Worin unterscheiden sich die verschiedenen Vipassana Traditionen

  • Da Ziel von Samatha ist Konzentration auf einen Punkt. Bei der Atembetrachtung also nicht die Atemempfindung selbst, sondern das Nichtabschweifen des Geistes von der Atemempfindung. Dies führt dann u. a. zur angrenzenden Sammlung.

    Das hast du gut erklärt, finde ich, das es diese beiden gibt : Atembetrachtung und Atemempfinden. Das hat mir sehr weiter geholfen. Denn mir war schon oft so, dass ich in die Übung ( Ruhe des Geistes ) durch zwei Arten gehen kann / es machen kann / versuchen kann. Entweder den A. betrachten oder die Empfindungen. Kennst du das Phänomen ( oder Erleben ) , dass du lange versucht hast ruhig zu werden oder in die angrenzende Sammlung oder irgendeine Sammlung zu gehen, aber irgendwann möchte der Geist einfach nicht mehr den Atem betrachten und er scheint sich selbst zurück zu nehmen ( vom Betrachten des Atems ) und wenn ich es dennoch versuche bekomme ich ein Stechen in den Schläfen.

    Statt dessen möchte mein Geist dann lieber den Atem empfinden, nichts betrachten ( wäre für mich wie etwas festhalten oder starke Konzentration ) eher möchte er dann einfach sein dürfen, mit dem Atem in Einheit, könnte man das so nennen ? :)

    Und dann verstehe ich das nicht. Wieso das einfach passiert ( wieso mein Geist das einfach macht ). Und ich denke dann immer : " Hm, was macht er denn da nun, warum ohne mich zu fragen ? " Und sollte ich denn nicht eigentlich erst so eine Art Zeichen kriegen, dass ich nun in die ( volle ? ) Sammlung gehe, es kann doch nicht sein, das mein Geist das einfach alleine macht. (Es könnte auch das in die angrenzende Sammlung gehen, gewesen sein).

    Kann ich dann einfach so weiter meditieren, mit so einem Geist, der einfach macht was er will ? Oder halt ohne ein Konzept ? Einfach dann eben den Atem empfinden ? Mich hat es immer so ..... ja mich dieses fragen lassen, so dass ich dann, zwanghaft/ stur weiter den Atem betrachtet habe.


    Was dann wieder die Folge hatte, dass ich Schmerzen bekam oder der Geist wieder zur Empfindung über ging. Und ich schicke ihn dann wieder zurück zur Betrachtung des Atems. Und es ging eine ganze weile so, bis ich es habe sein lassen, es nicht mehr versucht habe zu meditieren und aufgestanden bin. Mein armer Geist, denke ich gerade. Der muss ja echt etwas durch machen mit mir. :grinsen:

    Bei Vipassana liegt die Konzentration auf der Atemempfindung selbst. Das Ziel ist diese Empfindung soweit in ursprünglichere Erfahrungseinheiten zu zerlegen, bis es nicht mehr geht. Dies führt u.a. zur momentanen Sammlung,

    Aha. Auch volle Sammlung genannt oder ?

    Angrenzende Sammlung und Momentane Sammlung sind in der Stärke der Konzentration so gut wie identisch. Deshalb kann jemand der Angrenzende Sammlung erreicht hat relativ leicht auf Momentane Sammlung umschalten.

    Das scheint mir dann passiert zu sein, oder ? Nur, dass ich das gar nicht beabsichtigt habe. Es ist schwer finde ich zu wissen, wann ( oder ob ) mal genug ist mit dem Atembetrachten. :grinsen: Aber wenn der Geist sich von alleine / von selbst zum Atemempfinden wendet, sich dahin begibt, so wird dies wohl der Moment sein, wo es genug ist mit dem Atembetrachten. Es ist nur verwirrend für mich gewesen, das dies ohne den eigenen Willen passierte. Und verwirrend, weil ich nicht wusste was dann noch passieren wird. Also ich wollte wissen, zu was es führen wird, wenn ich meinem Geist folge oder halt dem Geschehen folge, es weiter führe, das Atemempfinden weiter führe, weiter mache / es übe. Und ich kann es wohl nur wissen, wenn ich es das nächste Mal zulasse / mich darauf einlasse, auf das nur Empfinden des Atems. Ich fand es wohl auch schwer, da ich dann ja keinen Anker mehr habe in dem Sinne, was es zu betrachten gibt, da geht ja irgendwas zurück, fehlt, hat sich verabschiedet. Der Wille, das Wollen ?

    Und ich habe mich gefragt, was das jetzt ist für eine Situation, für eine Übung. Wollte es einordnen, konnte es aber nicht. Aber dank dir weiß ich nun, dass es einfach das in die angrenzende Sammlung gehen war. Vermute ich, dass es das war.

    Samatha führt zu Samadhi/Jhana
    Vipassana führt zu Nibbana/Nirwana

    Aha. Ich habe A. Khema so verstanden, dass wir Samadhi brauchen für Vipassana und V. für Nibbana. :)

    Auch innerhalb der Sutten gibt es eine Menge Optionen und Abzweigungen, in denen man sich verstricken kann, weshalb ich es ratsam finde, bei den Sutten zu bleiben, bis das Ziel klar vor Augen liegt.

    Meinst du es so, bei bestimmten zu bleiben, bzw bei denen welche einen zuerst angesprochen haben, ehe man sich neuen widmet ? also bei denen zu bleiben die einen angesprochen haben, das was darin steht zu üben / zu entfalten und erst wenn man es kann, sich andere anzusehen ?

    :)

    Der Weise, der, auf Sittlichkeit gestützt,

    Den Geist entfaltet, sich in Weisheit übt,

    Ein solch entschlossener und weiser Jünger

    Mag dieses Lebens Wirrsal einst entwirren.


    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

    5 Mal editiert, zuletzt von Rigpa ()

  • Was ich noch sehr wichtiges dazu fügen muss ( mir ist es eben erst eingefallen, habe ich das erkannt ) :


    Dieser Wechsel vom Atembetrachten zum Atemempfinden geschah zwischen einem Gedanken. Also ich habe gemerkt, da waren wieder Gedanken, ich bin abgeschweift, bin dem Gedanken gefolgt ( merke es aber erst hinterher, also wenn es schon zu spät ist :grinsen: :erleichtert: ) .

    Dann möchte ich den Geist wieder zurück zum Atembetrachten geben, führen, und manchmal passierte es, dass ehe ich meinen Geist zum Atembetrachten geführt habe, dieser sich beim Atemempfinden fest setzt. Oder es kann auch so gewesen sein, dass ich gemerkt habe, " oh ich dachte wieder " und noch bevor ich denken konnte " so mein Geist gehe nun zurück zum atembetrachten " dieser ohne eine Absicht von mir in das Erleben / Empfinden des Atems verweilen wollte, es machte ( kurz, ehe ich ihn wieder da weg holte ). :grinsen:


    Also die Lösung ist, dem Geist vertrauen, oder ? :) Dann eben den Atem empfinden und nicht betrachten. Etwas in mir dachte aber dann wohl " das ist aber ein undispzilienierter Geist, der möchte einfach nur ruhen. Also das geht doch nicht, wir wollten doch den Atem betrachten ". :grinsen: :D

    Nein im ernst, es schien mir so zu sein, oder befürchtete ich, dass mein Geist sich vor der Übung Atem betrachten scheut und sich darum auf abschalten, schlafen gehen, geht, springt. Naja, Atemempfinden ist aber auch kein Ruhen. Da macht ja mein Geist dennoch etwas. Sorry mein lieber Geist, dass ich das so gesagt habe ( da war ich unaufmerksam ).

    Dabei ist es ja das, was ich doch mit dem Atembetrachten beabsichtigt habe. :? :? :? :? :? :? Oder ? Na gut ich beabsichtigte meinen Geist zur ruhe zu bringen, den Atem zu empfinden aber nicht. Das wäre noch nicht die Ruhe des Geistes, oder ? Doch das Atem- empfinden wäre der Schlüssel für das Ruhen des Geistes, das Versenken, oder ? also es ist auch nötig.

    Oder ist es so, dass der Geist sich in das Atemempfinden flüchtet ? , Es nicht hilfreich ist, wenn dieser darin verweilt ?

    :grinsen: :D :D

    Oder kommt es ganz darauf an ? Ob ich das wollte, oder der Geist das wollte ? Wer ist ich ? :grinsen: :D

    Nein, also Spaß beiseite, mir ist klar geworden, dass es so ist, dass auch das Atembetrachten eine Übung ist, und nur weil es nicht von mir beabsichtigt war, heißt es nicht, dass es eine Flucht ist vor Antstrengung. Und selbst wenn, so ist das dennoch eine Art Anstrengung, eine sanftere Anstrengung.

    Ich befürchtete wohl nur, dass mein Geist darin bleibt und nichts weiter mehr passieren wird. Ob was passiert oder nicht ( also nur das passiert ) ist wohl unterschiedlich. Durch Wegbringen passierte natürlich nichts weiter nur die Schmerzen in der Schläfe. :grinsen: :grinsen:

    Und wie es weiter geht, hat man auch unter Kontrolle, je mehr wir dann los lassen können vom Rest. Auch vom Wollen ?

    Ja, ich denke ja, auch vom wollen- vom Resultat wollen- etwas erreichen wollen. Man sollte in dem Moment nur wollen, den Atem zu empfinden.

    Aber so genau kann ich das nicht sagen. Es kann ja auch zwei Arten von Wollen geben. Das eine ist heilsam, das andere nicht. ;)

    Wie auch immer, es wird sich schon noch raus stellen, wie das nun alles ist. :)

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    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

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  • Eine Ferndiagnose zu stellen ist für mich unmöglich. Ich bin auch kein ausgebildeter Meditationslehrer.
    Wenn du aber Schmerzen in den Schläfen verspürst, scheint meiner Meinung nach die Konzentration und Anstrengung zu stark zu sein.
    Das muss ausbalanciert werden. Dazu gibt es Beschreibungen unter dem Thema "die fünf geistigen Fähigkeiten" (panca bala, Google hilft).

    Den Geist einfach lassen, führt nicht zur vollen Sammlung. Wichtig ist die Abwesenheit der 5 Hemmungen, aber wesentlich einfacher erkennbar (da Anwesend) die Anwesenheit der 5 jhana-Faktoren. Vor allem piti und sukha stechen hervor. Wenn du den Geist gehen lässt, sind vitakka und vicara nicht vorhanden und die sind ja sehr einfach erkennbar und sofort da, solange man den Geist ausrichtet.

    Wenn dein Geist mal in die Sammlung rauschen sollte, hast du auch wenig davon. Denn, wenn du den Weg dorthin nicht kennst, kannst du es nicht wiederholen und damit systematisch verwenden.

    Eine meiner Meinung nach gute Beschreibung dieser Dinge ist der Abschnitt über die Sammlung in der Visuddhi-Magga. Das ist zwar ein wenig trocken, aber sehr ausführlich und gut.



    Die Momentane Sammlung ist keine Volle Sammlung, sondern eine starke Konzentration auf dem was "ist", während die angrenzende Sammlung eine starke Konzentration auf ein Konzept (also etwas geistgeschaffenes) ist. Nur die Objekte sind unterschiedlich.



    Für vipassana wird nicht unbedingt samadhi oder die angrenzende Sammlung benötigt, aber beim Erfahren von nibbana selbst befindet sich der Geist in der Vollen Sammlung (jhana/samadhi). Man kommt also letztendlich um jhana nicht herum.

  • Wenn du aber Schmerzen in den Schläfen verspürst, scheint meiner Meinung nach die Konzentration und Anstrengung zu stark zu sein.
    Das muss ausbalanciert werden. Dazu gibt es Beschreibungen unter dem Thema "die fünf geistigen Fähigkeiten" (panca bala, Google hilft).

    Ok, danke, :rose: ich höre mir jetzt mal ein Video weiter an von Ayya Khema zu dem Thema die Fünf Eigenschaften ( oder Fähigkeiten ), welche wir entwickeln müssen um in die Sammlung zu gehen. Damit ist wohl dasselbe gemeint, was du meinst. :)

    (..) der Abschnitt über die Sammlung in der Visuddhi-Magga.

    Werde ich auch bald mal rein lesen- das ist nun etwas was wichtig ist, denn sonst wird es einfach nichts, nicht mal mit der Praxis oder halt einem wichtigen Teil. Lesen kann ja auch Praxis sein.

    Die Momentane Sammlung ist keine Volle Sammlung, sondern eine starke Konzentration auf dem was "ist", während die angrenzende Sammlung eine starke Konzentration auf ein Konzept (also etwas geistgeschaffenes) ist. Nur die Objekte sind unterschiedlich.

    Was "ist" . Also ich verstehe diese beiden Unterschiede noch nicht. :) Danke dennoch.

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    (Diese Verse finden sich im Samyutta-Nikāya).

  • In meiner Linie passieren Jhanas, wenn sie passieren, aber sie werden weder "provoziert" noch gemieden. Wieso meinst Du, in der vipassana-Übung würde es keine Jhanas geben?

    Ich habe das irgendwo mal gelesen, dass die jhanas zunächst nur auf die Ruhemeditation bezogen wurden und erst später wurde dieser Begriff auch auf die Einsichtsmeditation übertragen. Ich kann aber gerade nicht mehr sicher sagen, wo ich das aufgeschnappt habe, daher kann ich leider keine Quelle nennen.


    Bei der trockenen Vipassana-Meditation werden die jhanas anscheinend ja "übersprungen". Zum Beispiel bei Mahasi Sayadaw:


    This approach to the ultimate goal of Buddhist meditation is called bare insight because insight into the three characteristics of existence is made use of exclusively here, dispensing with the prior development of full concentrative absorption (jhana).


    Das wäre dann eine fünfte Variante zusätzlich zu den vier von Raphy oben genannten.


    Hier ein Video von Goenka dazu:


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    Hier habe ich bei Leigh Brasington, einem Schüler von Ayya Khema, eine Seite mit einer Übersicht über die verschiedenen Konzeptionen der jhanas gefunden. Da tauchen weiter unten auch spezifische vipassana jhanas auf. Ich kann aber nicht genau sagen, was damit gemeint ist.

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Da Ziel von Samatha ist Konzentration auf einen Punkt. Bei der Atembetrachtung also nicht die Atemempfindung selbst, sondern das Nichtabschweifen des Geistes von der Atemempfindung. Dies führt dann u. a. zur angrenzenden Sammlung. Diese Sammlungsstärke kann dann für Vipassana genutzt werden.


    Bei Vipassana liegt die Konzentration auf der Atemempfindung selbst. Das Ziel ist diese Empfindung soweit in ursprünglichere Erfahrungseinheiten zu zerlegen, bis es nicht mehr geht.

    Ja, das leuchtet mir ein. Wobei das Ziel des Nichtabschweifens, was ja eine rein negative Beschreibung darstellt, doch nur über die bewusste Wahrnehmung der Atemempfindung erreicht werden kann, oder? Man nimmt den Atem im Körper wahr und versucht auf dem Atem bzw. dieser Atemempfindung zu bleiben.


    Das mit der Zerlegung finde ich spannend. Das wurde auch in dem Vortrag aus dem Post #2 gesagt, dass es um die Wahrnehmung der Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde) in der Empfindung geht. Oder meinst du mit Zerlegung noch etwas anderes?


    Das hieße bei der Konzentration von Moment zu Moment geht es um eine Aneinanderreihung von kurzen Momentaufnahmen und bei der angrenzenden Konzentration mehr um ein Kontinuum der Erfahrung. Könnte man das vielleicht mit einer digitalen und einer analogen Signalübertragung vergleichen?

    "Das Siegel der erreichten Freiheit: Sich nicht mehr vor sich selbst schämen."

    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Ja, das leuchtet mir ein. Wobei das Ziel des Nichtabschweifens, was ja eine rein negative Beschreibung darstellt, doch nur über die bewusste Wahrnehmung der Atemempfindung erreicht werden kann, oder? Man nimmt den Atem im Körper wahr und versucht auf dem Atem bzw. dieser Atemempfindung zu bleiben.


    Das mit der Zerlegung finde ich spannend. Das wurde auch in dem Vortrag aus dem Post #2 gesagt, dass es um die Wahrnehmung der Elemente (Feuer, Wasser, Luft, Erde) in der Empfindung geht. Oder meinst du mit Zerlegung noch etwas anderes?


    Das hieße bei der Konzentration von Moment zu Moment geht es um eine Aneinanderreihung von kurzen Momentaufnahmen und bei der angrenzenden Konzentration mehr um ein Kontinuum der Erfahrung. Könnte man das vielleicht mit einer digitalen und einer analogen Signalübertragung vergleichen?

    Also ich nehme die Atemempfindung an der Nase. Natürlich wird bei beiden Meditationsarten die Empfindung beobachtet.


    Bei Samatha beobachte ich zunächst die einfach zu erfahrenden spezifischen Merkmale wie Einatmen kalte Berührungsempfindung und Ausatmen warme Berührungsempfindung. Das Ziel ist aber den Geist mit dem Objekt "einzufrieren".

    Die Unterscheidung zwischen warm und kalt ist nicht notwendig und eigentlich auch nicht erwünscht.

    Letztendlich bildet sich durch Konzentration aus der Atemempfindung eine vom Geist erschaffene Erfahrung, die sich nicht mehr verändert (das Gegenbild, nimitta). Samatha-Meditation-Objekte beziehen sich immer auf geistgeschaffene Objekte, die damit statisch erscheinen (wie ein Stuhl oder ein Auto, also alles Geistkonzepte).

    Bei Vipassana kann man auch zuerst die spezifischen Merkmale beobachten.

    Hier geht es aber eigentlich nicht um die spezifischen Merkmale (wie Wärmempfinden sprich Feuerelement), sondern um deren drei allgemeinen Merkmale. Also das Entstehen und Vergehen (anicca), das Unkontrollierbare (anatta) und nicht Zufriedenstellende (dukkha) beim Auftretens dieser Rupa-Kalapas.

    Dadurch würde eine fixe Einpunktskonzentration natürlich zunächst gestört werden. Diese Beobachtung führt aber ganz am Schluss zum Gleichmut gegenüber allen Erscheinungen (sankhara-upekkha-ñana), man hängt nicht mehr an ihnen. Dadurch kann man diese loslassen und die "Ruhe"/Nibbana erahnen.

    Dies führt dann zu einer Vertiefung, also eine Art Einfrieren des Geistes ohne ein geistiges Konzept als Objekt, sondern mit Nibbana als Objekt. Dieses Jhana heißt bei der 1. Erreichung Pfadmoment (da es tiefgreifende Änderungen im Geist zur Folge hat). Danach Fruchtmoment.


    Das geht aber auch nur, weil Nibbana nur eines der drei allgemeinen Merkmale hat (nämlich anatta) und weil unveränderlich somit zum jhana-Eintritt taugt.


    Beide nennen sich jhana in Bezug auf die identischen Aktivitäten der geistigen Faktoren.

  • Letztendlich bildet sich durch Konzentration aus der Atemempfindung eine vom Geist erschaffene Erfahrung, die sich nicht mehr verändert (das Gegenbild, nimitta). Samatha-Meditation-Objekte beziehen sich immer auf geistgeschaffene Objekte, die damit statisch erscheinen (wie ein Stuhl oder ein Auto, also alles Geistkonzepte).

    Das leuchtet mir nicht ganz ein. Wie kann die Atemempfindung ein geistgeschaffenes und statisches Objekt sein. Sie ist doch erstmal eine körperliche Empfindung. Im Anapanasati Sutta wird ja auch vom Atemkörper gesprochen. Da habe ich mich auch schon gefragt, ob damit eine Art energetischer oder feinstofflicher Körper gemeint sein könnte. Der Atem ist ja ein dynamisches Fließen mit den zwei gegenläufigen Bewegungen Ausdehnung und Kontraktion. Wie kann das zu einem statischen Objekt werden.

    Ich kenne das aus meiner Meditationserfahrung, dass der Atem nach einer gewissen Zeit feiner wird und dann auch schwerer wahrzunehmen ist. Das ist nach Ayya Khema ein Zeichen, dass man in den Bereich der angrenzenden Sammlung kommt und in der ersten Vertiefung (jhana) dann ein (körperliches!?) Gefühl der Freude aufkommt. Ich sehe nicht ganz wo da das geistgeschaffene statische Objekt herkommen soll.

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    - Irvin Yalom, Und Nietzsche weinte

  • Man könnte den „Atemkörper“ wirklich als Körper sehen, von dem das Leben essenziell abhängt, der aber nicht zu meinem Körper gehört.

    Er ist immer da, egal, ob ich ihn wahrnehme oder nicht. Nehme ich ihn nicht mehr wahr, werde ich das nicht wissen, denn dann sind meine Skandha zerfallen oder ich eben tot. Der Atemkörper ist der einzige Körper, dem wir voll vertrauen können, weil er immer bei uns ist. Unsere Lungen ihn andauernd aufnehmen und abgeben. Die Scheidung vom Atemkörper bedeutet nichts weiter als gestorben zu sein.

  • Das leuchtet mir nicht ganz ein. Wie kann die Atemempfindung ein geistgeschaffenes und statisches Objekt sein. Sie ist doch erstmal eine körperliche Empfindung...

    Korrekt, zunächst ja.


    Ich zitiere einmal aus der Visuddhi-Magga Kapitel: Achtsamkeit auf Ein- und Ausatmung (ānâpāna-sati) (ist lesenswert!):

    Visuddhi Magga VIII.3a

    "Während er aber so der Übung hingegeben ist, tritt nach gar nicht langer Zeit das (geistige) 'Bild' (nimitta) auf.

    Dieses ist jedoch nicht bei allen das Gleiche. Bei dem einen nämlich erscheint es wie etwas den Eindruck der Weichheit Machendes, wie Baumwolle, Seidenwolle oder ein Luftzug. So behaupten einige. Folgendes jedoch ist die Erklärung in den Kommentaren: "Dieses Bild tritt bei dem einen auf in Form eines Sternes, einer Kristallkugel oder einer Perle. Bei dem einen erscheint es wie der den Eindruck der Härte machende Baumwollsamen oder ein Bolzen aus Kernholz, bei dem einen wie eine lange Schnur oder eine Girlande oder eine Rauchsäule, bei dem einen wie ein auseinandergezogener Spinnfaden oder Wolkenstreifen oder eine Lotusblüte, ein Wagenrad, wie die Mondscheibe oder Sonnenscheibe. Damit aber verhält es sich folgendermaßen. Da stellt z. B., während viele Mönche nach dem Hersagen einer Sutte dasitzen, ein Mönch die Frage: 'Wie erscheint euch diese Sutte?' Auf diese Frage antwortet der eine Mönch: 'Mir erscheint sie wie ein mächtiger Gebirgsstrom.' Ein anderer: 'mir wie ein Waldstreifen.' Ein weiterer: 'Mir wie ein ästereicher, fruchtbeladener, kühlen Schatten spendender Baum.' Diesen Mönchen nämlich erscheint ein und dieselbe Sutte, infolge der Verschiedenheit ihrer Vorstellungen, in verschiedener Weise. Ebenso auch erscheint ein und dieselbe geistige Übung, infolge der Verschiedenheit der Vorstellung, als etwas Verschiedenes. Denn durch die Vorstellung erzeugt ist dieses Bild, durch die Vorstellung bedingt, durch die Vorstellung entstanden. Daher erscheint es infolge der Verschiedenheit der Vorstellung in verschiedener Weise, wie einzusehen."



    Ich würde aber raten sich keine große Gedanken darüber zu machen, sondern dies nur rein intellektuell zu verstehen. Sonst kann es während der Meditation verwirren, wenn jede Erscheinung den Ablauf stört, weil es ja das nimitta sein könnte. Denn das Objekt ist bei Samatha nicht wichtig, sondern nur ein reines Hilfsmittel für die Konzentration. Konzentration ist das Thema!


    Im Jhana (aber auch schon in der angrenzenden Sammlung) kann das Meditationsobjekt nicht mehr die Atemempfindung selbst sein, sondern ist ein vom Geist erzeugtes statisches Gegenbild davon.


    (Zum Verständnis: Ein vom Geist erzeugtes Bild ist z. B. auch ein Tisch, denn ein Tisch kann man nicht sehen, sondern nur dessen Farbe und Form. Erst die Wahrnehmung sagt: Das ist ein Tisch. Das heißt die Welt, in der wir scheinbar leben, ist ein rein geistiges Konstrukt der Wahrnehmung.)


    Die Atemempfindung ist grundsätzlich kein geistiges Objekt, sondern eine direkte Erfahrung über das Körpertor. Deshalb kann man sie für vipassana verwenden. In dem Moment, wo die Wahrnehmung die Atemempfindung als Atemempfindung erkennt ist es schon ein geistiges Objekt (ohne das dabei gedacht wird! Bei einer Tischerkennung muss man auch nicht Tisch denken und natürlich noch nicht statisch).

    Dieses geistige Objekt ist eigentlich unsere normale Wahrnehmung. Bei vipassana "bohren" wir aber weiter, um so nah wie möglich an die ursprüngliche Erfahrung zu kommen.



    Hier noch mal eine Erläuterung zu nimitta (Gegenbild):

    nimitta

  • Da ich im Laufe meiner Praxis all diese Erscheinungen als Makyo oder Verführer erkannt und mich ihnen verweigert habe, könnte dieses Berichten RE: Worin unterscheiden sich die verschiedenen Vipassana Traditionen das Ergebnis beim Befolgen der Technik dieses Visuddhi-Magga Kapitel sein?


    Ich frage, weil ich Zweifel habe, ob ich überhaupt buddhistisch praktiziere. Mir geht es allerdings hervorragend, auch wenn es nicht buddhistisch erreicht wurde.