Mir persönlich ist das zu vage um Culadasa in Frage zu stellen. Ich kenne nicht alle Details seiner Vergangenheit, aber ehrlich gesagt haben sie mich auch nie übermäßig interessiert. Sein Buch steht für sich selbst und die Methode funktioniert meiner Erfahrung nach sehr gut, auch wenn der Progress im Schneckentempo voran geht. Ich sehe in ihm in erster Linie einen sehr guten Dharma-Lehrer und einen sehr erfahrenen Meditationslehrer, der sich sehr klar ausdrückt und mir deswegen sehr viele Aspekte der buddhistischen Lehre besser verständlich gemacht hat als so manch einer der üblichen Verdächtigen aus dem traditionellen Dharma-Raum.
Ich halte seinen Beitrag für enorm wichtig für die Entwicklung des Dharmas im 21. Jahrhundert. Aus verschiedenen Gründen wurde der Samatha Aspekt in den vergangenen Jahrhunderten in so gut wie jeder buddhistischen Tradition nicht einfach nur vernachlässigt, sondern teilweise völlig für irrelevant erklärt. Dies entspricht jedoch nicht dem was der Buddha in den Suttas gelehrt hat und führt dann bei manchen Praktizierenden der sogenannten "trockenen Einsicht" zu sehr destabilisierenden Erfahrungen in ihrer Meditation.
Darüber wie genau und weshalb diese Entwicklung stattgefunden hat, gibt es verschiedene Theorien. Leigh Brasington vermutet z.B., dass in den Jahrhunderten nach dem Buddha die Mönche irgendwann anfingen um die Wette Samadhi zu praktizieren und damit über das Ziel hinaus schossen. Irgendwann wurde der Standard immer weiter in die Höhe geschossen bis keiner mehr im Stande war diesen zu erreichen. Das Visudhimagga wurde ungefähr in diesem Zeitraum geschrieben. Wie wir heute wissen, z.B. in Thailand fanden erst im letzten bzw. vorletzten Jahrhundert Reformbewegungen statt, ähnlich wie in anderen südostasiatischen Ländern als Antwort auf den westlichen Kolonialismus. Davor haben die Mönche gar nicht meditiert und es ist nicht klar wieweit das zurückreicht. Ich glaube Ajahn Mun oder einer der anderen alten wichtigen Mönche im letzten Jahrhundert hat erwähnt, dass meditierende Mönche von ihren Kollegen ausgelacht worden sind.
Leute wie Joseph Goldstein und Sharon Salzberg brachten dann unter anderem die Lehrmethoden von Mahasi Sayadaw in den Westen, in denen der Samatha Aspekt zu kurz kommt. Auch in den tibetischen Traditionen wurde Shamatha immer weniger ernsthaft praktiziert laut Dudjom Lingpa, den Alan Wallace oft zitiert.