Beiträge von Nashorn

    Nach dem ehrw. Nanavira Thera ist gerade diese Interpretation falsch und irreführend. In seinen "Notizen zu Dhamma" geht er an mehreren Stellen auf "akalika" ein, da gerade das oft missverstanden wird. Mit dem traditionellen Theravada (und Abhidamma) steht seine Interpretation natürlich auf Kriegsfuss, besonders mit der sogenannten Drei-Leben-Theorie. Sie soll aber doch mal erwähnt werden.


    Ich zitiere nicht alles was Nanavira zu Akalika sagte, nur Auszüge. Zum Verständnis sollten die "Notizen zu Dhamma in Gänze gelesen werden.




    Quelle: Die Lehre des Buddha und ihre wesentliche Bedeutung (Anhang) - R. G. de S. Wettimuny


    http://www.dhamma-dana.de/buecher.htm#wettimuny

    Elliot:

    Dort steht deutlich, dass auch Taten karmisch wirksam sind, die aus Gierlosigkeit, Haßlosigkeit und Unverblendung entstehen:


    Und dort steht deutlich das Wort "Tatenversiegung". Dies bezieht sich auf das Endziel dass vom Arahat erreicht ist. Was ist daran nicht zu verstehen?


    Ebenso hier (A.IV.232a):


    Und weiter in A.IV.232b:


    Elliot:

    Ein Arahant, der aus Gierlosigkeit, Haßlosigkeit und Unverblendung handelt, handelt heilsam, siehe oben.


    Nein. Ein Arahat handelt werder heilsam noch unheilsam (siehe obiges Sutta). Handlung im herkömmlichen Sinne findet bei ihm nicht mehr statt. Das Wirken ist erloschen. Das geht doch eindeutig aus den Sutten hervor. Wie kann man da nur drüber weg lesen und behaupten beim Arahat würde noch Wirken/Handlung/Tat stattfinden? Du bringst da einiges durcheinander.

    shankar:

    Wir haben bei Nashorn eine Interpretation des Karmas, die auf die Interpretation der Sarvastivadas zurückgeht auf dem 4.Konzil in Kashmir ca. 100 nach Christus.


    Noch nie von denen und deren Lehre gehört. Für mich ist relevant was der Buddha sagt.

    Elliot:

    Also auch Handlung, die zur Vernichtung von Handlung führt, ist karmisch wirksame Handlung:


    Bedenke dass die zitierten Belehrungen des Buddha an noch nicht vollkommen Erlöste gerichtet ist. Arahats bedurften keiner Unterweisung mehr. In dem zitierten A.III.112 steht es doch eindeutig:

    Zitat

    ...führt zur Tatenversiegung...


    Im Klartext: ...führt zur Versiegung und zum Ende von Kamma. So lange noch Handlung stattfindet, die zur Vernichtung von Handlung erst führt - aber noch nicht erreicht ist - ist natürlich Kamma wirksam.


    Der Arahat hat das Aufhören von Handlung erreicht, da jegliche persönliche Handlung – jede Handlung, die von mir begangen wird – aufgehört hat. Es gibt beim Arahat zwar noch bewusstes Handeln, aber da es weder unheilsam noch heilsam ist, ist es keine Handlung im ethischen Sinne mehr. Erlöschen, Nibbana, ist das Aufhören der Ethik ("Was soll ich tun?")

    shankar:

    Absichtsvolle Handlung zeichnen sich ja gerade aus "willentlich" zu sein! Absicht und Willen sind kongruente Begriffspaare der Handlungsdefinition.


    Absicht ist im wesentlichen die Beziehung zwischen dem Tatsächlichen und dem Möglichen. Absicht mit Begehren zielt immer darauf ab das Mögliche zu erlangen. Der Übende versucht sein Begehren und die Absicht auf die Auflösung von Tanha zu lenken - das ist dann heilvolles Kamma. Im Erleben des Arahats gibt es zwar Absicht, aber es ist kein Begehren darin vorhanden. Es ist Absicht zu finden und nicht zu finden. Die Notwendigkeit von Begehren für Absicht ist nicht herleitbar. Wenn Absicht Begehren beinhalten würde, gäbe es keine Möglichkeit für Arahatta und somit kein Entrinnen.


    Das Zitat von Debes ist in diesem Zusammenhang wertlos, da es auf den Puthujjana gemünzt ist (wie auch sehr viele Reden des Buddha). Ich rede vom Arahat. Ein Arahat ist für den Puthujjana ein gewisses Mysterium, da er sich ein Erleben völlig ohne GHV nicht im entferntesten vorstellen kann. Es ist ausserhalb seiner Reichweite. Der Buddha sagt jedoch dass es das gibt.

    Wettimuny hat Kamma gut auf den Punkt gebracht. Zumindest sehe ich es genau so. Mir ist bewusst dass es auch andere Interpretationen von Kamma gibt, in denen Restkamma irgendwie eine Begründung findet. Ich halte sie aber für falsch und nicht zielführend.


    shankar:

    sacca wird nämlich ganz genau eben nicht als Illusion beschrieben, sondern als eine klare, eindeutige und jedem zugängliche und unstreitbare Lebenserfahrung.


    Ich sprach von Persönlichkeit (Atta) als Illusion. Wie Du auf sacca kommst wird wohl ein Geheimnis bleiben.

    shankar:
    Zitat

    Vis. XVI:
    »Das Leiden gibt es, doch kein Leidender ist da.
    [...]«


    Wo Leiden ist, ist auch ein Leidender. Dukkha ist immer mit Festhalten (an Persönlichkeit) verbunden. Der Leidende ist da, wenn auch aus der Sicht eines Erwachten als Illusion. Aber diese Illusion wird vom Leidenden nicht gesehen.

    fotost:

    Anatta - nicht-Ich! Ich bin nicht der, der vor einigen Momenten begonnen hat, dies zu schreiben. Bei jedem Atemzug seither habe 'ICH' seither Tausende Atome inhaliert und in meine Körpermasse integriert, die irgendwann davor Hitler oder ein spezifischer Dinosaurier geatmet haben :D


    Nicht-Ich! Ich bin ganz bestimmt nicht der/das, der/was vor 8 Stunden dumpf sabbernd auf meinem Kopfkissen gelegen hat.
    Nicht-Ich! Ich bin ganz bestimmt nicht der brabbelnde Säugling, der ich vor vielen Jahrzehnten gewesen bin.


    Nicht-Ich! Es gibt keinen festen Kern. Es gibt nichts Dauerhaftes! Alles, das entsteht wird vergehen.


    So einfach ist nicht.


    Zitat

    Ich befürchte in der Frage von anicca/dukkha/anattá ist es notwendig, dogmatisch zu sein. Aniccatá oder Unbeständigkeit, von der der Buddha im Kontext dieser Triade spricht, ist keineswegs einfach die Unbeständigkeit, die jeder in jedem Augenblick seines Lebens um sich herum sehen kann; es ist etwas sehr viel subtileres. Der puthujjana, so muss entschieden festgestellt werden, hat keine aniccasaññá, hat keine dukkhasaññá, hat keine anattasaññá. Diese drei Dinge stehen und fallen gemeinsam, und keiner, der noch attavádupádána hat (d.h. keiner, der noch kein sotápanna ist), nimmt aniccatá im wesentlichen Sinne des Wortes wahr.


    Nanavira Thera - Notizen zu Dhamma (Brief 9)

    Die ganze Diskussion fußt auf einem völlig falschen Verständnis von Kamma. Ein Erwachter hat kein Kamma mehr, auch keinen winzigen Rest.


    Der Buddha soll sich am Fuß verletzt haben. Und? Auch der Körper eines Erwachten ist der Vergänglichkeit unterlegen. Der Unterschied zu einem Weltling ist, dass er darunter nicht mehr leidet. Auch keinen winzigen Rest.

    Peeter:
    Zitat

    ich spreche jetzt nicht von einer Zeitlichkeit im milliardstel Sekundenbereich der sich in Hirnströmen abspielen mag.


    na dann
    Ich denk aber, dass Buddha auch diese kaum spürbaren Bereiche meinte.
    Und das immer wieder Achtsamkeit beim Satiphanna angesprochen wird, ist doch
    nicht ohne Grund.


    Es geht bei der Achsamkeit aber gerade nicht ums Eingreifen. Es geht darum die Dinge so zu sehen wie sind - ohne sie beherrschen zu wollen und einzugreifen. Vermeintliche Herrschaft über Dinge zu haben (es soll so sein und nicht anders) nährt das Begehren und den Atta-Glauben. Wenn das bedingte Entstehen erst in seiner Struktur erkannt ist (Sotapatti) löst sich immer mehr das Anhaften an den unbeständigen, leidhaften Dingen da sie eh' nicht das Selbst sind.


    Diese zeitliche Abfolge gibt es schlicht nicht, und ich spreche jetzt nicht von einer Zeitlichkeit im milliardstel Sekundenbereich der sich in Hirnströmen abspielen mag. Wie schon erwähnt beinhaltet eine zeitliche Abfolge einen spürbaren Wechsel von einem zum anderen. Zum Beispiel ist bei der Anwesenheit von vinnana auch sofort und ohne zeitliche Verzögerung vedana usw. anwesend. Da gibt es nichts was zuerst ohne das andere anwesend ist. Der Buddha hat es zwar ein wenig detaillierter aufgelistet, aber im Grunde besagt Paticcasamuppada: Bedingt durch Unwissenheit ist augenblicklich Geburt (und hiermit ist nicht Wiedergeburt gemeint).


    Es ist auch weder ein Eingreifen in diese Struktur nötig, noch möglich. Es gilt diese (zeitlose) Struktur von Paticcasamuppada zu erkennen und zu durchschauen ("Wer abhängiges Entstehen sieht, sieht Dhamma"). Denn avijja bedeutet gerade das Nichtwissen von Paticcasamuppada und wer diese Struktur erstmal sieht weiss dass es nicht nur bedingtes Entstehen, sondern auch bedingtes Vergehen gibt.

    bel:

    Empfindung kommt eben nicht vor dem Denken, sondern geschieht jeweils im selben Moment, es heißt deshalb auch diese Empfinden bedingt genau dieses Begehren, Empfinden ist eine Bedingung des Begehrens (wieso ist das jetzt "Denken"?), nur eine. "Bedingtes Entstehen" ist auch kein "kreis ist , klar-das es sich in randzonen vermischt", sondern ein Nexus


    Wenigstens einer der den PK genauer gelesen und Pathiccasamuppada mal richtig deutet und es laut PK auch begründen kann. Pathiccasamuppada ist ein strukturelles Prinzip und kein zeitliches.


    Ich wurde erst durch die "Notizen zu Dhamma" darauf aufmerksam, aber seitdem ist mir schleierhaft wie man Pathiccasamuppada noch als zeitlichen Prozess betrachten kann.
    Hier nochmal ein Auszug aus dem Kapitel "PATICCASAMUPPADA" aus den "Notizen zu Dhamma" von Nanavira zu einer detailierteren Erläuterung:

    dermatze:

    Ich habe ein bisschen den Eindruck, dass die Aussage: "selbstverständlich gehört Wiedergeburt zum Buddhismus", ohne das aus Erfahrung sagen zu können, letztlich eine Art von "Glauben" ist, den man im Buddhismus doch eigentlich nicht pflegen will.


    Wir glauben auch dass die Dinge das Selbst sind. Und obwohl der Buddha immer wieder sagte dass sie es nicht sind, glauben wir weiter daran. Aber wir vertrauen dem Buddha...


    Nochmals Einspruch falls jemand in Zukunft mal in diesen Thread rein schaut und meint dies wäre jetzt Konsens hier.


    Anatta ist kein Ding und daher nicht vergänglich.

    freeman:

    ---die Khandhas SIND ANATTA und somit allesamt VERGÄNGLICH. Ohne Anatta keine Khandhas, ohne Khandhas kein Anatta.


    Die Khandhas sind vergänglich und somit ist Anatta vergänglich. Anatta ist vergänglich und somit sind die Khandhas vergänglich.


    Wären die Khandhas und somit Anatta jedoch UN-vergänglich, dann gäbe es kein Entrinnen aus dem Leidenskreislauf, aus dem Kreislauf der Wiedergeburt, dann gäbe es keine Befreiung aus Samsara.


    Völlig daneben. Die Dinge (d.h. die Khandhas) sind anatta weil sie vergänglich sind. Dinge (Dhammas) sind vergänglich. Anatta ist kein Ding wie die Khandhas, es ist ein Merkmal das allen Dingen innewohnt. Nämlich die Tatsache, dass allen Dingen jegliche dauerhafte Essenz oder Substanz fehlt. Dinge entstehen abhängig von Bedingungen (sankhara). Sobald sich die Bedingungen verändern oder vergehen, verändert sich oder vergeht das Ding. Daher haben die Dinge keine unveränderliche Eigenschaft die man "Selbst" nennen könnte. Sie haben die Eigenschaft Nicht-Selbst.


    Also nochmal: Auf anatta ist Vergänglichkeit gar nicht anwendbar, da anatta eine Konsequenz aus der Vergänglichkeit ist.
    Und an anatta kann man auch nicht anhaften wenn es verwirklicht ist. Es ist das Sehen der Dinge wie sie wirklich sind und führt zur Auflösung der Anhaftung an vergänglichen Dingen. An der Idee "Anatta" kann natürlich schon angehaftet werden.



    freeman:

    Die Merkmale des Nicht-Ich - 7. Anattalakkhaṇa Sutta
    [...]
    http://www.palikanon.com/samyutta/sam22_060.html


    Wo Du es nochmal zitierst, frage ich nochmal: Wo steht dort dass anatta vergänglich ist? Ich lese nur dass die Aggregate es sind.
    Die Behauptung dass anatta vergänglich wäre, ist selbst zusammen gedacht und völlig falsch. Durch die Suttas nicht zu belegen und auch sonst mit der Buddhalehre nicht vereinbar.

    freeman:

    Wertes Nashorn, die Aggregate SIND Anatta, nicht wahr? Was aber Anatta ist, das ist vergänglich.


    Nein, die Triade lautet anicca-dukkha-anatta und sie kann nicht rückwärts interpretiert werden. Was vergänglich ist, ist leidhaft und daher Anatta. Die Schlussfolgerung anatta wäre wiederum anicca ist falsch.

    freeman:


    Wertes Nashorn, Du irrst hier gewaltig, denn z.B das Anatta Lakkhaṇa Sutta (und unzählige andere Lehrreden des Buddha) sagt da etwas ganz anderes:


    Zitat


    Anatta Lakkhaṇa Sutta
    [...]


    Und wo steht dort dass anatta vergänglich ist? Dort steht lediglich dass die Aggregate vergänglich und daher anatta sind. Anatta ist ein Daseinsmerkmal dass den Aggregaten innewohnt. Wenn Du sagst anatta wäre vergänglich behauptest Du dass die Aggregate irgendwann atta werden.

    freeman:

    Anatman (Pali = Anatta) ist vergänglich, unbefriedigend, nicht zum Versiegen des Daseins-Durstes geeignet, nicht zum Erwachen, nicht zur Befreiung aus dem Daseinskreislauf der Wiedergeburten geeignet. Und daher hafte ich nicht an Anatman, ich lasse Anatman los, hänge mich nicht daran. Fin.


    Anatta ist ein Daseinsmerkmal das allen Dingen innewohnt. Daher kann es nicht vergänglich sein, denn es beruht beruht bereits auf dem Daseinsmerkmal anicca (Vergänglichkeit). Da alle Dinge anicca sind, sind sie auch dukkha und damit auch anatta. Wenn anatta vergänglich wäre würden die Dinge irgendwann nicht mehr anicca und dukkha sein.

    Zitat

    Das Erleben des puthujjana ist (sankhára-)dukkha von oben bis unten, und die Folge davon ist, das er keine Möglichkeit hat, dukkha für sich selbst zu erkennen; wie weit er auch immmer im reflexiven Bemühen von sich selbst „zurücktreten” mag, er nimmt immer noch dukkha mit sich mit. (Ich habe diese Frage in der Begrifflichkeit von avijjá [„Unwissenheit”] IN EINE NOTIZ ZU PATICCASAMUPPÁDA §§23&25 erörtert, wo ich aufzeige, dass avijjá, was dukkhe aññánam ist [„Nicht-Wissen von dukkha”], eine hierarchische Struktur besitzt und immer nur sich selbst ausbrütet.) Der ganze Punkt bei der Sache ist, dass das Nicht-Wissen von dukkha des puthujjana genau das dukkha ist, von dem er nichts weiß, und dieses dukkha, das zugleich Nicht-Wissen von dukkha ist, ist identisch mit der Sichtweise des puthujjana, wenn er (fälschlicherweise) das, was ein „Selbst”, „Subjekt” oder „Ego” zu sein schein, für bare Münze nimmt (als nicca/sukha/attá, „beständig/angenehm/Selbst”).


    Und wie kommt dann Wissen über dukkha zustande? Wie es bei einem Buddha ist, kann ich nicht sagen (obwohl es von den Suttas her den Anschein hat, als ob es sich um gewaltig intelligentes Lernen durch Versuch-und-Irrtum über einen langen Zeitraum hinweg handelt); aber bei allen anderen kommt es zustande, indem sie (als puthujjanas) die Buddhalehre hören, die ihrer gesamten Denkweise widerspricht. Sie akzeptieren diese Lehre von anicca/dukkha/anattá aus Vertrauen (saddhá); und diese wird, sobald sie akzeptiert ist, zum Kriterium oder zur Norm, auf die sie sich beziehen, wenn sie schließlich für sich selbst sehen, dass alle Dinge dukkha sind – für den puthujjana. Aber indem sie dies sehen, hören sie auf, puthujjanas zu sein. Und in dem Maße, in dem sie aufhören, puthujjanas zu sein, in dem Maß hört auch (sankhára-)dukkha auf, und in dem Maße haben sie auch in all ihrem Erleben ein „eingebautes” Kriterium oder eine Norm, als Referenzpunkt zu weiterem Fortschritt. (Der sekha – kein puthujjana mehr, aber noch nicht arahat – hat eine Art „doppelter Schauung”, ein Teil nicht regenerierend, der andere regenerierend.) Sobald man ein sotápanna wird, ist man im Besitz von aparapaccayá ñánam oder „Wissen, das von keinem anderen abhängig ist”: es heißt auch, dass dieses Wissen „nicht von puthujjanas geteilt wird”, und für den Menschen, der es besitzt, besteht (außer, um seinen Fortschritt zu beschleunigen) keine weitere Notwendigkeit, die Lehre zu hören – in gewissem Sinne ist er (zum Teil) diese Lehre.


    Also, weit davon entfernt, dass es ein Subjekt (unsterbliche Seele) ist, das beurteilt, „alle Dinge sind dukkha” in Bezug auf ein objektives sukha, geschieht es erst mit dem Nachlassen der (Vorstellungen von) Subjektivität, dass ein (objektives) sukha erscheint, in Bezug auf welches die Beurteilung „alle Dinge sind dukkha (für den Weltling)” überhaupt erst möglich wird.


    Nanavira Thera - Notizen zu Dhamma (Brief 99 an H. Brady vom 2. Juli 1965)

    freeman:

    ---

    accinca:


    Ein beharrendes Selbst gibt es nicht aber das es diese Selbst nicht gibt, das gibt es.


    Anatman bedeutet Nicht-Selbst, oder? Und meine Frage bezog sich auf Anatman (Nicht-Selbst), nicht auf Atman (Selbst). Dass es ein beharrendes Selbst nicht gibt, darüber waren wir uns doch schon auf der ersten Seite dieses Threads einig, wenn ich recht erinnere.


    Ob atta oder anatta: Schon die Frage impliziert stillschweigend ein atta. Und aus dieser Position heraus wird sowieso nicht verstanden was anatta bedeutet. Zudem führt die Frage nach atta oder anatta zu nichts. Wenn der Buddha sie einfach beantwortet hätte wäre das Problem (des Leidens) nicht gelöst. Denn die Antwort ist eine Frage der Verwirklichung, und nicht der Annahme eines Glaubens bloß weil der Buddha es gesagt hat. Und der Buddha hat seine Zuhörer auch immer dazu hingeleitet dass sie es selber sehen und sich die Frage nach atta oder anatta nicht mehr stellt. Denn ein solitäres atta oder anatta gibt es nicht - in keinem der Aggregate ist ein atta zu finden, deshalb sind alle Dinge anatta. Und erst der ariya sieht dieses aus eigener Anschauung.


    Wie Nanavira Thera es treffend formulierte:

    Zitat

    Existenzphilosophien bestehen also darauf, Fragen über Selbst und die Welt zu stellen, und gleichzeitig versäumen sie nicht, darauf zu beharren, dass diese nicht zu beantworten sind. Über diesen Punkt der Frustration hinaus können diese Philosophien nicht vordringen. Auch der Buddha besteht darauf, dass Fragen über das Selbst und die Welt nicht zu beantworten sind, indem er sich entweder weigert, sie zu beantworten, oder indem er aufzeigt, dass keine Aussage über das Selbst und die Welt zu rechtfertigen ist. Aber – und hier liegt der entscheidende Unterschied – der Buddha kann über diesen Punkt hinaus vordringen und tut es auch: natürlich nicht, indem er das Unbeantwortbare beantwortet, sondern indem er den Weg zeigt, der zum endgültigen Aufhören aller Fragen über das Selbst und die Welt führt. Um Missverständnissen vorzubeugen: Die Existenzphilosophien sind kein Ersatz für die Buddhalehre – für die es in der Tat keinen Ersatz geben kann. Die Fragen, auf denen sie beharren, sind die Fragen eines puthujjana, eines Weltlings, und obwohl sie sehen, dass sie nicht zu beantworten sind, haben sie keine Alternative als sie weiterhin zu stellen; denn die stillschweigende Annahme, auf der all diese Philosophien beruhen, ist, dass die Fragen gültig sind. Sie sehen sich mit einer Zweideutigkeit konfrontiert, die sie nicht lösen können. Der Buddha dagegen sieht, dass die Fragen nicht gültig sind und wenn man sie stellt, begeht man den Fehler, anzunehmen, dass sie es sind. Jemand, der die Lehre des Buddha verstanden hat, stellt diese Fragen nicht mehr; er ist ein ariya, ein „Edler”, kein puthujjana mehr und er befindet sich außerhalb des Gültigkeitsbereichs der Existenzphilosophien; aber er wäre niemals an dem Punkt angelangt, der Buddhalehre zuzuhören, wäre er nicht erst einmal durch existenzielle Fragen aufgestört worden, Fragen über sich selbst und die Welt. Das soll natürlich keinesfalls unterstellen, dass es notwendig ist, ein Existenzialist zu werden, bevor man den Buddha verstehen kann: Jeder intelligente Mensch stellt sich naturgemäß Fragen über das Wesen und die Bedeutung seiner eigenen Existenz, und vorausgesetzt, er lehnt es ab, sich mit der erstbesten wohlfeilen Antwort zufriedenzugeben, hat er die gleiche gute Ausgangsposition, die Buddhalehre zu begreifen, wenn er sie hört, wie jeder andere. Dennoch bereitet es vielen Leuten Kopfzerbrechen, wenn sie zum ersten Mal auf die Suttas stoßen, was denn deren Relevanz im ausgefeilten Kontext modernen Denkens sei; und für sie mag der Hinweis hilfreich sein, dass die Existenzphilosophien einen Zugang zu den Suttas bahnen (das soll heißen, in ihrer allgemeinen Methodik, nicht in ihren jeweiligen Schlussfolgerungen).


    Aus dem Vorwort zu "Notizen zu Dhamma"