Majjhima Nikaya, Mittlere Sammlung
M. 107. (XI,7) Ganakamoggallāno Sutta (Rechner Moggallāno) - (Pali Version)
DAS HAB' ICH GEHÖRT. Zu einer Zeit weilte der Erhabene bei Sāvatthī, im Osthaine, auf der Terrasse Mutter Migaros.
Da nun begab sich ein Priester, Rechner Moggallano, dorthin wo der Erhabene weilte, tauschte höflichen Gruß und freundliche, denkwürdige Worte mit dem Erhabenen und setzte sich zur Seite nieder. Zur Seite sitzend sprach nun Rechner Moggallano der Priester zum Erhabenen also:
"Gleichwie man da, o Gotamo, bei dieser Terrasse Mutter Migaros
den allmählichen Ansatz,
den allmählichen Fortschritt,
den allmählichen Aufstieg
erkennen kann, und zwar von der untersten Treppenstufe an, kann man gewiß auch, o Gotamo, bei unseren Priestern
den allmählichen Ansatz,
den allmählichen Fortschritt,
den allmählichen Aufstieg
erkennen, und zwar bei der Sammlung; kann man gewiß auch, o Gotamo, bei unseren Bogenschützen den allmählichen Ansatz, den allmählichen Fortschritt, den allmählichen Aufstieg erkennen, und zwar beim Schießen; kann man gewiß auch, o Gotamo, bei uns Rechnern, die wir von der Rechenkunst leben, den allmählichen Ansatz, den allmählichen Fortschritt, den allmählichen Aufstieg erkennen, und zwar beim Zählen. Denn haben wir, o Gotamo, Schüler angenommen, so lassen wir zuerst zählen: 'Eins, die Einheit, zwei, die Zweiheit, drei, die Dreiheit, vier, die Vierheit, fünf, die Fünfheit, sechs, die Sechsheit, sieben, die Siebenheit, acht, die Achtheit, neun, die Neunheit, zehn, die Zehnheit', so lassen wir, o Gotamo, bis hundert zählen. Ist es nun möglich, o Gotamo, auch in dieser Lehre und Ordnung etwa ebenso einen allmählichen Ansatz, einen allmählichen Fortschritt, einen allmählichen Aufstieg nachzuweisen?"
"Es ist möglich, Priester, auch in dieser Lehre und Ordnung einen allmählichen Ansatz, einen allmählichen Fortschritt, einen allmählichen Aufstieg nachzuweisen. Gleichwie etwa, Priester, ein gewandter Rossebändiger, wann er ein schönes edles Roß erhalten hat, eben erst am Gebisse Übungen ausführen läßt und es dann weiteren Übungen zuführt, ebenso nun auch, Priester, weist der Vollendete, wann er einen Menschen zur Bändigung erhalten hat, erst also zurecht:
'Willkommen, du Mönch, sei Sittlichkeithaft, in reiner Zucht richtig gezügelt bleibe lauter im Handel und Wandel: vor geringstem Fehl auf der Hut kämpfe beharrlich weiter, Schritt um Schritt.' Sobald nun, Priester, der Mönch Sittlichkeithaft ist, in reiner Zucht richtig gezügelt lauter im Handel und Wandel bleibt, vor geringstem Fehl auf der Hut beharrlich weiterkämpft, Schritt um Schritt, dann weist ihn der Vollendete weiter zurecht:
'Willkommen, du Mönch, die Tore der Sinne lasse dich hüten:
hast du mit dem Auge eine Form erblickt, so magst du keine Neigung fassen, keine Absicht fassen; da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Auges verweilt, befleißige dich dieser Bewachung, hüte das Auge, wache eifrig über das Auge.
Hast du mit dem Gehöre einen Ton gehört -
hast du mit dem Geruche einen Duft gerochen -
hast du mit dem Geschmacke einen Saft geschmeckt - hast du mit dem Getaste eine Tastung getastet -
hast du mit dem Gedenken ein Ding erkannt,
so magst du keine Neigung fassen, keine Absicht fassen; da Begierde und Mißmut, böse und schlechte Gedanken gar bald den überwältigen, der unbewachten Gedenkens verweilt, befleißige dich dieser Bewachung, hüte das Gedenken, wache eifrig über das Gedenken.' Sobald nun, Priester, der Mönch die Tore der Sinne behütet hält, dann weist ihn der Vollendete weiter zurecht:
'Willkommen, du Mönch, beim Essen wisse Maß zu halten, gründlich besonnen wolle die Nahrung einnehmen, nicht etwa zur Erquickung und Erheiterung, nicht zur Schmuckheit und Zier, sondern nur um diesen Körper zu erhalten, zu fristen, um Schaden zu verhüten, um ein heiliges Leben führen zu können: 'So werd' ich das frühere Gefühl abtöten und ein neues Gefühl nicht aufkommen lassen, und ich werde ein Fortkommen haben, ohne Tadel bestehn, mich wohl befinden. Sobald nun, Priester, der Mönch beim Essen Maß zu halten weiß, dann weist ihn der Vollendete weiter zurecht:
'Willkommen, du Mönch, der Wachsamkeit weihe dich: bei Tage sollst du gehend und sitzend das Gemüt von trübenden Dingen läutern; in den ersten Stunden der Nacht gehend und sitzend das Gemüt von trübenden Dingen läutern in den mittleren Stunden der Nacht magst du auf die rechte Seite wie der Löwe dich hinlegen, einen Fuß über dem anderen, gesammelten Sinnes, der Zeit des Aufstehns gedenkend; sollst in den letzten Stunden der Nacht, wieder aufgestanden, gehend und sitzend das Gemüt von trübenden Dingen läutern.' Sobald nun, Priester, der Mönch sich der Wachsamkeit geweiht hat, dann weist ihn der Vollendete weiter zurecht:
'Willkommen, du Mönch, mit klarem Bewußtsein wolle dich wappnen: klar bewußt beim Kommen und Gehn, klar bewußt beim Hinblicken und Wegblicken, klar bewußt beim Neigen und Erheben, klar bewußt beim Tragen des Gewandes und der Almosenschale des Ordens, klar bewußt beim Essen und Trinken, Kauen und Schmecken, klar bewußt beim Entleeren von Kot und Harn, klar bewußt beim Gehn und Stehn und Sitzen, beim Einschlafen und Erwachen, beim Sprechen und Schweigen.' Sobald nun, Priester, der Mönch sich mit klarem Bewußtsein gewappnet hat, dann weist ihn der Vollendete weiter zurecht:
'Willkommen, du Mönch, suche einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene.' Und er sucht einen abgelegenen Ruheplatz auf, einen Hain, den Fuß eines Baumes, eine Felsengrotte, eine Bergesgruft, einen Friedhof, die Waldesmitte, ein Streulager in der offenen Ebene.
Nach dem Mahle, wenn er vom Almosengange zurückgekehrt ist, setzt er sich mit verschränkten Beinen nieder, den Körper gerade aufgerichtet, und pflegt der Achtsamkeit.
Er hat weltliche Begierde verworfen und verweilt begierdelosen Geistes, von Begierde läutert er sein Herz.
Gehässigkeit hat er verworfen, haßlosen Geistes verweilt er, voll Liebe und Mitleid zu allen lebenden Wesen läutert er sein Herz von Gehässigkeit.
Matte Müde hat er verworfen, von matter Müde ist er frei; das Licht liebend, achtsam, klar bewußt, läutert er sein Herz von matter Müde.
Stolzen Unmut hat er verworfen, er ist frei von Stolz; innig beruhigten Geistes läutert er sein Herz von stolzem Unmut.
Das Schwanken hat er verworfen, der Ungewißheit ist er entronnen; er zweifelt nicht am Guten, vom Schwanken läutert er sein Herz.
Er hat nun diese fünf Hemmungen (nivarana) aufgehoben, hat die Schlacken des Geistes kennengelernt, die lähmenden; gar fern von Begierden, fern von unheilsamen Dingen lebt er in sinnend gedenkender ruhegeborener seliger Verzückung, in der Weihe der ersten Vertiefung.
Nach Vollendung des Sinnens und Gedenkens gewinnt er die innere Stille, die Einheit des Geistes, die von sinnen, von gedenken freie, in der Einigung geborene selige Verzückung,die Weihe der zweiten Vertiefung.
In heiterer Ruhe verweilt er gleichmütig, achtsam, klar bewußt, ein Glück empfindet er im Körper, von dem die Heiligen sagen: 'Der gleichmütig Achtsame lebt beglückt'; so gewinnt er die Weihe der dritten Vertiefung.
Nach Verwerfung der Freuden und Leiden, nach Vernichtung des einstigen Frohsinns und Trübsinns erreicht er die Weihe der leidlosen, freudlosen, gleichmütig einsichtigen vollkommenen Reine, die vierte Vertiefung. -
Die da nun, Priester, kämpfende Mönche sind, mit streitendem Busen die unvergleichliche Sicherheit zu erringen trachten, denen gilt bei mir diese also gegebene Weisung; die aber da als Mönche heilig geworden sind, Wahnversieger, Endiger, die das Werk gewirkt, die Last abgelegt, das Heil sich errungen, die Daseinsfesseln vernichtet, sich durch vollkommene Erkenntnis erlöst haben, denen taugen diese Dinge um seliger Gegenwart zu genießen, bei klarem Bewußtsein."