Tagesablauf eines Buddhisten?

  • Hallo, Liebe Foristen,


    wie gestalten die Buddhisten unter euch ihren Tagesablauf, im Sinne der Lehre des Dhamma? Morgens und Abends Zuflucht nehmen, Mantras oder Texte rezitieren, Meditieren (zu welchen Themen?) usw.?


    Und wie geht ihr mit der profanen Umwelt um, z.B. wenn sich Arbeitskollegen in der Mittagspause in üblen Lästereien ergehen, an denen man nicht (mehr :o ) teilnehmen möchte? Ich habe da noch so einige Fragen... :?: Aber soviel für jetzt.


    Ich habe übrigens Zuflucht genommen http://www.ttc-hamburg.de/inde…s-zentrum-ttc-mainmenu-43.


    Liebe Grüße

  • Morgens aufstehn, Waschen, Zähne putzen, Frühstücken. Tai Chi und Zhan Zhuang üben, Arbeiten gehn. Lesen. Musik machen. Musik hören. In Foren und Blogs mitschreiben. Freunde treffen und einen trinken gehn, Pen und Paper Rollenspiel spielen, Schlafengehn.


    Zitat

    Morgens und Abends Zuflucht nehmen, Mantras oder Texte rezitieren, Meditieren (zu welchen Themen?) usw.?


    Nein. Ich mach nur Nembutsu-Praxis (Naja, vielleicht ist in ihr einfach auch alles enthalten). ("Ich mach" ist freilich der absolute Unsinn. Also Nembutsu-Praxis geschieht :lol: ).


    Wenn ich etwas nicht machen möchte, dann mach ich das nicht. Aber ein Gutmensch sein zu wollen, entspricht nicht meiner Natur. Aber meine Umwelt ist nicht profan.

  • Karma Losa Nima:

    wie gestalten die Buddhisten unter euch ihren Tagesablauf, im Sinne der Lehre des Dhamma?


    Eigentlich gibt es keinen festgelegten "buddhistischen Tagesablauf". Jeder Tag ist anders. Achtsamkeit und Rechte Rede im Alltag zu praktizieren ist (für mich) wichtig. Manchmal auch kurze Momente der Meditation/ Mantrarezitation.


    Karma Losa Nima:

    z.B. wenn sich Arbeitskollegen in der Mittagspause in üblen Lästereien ergehe


    Sich aus jedem Geschwätz herauszuhalten empfinden manche Arbeitskollegen als arrogant. Daher versuche ich, mich moderat zu beteiligen ohne einen dritten zu verletzen. Dass das gar nicht so einfach ist, dessen bin ich mir bewußt. Prompt hat man etwas gesagt was man vielleicht gar nicht so gemeint hat, von anderen wird es aber als "Wahrheit" interpretiert. Häufig gehe ich mit einem Kollegen in die Mittagspause, der sich auch für Buddhismus interessiert, dann vermeiden wir über Kollegen zu lästern.

  • Ich vermeide es grundsätzlich (hinterm Rücken) über andere zu reden.
    Ist kein wirkliches Problem. Wenn mir Menschen Dinge über andere erzählen höre ich zu und sage meist nichts dazu, oder sage etwas einendes wenn es passt.


    Ansonsten hab ich keinen festen Tagesablauf in dem Sinne. 1-2 mal meditieren am Tag und ansonsten so oft wie möglich achtsam sein im Alltag. Wenn irgendwo Neigungen (und Abneigungen) in stärkerer Form auftreten, komt ich mittlerweile automatisch zur achtsamkeit zurück und beobachte was vorgeht (in mir).
    Ansonsten versuch ich mich täglich erneut an die Sila's zu halten (auch wenn das nicht immer alles klappt) und möglichst gütig, großzügig und freundlich zu sein.

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Hi Karma Losa Nima,
    mein Ideal von mir war - wie sicher bei allen - größer als ich. Deswegen habe ich auch dieselben Fehler wie alle anderen.
    Jedoch hat mir das Gerede über andere Menschen schon zu Zeiten nicht gefallen, als ich mich noch nicht mit der Lehre Buddhas auseinandersetzte. Wenn beispielsweise eine Kollegin etwas erzählte, was angeblich jemand über mich behauptete, habe ich glattweg die entsprechende Person dazu gerufen und um Aufklärung gebeten. Das hat gewirkt.
    Ich war immer eher heroisch, fanatisch möglicherweise, wahrheitsliebend bis zur Schmerzgrenze. Ich bin wie ich bin und Du bist wie Du bist. Wir müssen nicht erst rein und heilig werden, bevor wir den Pfad betreten. Wir gehen einfach. Und dabei kristallisiert sich so allerlei heraus, u. a. wie herzlos und hart es sein kann, wenn wir uns derart von der übrigen Welt abgrenzen wollen - und wie überheblich. Und so kam ich allmählich zu mir, sprich auf den Teppich.


    Heute habe ich das Glück, bereits meinen Ruhestand zu genießen. Das bedeutet, ich stehe auf, wenn ich ausgeschlafen bin (das kann durchaus 6 Uhr sein), bleibe solange in Stille wie möglich, schaue das Morgenmagazin, schaue ins Buddhaland, mache den Haushalt, lese "heilsame" Bücher und übe mich in permanenter Achtsamkeit. Ich lebe ganz bewusst inmitten der "Welt". Mein Mann ist kein Buddhist, aber findet diese Lehre gut und unterstützt mich dabei.
    Ich fühle mich friedvoll mit allem verbunden und schließe nichts aus.
    _()_ Monika

  • MonikaMarie1:

    Mein Mann ist kein Buddhist, aber findet diese Lehre gut und unterstützt mich dabei.


    Das freut mich für Dich :)
    Meine Frau ist ebenfalls keine Buddhistin, sie findet die Lehre prinzipiell auch gut,
    manchmal ist sie aber recht eifersüchtig wenn es darum geht,
    dass ich wegen einer Veranstaltung (z.B. Meditation mit der Sangha u.s.w.) nicht daheim bin.




  • Hallo Karma Losa Nima,


    das ist ein Thema, bei dem ich mich berührt und angesprochen fühle.
    Bei mir ist jeder Tag "anders", einen fest strukturierten Tagesablauf gibt es bei uns zum einen aufgrund unserer Arbeitstätigkeit nicht, zum anderen haben wir zwei Pubertistinnen zu Hause, da läuft eh nix mehr nach Plan. :P
    Da ich im sozialen Bereich arbeite, habe ich unterschiedliche Anfangs- und Endzeiten.
    Meine "stillen Stunden", in denen ich mich des Rückzugs oder der Lehrergründung widme, können mal am Vormittag sein, mal mittags, mal am Nachmittag oder auch erst am Abend.


    Ich versuche, einmal pro Woche in einer der Gemeinschaften anwesend zu sein, denen ich mich angeschlossen habe.
    Das ist zum einen eine Art "interbuddhistische Gruppe" (Vajrayana / Zen / Theravada), zum anderen eine asiatische Theravada-Gemeinschaft, in der ich mich beheimatet fühle.
    Was ich gerne mag, sind die Abendandachten im Tempel.


    Wichtig ist mir aber bei allem Eifer, dass meine Familie darunter nicht leiden muss.
    Ich sehe mich auch nicht als "tolle Buddhistin", deren Mann und Kinder "leider nicht das *richtige* Leben der Lehre gemäß leben", sondern ich erlebe meine Familie als Rückhalt und Stütze und ich sehe mich in der Verpflichtung, so für meine Familie da zu sein, wie meine Familie für mich da ist.


    Wichtige Übungen, wie z.B. die Übungen in Geduld, Güte, Mitgefühl, Mitfreude und Gleichmut sind Übungen, die ich ganz automatisch in meinem Alltag einbinden kann.


    Das "Kehren vor der eigenen Haustür" (damit meine ich meinen Geist und mein Herz) ist für mich die erste Stelle, danach kommt unmittelbar das Wohl meiner Familie, dann mein Job und dann das mögliche "rituelle" Beisammensein in einer Gemeinschaft.
    In meinem Leben gibt es wunderbare Freunde, die ebenfalls die Lehre ergründen und sich im Dhamma üben, mit denen ich mich auch gut austauschen kann ohne "rituelle Organisation".


    Du hast auch nach dem Arbeitsplatz gefragt:
    ich spüre und erlebe immer wieder, wie mich der Dhamma gerade auch an meinem Arbeitsplatz "trägt".
    Lästereien erlebe ich sehr wenig - aber wir sind in unsere Bereich meistens mit so heftigen Lebensgeschichten anderer Menschen konfrontiert, dass Lästereien bei uns die Energie rauben würden, die wir für uns und die Klienten benötigen.


    Alles in allem läuft so jeder Tag unspektakulär nach Außen ab, "innen" kann ich aber jede Minute eines Tages und jeden Atemzug, der in meinem Tagesablauf passiert als Dhamma-Übung nutzen.

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide

  • Hallo Zusammen!


    Vielen Dank für eure Rückmeldungen. Sie haben mir gezeigt, dass es mit der Tagesgestaltung individuell verschieden läuft. Das ist gut so. Ich bin aktuell auch 1-2 Mal pro Woche zu Meditationen im TTC-Zentrum, war gerade bei einer Grüne-Tara-Meditation (war sehr schön, es waren 4 Lamas zu Besuch). Dort lerne ich die 3 Juwelen zu deuten und übe mich in der stillen Meditation. Tut mir gut.


    Was mich dennoch beschäftigt ist der Gedanke, wie ich mich im Umgang mit der Umwelt weiterentwickeln möchte. Denn das möchte ich ja. Deshalb habe ich ja Zuflucht genommen. Um nach der Lehre Buddhas zu leben. Folgender Text ist lesenswert, wie ich meine: http://www.berzinarchives.com/…ctic.html_1791347032.html Dabei geht es um die Vermischung des Egos mit dem Dharma. Finde ich sehr zentral, das Thema. Ich war früher mal vom ganzen Wesen her sehr unterstützend und gebend, fühlte mich dann aber ab einem bestimmten Punkt von meiner Umwelt ausgenutzt. Das machte mich meiner Umwelt gegenüber misstrauisch und so bin ich in Gruppen nun eher am Rande stehend in der Beobachterposition. Das empfinde ich insgesamt nicht meiner Natur entsprechend und ich möchte gern mit Hilfe der Lehre so unangenehme Dinge wie Hass und Wut unter meiner Kontrolle bekommen und wieder zurückfinden in meine ursprünglich positive Einstellung meinen Mitmenschen gegenüber. Dazu möchte ich mein Ego reduzieren/modifizieren/verlieren(?!).


    Wie denkt ihr über dieses Thema?