Wieso ist denn Ondas Thread, der auffordert, die Wiedergeburt zu definieren, verschwunden? Gut, dann schreib ich hierher. Nicht bös sein!
Bin gestern auf einige Sätze seiner Heiligkeit zum Thema gestoßen, die schön zum Nachdenken einladen. (DL: Der Friede beginnt in dir. Original von 1992)
„Wenden wir uns einen Augenblick dem Thema Wiedergeburt zu. Im Buddhismus wird Reinkarnation als ein kontinuierlicher Fluss von Bewusstseinsmomenten gesehen, der sich von Leben zu Leben fortsetzt.“
Bewusstseinsmoment: ich denke, sehr zu recht wird hier Bewusstsein mit Zeit in Verbindung gebracht, denn man kann die Phänomene Bewusstsein und Zeit gar nicht trennen. Wir sind es, die der Zeit die Dauer verleihen. Bei einem anderen Gefühl für Zeit könnte die Uhr theoretisch still stehen oder sonst was machen. Auch unsere Gedanken sind in der Zeit und besitzen keine räumliche Ausdehnung, sonst könnte man sie ja sehen. Allgemein gilt: Zeit kann nicht entstehen, es kann nur ein Moment aus dem anderen folgen.
„(…) Jeder Bewusstseinsmoment wird von einem ihm vorausgegangenen ausgelöst und kann nie aus einer unbelebten Ursache entstehen. Um Wiedergeburt zu verstehen, muss man unterscheiden zwischen grobem und subtilem Bewusstsein. Bewusstsein wird im Allgemeinen mit dem Gehirn in Verbindung gebracht. Aber ich glaube, dass nur das grobe Bewusstsein von den chemischen Substanzen im Gehirn abhängt. (…) Auch andere Lebensformen haben ein Bewusstsein, das jedoch ganz anders ist, da sie ein andersartiges Gehirn besitzen.“
Ich denke, das Gehirn lässt sich gut mit einem Fahrzeug vergleichen. Wir sitzen darin und bewegen uns durch eine Landschaft. Diese Landschaft sind unsere Gedanken, Wahrnehmungen und Gefühle. Beobachten wir das Gehirn und die chemischen Vorgänge darin, dann ist das etwa so, als wenn wir den Motor beobachten und die Gesetze erforschen, nach denen er läuft. Gedanken etc. stellen jedoch eine andere Ebene dar, die nur aus belebter Ursache entstehen kann. Dabei scheint klar, dass ihre Qualität von der Struktur des Motors abhängt.
„(…) Ein Bewusstsein, das wahrnimmt und Objekte erfährt, kann nicht entstehen, ohne von einem vorhergehenden Bewusstseinsmoment ausgelöst zu werden. Damit gelangen wir zum subtilen Bewusstsein – der ursprünglichen Fähigkeit zu erkennen, der natürlichen Klarheit des Geistes -, das nicht auf den groben Substanzen des Körpers beruht.“
Natürlich kann man nicht sagen, der Motor oder die Landschaft wären zuerst da gewesen, da sie sich wechselseitig bedingen, sondern man muss fragen, welches Moment beiden zugrunde liegen könnte. Wir haben vielleicht kein Problem, hier die Zeit ins Spiel zu bringen. Allerdings müssen wir ihr etwas mehr Potential zugestehen, als nur physikalische Zeit zu sein (gilt genauso für das Licht, sag ich aus persönlichem Glauben), denn es soll ja mehr als nur ein physikalischer Motor, nämlich auch menschliches Bewusstsein entstehen: Subtile Bewusstseinsmomente. So gründen das Selbstbewusstsein im Bewusstsein und das Bewusstsein im Sein, nehme ich an.
„Aber auch dieses subtile Bewusstsein kann nicht entstehen, ohne dass Ursachen und Bedingungen dafür zusammentreffen. Wenn man die Kausalkette dieses subtilen Bewusstseins zurückverfolgt, kommt man zum Konzept der Reinkarnation.“
Uii, Eure Heiligkeit, das scheint mager. Sagen wir, das Konzept wird vorstellbar. Denn die Bewusstseinsmomente sind ja selbst die Zeit, was immer das heißen mag. Erfüllen sich die Ursachen und Bedingungen, leuchten sie vielleicht vereinzelt und singulär als Mensch auf, beziehungsweise als Menschheit. So gesehen könnten wir jeder andere Mensch schon mal gewesen sein und sollten daher nett zueinander sein!
„Abgesehen vom Gedächtnis, das es uns ermöglicht, uns zum Beispiel an die Kindheit zu erinnern, haben wir auch noch latente, unbewusste Neigungen, die unter gewissen Umständen zutage treten und unser Denken auf bestimmte Weise prägen. Woher kommen diese Neigungen? Einige stammen aus einer weit zurückliegenden Vergangenheit, während andere aus kürzlich gemachten Erfahrungen entstanden sind. Wenn wir diese Tendenzen nicht dem subtilen Bewusstsein zuschreiben, wird es sehr schwierig zu erklären, warum sie immer wieder plötzlich auftauchen.“
Was sind Prägungen? Woher kommen Instinkte? Kann man das erklären? Offenkundig sind da nicht nur Bausteine, sondern auch ein Wissen aus langen Zeiträumen, das in uns existiert. Da sich dieses Wissen nicht erst mit uns gebildet hat, können wir es vielleicht dem subtilen Bewusstsein zuschreiben.
Sympathisch, was seine Heiligkeit abschließend noch anfügt:
„(…) Ich weiß nicht, ob die Art und Weise, in der der Buddhismus die Dinge erklärt, für jeden befriedigend ist, auf jeden Fall aber bietet sie Antworten an.“