewusstsein" (zB) - denn diese Erklärungsart setzt ja wieder etwas voraus, was irgendwie sein könnte oder vielleicht ja ist, aber eben (nur?) dies oder das nicht (ist).

    Was setzt denn die Aussage "ich bin nicht das Bewusstsein" voraus? Vielleicht wenn man es so auffasst: "Ich bin etwas, das nicht Bewusstsein ist." Aber der Buddha sagt nur in vielen Lehrreden, z.B. in M.109.:

    Zitat

    Was es auch für ein Bewußtsein sei, vergangenes, zukünftiges, gegenwärtiges, eigenes oder fremdes, grobes oder feines, gemeines oder edles, fernes oder nahes: alles Bewußtsein ist, der Wahrheit gemäß, mit vollkommener Weisheit also anzusehn: 'Das gehört mir nicht, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst.'

    Und so auch mit den übrigen vier Khandha.

    Anatta-Erkenntnis ist doch Loslösung von den Khandha: Das bin ich nicht, gehört mir nicht, ist nicht mein Selbst.

    Anatta-Ansicht hilft (vielen) auf dem Weg zum Verstehen der bedingten Entstehung der Khanda und dem Überwinden von Zuneigung und Ablehnung.

    Das Überwinden von Zuneigung und Abneigung ist nach meinen Begriffen eine Loslösung.


    Wo findet sich da ein Halt von dem man sagen kann "das bin ich?"

    Vielleicht fehlt mir hier eine Vorstellung, was Du mit diesem Halt genauer meinst. Was diese "Stütze für das Ich" ausmacht, wo sie benötigt wird, was ohne sie wäre...

    Ich kann ja versuchen zu erklären was ich meine. Wenn der Buddha sagt die Khandha bin ich nicht und etwas außerhalb der Khandha bin ich auch nicht, nehme ich das wortwörtlich. Ein Khandha ist der Körper, die anderen vier sind der Geist. Eines davon ist Bewusstsein, dasjenige das erfährt. Die anderen Khandha erfahren nichts, das Bewusstsein erfährt die anderen Khandha. Wenn ich auch in Wirklichkeit nicht die Khandha bin, so habe ich doch den starken Eindruck Körper und Geist zu sein. Nun ist das aber nicht wirklich so und es ist auch kein selbständiges Ich außerhalb das sich für Körper und Geist hält, da ist nur Bewusstsein und das worüber es bewusst ist. Die Identität Körper/Geist entsteht weil sich das Bewusstsein da festmacht, Stütze und Halt findet, zum Ich-Bewusstsein wird. Benötigt wird diese Stütze nicht, sie entsteht wegen des Sinnestriebes und Daseinstriebes - ich will da sein und genießen. Ohne Begehren hätte ich nicht entstehen können.

    Den Ausdruck dukkha nyanas kenne ich nicht, woher stammt der denn?


    Wer den Begriff jetzt zuerst benutzt hat, weiß ich auch nicht. Wenn du auf Google suchst nach
    dukkha nanas


    findest du eine Menge Infos dazu.

    Ach so, ich hatte nach dukkha nyanas gesucht. Nana (ñāṇa) ist ein Paliwort und bedeutet Wissen, Erkenntnis, Einsicht. Im Palikanon kommt dukkha nana vor als Erkenntnis von dukkha, z.B. in S.45.8.:


    Zitat

    Was ist nun, ihr Mönche, rechte Erkenntnis? Das Leiden kennen, ihr Mönche, die Entwicklung des Leidens kennen. Die Auflösung des Leidens kennen, das zur Auflösung des Leidens führende Vorgehen kennen.

    Katamā ca, bhikkhave, sammādiṭṭhi? Yaṃ kho, bhikkhave, dukkhe ñāṇaṃ, dukkhasamudaye ñāṇaṃ , dukkhanirodhe ñāṇaṃ, dukkhanirodhagāminiyā paṭipadāya ñāṇaṃ

    Der Begriff ist aber stimmig, da man mit dem "Wissen vom Entstehen und Vergehen" die scheinbar statische Welt verlässt (da sie nur aus geistigen Konzepten besteht), um eine Stufe darunter zu schauen, woraus sich diese Welt ursprünglich zusammensetzt.


    Das mag am Anfang noch interessant sein, aber sobald man besser versteht, was das bedeutet, wird diese Erkenntnis unangenehm.

    Da man bei einer Erkenntnis nicht zurück kann, kann man ab hier schlecht umkehren. Deshalb sollte man das meiner Meinung nach am besten auch vorher wissen und sich genau informieren.

    Das Verlassen der scheinbar statischen Welt geschieht nach meinem Erleben nicht plötzlich sondern in einem langen, allmählichen Prozess. Da ist zwischen dem ersten Verstehen bis zur tatsächlichen Erfahrung genug Zeit um sich sozusagen mit der Wirklichkeit anzufreunden. Das Vertiefen der Erkenntnis mit ersten kleinen Lichtblicken muss nicht unangenehm sein, kann sogar Glücksgefühle hervorrufen. Wenn es auch unangenehme Momente gibt so wirken sie nicht bedrohlich. Freilich wehrt sich gewissermaßen das liebe Ego und wenn man irgendeine brutale Methode anwendet, mag das gefährlich sein.

    Veränderung, Vergänglichkeit, Alter, Krankheit und Tod sind jedenfalls für ein ungebundenes Bewusstsein kein Problem mehr und nach dem Tod kann kein Dasein mehr entstehen. Nur soweit ist das für mich nachvollziehbar.

    Ich denke nicht, dass es ein ungebundenes losgelöstes Bewusstsein geben kann.

    Vielleicht ist das ein Missverständnis, ich meine das im Sinne der Loslösung, Befreiung als Ziel der Lehre. Anatta-Erkenntnis ist doch Loslösung von den Khandha: Das bin ich nicht, gehört mir nicht, ist nicht mein Selbst. Welche Stütze wäre da noch, wenn die Khandha kein Selbst sind und außerhalb der Khandha auch kein Selbst ist? Wo findet sich da ein Halt von dem man sagen kann "das bin ich?"

    Hm. Keine Probleme mit Veränderung, Vergänglichkeit, Alter, Krankheit, Tod, weil dieses von Stützen befreite Bewusstsein Alter, Krankheit, Tod überdauert...?

    Veränderung, Vergänglichkeit, Alter, Krankheit und Tod sind jedenfalls für ein ungebundenes Bewusstsein kein Problem mehr und nach dem Tod kann kein Dasein mehr entstehen. Nur soweit ist das für mich nachvollziehbar.

    Noch eins zum Thema Stütze:


    Körperliche Stützen habe ich damit eigentlich nicht gemeint, sondern Stützen für das Bewusstsein:


    Zitat

    4. Wenn, ihr Mönche, das Bewußtsein im Sich-Anschließen an Körperlichkeit verharrt, wenn es die Körperlichkeit als Objekt, die Körperlichkeit als Stütze nimmt, dann erlangt das Suchen nach Ergötzen (daran) Wachstum, Entwicklung und Fülle. Wenn das Bewußtsein im Sich-Anschließen an Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen verharrt, wenn es Gefühl - Wahrnehmung - Gestaltungen als Objekt, als Grundlage nimmt, dann erlangt das Suchen nach Ergötzen (daran) Wachstum, Entwicklung und Fülle.

    ....

    6.-10. Wenn, ihr Mönche, die Lust zum Element Körperlichkeit' - zum Element 'Gefühl' - zum Element 'Wahrnehrnung' - 'Gestaltungen' - 'Bewußtsein' aufgegeben wird, so ist nach Aufgeben der Lust das Objekt isoliert und ist keine Stütze mehr für das Bewußtsein.

    11. Dieses stützenlose Bewußtsein entwickelt sich nicht weiter, und keine neue Wiedergeburt anhäufend ist man befreit. Aufgrund der Befreiung ist man gefestigt. Aufgrund des Gefestigtseins ist man befriedigt; aufgrund des Befriedigtseins süchtet man nicht mehr; und ohne Süchten gelangt man aus sich selber heraus zur Verlöschung: 'Versiegt ist die Geburt, vollendet der Heilige Wandel, getan das Werk, nichts Weiteres nach diesem hier' - so erkennt man. (S.22.53)

    Das Bewusstsein kann also frei von der Identifikation mit den Khandha sein, sich nicht darauf stützen mit der vermeintlichen Identität "Ich bin Körper und Geist". Dann gibt es keine Probleme mehr mit Veränderung, Vergänglichkeit, Alter, Krankheit, Tod.

    Hi Elliot, das sehe ich anders. Wenn mir wirklich bewusst wäre dass alles mit Leid verbunden und vergänglich ist, dass ich nichts davon bin und dass mir nichts gehört wäre ich frei von jeglichem Verlangen, nichts könnte mich aus der Ruhe bringen und den inneren Frieden stören. Ich hätte keine Stütze, keinen Halt und daher nichts zu verlieren. Es wäre Nibbana, das höchste Glück.

    mukti, ich versuche übrigens immer noch zu verstehen, warum Du ausgerechnet auf die Daseinsmerkmale so fixiert bist.


    Warum keine Stütze und keinen Halt zu haben überhaupt ein großes Glück sein sollte.

    Ganz einfach, weil man Stützen und Halt mit Sicherheit verlieren wird, eben weil alles vergänglich ist. Keine Stütze, nichts zu verlieren. Wäre das nicht vollkommener Frieden und Freiheit?

    Vollkommene Weisheit, also alles so zu sehen wie es in Wirklichkeit ist, dürfte eben ohne höhere Geisteskraft (abhinna) nicht möglich sein und die entwickelt sich wohl nur durch vollkommene Geistessammlung. So wird auch für das restlose Erkennen der Daseinsmerkmale vollkommene Geistessammlung eine Voraussetzung sein. Und ohne vollkommene Sittlichkeit wird die nicht vollkommen.

    Es gibt noch mehr: Einer der Weisheit großes Gewicht beilegt, Sittlichkeit und Geistessammlung kein großes Gewicht beilegt. Einen der Weisheit und Geistessammlung großes Gewicht beilegt, Sittlichkeit kein großes Gewicht beilegt. Da mag man denken dass mit der Entwicklung von Weisheit Sittlichkeit und Sammlung ganz von selber nachfolgen so dass man sich nicht extra darum bemühen muss, oder dass bei der Entwicklung von Weisheit und Sammlung Sittlichkeit von selber nachfolgt, um die man sich nicht extra bemühen muss.


    Nachdem Sittlichkeit, Weisheit und Sammlung aber zusammenhängen und sich gegenseitig unterstützen, kommt es zu einer einseitigen Entwicklung wenn nicht alle drei geübt werden. Dann hält man sich vielleicht für weise weil man etwas durch Nachdenken oder Hören (Lesen) erkannt hat, aber in Wirklichkeit ist die Weisheit nicht vollständig entfaltet und auf diese Weise werden sich auch Sittlichkeit und Geistessammlung nicht vollständig entfalten.

    Sittlichkeit, Weisheit und Sammlung.

    Wobei ich diese Reihenfolge ungewöhnlich finde.

    Eine Reihenfolge habe ich hier nicht berücksichtigt.


    Vier Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen. Welche vier?

    • Da, ihr Mönche, legt einer der Sittlichkeit kein großes Gewicht bei, gibt ihr nicht die gebührende Wichtigkeit; er legt der Geistessammlung kein großes Gewicht bei, gibt ihr nicht die gebührende Wichtigkeit; er legt der Weisheit kein großes Gewicht bei, gibt ihr nicht die gebührende Wichtigkeit.
    • Da legt einer der Sittlichkeit großes Gewicht bei, gibt ihr die gebührende Wichtigkeit; doch er legt der Geistessammlung kein großes Gewicht bei, gibt ihr nicht die gebührende Wichtigkeit; er legt der Weisheit kein großes Gewicht bei, gibt ihr nicht die gebührende Wichtigkeit.
    • Da legt einer der Sittlichkeit großes Gewicht bei, gibt ihr die gebührende Wichtigkeit; und er legt auch der Geistessammlung großes Gewicht bei, gibt ihr die gebührende Wichtigkeit; doch der Weisheit legt er kein großes Gewicht bei, gibt ihr nicht die gebührende Wichtigkeit.
    • Da legt einer der Sittlichkeit großes Gewicht bei, gibt ihr die gebührende Wichtigkeit; er legt der Geistessammlung großes Gewicht bei, gibt ihr die gebührende Wichtigkeit; er legt der Weisheit großes Gewicht bei, gibt ihr die gebührende Wichtigkeit.

    Diese vier Menschen, ihr Mönche, sind in der Welt anzutreffen.


    Was wohl besagen soll, dass es kaum tugendhafte Menschen gibt, die Weisheit zu Lasten von Geistessammlung bevorzuge

    In D.33 sind drei Arten von Weisheit (paññā) angegeben:


    Auf Nachdenken beruhend, auf Hören beruhend, auf Geistesentfaltung beruhend.

    cintāmayā paññā, sutamayā paññā, bhāvanāmayā paññā.


    Wenn bei dieser "unterschiedlichen Bewertung" (Dutiyasīlasuttaṃ) mit "Weisheit" ausschließlich bhāvanāmayā paññā gemeint ist, gibt es tugendhafte Menschen die Weisheit zu Lasten von Geistessammlung bevorzugen. Ihre Weisheit beruht auf Nachdenken und hören, wie bei Philosophen und Scholastikern.

    Mir ging auch durch den Kopf, man sollte nicht versuchen, den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen. Aber dann ist da gleich wieder das Bild von einem sich fortsetzenden zu beschreitenden Pfad im Kopf und das trifft es halt spätestens an der Stelle - meine ich - nicht mehr so gut.

    Ja es hängt alles zusammen, ist zusammen zu kultivieren und befruchtet sich sozusagen gegenseitig - Sittlichkeit, Weisheit und Sammlung.