Mitfreude und Neid

  • Sherab Yönten:

    Gestern habe ich mich ertappt. Mein Geist war eine kurze Zeit voller Neid und Gier. Und dann auch noch aufgrund einer Banalität: Weil eine Kollegin für andere Kuchen ausgegeben hatte. Nur nicht für mich. Anstatt mich für die Kollegen zu freuen, die diesen Kuchen genießen durften, formte mein Geist den Wunsch, auch einen haben zu wollen und fragte sich warum die Kollegin mich bei ihrer Kuchen Verteilung nicht berücksichtigt hatte. Das Ego lässt grüßen. Eigentlich kann wahre Mitfreude so schön und so einfach sein, aber wenn der Neid ganz plötzlich den Geist verdunkelt ist es alles andere als einfach. Jedenfalls ist es mir schwer gefallen der Kollegin, die den Kuchen aß, ehrlich einen guten Appetit zu wünschen. Ich zog es vor, zu schweigen und zu beobachten wie der Neid sich langsam aber sicher verzog.


    Wie kann ich Mitfreude oder Neid empfinden wenn ich nicht beachtet werde?
    War es wirklich Neid? War es nicht nur ein Abschieben, eine Interpretation deines Gefühls, damit es Neid sein kann?
    Hat dich diese Interpretation deines Gefühles nicht davor geschützt die Verletzung die Du durch nicht Einbeziehung in die Freude der Anderen verursacht wurde?
    Ist es nicht so das Du für Dich behauptest das der Ausschluss an der geteilten Freude derer mit denen Du GLAUBST zusammen eine Gemeinschaft zu bilden genau diesen Glauben erkennbar machte und das das verhindert wurde durch deine Konstruktion: Das ist mein Neid.


    Du warst nicht neidisch! Dir wurde vorgeführt das Du jetzt nicht zu der Gemeinschaft gehörst und das wurde blitzschnell zu Neid umgeformt, denn das erkennen dieser Nicht-Gemeinschaft hätte eine Entscheidung gefordert. Du hast Dich gerettet, vor der Entscheidung, indem Du Dir vorgeworfen hast neidisch und unfähig der Mitfreude zu sein. So konntest Du verhindern das Dir die vielen anderen Ausschüsse aus dieser Gemeinschaft eingefallen sind. Es hätte echte Wut erzeugt und das hätte Dich wirklich geschädigt und die Gemeinschaft hätte sich dazu bekennen müssen das sie dich ausschließt, wie Du hättest bekennen müssen das Du irgendwie nicht zu dieser Gemeinschaft gehörst.


    Ich bin nicht des Neides oder der nicht Mitfreude schuldig wenn ich von der Teilnahme an Freude bewusst ausgeschlossen wurde. Ich mache mich ein zweites mal zu Opfer indem ich mir vorwerfe in dieser Situation neidisch und missgünstig zu sein. Ich habe gelernt und geübt das ich vielen Gemeinschaften angehöre ohne das ich von denen als Angehöriger anerkannt werde. So so ist das so, ist eine gute Antwort auf meine Gefühle die mein Versand umorganisieren will damit ich schuld bin. Ich werfe mich nicht nieder ich bin der der ich bin, auch wenn ich so erscheine als ob ich der oder der bin.


    Nachtrag: Lügen aus Mitgefühl spreche ich hier an. Mich zu belügen um mir das Leid des Erkennen der Dinge wie sie sind zu ersparen. Weiterhin zu glauben das ich mich nur ändern muss und alles wird gut. Das stimmt schon doch dann muss ich mir, wenigstens mir gegenüber, auch das Recht herausnehmen Mitgefühl mit mir zu haben und zu erkennen das ich eben auch Glauben kann nicht so zu sein wie ich es mir einrede.

  • Dein Beitrag, lieber Helmut, ist aufrüttelnd und mag auch zutreffen auf Sherab Yönten, oder eben auch nicht. Es kann auch einfach nur Gedankenlosigkeit der "anderen" sein.
    Es ist aber Deine Erfahrung. Und diese Perspektive zu sehen, ist auch gut.
    Ich finde es aber nicht ganz ungefährlich, so heftig mit dem spitzen Finger in der Wunde zu wühlen. Wo ist der Therapeut, der den Betroffenen ggf. auffängt?
    Ich jedenfalls erlebe Menschen, die gerade an diesem Punkt ihrer Therapiearbeit angekommen sind, als äußerst gefährlich. Alles wird zum absoluten Gegenstand der Auseinandersetzung heraufbeschworen. Im Endeffekt stellt sich dann manchmal heraus, dass überreagiert, dabei aber viel Schmerz und Leid verursacht wurde, der bei bewusstem bedachten Handeln hätte vermieden werden können. Vor allem ist dies eine überaus egoistische Denkweise "ICH ICH ICH" und darum ging es Sherab Yönten eben gerade nicht, sondern um den buddhistischen Blickwinkel.
    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Losang Lamo:
    Sherab Yönten:

    ... Da war also wirklich kein Gefühl der "Ausgrenzung" oder Betroffenheit sondern da war wirklich "nur" blanker Neid, es ging ausschließlich um diesen dämlichen Pflaumenkuchen....


    Männer sind manchmal so unfassbar einfach gestrickt! :lol: Fast beneidenswert!


    Ellviral:

    War es wirklich Neid? War es nicht nur ein Abschieben, eine Interpretation deines Gefühls, damit es Neid sein kann?


    Ja Ellviral, es war "nur" Neid. Schlimm genug ! Weiter oben habe ich geschrieben, dass ich gar nicht mit den beiden befreundet sein möchte.

  • Sherab Yönten:
    Losang Lamo:

    Männer sind manchmal so unfassbar einfach gestrickt! :lol: Fast beneidenswert!


    Ja Ellviral, es war "nur" Neid. Schlimm genug ! Weiter oben habe ich geschrieben, dass ich gar nicht mit den beiden befreundet sein möchte.


    ()

  • Am Sonntag war ich zu Gast bei Freunden. Die hatten Pflaumenkuchen gebacken. Da musste ich spontan an die von mir hier beschriebene Situation denken und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Geduld wäre angebrachter gewesen als Neid. :lol:

  • Sherab Yönten:

    Am Sonntag war ich zu Gast bei Freunden. Die hatten Pflaumenkuchen gebacken. Da musste ich spontan an die von mir hier beschriebene Situation denken und konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. Geduld wäre angebrachter gewesen als Neid. :lol:


    Hätte, hätte... Ich weiß nicht. Ich halte es für ein Unding in unserer Gesellschaft, dass wir immer Gefühle voneinander einfordern. Schon von Kindesbeinen an wurde uns erzählt, wie wir uns zu fühlen hätten: "Sei dankbar. Freu dich. Schäm dich." Aber Gefühle entstehen nicht auf Knopfdruck. Dies zu fordern, schneidet eher die Empfindungsfähigkeit ab. Wenn wir erwachsen sind, machen wir dann damit bei uns selbst weiter und bei anderen.


    Geduld hätte sich schöner angefühlt als "Neid" - aber man muss halt mit dem arbeiten, was da ist.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Losang Lamo:

    ätte, hätte... Ich weiß nicht. Ich halte es für ein Unding in unserer Gesellschaft, dass wir immer Gefühle voneinander einfordern


    Ich habe sie ja von mir "eingefordert", nicht von anderen.

  • Sherab Yönten:
    Losang Lamo:

    ätte, hätte... Ich weiß nicht. Ich halte es für ein Unding in unserer Gesellschaft, dass wir immer Gefühle voneinander einfordern


    Ich habe sie ja von mir "eingefordert", nicht von anderen.


    Ich weiß. Du von Dir fasste ich hier auch unter "voneinander" zusammen. Denn Du bist ja nicht weniger oder mehr als die anderen.
    Was ich sagen wollte: mit diesem "hätte, hätte" schneidet man sich von dem ab, was ist - wer auch immer. Da bist Du weiß Gott nicht alleine mit, bzw wer tut es nicht?
    Niemand tut sich mit Forderungen an sich selbst, wie er sich zu fühlen hätte, einen Gefallen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • hallo,
    ich habe nicht alle antworten gelesen, aber ich weiß aus erfahrung, dass es sehr schwer ist neid zu erkennen und dann auch noch die füße still zu halten.
    also freue dich darüber das du dies geschafft hast. solange du nicht erleuchtet bist bleibst du auch nicht vor neid verschont.
    freue dich, dass du ihm nicht auf dem leim gegangen bist :) mehr hättest du nicht tun können.
    lg aelfreda

  • Doris hat geschrieben:

    Zitat

    Meine Erfahrung ist wie bei Tara. Essenteilen verbindet und baut Schranken ab. Nicht das Essen im Lokal, nicht das förmliche Essen (da gibt es tausend Regeln, die Hierarchien zementieren, selbst die Einladung ist eine Zementierung von Hierarchie), aber das einfache, spontane Teilen. Nicht zum Essen eingeladen zu werden, andere beim Essen zuschauen zu lassen, wie es bei Sherab geschehen ist, grenzt aus. Essen ist auch Machtausübung.


    ich komme gerade von einem etwas längerem Abendessen zurück.
    Ein Teil der Leute war mir vertraut oder zumindest gut bekannt, andere hatte ich noch nie gesehen.
    Wie dem auch sei, wir teilten alles und boten unsere Speisen zum Kosten den anderen an. Einige Speisen waren nicht so reizvoll, doch wenn derjenige, der sie bestellt hatte begeistert war, dann forderte er nachdrücklich die anderen auf, davon zu kosten :"Boh, ist das gut! Das müsst Ihr probieren!" Und wenn es den anderen auch schmeckte, wurden sie aufgefordert, sich reichlich von Teller zu bedienen.


    Ich betrachtete das bunte Treiben an unserem lauten Tisch mit Freude. Im Laufe des Abends und mit zunehmendem Wein, wurden die Gespräche angeregter.
    Auf einmal fiel der Satz"...und da hab ich ihm gesagt: Wer bist Du denn? Haben wir denn jemals vom selben Teller gegessen?"
    das war mir neu, und ich fragte nach.
    Francesco erkklärte es mir: In seiner Gegend im Süden Italien bringt man diesen Spruch an, um eine deutliche Distanz zu einer Person zu schaffen.
    Andere sagten mir, dass man es in anderen Gegenden manchmal so audrückt: Leute, mit denen man nicht zusammen essen geht.
    Das sind Leute, mit denen man keine offene Feinsdschaft hat, aber nie die Vertrautheit eines gemeinsamen Essens eingeht.


    Ok, Ok, es hat nix mit Neid zu tun. Aber mit Futterteilen und Mitfreude, wie es den anderen schmeckt. ;)

    Der Horizont existiert nur im Auge des Betrachters, nicht in der Wirklichkeit

  • aelfreda:

    also freue dich darüber das du dies geschafft hast. solange du nicht erleuchtet bist bleibst du auch nicht vor neid verschont.


    Auch eine Möglichkeit, damit umzugehen. Danke ! :)