Ich weiß, du hast das Wort nur auf deinen Post gemünzt benutzt. Aber ich finde es nicht überflüssig, sich vertieftere Gedanken über diese zwei Glaubensarten die im PK unter dem Begriff Nihilismus geführt werden, zu machen.
Es wird in M22 ja eine Verknüpfung unheilsamer (Glaubens-) Ansichten angezeigt: Zuerst der Ewigkeitsglaube. Dann, aufgrund mangelnden Vertrauens und einer stärkeren Anhaftung (die sich auch in Form eines solchen Ewigkeitsglaubens äussert) erscheint nach dem Hören der Lehre des Buddha der Vernichtungsglauben.
Beides kommt zustande, weil man einen eigentlich selben UnterscheidungsFehler macht. Der Fehler äussert sich einmal darin, dass man Welt und Selbst gleichsetzt. Man denkt: Die Welt wird erfahren durch ein Selbst. Man setzt eine Welt voraus, die komplett aus sich heraus (aus den eigenen Elementen und Gesetzmässigkeiten) etwas (ein Ich) hervorbringt, was die Hervorbringungen der Welt dann wiederum erfährt. Drastisch ausgedrückt: man denkt hier: die Welt ist SelbstErfahrung.
Unerkannterweise glaubt man das heutzutage ja mehr oder weniger (nur zusätzlich noch auf der Annahme sitzend, dass man von Materie sprechen könnte ohne zwingend Bewusstsein hinzuzudenken).
Man verwechselt aber (genau wie der Mann in M22) die Vorstellungen und die Sinneseindrücke, die man von der Welt hat, direkt mit einer unerkannt und unhinterfragt angenommenen, allgemeinen, also "ziemlich objektiv" (querschnittsmässig) gedachten Welt. Weil die Annahmen solcher Vorstellungen und Denkerei nicht tief genug hinterfragt, also potentiell unerkannt sind (zuerst die Welt/die Materie, dann ein Selbst), spricht man die Annahme (zumeist) nicht drastischer/konsequenter aus: Die Welt und Ich sind eins, oder: der Kosmos insgesamt ist als Selbsterfahrung, als etwas, was sich selber anschaut, begreifbar.
Trotzdem man sowas ("aufgeklärterweise") nicht ausspricht, glaubt man das, in dieser radikalen Formulierung auf den Kern reduziert. So gesehen ist hier für mich ein "unbewussterer Atman - Glaube", der den Ewigkeitsgedanken des Mannes in M22 nicht mitgehen, kann, weil man Bewusstsein als etwas begreift, das erst durch einen Anfang/ein Davor der Materie möglich wäre.
Man glaubt also an eine Teilvernichtung, wenn man ein Selbst auch in der Materie und damit den Elementarteilchen sieht. Denn die werden ja nach dem Tod nicht vernichtet. Im Gegensatz zu einem, angenommenen einheitlichen Bewusstsein, was nur durch diese Konfiguration der Materie möglich (gewesen) wäre.
Ein solcher TeilVernichtungsglaube entspricht schon dem Vernichtungsglauben in M22, aber er ist gesondert zu betrachten/erscheint anders, weil hier zusätzlich paradigmatisch vorausgesetzt wird, dass Bewusstsein durch Materie verursacht/ermöglicht wird.
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Ein weiteres Mal äussert sich dieser selbe Fehler (in M22) darin, dass alle Erscheinungen (die man vorher einer Welt, aus der man selbst hervorgegangen wäre, ursächlich zugeschrieben hat?), nun einem Selbst ursächlich zuschreibt.
Man setzt nun (so verstehe ich das) einmal Bewusstsein und Vorstellungen und Gefühle und Begehren voraus und daneben ein Selbst, was dieses gleichzeitig hervorbringt & erfährt, aber iwann nicht mehr erfahren wird, weil es (der Träger, die "Oberfläche" der Gefühle usw.) zerstört werden würde.
Heutzutage wird ja in "aufgeklärten Kreisen" so gesprochen, das ein Selbst die Summe aller Erinnerungen und Gefühle und allen Bewusstseins und aller Begehrungen wäre. Diese Sachen (bewusste Vorgänge) begreift man aber als verursacht/hervorgegangen/ermöglicht aus/von einer Welt, von der zumindest Bewusstsein abgetrennt begriffen wird. Man sagt also: Bewusstsein ist verursacht durch eine bestimmte materielle Konfiguration und deren gesetzmässigen Vorgänge. Und wenn die weg sind, gäbe es auch kein Bewusstsein (und Bewusstsein und Selbst gleichsetzend auch kein Ich/Selbst) mehr.
Diese Grundannahme als wirklich postulierend (aus der Materie Bewusstsein, oder: die durch Bewusstsein erst bestimmte Eigenschaft einer Sache, zB "Festigkeit", wäre schon vor der Wahrnehmung da und würde diese erst ermöglichen) ergibt sich diese Mischung aus Ewigkeitsglaube in Bezug auf den Kosmos und Vernichtungsglaube in Bezug auf Bewusstsein, was man mit IchErfahrung oder Ich gleichsetzt.
Der Vernichtungsglaube in M22 ist so gesehen ein anderer als der Vernichtungsglaube heutzutage, und ebenso der EwigkeitsGlaube. Das liegt auch daran, dass man es nicht so sah und dachte: Materie verursacht die Wahrnehmung der Materie.