Hab mittlerweile den nächsten Schritt machen können.
Meine Quellen sind nach wie vor die vorhin erwähnten Sutten + Visuddhimagga als Kommentar dazu. Damals vor 10 Jahren mit "Nichts" und "Nichtdenken" angefangen (mein beginn war sehr ZEN-lastig), habe es aber nicht verwirklichen können. Dann Ein- und Ausatmen nach Sutten, dann wieder aufgegeben, bis ich mir genug Zeit nahm die Sutten alle durchzugehen. Schließlich vor nicht allzu langer Zeit mit Kasina-Übungen angefangen, und ab dort ging es richtig weiter. Parallel dazu intensivst mit den Sutten auseinander gesetzt.
Ich bin ein HSP, das heißt ich bin genetisch bedingt 1). sehr reaktionsfreudig auf äußere Reize, 2). die Wahrnehmungen der Außenwelt sind sehr tiefgehend und 3). gegenüber den Launen und Emotionen der anderen Menschen sehr anfällig. In den Sutten fand sich auch tatsächlich eine Entsprechung eines solchen Charakters (Den Begriff "geistig-unruhig-Geartete" aus der VM finde ich einfach treffend) Das heißt auch dass es bei mir ganz besondere Schwächen gibt, die man berücksichtigen soll und die bei "gewöhnlichen" Menschen vielleicht so nicht auftreten, auf jeden Fall nicht so stark und intensiv.
Die Einhaltung des Mittleren Weges haben bei mir also drei folgende Hindernisse gegeben...
1).Die geistige Verdrehung "Unheilsames für heilsam halten"
2). Die gesitige Hemmung "Aufgeregtheit und innere Unruhe"
3). Die ICH-Schwäche! und die daraus folgende Aksese.
Der letzte Punkt ist neu! Nach so vielen Jahren habe ich endlich die Ursache meiner ständigen Askese ergründet! Allen HSP ist etwas zu eigen - sie können sich zu leicht in andere Menschen "reinversetzen". dabei ist die Gefahr dass man sich selbst verliert leider sehr groß, was mir halt passiert ist. Das Faszinierende an den Sutten ist aber dass die in satipatthana sutta (und anderen Texten) beschriebenen 4 Betrachtungen (Körper, Gefühle, Gemüt, Geistobjekte) grundlegend das "ICH" als Betrachter voraussetzen!
ZitatDa setzt sich ein Bhikkhu nieder, nachdem er in den Wald oder zum Fuße eines Baumes oder in eine leere Hütte gegangen ist; nachdem er die Beine gekreuzt, den Oberkörper aufgerichtet und die Achtsamkeit vor sich verankert hat, atmet er völlig achtsam ein, achtsam atmet er aus. Wenn er lang einatmet, versteht er: 'Ich atme lang ein;' oder wenn er lang ausatmet, versteht er: 'Ich atme lang aus.' Wenn er kurz einatmet, versteht er: 'Ich atme kurz ein;' oder wenn er kurz ausatmet, versteht er: 'Ich atme kurz aus.'
"Und wie, ihr Bhikkhus, verweilt ein Bhikkhu, indem er Gefühle als Gefühle betrachtet ? ... Wenn ein Bhikkhu ein angenehmes Gefühl fühlt, versteht er: 'Ich fühle ein angenehmes Gefühl;' wenn er ein schmerzhaftes Gefühl fühlt, versteht er: 'Ich fühle ein schmerzhaftes Gefühl;' wenn er ein weder-schmerzhaftes-noch-angenehmes Gefühl fühlt, versteht er: 'Ich fühle ein weder-schmerzhaftes-noch-angenehmes Gefühl.'
"Und wie, ihr Bhikkhus, verweilt ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjektebetrachtet? ... Wenn Sinnesbegierde in ihm vorhanden ist, versteht ein Bhikkhu: 'Sinnesbegierde ist in mir vorhanden;' oder wenn keine Sinnesbegierde in ihm vorhanden ist, versteht ein Bhikkhu: 'Sinnesbegierde ist in mir nicht vorhanden;' ... "Wiederum verweilt da ein Bhikkhu, indem er Geistesobjekte als Geistesobjekte im Zusammenhang mit den sechs inneren und äußeren Grundlagen betrachtet. ... "Er versteht das Ohr, er versteht Klänge, und er versteht die Fessel, die in Abhängigkeit von beiden entsteht (Übersetzung: K. Zumwinkel)
Die Umsetzung des Samadhi und der gesamten meditativen Praxis aus dem Pali-Kanon ist also gar nicht möglich wenn man Askese betreibt und das ICH entweder nicht ausreichend ausgeprägt ist oder gar ünterdrückt wird! Ich persönlich war richtig baff nachdem mir klar wurde wie offensichtlich die Sutten die Askese oder Selbstverleugnung ablehnten, was ja absolut im Sinne des Gautama Buddha ist. Auch scheint mir klar zu sein warum es so viele Leute gibt die dem Buddhismus vorwerfen es sei eine "egoistische Lehre" - es geht offenbar um das Überwinden des individuellen Nichtwissens und das Aufheben des Leidens. Das "Ich" ist zwar in dem Sinne nicht als etwas Ewiges oder "Solides" existent, jedoch wird ihm Platz eingeräumt, jenseits Askese oder Egoismus. Für Egoismus ist eh kein Platz im Buddhimsus, siehe Pfad der Sittlichkeit. Der einzige Weg der hier bleibt ist nur die "Mitte".
Ich habe also endlich einen großen Schritt geschafft meine asketischen Anhaftungen loszuwerden und etwas näher der Goldenen Mitte zu rücken.
Hoffe einfach dass es den verehrten Usern hilft, falls jemand ein ähnliches Problem hat. Mir wurde in diesem Forum erheblich geholfen