Zum Kern der Sache

  • VOOM108:

    Na so verrückt war der gar nicht, immerhin ein anerkannter Tulku und Gründer und Abt von Klöstern...


    Aber ich halte - unabhänging davon - im Gegensatz zu Dir sehr viel von sog. "verrückten Meistern".
    Wobei ich in der Neuzeit wenige bis gar keine in die Kategorie packen würde, zumindest nicht im Buddhismus.


    Aber einem Milarepa oder Tilopa - oder gar Kukuripa - möchte man doch nun wirklich gerne mal live begegnen.
    Vermutlich eine sehr unbequeme Begegnung, aber dafür fliegen einem dann auch die falschen Konzepte um die Ohren :grinsen:


    Na, Gier nach „verrückten anerkannten 'Meister'“? ;)
    Ich hatte, oder besser gesagt, ich DACHTE so einen begegnet zu haben...
    Der hat sich als Betrüger entpuppt, trotz Anerkennung von dem Dalai Lama.


    Scheinbar nutzen Anerkennung und geschicktes Reden nicht wirklich um ein „wahrhaftiger Meister“ von Unwahrhaftiger zu unterscheiden...


    Heute glaube ich, dass der leisere Weg, der SCHEINBAR langsamer ist, doch schneller zum Ziel führt.


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • indolariawest:

    Natürlich muss für diesen verrückten Yogi Trungpa rigpa offenbar sein, wenn er denn meint, jede Erfahrung sei eine absolute Erfahrung, bzw. davon nicht aufdröselbares nicht-konzeptuelles Wissen. Ob nun dumb oder psychedelisch, ob nun Alkohol, LSD oder Bardovisionen, all das ist zumindest für Trungpa integriert. Glaubt er. Hier kommt die Notwendigkeit von Thögal ins Spiel, bevor man glaubt, sich jetzt zudröhnen zu müssen. Sozusagen von der vorherigen Trockenübung hinein ins kalte Wasser. Diesen letzten Abschnitt jedoch, will ich in keinem Forum diskutieren.


    Woooh! Datt gibt ganz mieses Karma :p

  • Für mich spielen diese Anerkennungen von Tulkus usw. auch keine grosse Rolle; nur dass Trungpa tatsächlich eher in die Kategorie "etabliert" gehört und man seine Aktivität im Rahmen seiner Zeit sehen muss...


    Ich selbst beziehe mich immer darauf, was mich zu einem bestimmten Zeitpunkt inspiriert, und in dem Moment war es eben genau das Richtige. Was für mich aber auch exemplarisch zeigt, dass seine Art zu lehren eben auch ihre Zielgruppe und ihren Sinn hat.


    Kern aller spirituellen Entwicklung ist bei mir selbst aber das, was ich "Selbstermächtigung" nennen würde. Einem verrückten Yogi würde ich gerne auf Augenhöhe begegnen, denn in gewisser Weise bin ich selbst einer ;)


    In dem von Tobias hier gerade vorgeschlagenen Buch - Being right here - steht ganz im Anfangsbereich als ultimative Zuflucht "Ich nehme Zuflucht in meinen eigenen Geist"


    Ich weiss nicht, wo ich das früher mal gelesen oder gehört habe, aber das ist nach einer tiefen Erfahrung sowas wie mein Leitsatz geworden. Da war es nämlich so, dass ich zu sterben glaubte und alles um mich herum sich in Nichts auflöste. Meine Rufe nach äußeren Buddhas und sonstigen Helfern blieben unbeantwortet. Und dann ist mir diese ultimative Zuflucht eingefallen. Also habe ich mir gesagt: ich bleib jetzt einfach ganz entspannt und beobachte, was passiert. Und was passierte war dies: ich blieb bewusst, auch wenn da keine Objekte mehr waren, die in meinem Bewusstsein auftauchten. Da war nichts mehr, aber "ich" war noch da. Und das stimmt so eigentlich auch nicht, besser: es gab Bewusstsein, pures, reines Bewusstsein ohne etwas, dessen sich dieses Bewusstsein bewusst war. Als ich aus der Erfahrung wieder auftauchte, hatten sich ein Haufen Ängste aufgelöst und ein tiefes Urvertrauen war an deren Stelle getreten. Und dieses Urvertrauen bezieht sich auch darauf, dass ich mir selbst als Zuflucht vertrauen kann und keine äußere Zuflucht brauche. Seitdem bin ich nicht mehr "Buddhist" oder sonst irgenein -ist, oder -pa oder wie auch immer, sondern "freier Mystiker", der viele Lehrer anerkennt, aber sich von keinem abhängig macht. 8)


    Wer wäre ich, den Lehrer eines anderen zu beurteilen? Ich entscheide, was ich für mich annehme und für richtig halte, aber da ist auch schon Schluss... Kann ich denn wirklich wissen, was in der Lehrer-Schüler-Verbindung eines anderen abgeht, welchen Sinn die Dinge haben, die da geschehen? Ich mische mich da nicht ein. Ich würde sicher auch meine Meinung sagen, aber eben als persönliche Meinung, niemals als absolute Wahrheit. Die muss letztlich doch jeder für sich selbst heraus finden... Was für einen ein großer Umweg wäre, mag für den anderen die Schnellstrasse zur Erleuchtung sein...

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Das besagte Buch von Trungpa gibt es leider nur noch antiquarisch, zumindest auf Deutsch. http://www.amazon.de/Insel-Jet…-Buddhismus/dp/359613823X


    Sehr gut ist auch "Spirituellen Materialismus durchschneiden" Von ihm stammt ausserdem eine sehr bekannt Neuübersetzung des Tibetischen Totenbuchs...

  • OT ?


    VOOM108:

    Das besagte Buch von Trungpa gibt es leider nur noch antiquarisch, zumindest auf Deutsch. http://www.amazon.de/Insel-Jet…-Buddhismus/dp/359613823X


    Sehr gut ist auch "Spirituellen Materialismus durchschneiden" Von ihm stammt ausserdem eine sehr bekannt Neuübersetzung des Tibetischen Totenbuchs...


    den zwei bücher kann ich noch "Der Mythos der Freiheit und der Weg der Meditation" hinzufügen.
    was ich bei Trungpa so schätze ist das er (zu mindest mir) alle illusionen "abschneidet", seine ehrlichkeit und klarheit kann ziemlich schmerzhaft sein, wenn man (in seinen büchern)
    eine "stütze" sucht.
    in "Mudra" stellt er unter anderem die "10 Bilder von Ochs und Hirte" dar.
    er ist einer meiner "lieblings" autoren :)
    _()_
    .

  • Dem unsichtbaren Leser, der zum Kern der Sache vorgedrungen ist, rate ich von dieser gefährlichen Mär abzusehen, welche hier in letzter Zeit vertreten wurde, um Menschen ins Unheil zu ziehen.


    Gampopa:

    Bodhisattvas, die nur Weisheit praktizieren, ohne Methoden anzuwenden, werden in das einseitige Nirwana fallen, in den Frieden, an den die Hörer glauben – und sie werden darin wie gefesselt sein. Das nirgends verweilende Nirwana werden sie nicht erlangen.


    (thx @Dorje Sema für Quelle)

  • indolariawest:

    Dem unsichtbaren Leser, der zum Kern der Sache vorgedrungen ist, rate ich von dieser gefährlichen Mär abzusehen, welche hier in letzter Zeit vertreten wurde, um Menschen ins Unheil zu ziehen.


    Gampopa:

    Bodhisattvas, die nur Weisheit praktizieren, ohne Methoden anzuwenden, werden in das einseitige Nirwana fallen, in den Frieden, an den die Hörer glauben – und sie werden darin wie gefesselt sein. Das nirgends verweilende Nirwana werden sie nicht erlangen.


    (thx @Dorje Sema für Quelle)


    Der unsichtbarer Leser ist ein wenig irritiert - gefährliches Mär?
    Weisheit ohne Methode? Gefährlich? Ungefährlich?
    Bedarf die Weisheit eine Methode?
    Bedarf der der an der Ufer angekommen ist, die Fähre?
    Hmmm....

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • Trungpa ist ein ausgezeichnetes Beispiel für jemanden, der zwar Einsichten hat und sie auch gut beschreiben kann, der aber seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet. Wenn die Erfahrung nicht zur Verwirklichung der sila führt, ist sie nicht die Erfahrung des buddhistischen Pfades. Sie ist irgendeine der täglichen Erfahrungen, die jeder macht. Das hat aber letztlich mit dem System "Tibetischer Buddhismus" zu tun.

  • Aiko:

    Trungpa ist ein ausgezeichnetes Beispiel für jemanden, der zwar Einsichten hat und sie auch gut beschreiben kann, der aber seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet. Wenn die Erfahrung nicht zur Verwirklichung der sila führt, ist sie nicht die Erfahrung des buddhistischen Pfades. Sie ist irgendeine der täglichen Erfahrungen, die jeder macht. Das hat aber letztlich mit dem System "Tibetischer Buddhismus" zu tun.


    Jemand der Einsicht hat, soll seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspalten?
    Wozu soll das gut sein?
    Oder ist es sogar Ausdruck für Mangel an Einsicht?


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • Joram:
    Aiko:

    Trungpa ist ein ausgezeichnetes Beispiel für jemanden, der zwar Einsichten hat und sie auch gut beschreiben kann, der aber seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet. Wenn die Erfahrung nicht zur Verwirklichung der sila führt, ist sie nicht die Erfahrung des buddhistischen Pfades. Sie ist irgendeine der täglichen Erfahrungen, die jeder macht. Das hat aber letztlich mit dem System "Tibetischer Buddhismus" zu tun.


    Jemand der Einsicht hat, soll seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspalten?
    Wozu soll das gut sein?
    Oder ist es sogar Ausdruck für Mangel an Einsicht?


    _()_


    Er hatte Einsichten, aber keine "rechte Einsicht" i.S. von Einsicht in den Pfad.

  • Aiko:
    Joram:


    Jemand der Einsicht hat, soll seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspalten?
    Wozu soll das gut sein?
    Oder ist es sogar Ausdruck für Mangel an Einsicht?


    _()_


    Er hatte Einsichten, aber keine "rechte Einsicht" i.S. von Einsicht in den Pfad.


    Aha, dann hat jeder Einsichten, aber keine "rechte Einsicht" – ziemlich banal, oder? ;)


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • Joram:
    Zitat

    Er hatte Einsichten, aber keine "rechte Einsicht" i.S. von Einsicht in den Pfad.


    Aha, dann hat jeder Einsichten, aber keine "rechte Einsicht" – ziemlich banal, oder? ;)


    Das ist nicht banal. Rechte Einsicht ist die Einsicht, WIE Leiden verlöscht und die ist nur dann gegeben, wenn Gier, Hass und Verblendung sich auflösen bzw. aufgelöst haben. Diese Rechte Einsicht taucht zusammen mit dem Verlöschen auf. Bei einem Alkoholiker ist das nicht der Fall. Er weiß zwar, dass er Alkoholiker ist, aber er ist der Sucht ausgeliefert. Genauso ist das auch mit anderen Süchten.

  • Aiko:
    Joram:


    Aha, dann hat jeder Einsichten, aber keine "rechte Einsicht" – ziemlich banal, oder? ;)


    Das ist nicht banal. Rechte Einsicht ist die Einsicht, WIE Leiden verlöscht und die ist nur dann gegeben, wenn Gier, Hass und Verblendung sich auflösen bzw. aufgelöst haben. Diese Rechte Einsicht taucht zusammen mit dem Verlöschen auf. Bei einem Alkoholiker ist das nicht der Fall. Er weiß zwar, dass er Alkoholiker ist, aber er ist der Sucht ausgeliefert. Genauso ist das auch mit anderen Süchten.


    Schlussfolgernd hat Trungpa KEINE WIRKLICHE Einsicht, sondern nur Einsichten einer Alkoholiker?
    Oder hat Trungpa Gier, Hass und Verblendung aufgelöst?
    Denn wenn „aufgelöst“, wieso soll dann Trungpa seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet haben?


    _()_

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  • @Aiko:


    Zitat

    Diese Rechte Einsicht taucht zusammen mit dem Verlöschen auf. Bei einem Alkoholiker ist das nicht der Fall. Er weiß zwar, dass er Alkoholiker ist, aber er ist der Sucht ausgeliefert.


    Sorry, aber das ist nicht richtig: Nein, er weiß es bewußt ja nicht, solange er es nicht wissen will! Er weigert sich die Wahrheit zu sehen. Aber: Ab dem Zeitpunkt wo er vor dem Spiegel steht und vor sich selbst und später vor anderen eingesteht:


    "Jawohl, ich bin Alkoholiker" ...ist Alles Anders und das ist die halbe Miete!


    Sarvamangalam
    Sarvamitra, der hier weiß von was er spricht!

    "Warum muß eine Sache oder ein Gedanke, um richtig zu sein, unbedingt sein?"
    Mircea Eliade

  • Joram:


    Schlussfolgernd hat Trungpa KEINE WIRKLICHE Einsicht, sondern nur Einsichten einer Alkoholiker?


    Einsichten wie eben Ansichten sind. Ob als Alkoholiker oder sonstwie Süchtiger.

    Zitat


    Oder hat Trungpa Gier, Hass und Verblendung aufgelöst?


    Nein - natürlich nicht.

    Zitat


    Denn wenn „aufgelöst“, wieso soll dann Trungpa seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet haben?


    Von welcher Erfahrung redet er denn? Von welcher Wirklichkeit ist bei ihm die Rede?


    Hier kommt seine Co-abhängige Frau mal zu Wort -
    http://www.shambhalasun.com/in…ask=view&id=2998&Itemid=0


  • Du sprichst von "halbe Miete" und somit gibst Du Aiko recht, dass das Erkennen alleine noch nicht die Auflösung/Verlöschung ist.


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)


  • Richtig.
    Das ist die erste edle Wahrheit - es gibt Leiden. Ich bin Alkoholiker ist nur ein andere Ausdruck dafür. Und dann fängt es aber erst an - der Weg zum Verlöschen des Leidens.

  • Aiko:
    Joram:

    Denn wenn „aufgelöst“, wieso soll dann Trungpa seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet haben?


    Von welcher Erfahrung redet er denn? Von welcher Wirklichkeit ist bei ihm die Rede?

    Keine Ahnung welche Erfahrungen. Es stammt von Dir:

    Aiko:

    Trungpa ist ein ausgezeichnetes Beispiel für jemanden, der zwar Einsichten hat und sie auch gut beschreiben kann, der aber seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet. Wenn die Erfahrung nicht zur Verwirklichung der sila führt, ist sie nicht die Erfahrung des buddhistischen Pfades. Sie ist irgendeine der täglichen Erfahrungen, die jeder macht. Das hat aber letztlich mit dem System "Tibetischer Buddhismus" zu tun.


    Mir geht es darum den Unterschied zu begreifen, zwischen „wirkliche“ Einsichten und „falsche“ Einsichten anhand das Beispiel Trugpa, der, laut deiner Aussage „seine Erfahrung von seiner Wirklichkeit abspaltet.“, was bedeutet, dass seine Einsichten zu relativieren wären, was wiederum bedeutet, dass er kein großer Meister war, aber trotzdem es in der tibetische Tradition geschafft hat erwähnt zu werden...


    _()_

    Meinst Du immer noch nicht frei zu sein? – da irrst Du dich :)

  • Er hat es ja nicht nur geschafft, "in der tibetischen Tradition erwähnt zu werden", sondern galt sogar als einer der ersten Grossen Tibetischen Lehrer im Westen mit unzähligen Schülern, die von ihm profitiert haben.


    Muss man vielleicht trennen zwischen einem, der selbst noch auf dem Weg ist, und einem, der zeitweise aus Mitgefühl wieder in bedingte Erfahrungen eintaucht, um bestimmte Menschen besser zu erreichen?


    Meine Erfahrung mit seinen Belehrungen sagt nur aus, dass ich zu einer bestimmten Zeit in einer bestimmten Weise von ihm profitiert habe. Das kann aber auch mit Hilfe eines sehr bedingten Lehrers geschehen und sogar ein Dämon kann ein Helfer sein, wenn ich in der Lage bin, richtig mit ihm umzugehen.


    Interessanter wäre also, herauszufinden, was seine Schüler von ihm übernommen haben. Sind sie gewachsen und haben vielleicht sogar selbst Süchte aufgegeben, die sie vorher hatten, oder hat er einen Haufen Alkoholiker hinterlassen, übertrieben ausgedrückt. Das liesse darauf schliessen, ob das, was er bewirkt hat, sein Bewusstseinszustand, seine menschliche Schwäche überstrahlt hat, oder ob er ein schwacher Geist war, der einer Abhängigkeit aus "minderen Gründen" unterlegen war.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

  • Vielleicht sollte man den Trungpa-Teil in einen eigenen Thread abtrennen? Wie auch immer, das oben verlinkte Interview wurde kommentiert mit "Von seiner co-abhängigen Frau" - das klingt sehr abwertend und wird dem Interview in keiner Weise gerecht! Hier mal nur der Abschnitt, der konkret auf das Thema anspricht:



    Steve Silberman: Als ich 1977 ins Naropa-Institut kam, wurde viel darüber geredet, dass Rinpoche trank, und Schüler hatten verschiedene Erklärungen dafür. 1972 hatte Rinpoche geschrieben: "Ob Alkohol ein Gift oder eine Medizin ist, hängt vom Bewusstseinszustand ab, während man trinkt. Bewusstes Trinken, sich seines Bewusstseinszustandes gewahr bleibend, hebt den Effekt des Alkohols auf" und ich erinnere mich das Leute das viel zitiert haben. Ich habe zwei Fragen: warum glauben Sie, hat Rinpoche so viel getrunken und haben Sie den Eindruck, dass es jemals ein Gift für ihn wurde?


    Diana Mukpo: Nun das ist eine komplizierte Frage. Ich sollte wohl damit beginnen zu sagen, dass nicht jeder damit einverstanden sein wird, was ich dazu zu sagen habe, und das ist OK, weil Rinpoche von Natur aus Kontroversen auslöste.


    Ich glaube dass Rinpoche vermutlich getrunken hat, weil er fühlte dass es seine Fähigkeit, im Westen zu lehren unterstützt hat. Ich glaube dass er trank, weil er fühlte dass er so mehr Energie aufbringen konnte für das Lehren. Wenn Sie sich anschauen, was für eine Aufgabe es war die buddhistischen Lehren hierher zu bringen und was er in welch kurzer Zeit erreicht hat, dann denke ich dass Alkohol das ihm leichter gemacht hat.


    Andere Tibetische Lehrer bezeichnen Rinpoche als Mahasiddha, dass er keine normale Person gewesen sei, und er wäre der erste gewesen der sagte, dass die Leute nicht sein Verhalten imitieren sollten. So wie ich Rinpoche kannte, war er kein gewöhnlicher Alkoholiker. Man hatte niemals den Eindruck, dass sich verloren hat, wenn er betrunken war. Ich habe ihn niemals so erlebt. Auf der anderen Seite denke ich tatsächlich dass es zu einem Gift wurde, weil es einer der Faktoren war, die zu seinem körperlichen Verfall und Tod geführt haben. Ich denke also dass es sowohl Medizin als auch Gift für ihn war.


    Steve Silberman: Haben Sie ihn jemals gebeten aufzuhören zu trinken?


    Diana Mukpo: Ja, sehr oft. Manchmal tat er das auch für eine kurze Zeit, aber niemals auf Dauer.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)

    3 Mal editiert, zuletzt von VOOM108 ()

  • Das es Kontroversen um die meisten tibetischen Meister gibt, liegt vielleicht in der Natur der Art, wie sie lehren. Für mich kommt hier noch ein zweiter Aspekt dazu: Selbst wenn er in der Lage gewesen sein sollte, die körperlichen Effekte ebenso wie die geistigen Auswirkungen ausser Kraft zu setzen, würde es aus meiner Sicht einen Mangel an Mitgefühl zeigen, dies zu tun. Denn dann würden wirklich viele versuchen es ihm nachzutun. So mag man die Yogi-Übung aufgreifen, unter Alkohol nicht geistig zu entgleisen (was ich übrigens auch niemals tue) - aber jeder ist gewarnt, es zu übertreiben, weil es auf Kosten des Körpers geht. Und die ständige Diskussion über Alkohol und Drogen in einer sehr drogenaffinen Zeit, gerade in den 70er, die am Laufen zu halten und mit einem hohen Lama in Verbindung mit der Lehre zu diskutieren, stets kontrovers, das zeigt für mich ein grosses Bewustwerdungspotential, das niemand derart hätte anstossen können, der "von oben herab" dazu kluge Belehrungen gibt. Es scheint mir eine Eigenschaft vor allem der Kagyu/Mahamudra-Lehrer zusein, in höchster und bis zu letzter Konsequenz unter Einsatz des eigenen Beispiels und Lebens zu lehren, das immer sehr wirksam ist, und immer zu massiven Kontroversen führt.

    Alles ist, was es von Anfang an war: dem Wesen nach pur - und damit Buddhaschaft.
    Wer dies erkennt, ist aufgewacht. Wer seine sechs Sinne im Naturzustand belässt sieht sie überall:
    die Allgegenwärtige Vollkommenheit. (Longchenpa)


  • Es geht um die Einsicht (Ansicht) der Wirklichkeit - das ist wirkliche Einsicht und im Gegensatz dazu gibt es falsche Einsicht. Wirklichkeit meint hier das Bedingte Entstehung und zusammen mit dem Abfallen der Triebe taucht diese Einsicht auf - wenn dieses, dann jenes
    http://www.palikanon.com/majjhima/m009n.htm


    Selbstverständlich war er kein "großer Meister" - er war zum Tulku ernannt worden - mit 18 Jahren - in ein System hinein, das er zeitlebens nicht verlassen hat und von dem er ja abhängig war. Man schafft er nicht in die tibetische Tradition aufgrund von Einsicht oder Erleuchtung - sondern weil man FÜR die Tradition einen Nutzen verspricht. So ist das mit nahezu jeder Tradition.

  • VOOM108:

    Das es Kontroversen um die meisten tibetischen Meister gibt, liegt vielleicht in der Natur der Art, wie sie lehren. Für mich kommt hier noch ein zweiter Aspekt dazu: Selbst wenn er in der Lage gewesen sein sollte, die körperlichen Effekte ebenso wie die geistigen Auswirkungen ausser Kraft zu setzen, würde es aus meiner Sicht einen Mangel an Mitgefühl zeigen, dies zu tun. Denn dann würden wirklich viele versuchen es ihm nachzutun. So mag man die Yogi-Übung aufgreifen, unter Alkohol nicht geistig zu entgleisen (was ich übrigens auch niemals tue) - aber jeder ist gewarnt, es zu übertreiben, weil es auf Kosten des Körpers geht. Und die ständige Diskussion über Alkohol und Drogen in einer sehr drogenaffinen Zeit, gerade in den 70er, die am Laufen zu halten und mit einem hohen Lama in Verbindung mit der Lehre zu diskutieren, stets kontrovers, das zeigt für mich ein grosses Bewustwerdungspotential, das niemand derart hätte anstossen können, der "von oben herab" dazu kluge Belehrungen gibt. Es scheint mir eine Eigenschaft vor allem der Kagyu/Mahamudra-Lehrer zusein, in höchster und bis zu letzter Konsequenz unter Einsatz des eigenen Beispiels und Lebens zu lehren, das immer sehr wirksam ist, und immer zu massiven Kontroversen führt.


    Ja - so kann man das sehen.