Wie geht ihr um mit Identifikationen

  • Hallo ,


    ich beschäftige mich sehr mit dem Thema Identität. Ich denke jeder Mensch hat verschiedene identifikationen mit bewertungen z.b identifiziert man sich als gute oder schlechte Mutter als Bäcker als Mann als Frau als Krank. Ja es gibt vielzahl von identifikationen . Aus buddhistischer sicht wäre es wohl sinnvoll die identifikationen aufzugeben auf der anderen Seite braucht man sie aus gesellschaftlicher sicht.

    Ich denke die stärksten identifikationen haben die meisten mit Ihrem Beruf und Ihrem Geschlecht. Was meint ihr dazu wie geht Ihr mit euren Identifikationen um bzw wie legt Ihr sie ab . Schafft ihr das durch Meditation ?


    euer Fred

  • Ich würde sagen, die stärkste Identifikation haben wir mit unserem "Ich" ;) Man kann aber durchaus die Identifikationen aufgeben, aber dennoch seine Rolle in der Gesellschaft spielen. Die Rolle wäre "Mutter", eine Bewertung als "gut" oder "schlecht" kann man im Selbstbild aber verändern. Die Identifikation als Mann oder Frau kann sich auch ändern.


    Will sagen: Du vermischst Kategorien. Beruf, Geschlecht oder gut/schlecht sind verschiedene Arten von Identifikation und müssen daher auch unterschiedlich betrachtet werden. "Mutter/Vater" ist man zwingend, wenn man ein Kind bekommen hat, da ist es eher schwer, sich zu "ent-identifizieren", es sei denn man verleugnet die Tatsache, weil man sich als "schlechte(r) Mutter/Vater" fühlt.

  • Man kann auch darüber kontemplieren; z.Bspl. über die Frage, was bleibt wenn ich diese ganzen Identifikationen nicht mehr habe, wenn ich "niemand" sein muss.

    Immer wieder sich diese Identifikationen bewusst machen, dann kann man nach und nach erspüren, dass da eben noch was anderes ist und man haftet dann nicht mehr so stark daran.

    Das ist ein Prozess.

    _()_

  • Ich liebe meine Identifikationen.;)

    Ohne eine lange Zeit grimmiger Kälte,
    die Dir in die Knochen fährt –

    wie könnten die Pflaumenblüten

    dich erfüllen mit ihrem durchdringenden Duft?
    (Obaku)

  • In einer tantrischen Meditation versuche ich, mich mit meinem Yidam zu identifizieren. Auf diese Weise übe ich das Aufgeben der "gewöhnlichen" Identifikationen so wie du sie beschrieben hast. Auch hier heißt es allerdings: "Der Weg ist das Ziel " :grinsen:, denn eine solche Identifikation ist nur möglich bei einer regelmäßigen Praxis.

  • Was meint ihr dazu wie geht Ihr mit euren Identifikationen um bzw wie legt Ihr sie ab . Schafft ihr das durch Meditation ?

    Manchmal ein kleinwenig, ansatzweise. Gewöhnlich ist man über eine Identifikation ja nicht bewusst, indem man sich als diese und jene Identität erlebt: das bin ich. Das lässt sich auch nicht auf die Schnelle beseitigen, die Ich-Vorstellung sitzt so existentiell tief, dass man den ganzen achtfachen Pfad gründlich zu Ende gehen muss, um sie aufzulösen und somit zu "erwachen", das lässt sich wohl nicht abkürzen.


    Ein theoretisches, philosophisches Verständnis der Ichlosigkeit aller Daseinsfaktoren (das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das ist nicht mein Selbst) ist mir ein Trost in schwierigen Zeiten und lässt sich auch im Alltag immer wieder mal praktizieren, so dass man sich nicht mit unnötigen oder unheilsamen Eindrücken identifizieren muss, wenn man sich daran erinnert.


    Danke für das anregende Thema. Achtsames Beobachten, darüber bewusst sein was jetzt gerade im Geist alles vor sich geht, auch das Aufsteigen von Identifikationen, sollte ich wieder mehr praktizieren.

  • Meditation ohne wollen, aber mit einem soliden Grundwissen ist der Schlüssel.

    Was uns alle verbindet, ist der unerschütterliche Glaube an ein Selbst.

    Wahrnehmen, erforschen, loslassen.

    Alles Gute!

  • Jeder hegt diesen Glauben, nur ist sich nicht jeder dessen bewusst.

    Aber wenn Mkha dies so nicht wahrnehmen kann bzw möchte, akzeptiere ich das. Ich rede hier übrigens nicht von jenen, die das schon durchschaut haben.

  • Ich identifiziere mich mit vielem und das wechselt auch immer wieder mal. Aktuell bin ich Informatiker. Früher war ich mal Trainer. Wer weiß, vielleicht bin ich irgendwann Vater, Lehrer, Pfleger oder was ganz anderes?

    Eine Identifikation ist erstmal aus meiner Sicht nichts schlimmer. Hängt aber mein Seelenheil von dieser Identifikation und ggf. von einem daran hängenden Weltbild ab, dann kann das auch nach hinten losgehen.

    _()_


  • Lieber Fred1234,


    lustig, dass du im Anfängerbereich das mMn fundamentalste Thema aufgreifst. Von 'Identifikationen' spricht man ja nicht nur im subjektiven, sondern auch im objektiven Bereich.

    Du beziehst dich aber scheinbar nur auf den subjektiven Bereich. Aber das ist auch gut so, denn damit sollte man mMn beginnen, also nicht 'beginnen' als Anfänger, sondern 'beginnen', wenn man später, als nicht-mehr-Anfänger, beginnt sich mit Identifikationen auseinanderzusetzen.

    Im subjektiven Bereich gibt es die Identifikation 'ich' auf zweierlei Arten:

    1. 'ich' als bloße abstakte Koordinate in Raum und Zeit

    2. 'ich' als Identifikation im Sinne von 'Das bin ich' oder 'Das ist mein', wobei man sich idR immer auf das bezieht, was konventionelle Erfahrung ausmacht, also auf Bewußtsein/Denken, Fühlen, Wahrnehmen, Wollen/Reagieren und auf den Körper.


    'ich' von Punkt 1 ist vollkommen in Ordnung und sollte nicht zu unerwünschten Nebenwirkungen führen. 'ich' von Punkt 2 ist dagegen problematisch, weil es eine Überlagerung des 'ich' von Punkt 1 mit Phänomenen ist, welche zu Aufregung, Leidenschaften, Emotionen führen, die alles andere als dauerhaft glücklich machen. 'ich' von Punkt 2 trägt immer seine gesamte Autobiographie, alle vergangenen Gedanken, Erinnerungen, Gefühle, Wahrnehmungen, alles Gewollte und sogar Erinnerungen an frühere Körper mit sich herum - das ist wahnsinnig viel Ballast, der alles interpretierend bestimmt, was in Zukunft noch passieren kann.

    'ich' von Punkt 1 ist dagegen frei von Vergangenheit und Zukunft, denn es handelt sich ja immer nur um eine bloße abstakte Koordinate in einem bestimmten Punkt im Raum zu einem ganz bestimmen Augenblick.


    Was Meditation angeht, so gibt es wohl zahllose Arten. Ich bevorzuge analytisch nach 'mir' zu suchen und kann bestätigen, dass es nicht auffindbar ist. Das soll aber nicht heißen, dass ich deshalb nicht mehr von 'ich, mein, mir' spreche, denn im konventionellen Leben macht 'ich' von Punkt 1 durchaus Sinn, weil wenn z.B. ich analytisch meditiere, dann bin ja ich es und nicht du, und es ist meine Meditation und nicht deine.;)


    :heart::rad:

    Mein Motto: "Nur Materie ist real." Probier's mal aus :)