Aravind
Die Fragen die ich dir gestellt hatte, dienten dazu dir etwas zu verdeutlichen. Es waren keine Fragen mit denen ich dich festlegen wollte.
Aus der Lehrrede/dem Lehrgespräch, was du anführst:
Zitat 3. "Die Körperlichkeit, ihr Mönche, ist Nicht-Ich. Denn wäre, ihr Mönche, diese Körperlichkeit das Ich, nicht würde da diese Körperlichkeit der Krankheit anheimfallen. Erlangen könnte man es dann bei der Körperlichkeit: 'So möge meine Körperlichkeit sein, so möge meine Körperlichkeit nicht sein!'
4. Weil aber, ihr Mönche, die Körperlichkeit Nicht-Ich ist, deshalb fällt die Körperlichkeit der Krankheit anheim, und nicht erlangt man es bei der Körperlichkeit: 'So möge meine Körperlichkeit sein, so möge meine Körperlichkeit nicht sein!'
5. Das Gefühl, ihr Mönche, ist Nicht-Ich. Denn wäre, ihr Mönche, dieses Gefühl das Ich, nicht würde da dieses Gefühl der Krankheit anheimfallen. Erlangen könnte man es dann beim Gefühl: 'So möge mein Gefühl sein, so möge mein Gefühl nicht sein!'
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Samyutta Nikaya 22.51-60
Ich möchte dazu ergänzen:
Zitat 3.-7. "Die Körperlichkeit - das Gefühl - die Wahrnehmung - die Gestaltungen - das Bewußtsein sind leidvoll. Was leidvoll ist, das ist Nicht-Ich. Was Nicht-Ich ist, davon gilt: 'Dies ist nicht mein, das bin ich nicht, das ist nicht mein Selbst!' So hat man dies der Wirklichkeit gemäß mit rechter Weisheit zu verstehen.
Samyutta Nikaya 22.12_30
Das heisst also. Nicht ist ein Täter oder Handelnder oder ein Mensch oder eine Person Nicht-Selbst oder Nicht-Ich. Sondern Wahrnehmung, Bewusstsein, Gefühl, Körper, kurz und komplett: Die Gruppen des Ergreifens.
Nicht mein Selbst, kein Selbst und nicht-Ich - das ist ein Daseinsmerkmal, was selbst (!) nicht erfahren werden kann. Es bezieht sich in der von dir vorgestellten Lehrrede konkret auf etwas. Also hier Körperlichkeit, Wahrnehmung, Bewusstsein, Gefühl, Gestaltungen.
Ein Beispiel: Ein Gefühl und damit verbundenes Begehren kann besser erkannt werden: als ungut zB. Das heisst, da ist eine Ahnung/ein Wissen, dass es nichts Gutes mit sich bringt, dem nachzugehen/das Gefühl zu verfolgen/zu erhalten/zu verstärken usw. Ich finde in so einer Erkennung eines bestimmten (zB negativen/unheilsames) Gefühls und dem Wunsch, es wieder wachzurufen/es zu erfahren steckt auch teilweise das Erkennen, dass es vergänglich ist. In dem Moment in dem man dann dem Erkennen nachgibt ("das ist ungut") distanziert man sich von dem Gefühl.
Aber man nimmt dabei nicht nicht-Ich wahr. Das Gefühl und das Begehren danach wird vielleicht bewusst so klassifiziert: nicht gut, nicht mein, will ich nicht, gar nicht gut. böse . Aber mehr ist das doch nicht? Wenn man so einen Vorgang sachlich beschreiben will.
Das würde dann dem vielleicht entgegenkommen.
Dort steht übrigens auch meine weiter oben freihändig gemachte Behauptung: Anatta begründet sich im wesentlichen auf Anicca der Khandhas (plus: es gibt keine zusätzliche Instanz, keinen Denker/Tu-er, Fühler außerhalb der Khandhas).
Einer zweiseitigen Medaille Vergänglichkeit <> nicht Selbst kann ich folgen, ich habe das auch öfter so vorgestellt. Die vorgebrachte Reihenfolge der Daseinsmerkmale ist in den Lehrreden aber die Folgende:
1. Vergänglichkeit
2. Leidhaftigkeit,
3. Nicht-Selbst
Das finde ich einleuchtender das so zu machen. Man erkennt/antizipiert: "nicht gut" und dann steht man ab.
Ich möchte es nochmal sagen, denn hier in deinem Zitat taucht das auch wieder auf. Es wird in diesen Lehrreden keine Aussage über einen Denker, Tuer usw gemacht (der existieren würde oder nicht existieren würde oder vergänglich oder nicht vergänglich wäre). Vergänglich und Nicht-Selbst sind die Gruppen des Ergreifens, also die Daseinserscheinungen und damit auch die Erscheinungen im Kantschen Sinne (die Dinge der Welt).
Das ist der Punkt um den es mir geht. Und in diesem Gedichtchen da steht, dass es keinen Handelnden gäbe. Und sowas sagt der Buddha nie und ich finde, dass es Unfug so etwas zu sagen. So wie es grundsätzlich Unfug ist, hinter dem Begriff "der Handelnde" eine grosse philosophische Wahrheit (also ein Eigenwesen, eine innere Seele) zu vermuten. Es ist einfach ein Begriff, der der Wahrnehmung entgegenkommt. Ich verstehe ihn schon auch in dem hier vorgestellten Sinn.
Zitat 3. "Die Last will ich euch zeigen, ihr Mönche, den Träger der Last, der Last Aufladen und der Last Abwerfen. So höret und achtet wohl auf! Ich werde sprechen.
4. Was nun, ihr Mönche, ist die Last? 'Die fünf Gruppen des Anhangens', so wäre zu antworten. Welche fünf? Es sind dies die Gruppen des Anhangens: Körperlichkeit, Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen, Bewußtsein. Das, ihr Mönche, wird die 'Last' genannt.
5. Und was, ihr Mönche, ist der Träger der Last? Das 'Individuum', so wäre zu antworten; nämlich dieser oder jener Ehrenwerte solchen Namens, solchen Geschlechtes (*f73). Das, ihr Mönche, wird 'Träger der Last' genannt.
6. Und was, ihr Mönche, ist das Aufladen (*f74) der Last? Es ist dieses Begehren, das Wiedergeburt erzeugende, mit Lust-Gier verbundene, hier und dort sich ergötzende, nämlich das Begehren nach Sinnlichkeit, nach Dasein, nach Nichtsein. Das, ihr Mönche, wird 'Aufladen der Last' genannt.
7. Und was, ihr Mönche, ist das Abwerfen der Last? Es ist eben dieses Begehrens restlose Aufhebung und Vernichtung, die Entsagung, Entäußerung, Erlösung, die Haftensfreiheit. Das, ihr Mönche, wird 'Abwerfen der Last' genannt.'
8. So sprach der Erhabene. Und nachdem der Gesegnete so geredet hatte, sprach der Meister noch dieses:
"Die Fünfer-Gruppe, wahrlich, ist die Last,
und der sie trägt, das ist der Mensch.
Das Leiden in der Welt heißt, 'Tragen dieser Last'
der Last entledigt sein, das ist das Glück.
Ist abgeworfen schwere Last,
nicht nimmt er irgend andere an.
Entwurzelt wenn Begehren ist,
dann ist gestillt er, ganz erlöst."
Samyutta Nikaya 22.12_30
Und damit auch als ein Sammelbegriff für die Gruppen des Ergeifens zum einen, zum anderen aber auch als Begriff für meine Erfahrungen im Umgang mit den Menschen und auch im Umgang mit mir selbst.
Ich denke, es ist (sowieso) eine grössere Sache für jeden, diese Begriffe "der Handelnde", "der Mensch" und allgemein ja die Menschen und deren Handlungen selbst um einen herum einzuordnen (es sind ja immer Gefühle dabei ...) . Eine grosse Weisheit: "Die Handelnden (und damit auch die Verantwortung) gibts gar nicht, die Handelnden, sondern bloss Leiden" - das hilft dabei (meiner Meinung nach) wenig bis das Gegenteil davon.