Zweite Chance oder nicht?

  • Wie seht ihr es mit der zweiten Chance im Leben?
    Gebt ihr immer Personen eine zweite Chance oder seit ihr strikt dagegen?


    Ich persönlich gebe eigentlich immer eine zweite Chance, menschen ändern sich, wieso sollte man ihnen die Chance das zu beweisen nehmen?!

  • Kommt halt immer darauf an was eine Person gemacht hat... Ich persönlich habe mir meinen Umgang schon immer sehr genau ausgesucht und hatte deshalb eigentlich nie Probleme, da die Menschen denen ich vertraue es auch wert sind.


    Und das sich Menschen ändern stimmt zwar teilweise, aber sie müssen es nicht nur wollen sondern auch was dafür tun (also für sich)... Konditionierungen bringen die Menschen dazu immer und immer wieder die selben Fehler zu machen, auch wenn sie es gar nicht wollen und sich ihrer Fehler sogar bewusst sind.


    Ausserdem ist die Frage was bedeutet 2.Chance? Wofür eine 2.Chance?


    Umgang mit bestimmten Personen lässt sich nicht vermeiden (mit anderen schon). Es kommt halt darauf an wieviel vertrauen man Menschen entgegen bringt bzw wie wenig...

    "Nur eines verkünde ich heute, wie immerdar: Leiden und seine Vernichtung."
    Buddha

  • Maybe Buddha:

    Ausserdem ist die Frage was bedeutet 2.Chance? Wofür eine 2.Chance?


    Diese Frage ist nicht leicht zu beantworten, für jeden mag die Antwort dabei anders aussehen.
    Um nur mal einige Dinge aufzuzählen, die mir dabei durch den Kopf gehen:
    wenn das eigene Vertrauen missbraucht wurde; wenn man betrogen wurde; wenn man angelogen wurde; wenn man ausgenutzt wurde; aber auch wenn man sich für sein schlechtes verhalten entschuldigt.


    In welchen dieser Fällte währe eine zweite Chance angebracht und bei welchen nicht?

  • Hallo Ch8kra,


    ich finde das ein interessantes Thema!
    Rein persönlich denke ich, dass es auf die Umstände eines Konfliktes ankommt oder einer Verletzung, die man zugefügt bekommen hat.
    Es gibt in meinem Leben tatsächlich Menschen, die ich geistig "in Frieden ziehen lasse", aber mit denen ich keinen Kontakt mehr pflegen möchte, weil zuviel passiert ist. Auch zu meinem eigenen Schutz und zum Schutz meiner Familie.
    Das heißt für mich nicht, dass ich diese Menschen den Rest meines Lebens "hassen" werde, sondern ich lasse sie eben gehen (mein Lieblingswortspiel: gehen-lassen, geschehen-lassen, ge-lassen damit umgehen).


    Es gibt aber auch Menschen, mit denen ich schon konfliktreiche Situationen erlebt habe (und sie mit mir) und wir uns auch wieder eine Chance gegeben haben, das klar zu stellen und damit umzugehen.


    Ich würde nie behaupten, dass ich bei einem Konflikt ausschließlich den Anteil bei mir zu suchen habe (meinen Eigenanteil: ja - aber nicht den Anteil des "Konfliktpartners". Ich erlebe das immer wiede als gerne genommenes Totschlagargument, wenn man "alles" ausschließlich in sich suchen soll) und daher jedem Menschen eine zweite Chance geben muss, egal was er getan hat.
    Ich kann aber gut verzeihen, d.h. für mich selbst Frieden zwischen dem "Konfliktpartner" und mir geistig und auch im Herzen schließen, was ich aber eben nicht damit gleichsetze, mit diesem Menschen irgendwann mal wieder Kaffee trinken zu gehen, wenn es um meinen Eigenschutz oder gar um den Schutz meiner Familie geht.

    Herzliche Grüße


    "Klee"



    *******Den Charakter eines Menschen erkennt man nicht so sehr daran, was andere über ihn sagen, sondern daran, was er über andere sagt.******


    (unbekannt)

  • Das Gesetz der Leerheit und die Prinzipien der Interdependenz sagen deutlich, dass sich Menschen immer ändern können, wenn die Umstände sich ändern. Selbst die "aktuellen" Gewaltherrscher dieser Welt können nett zu ihrern Kindern und ihrer Familie sein. Meine buddhistische Sichtweise erlaubt mir diese Überzeugung zur 2. und 3. Chance. Dies ist aber kein Aufruf zur Blauäugigkeit. Im täglichen Leben es ist auch nötig, Grenzen zu ziehen. Dabei sollte aber die Würde des anderen Menschen stehts gewahrt bleiben. Durch die leerheit und Interdependenz sind wir alle mit einander verbunden, oder besser: "Jeder Mensch ist alle Menschen."
    Gruß, Wuscheng

  • Zitat

    Meine buddhistische Sichtweise erlaubt mir diese Überzeugung zur 2. und 3. Chance. Dies ist aber kein Aufruf zur Blauäugigkeit. Im täglichen Leben es ist auch nötig, Grenzen zu ziehen. Dabei sollte aber die Würde des anderen Menschen stehts gewahrt bleiben. Durch die leerheit und Interdependenz sind wir alle mit einander verbunden, oder besser: "Jeder Mensch ist alle Menschen."


    Hallo Wusheng,


    für mich sind das einfache und klare Worte, die das ganz toll auf den Punkt bringen, was ich mit meinem Beitrag meine! :D *freu*

    Herzliche Grüße


    "Klee"



    *******Den Charakter eines Menschen erkennt man nicht so sehr daran, was andere über ihn sagen, sondern daran, was er über andere sagt.******


    (unbekannt)

  • ch8kra:

    Wie seht ihr es mit der zweiten Chance im Leben?
    Gebt ihr immer Personen eine zweite Chance oder seit ihr strikt dagegen?


    Ich persönlich gebe eigentlich immer eine zweite Chance, menschen ändern sich, wieso sollte man ihnen die Chance das zu beweisen nehmen?!


    Jack Kornfield:


    Vergebung heißt, dass man aufhört, sich eine bessere Vergangenheit zu wünschen.


    Würde vorschlagen, wenn du wirklich dazu bereit wärst, erkenne den Schatz darin, daß du dazu bereit wärst, und tu's.

  • Genauso wie Claudia sehe ich das und handle ich auch.
    Ich kann gut verzeihen und auch akzeptieren. Das heisst, wenn sich dieser Mensch bei mir meldet, werde ich mit ihm sprechen, aber ich werde nicht unbedingt wieder dort beginnen, wo ich aufgehört habe. Das kommt ganz darauf an, was ich mit diesem Menschen erlebt habe.
    Ich bin von dem Vater meiner Tochter geschieden, wir waren jung und haben beide Fehler gemacht, dennoch oder gerade deshalb würde ich ihn nicht wieder heiraten, hege jedoch Wohlwollen und Verständnis für ihn, um nicht zu sagen: ich mag ihn sogar gerne und verstehe, dass ich ihn mal geheiratet habe. Also als Irrtum bezeichne ich ihn nicht, lediglich als Lehre.


    Von einer Freundin habe ich mich nach 37 Jahren getrennt. Durch sie erfuhr ich in den letzten 2 Jahren, dass wir nicht die Muster anderer Menschen bedienen sollten. Nachdem sich zum xten Male ein bestimmtes Muster wiederholte, habe ich aufgehört, dies zu bedienen. Das war das Ende. Ich habe mich all die Jahre zuvor gefragt, was diese Freundschaft eigentlich für mich bedeutet. Jetzt hatte ich die Antwort, ich habe ein Muster durchschaut und beendet, was nicht nur sie betraf. Da ich innerhalb dieser langen Freundschaft immer diejenige war, die darum gekämpft hat und nicht verstand, was da eigentlich abläuft, geradezu naiv immer wieder auf sie einging, gibt es in diesem Falle keine 2. Chance mehr. Es hat sich aufgelöst. Was aber nicht bedeutet, dass ich ihr böse bin oder verletzt. Es ist einfach vorbei -----------------------------
    _()_ Monika

  • ch8kra:

    Wie seht ihr es mit der zweiten Chance im Leben?
    Gebt ihr immer Personen eine zweite Chance oder seit ihr strikt dagegen?


    Ich persönlich gebe eigentlich immer eine zweite Chance, menschen ändern sich, wieso sollte man ihnen die Chance das zu beweisen nehmen?!


    warum fragst du wenn es für dich eh schon klar ist ? *schmunzel*
    jemandem eine "chance geben" klingt für mich sehr überheblich....denn wer weiss ob nicht gerade ich der/die bin die eine zweite chance nötig hätte...
    ich verbanne niemanden und verhalte mich situatiosbnedingt kann sein das es nichts mehr wird oder es wird was....


    _()_

  • Jeder Tag ein neuer Tag. Alles verändert sich. Man wird sehen, was geht.

  • Meine Frau hat sich mal ganz heftig mit meiner Mutter gestritten. Ich saß "zwischen den Stühlen" - war mehr oder weniger sprachlos. Das Verhältnis zwischen den beiden wird nie mehr so sein wie vor diesem Streit. Das finde ich sehr schade muß es aber akzeptieren wenn sie sich beide KEINE zweite Chance geben wollen.


    Spricht man in solchen Fällen nicht auch von einem "Gemeinschafts-Karma" ?


    Liebe Grüße
    Matthias

  • Matthias65:

    Meine Frau hat sich mal ganz heftig mit meiner Mutter gestritten. Ich saß "zwischen den Stühlen" - war mehr oder weniger sprachlos. Das Verhältnis zwischen den beiden wird nie mehr so sein wie vor diesem Streit. Das finde ich sehr schade muß es aber akzeptieren wenn sie sich beide KEINE zweite Chance geben wollen.
    Spricht man in solchen Fällen nicht auch von einem "Gemeinschafts-Karma" ?Matthias


    Ne, in solchen Fällen heißt es: mit gehangen, mitgefangen. (oder umgekehrt?)

  • accinca:
    Matthias65:

    Meine Frau hat sich mal ganz heftig mit meiner Mutter gestritten. Ich saß "zwischen den Stühlen" - war mehr oder weniger sprachlos. Das Verhältnis zwischen den beiden wird nie mehr so sein wie vor diesem Streit. Das finde ich sehr schade muß es aber akzeptieren wenn sie sich beide KEINE zweite Chance geben wollen.
    Spricht man in solchen Fällen nicht auch von einem "Gemeinschafts-Karma" ?Matthias


    Ne, in solchen Fällen heißt es: mit gehangen, mitgefangen. (oder umgekehrt?)


    Ich meine , eher "jeder für sich". Denn ein jeder handelt aus einer eigenen Motivation heraus oder evtl. aus einer eigenen Begrenztheit.
    Grüße, Wusheng

  • monikamarie:


    Da ich innerhalb dieser langen Freundschaft immer diejenige war, die darum gekämpft hat und nicht verstand, was da eigentlich abläuft, geradezu naiv immer wieder auf sie einging, gibt es in diesem Falle keine 2. Chance mehr. Es hat sich aufgelöst. Was aber nicht bedeutet, dass ich ihr böse bin oder verletzt. Es ist einfach vorbei -----------------------------
    _()_ Monika


    Wenn eine sache einmal gescheitert ist, muss ich mir die Frage stellen, warum ich es wieder versuchen sollte. Wenn ich keine Antwort auf dies WARUM habe, dann kann ich nicht von einer 2. Chance sprechen, es gibt dann keine.
    Das von Monikamarie und Claudie erwähnte VERZEIHEN ist sehr wichtig, auch für den eigenen Seelenfrieden. Im Dhammapada steht im ersten Kapitel, Vers 3 und 4:


    ""Sieh, wie er mich beschimpft und geschlagen hat, wie er mich niedergeworfen hat und beraubt."
    Halte an solchen Gedanken fest und dein Haß kommt nie zur Ruhe.


    "Sieh, wie er mich beschimpft und geschlagen hat, wie er mich niedergeworfen hat und beraubt."
    Laß solche Gedanken los und dein Haß kommt bald zur Ruhe."


    (Zum 2. Mal heute aus dem Dhammapada zitiert, nun ists gut... ;) )
    Grüße, Wusheng

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Ich kann die schlimmsten Verletzungen verzeihen, wenn es Sinn macht. Weil ich mir auch vorstellen kann, dass ich mich aus Unwissenheit heraus selber vollkommen falsch und schlecht verhalte.


    Die zweite Chance zu geben, fühle ich mich regelrecht verpflichtet - das ist dann so unter dem Motto: Ich weiß nicht, ob es ihm/ihr wirklich leid tut und ob er/sie es nicht wieder tut. Also probiere ich es aus.
    Das wirkt manchmal "blauäugig", aber ich habe festgestellt, dass vor allem wenn es um verschiedene Menschen geht, die gleiche Verletzung nicht wieder nach dem gleichen Muster ablaufen muss, sondern bei der 2. Chance sich ungeahnte Neuerungen auftun können. Aber ich rechne nicht fest damit. Da hört die Blauäugigkeit auf.


    Allerdings bin ich auch der Meinung, dass ich niemandem damit helfe, wenn ich ihm erlaube, mich dauerhaft zu schädigen oder in ein Einmachglas zu stecken. Irgendwann muss es mal gut sein, wenn sich negative Automatismen nicht korrigieren lassen.
    Dann ist es Zeit zu gehen.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • ch8kra:

    Wie seht ihr es mit der zweiten Chance im Leben?
    Gebt ihr immer Personen eine zweite Chance oder seit ihr strikt dagegen?


    Ich persönlich gebe eigentlich immer eine zweite Chance, menschen ändern sich, wieso sollte man ihnen die Chance das zu beweisen nehmen?!


    2 Chancen?
    Seien wir doch mal ehrlich! Wie viele Chancen bekommen wir pro Jahr? Mindestens 365 - wenn nicht dann noch viel viel mehr Chancen!


    Dennoch haben wir die Möglichkeit Ja und Nein zu sagen. Beides ist ok und qualifiziert nicht irgendeinen Menschen für alle Zeiten ab. Manchmal ist es sogar für diesen Menschen wichtig NEIN zu sagen.
    Wichtig ist allerdings ein Punkt: Nehmen wir unsere Entscheidungen doch bitte nicht so wichtig.
    Auch wenn wir in einer Beziehung Nein sagen, bekommt dieser Mensch immer wieder neue Chancen. Alles kein wirkliches Problem!
    Gruß
    Bishafu

  • Ich gebe nie eine zweite Chance.
    Wenn etwas Übles geschehen ist, dann waren dazwischen eine Menge kleiner Chancen, die ich gegeben habe. Die wurden nicht genutzt. Und jemandem eine "zweite Chance" geben halte ich sogar für unheilsam. Warum? Zum einen weil da eine Menge Chancen dazwischen lagen, und zum anderen, weil ich den anderen damit in seiner Haltung bestärke. Er wird es wieder tun. Das ist die Regel. Meist ist so viel Porzellan zerschlagen worden, dass Wunden auch nicht heilen können ohne den nötigen Abstand. Statt dessen köchelt das so vor sich hin und bricht bei der nächsten Gelegenheit wieder aus. Ich halte es zudem in einer zwischenmenschlichen Beziehung nicht für förderlich, wenn einer immer die reuige Sünderhaltung einnehmen muss. Ein kompletter Neustart in einer Umgebung, die unbefangen und – das finde ich entscheidend - nicht mit denselben Beziehungsmustern belastet ist, die vorher da waren, hilft meiner Erfahrung nach besser, auf dem Weg zur Änderung. Denn sind die Vorkommnisse gravierend gewesen (ich denke hier geht es um solche Dinge), dann ist Abstand notwendig.
    Z.B. kenne ich keinen Fall in dem verbale oder körperliche Gewalt in der Familie durch ein ständiges Verzeihen aufgehört hat.


    Außerdem glaube ich nicht an die leichte Änderung von Verhaltensweisen. Dazu gehört sehr viel. Sehr viel Einsicht. Sehr viel Reue. Sehr viel Realitätsbezug. Sehr sehr sehr viel Anstrengung. Sehr viel Mut und die Überwindung der größten Angst. Das machen nicht sehr viele Menschen. Dazu gehört auch Zeit, die eingeräumt werden muss. Das kann sich um Jahre und Jahrzehnte handeln. Wenn jemand also schon nach einem Monat kommt und sagt, er tut es nie wieder, dann kann ich ein Ei drüber hauen.


    Meistens wollen wir aus Eigennutz eine "zweite Chance" geben oder dritte oder vierte … Wir haben Angst, den anderen zu verlieren, wir haben Angst alleine und mittellos da zustehen, wir haben Angst uns zu blamieren, wir haben Angst vor dem Versagen, wir haben Angst unserem moralischen Anspruch nicht zu genügen usw. Also wird schnell dem "Entschuldige" nachgegeben und so glaubt man der nächsten Verletzung zu entkommen. Man kann sich dann als ein toller und großzügiger Mensch fühlen. Auch das ist ein Verhaltensmuster, das wir überdenken sollten.


    Verzeihen ist eine andere Sache in meinen Augen.
    Dazu gehören alle Parteien. Und es ist ein Prozess der Heilung. Ich verzeihe nicht, wenn ich nicht darum gebeten werde. Aber ich lasse die Dinge hinter mir und kümmere mich um meine Heilung. Das ist ein Unterschied. Verzeihung erfordert eine sichtbare Veränderung und echtes Bemühen. Kann ich das nicht feststellen, dann kann ich auch nicht verzeihen. Denn Verzeihen ist keine einsame, einseitige Sache, es ist eine Sache der zwischenmenschlichen Beziehung, die gemeinsam wieder in Ordnung gebracht werden muss. Das heißt, dass ich selbst eine Verletzung überwinden kann, ohne dass ich verziehen habe. Gibt es keine Bitte um Verzeihung, so gibt es auch nichts zu verzeihen. Ich muss zudem immer sehen, wo ich selbst meine Augen verschlossen habe, zu leichtgläubig war, wider besseren Wissens gehandelt habe. Oft haben wir auch einen Teil der Verantwortung zu tragen.


    Ich finde, wir dürfen nicht vergessen, dass wir auch auf andere wirken. Wenn ich jemandem eine "zweite Chance" gebe und damit sein Verhalten verfestigen helfe, dann muss daran denken, dass immer auch Andere mit beeinträchtigt werden: die Kinder, die Familie, die Freunde, die Kollegen usw. Nie bin immer nur ich betroffen. Und dann gibt es noch den ganz versteckten Mara: Wenn wir insgeheim wollen, dass der andere immer Fehler macht, damit wir ihn in der Hand haben.


    Liebe Grüße
    Knochensack

  • Wow, das klingt hart, Knochi.
    Ich wette, wir hatten sehr verschiedene Geschichten im Hinterkopf beim Schreiben.


    Schon allein mein Verzeihen ist ganz anders: das geht ganz ohne Bitten und auch ganz ohne den anderen. Der kann weit entfernt und ahnungslos und desinteressiert sein. Das Verzeihen heilt mich nur selbst. Wenn ich echt verziehen habe, bin ich mit dem Schlimmsten durch.


    Und Motiv zum Geben der 2. Chance ist fuer mich auch nur die Sorge, einen guten Ausgang zu verpassen. Danach kann ich sagen: Ich hab es aber versucht.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Bishafu_2:


    ... Wichtig ist allerdings ein Punkt: Nehmen wir unsere Entscheidungen doch bitte nicht so wichtig.
    Auch wenn wir in einer Beziehung Nein sagen, bekommt dieser Mensch immer wieder neue Chancen. Alles kein wirkliches Problem!
    Gruß
    Bishafu


    Hey, gut gesagt.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Ja, Knochi, das klingt sehr hart, sicher auch zu recht. Auf jeden Fall kommt es darauf an.
    Meine Brüder und ich hatten 20 Jahre keinen Kontakt, nachdem meine Mutter gestorben war. Es waren schreckliche Dinge geschehen. Anfang der 90er Jahre begann ich jedoch, mich geistig mit meinem jüngsten Bruder zu versöhnen. Ich träumte während dieser Zeit oft von ihm und wurde immer friedvoller, konnte jedoch noch nicht auf ihn zugehen, weil ich sehr viel Angst vor ihm hatte. Da suchte ich nach meinem ältesten Bruder, der jedoch inzwischen in einem Pflegeheim war. Er hatte Parkinson. Bei dieser Gelegenheit habe ich auch erfahren, dass auch meine Brüder keinerlei Kontakt mehr zueinander hatten. Ich habe daraufhin keine Angst mehr gehabt, mich mit meinem jüngeren Bruder in Verbindung zu setzen und ihm vom Leid unseres älteren Bruders zu berichten. Wir versöhnten uns alle drei, bevor dieser starb. Mit meinem jüngeren Bruder verbindet mich jetzt eine liebevolle lockere verwandtschaftliche Beziehung. Ich bin sehr glücklich darüber, dass wir die Vergangenheit Vergangenheit sein lassen können.
    Aber selbst wenn dem nicht so wäre, war für mich wichtig, dass ich mich schon Jahre zuvor innerlich mit ihnen versöhnt und damit eine Wunde geheilt hatte.
    _()_ Monika

  • Muss jeder für sich entscheiden und die möglichen Wirkungen abschätzen.


    Ein negatives Beispiel:


    Meine Mutter hat nen kleinen Einzelhandel, dort wollte ein junger Kerl nen Job anfangen, er war vorher einige Jahre in einer Justizvollzugsanstalt (Knast).
    Er behauptete sich geändert zu haben. Da er auch an der Kasse arbeiten würde und meine Mutter ihm nicht traute bekam er den Job nicht, (keine Chance) sie informierte allerdings nen Freund von ihr der einen quasie 1-2 Mann Handwerksbetrieb hat dem es allerdings zur Zeit finanziell nicht gut geht.


    Er war etwas gutmütiger als meine Mutter und gab ihm die Chance , zahlte ihm sogar im Voraus 500 Euro !
    Nunja, nach einem Einsatz hatte er keine Lust mehr drauf und kam einfach nicht mehr, obwohl für das Geld mehr vereinbart war.
    Jetzt wollte dieser Freund meiner Mutter sein Geld zurück, ... vergebens, er traf ihn sogar abends in ner Kneipe im Ort, sprach ihn drauf an, worauf dieser Typ ihm mit Prügel drohte und ihn beleidigte. Er sah sein Geld nicht mehr.


    Hier hatte ein gutmütiges Herz unheilvolle Folgen, tja vielleicht gibts besseres Karma im nächsten Leben :?

    Nibbana:..Befreit von der Zuordnung durch Form, Vaccha, ist der Tathagata tief, grenzenlos, hart auszuloten, wie die See. 'Wiedererscheinen', ist nicht anwendbar. 'Nicht wiedererscheinen',ist nicht anwendbar... MN72 (http://zugangzureinsicht.org/)

  • GaliDa68:


    Verzeihen ist eine andere Sache in meinen Augen.
    Dazu gehören alle Parteien. Und es ist ein Prozess der Heilung. Ich verzeihe nicht, wenn ich nicht darum gebeten werde. Aber ich lasse die Dinge hinter mir und kümmere mich um meine Heilung. Das ist ein Unterschied. Verzeihung erfordert eine sichtbare Veränderung und echtes Bemühen. Kann ich das nicht feststellen, dann kann ich auch nicht verzeihen.
    Denn Verzeihen ist keine einsame, einseitige Sache, es ist eine Sache der zwischenmenschlichen Beziehung, die gemeinsam wieder in Ordnung gebracht werden muss. Liebe Grüße
    Knochensack


    Ich widerspreche! Verzeihen ist einseitig. Wenn Du es nicht kannst, hat das nichts mit einem Gegenüber zutun. Es geht lediglich um Deine ganz eigene Fähigkeit. Verzeihen, das an Bedingungen geknüpft und nicht aus Verständnis entsteht, wird Dir nichts Heilsames bringen.
    Ich gebe Dir allerdings recht, wenn du meinst, Das die gestörte Beziehung nicht wieder geheilt ist, bloß weil eine Seite der anderen verzeiht.
    Wenn Du Dich mit dem Herz-Sutra der höchsten Weisheit auseinandersetzt und dies auf einer tieferen Ebene verstehst, müsstest Du Deine Stellungnahme sicherlich noch einmal überdenken.
    Gruß, Wusheng

  • Lieber wusheng,


    ich habe eine andere Auffassung. Für mich ist es ein gegenseitiger Prozess in einer Beziehung. Ich nenne es nicht "Verzeihen", wenn es um meine Fähigkeit geht. Das wäre für mich dann eine Station beim Klarkommen, Loslassen, Überwinden, Heilwerden usw.. Das kann völlig ohne Reste von Groll sein und aus ganzem Herzen geschehen, in tiefem Verstehen. Ist aber einseitig. Beim Verzeihen gibt es für mich einen Geber und einen Empfänger, der das Gegebene annehmen will, im optimalen Fall sich darum bemüht hat. Aus diesem Grund möchte ich nicht von "Verzeihen" sprechen, wenn es sich nur um mich selbst handelt. Das wird vielleicht klarer, wenn man an einen Punkt kommt, an dem man "sich selbst verzeihen muss" – da muss ich mir das gleichzeitig gewähren und es annehmen. Ohne beide Aspekte ist es relativ sinnlos. Oder wenn mir jemand etwas verzeihen möchte und ich das nicht annehmen will. Ich finde, der Zeitpunkt muss auch stimmen. Oder stelle Dir eine Situation vor, wo einer sagt: "Ich verzeihe Dir" und der andere sagt: "Darauf kann ich verzichten!"


    Ich denke auch, dass "Verzeihen" noch keinen persönlichen Heilungsprozess beinhaltet, denn ich kann jemandem verzeihen obwohl ich noch furchtbar geplagt werde von einer Verletzung. Daher ist für mich Verzeihen auch eine Art "Vorschuss". Es steht nicht am Ende einer Entwicklung. Der Prozess einer Verzeihung, wenn also beide Seiten teilnehmen, kann aber einen Heilungsprozess vorantreiben und zum Abschluss bringen.


    Für mich persönlich ist das Klarkommen, Loslassen, Überwinden, Heilwerden wichtiger. Auch, weil in meiner Erfahrung nach den meisten Verletzungen, Störungen einer Beziehung der andere Part gar nicht mehr anwesend ist.


    Liebe Grüße
    Knochensack


    PS. Ich halte mich nicht an Sutren, sondern versuche immer alles selbst zu ergründen.