Beiträge von Kirschbluete

    Hallo Zenbo,


    vor einigen Monaten hatten wir in unserem Lehrredenkreis eine wunderschöne Lehrrede darüber gelesen, wie verdienstvoll es ist, über die Vergänglichkeit nachzudenken.


    Wenn Du magst, kann ich Dir die Lehrrede per PN schicken.

    Zitat

    Wie sie allerdings was wirklich meinten (gilt ebenso für Buddhadasa, Ayya Khema usw.) unterliegt heute schon einigen Interpretation der ehemaligen Schüler und Schüler-Schüler.
    Da bleibt man besser beim Buddha-Wort.


    So auch mein Empfinden.
    Es gibt einiges, das ich mir aus Büchern von bzw. über Ajahn Maha Boowa (wie immer er "richtig" geschrieben wird...mit den Schreibweisen steige ich wohl nie so richtig durch. Auf dem einen Cover so, auf dem anderen wieder anders....) und auch Ayya Khema, das mich sehr anspricht.
    Aber der "rote Faden" sind für mich die kanonischen Schriften (des Sutta Pitaka) und daran orientiere ich mich explizit, weil es sich für mich vollkommen (rund und stimmig) anfühlt.


    Wobei ich tendenziell eher mit dem "Gemüt" lese, als mit dem Intellekt.

    Neulich habe ich einen Dhammavortrag angehört, bei dem es auch um das Thema "Geduld" ging.
    Der Vortragende hat den Begriff "Geduld" auch immer wieder mit dem Begriff des "Erduldens" in Verbindung gebracht.
    Das hat mich z.B. sehr angesprochen und auch motiviert.


    Momentan bin ich z.B. in einer bisher noch nie in dieser Heftigkeit dagewesenen Situation, dass ich in meinem Job mit -so hart es klingt- kleinen Menschen zu tun habe, bei denen es kaum noch Perspektive auf eine Besserung gibt.
    Näher kann ich leider nicht drauf eingehen (ich würde es mir gerne mal von der Seele tippen, aber Schweigepflicht ist Schweigepflicht), aber es handelt sich um eine Art "Worst-Case"-Szenario, das mehrere von uns betrifft.
    Da ist eine Situation, bei der ich nichts anderes tun kann, außer sie so anzunehmen, wie sie ist - sie zu erdulden, ohne dabei "dicht" zu machen und mich innerlich zu vermauern.
    Was mir beim Erdulden aber hilft ist, dass ich mich übe "bei mir zu bleiben", indem ich z.B. bei mir "in die Atmung" gehe und mir einfach keinen Kopf mehr drum mache, eine momentan aussichtslose Situation ändern zu wollen.


    Das ist für mich auch eine hilfreiche Geduldsübung, etwas gesammelter und auch ein Stück weit gelassener in der Situation zu bleiben: "gelassener" - ich kann es so geschehen lassen.


    Was mir da übrigens sehr gut gefällt ist ein Ausspruch von Shantideva aus dem tibetischen Buddhismus:


    "Wenn Du Dinge, die Dir Sorgen bereiten, ändern kannst, dann brauchst Du Dir keine
    Sorgen machen. Wenn Du Dinge, die Dir Sorgen bereiten, nicht ändern kannst, nützt
    es nichts, sich Sorgen zu machen."

    Hallo ticav,


    "Geben" (so wie es auch Mirco geschrieben hat) ist für uns Praktizierende eine der grundlegenden Übungen.
    Aus dem Grund schenke ich auch sehr gerne und übe mich darin, den "Geschenke-Anlass" zumindest nicht überzubewerten.


    Was ich für mich auch entschieden ablehne, ist der Konsumrausch-Hype im Dezember, aber dem kann ich mich auch entziehen, ohne dass ich lieben Menschen "eines vor den Latz knallen" muss.
    Aus dem Grund beschenke ich meine mir nahestehenden Angehörigen von Herzen gerne an Weihnachten, weil ich weiß, dass sie sich darüber freuen.


    Es ist auch manchmal ganz wunderbar, was sich so ergeben kann, wenn man sich darin übt, das Herz offen zu halten.
    So wie ich meiner Familie signalisiere, dass ich mich nicht verschließe, so kommt sie mir aber auch entgegen.


    Ein für mich sehr bewegendes Ereignis war die (christliche) Beerdigung meiner "Schwiegertante".
    Die hatte den letzten Wunsch geäußert, dass beim Leichenschmaus alle einen "Ouzo" auf sie trinken.
    Da ich mich aber in den 5 Sials übe, trinke ich keinen Alk (was mir auch nicht schwer fällt - ich mochte Alk noch nie, von daher ist das ein Sila, das mir absolut nicht schwer fällt einzuhalten. Es fällt mir genauso leicht wie wenn ich darauf verzichten müsste, gegrillte Grashüpfer zu verspeisen).


    Gegenüber von mir sind Leute gesessen, die schon gemurmelt haben, dass man ja zumindest diesen letzten Wunsch erfüllen könnte, und "man soll sich doch nicht so haben...." ---


    und was haben meine Schwiegereltern und mein Ehemann gemacht?


    Sie haben klar signalisiert, dass auch sie auf den Ouzo danach verzichten.
    Und sie haben nicht die 5 Silas auf sich genommen.
    Meine Schwiema trinkt genauso wenig wie ich, aber mein Schwiepa war der Bruder der Verstorbenen und lebt auch nicht immer abstinent.


    Dass das, was man "aussendet" auch zurückkommt, erlebe ich nicht nur als Floskel - von daher liegt es mir sehr am Herzen, solche Begebenheiten weiterzugeben.

    Im Bezug auf die Literaturfrage kann ich von meiner Empfindung und Erfahrung heraus klar sagen, dass ich (m)einen "roten Faden" im Sutta Pitaka gefunden habe.
    Sekundärliteratur ist jetzt nicht ganz so mein Ding.
    Es gibt aber wenige Ausnahmen - was ich ergänzend gut zum Sutta Pitaka lesen (oder als Audioaufzeichnung hören) kann, sind z.B. Darlegungen von Fritz Schäfer, teilweise auch Ajahn Maha Boowa, teilweise Ayya Khema.
    Aber da habe ich dennoch den "roten Faden" Sutta Pitaka mit dabei im Hinterkopf.


    Das kann und muss aber jeder für sich herausfinden.
    Was ich als hilfreich empfinde, muss noch lange nicht ein anderer als hilfreich empfinden.


    Was unseren christlichen Kulturkreis betrifft, einfach mal ein paar Gedanken und Erfahrungen von mir:
    ich kann den Kulturkreis, in dem ich lebe, sehr gut akzeptieren und ich achte, respektiere und wertschätze meine christlichen Mitmenschen.


    Weihnachten feiern wir sehr "abgespeckt" mit meinen Schwiegereltern (wir haben zudem auch Kinder) und es macht mir Freude, meinen wirklich sehr toleranten und liebenswerten Schwiegereltern diese Freude zu machen.
    Ich kann Geschenke, die von Herzen kommen, auch mit dem Herzen annehmen und: ich stelle mich nicht "über" meine christlichen Mitmenschen.


    Vor einigen Jahren hatte ich ein sehr bewegendes Erlebnis an Weihnachten:
    ich hatte ehrenamtlich über die Flüchtlingsbegleitung einen jungen Mann aus Afrika begleitet, der von Abschiebung bedroht war.
    Wir haben um ihn und seinen Aufenthalt gekämpft, eines der mitentscheidenden Gespräch fand dann mit ihm gemeinsam auf lokalpolitischer Ebene in den "höchsten Reihen" statt.
    Letztendlich haben wir ihn "durchgeboxt".


    Als dann Weihnachten vor der Türe stand, klingelte es mal an einem Abend und -ich glaube es hatte ziemlich geschneit- der junge Mann stand vor unserer Tür.
    Er drückte mir ein Weihnachtsgeschenk in die Hand: "Die Lehrreden des Buddha".


    Ich habe noch Gänsehaut, wenn ich nur dran denke.
    Da ich für eine christliche Organisation "ehrenamtle", hatte ich mich auch diplomatisch zurückgehalten mit meiner Weltanschauung.


    Der junge Mann hat dann angefangen, sich für Buddhismus zu interessieren, hat dann auch mal an einem Vortragstag teilgenommen, als ich einen Vortrag über einige Lehrreden, die im Sutta Pitake zu finden sind, gehalten hatte.
    Wir haben sporadisch Kontakt.


    Ansonsten erlebe ich z.B. den christlichen Träger, bei dem ich "ehrenamtle" als vorbildlich in interkultureller und interreligiöser Kompetenz:
    vor zwei Jahren gab es einen katholischen Open-Air-Gottesdienst, bei dem aber Menschen aller Religionen ein Gebet ihrer Religion vortragen durften.


    Ich habe damals das Metta Sutta (einfach mal googeln, am besten nach "Metta Sutta"+ Übersetzung + Salzberg) rezitiert, ein kath. Priester hat mir das Mikrofon gehalten.


    Ich würde mich selbst als überheblich empfinden, wenn ich Geschenke von meinen christlichen Mitmenschen an Weihnachten ablehne.
    Weihnachten hat für mich keine religiöse Bedeutung, aber ich wertschätze den Glauben meiner Mitmenschen sehr.


    Meine Schwiegereltern sind so offen, warum sollte ich nicht auch offen sein?
    Meine Schwiema ist schon mit ins Wat (Tempel) gegangen, die Türen meiner Schwiegereltern standen offen, als mein erster buddh. Lehrer bei uns Gast war und wir bei ihnen "Zwischenstation" gemacht haben...ich kann mein Herz da nicht "eng" machen (will ich auch gar nicht).


    Mein Weg ist für mich klar und was ich gemerkt habe: je gefestigter man mit seiner Religion/Weltanschauung in sich ruht, desto geschmeidiger und wohlwollender ist auch der Umgang mit Menschen anderer Glaubensrichtungen/Weltanschauungen.

    So "kirre" es klingen mag, aber gerade durch meinen Job habe ich gelernt, dass ich vieles auf mich zukommen lasse und mir kaum noch den Kopf zerbreche (also in Form von "Konzepten").


    Bei uns ist es so, dass kaum etwas wirklich "planbar" ist.
    Die Kindergruppe formatiert sich jedes mal neu, es kann sein, dass ich bei einem Klienten vor verschlossener Türe stehe oder ich bekomme einen "Notruf": "Kirschblüte, kannst Du mal schnell ein Kind vom Kindergarten abholen?"


    Und hier sehe ich für mich die "vollkommene" Chance, dass ich mich in den Dingen übe, wie in meinem ersten Beitrag geschrieben...zuallererst: Geduld, Geduld, Geduld und nochmal Geduld.
    Wenn etwas komplett "anders" läuft: Geduld.
    Fangen die Kinder an, auszuticken: Geduld (erst mal mit mir, damit ich nicht aus dem Gleichgewicht gerate).


    Was ich aber für mich mache:
    sobald ich mich in die Stille zuhause begebe, mache ich die "Schotten dicht".
    D.h. Telefone: aus, Türglocke: aus: ich bin dann einfach nicht da. ;)


    Meine Lieben wissen da aber auch Bescheid und unterstützen mich.


    So, jetzt schalte ich aber mal den PC aus und wünsche Dir von Herzen alles Gute für Deine Praxis. So im Laufe der Zeit bekommt man auch ein gutes Gespür für sich selbst. Bei mir hat das schon einige Jährchen gedauert, aber es schleift sich ein.
    Gute Nacht. ;)

    Hallo Rassmuss,


    das mit den unregelmäßigen Arbeitszeiten finde ich gar nicht mal so schlimm, wobei weder mein Mann, noch ich "extreme" Schichten haben.
    Bei meinem Mann kann der Arbeitsbeginn zwischen 8.00 Uhr und 12.00 sein und das Arbeitsende entsprechend zwischen 16 Uhr und 20 Uhr.
    Also alles noch in einem gut erträglichen Rahmen.


    Bei mir ist es so, dass ich mir -bis auf zweimal pro Woche- meine Arbeitszeit ganz selbständig einteilen kann und das möchte ich niiiiiie wieder missen, wobei ich meistens nur vormittags arbeite.
    Ich arbeite in der Sozialpäd. Familienhilfe, d.h. ich mache meine Termine mit den Klienten aus und habe die Möglichkeit ganz wunderbar damit zu jonglieren.
    Zweimal pro Woche betreue ich mit anderen Kolleginnen Kinder in einer Gruppe und das ist z.B. eine Tätigkeit, nach der ich mich nach "Feierabend" (der mittags ist) total gerne erst mal in die Stille begebe, um innerlich wieder freier zu werden und mich zu sammeln.


    Die Kindergruppe ist eine sog. "Maßnahme" und es ist manchmal unvorstellbar, was ich da erlebe.
    Da ist für mich die Möglichkeit des stillen Rückzugs danach ein unendlicher Segen!


    Einerseits klingt es vielleicht chaotisch, wie unser Arbeitsalltag sich gestaltet, andererseits stecken da soviele Freiheiten dahinter, die man entdecken kann.
    Ich könnte mir "heute" kaum noch vorstellen, ganz "feste" Zeiten zu haben.


    Aaaaber: Schichtarbeit im Sinne von z.B. Nachtschicht wäre auch nichts für uns.
    Mein Mann hat mal am Flughafen gearbeitet und musste da Nachtschicht machen: das war zehrend!

    Hallo Rasmuss,


    meine Dhammapraxis (sei es nun die "stille Sammlung" allein in einem Raum, seien es meine Übungen im zwischenmenschlichen Bereich in Geduld, Mitfreude, Gleichmut, Güte, Mitempfinden, Nachdenken/Kontemplieren über den Dhamma, Lesen im Sutta Pitaka, Anhören von Audio-Vorträgen....usw). intergriere ich praktisch in den ganzen Tag.
    "Zeitmanagement" betreibe ich gar nicht ;) :
    es geht (zumindest mir) nicht um eine Karriereleiter, die ich "hinaufklettern" will, um "jemand Großes zu werden", sondern es geht (mir) darum, ein immer ruhiger werdendes Gemüt zu entwickeln.


    Fortschritt und Entwicklung heißen für mich Fort-schritt (ein Fortschreiten im Sinn von "Ich gehe fort...") und Ent-Wicklung aus den Verstrickungen des Samasaro.


    Würde ich z.B. mit dem Begriff "Zeit-Management" denken, würde ich vermutlich sofort in Stress geraten.


    Gerade, wenn ich mich in die "stille Sammlung" begebe, kann ich das Gefühl "hier ist noch was zu tun, da ist noch was zu tun" gar nicht brauchen.
    Ein Bhikkhu sagte mal etwas, das mir unbeschreiblich zugesagt hat: "Erst tun, was zu tun ist."


    Dhammapraxis ist für mich praktisch rund um die Uhr.
    Im Bezug auf einzelne Elemente davon (eben die stille Sammlung, Lesen, Anhören von Dhammavorträgen....), mache ich mir keinen expliziten Zeitplan, sondern warte ab, wie sich der Tag entwickelt.


    Bei mir würden "feste Zeiten" auch unmöglich klappen. Ich habe unregelmäßige Arbeitszeiten, mein Mann hat unregelmäßige Arbeitszeiten, meine ältere Tochter hat unregelmäßige Schulzeiten.
    Von daher finde ich die Empfehlung "Erst tun, was zu tun ist" wie eine goldene Formel und was ich im Alltag verrichte, kann ich ja auch mit anderen Elementen (z.B. Nachdenken über den Dhamma) verbinden.


    In der Ruhe liegt die Kraft. :D

    Was mir noch ergänzend zu meinem Posting eingefallen ist, ist ja auch der Wandel der dt. Sprache.


    Zu den Zeiten von KEN hieß es vielleicht: "Zufrieden freuten sich die Kinder." (Ich schreibe jetzt ganz absichtlich einen eher "weltlichen" Satz, nur um mal das Sprachgefälle etwas übertrieben darzustellen).
    Heute könnte man es übersetzen: "Die Kids fanden es mega geil und hielten danach die Klappe."


    (Wie gesagt: übertrieben.... :P:P:P:P )

    Wichtig ist für mich, dass ich mich auch mit Dhammafreunden austauschen kann, um über den einen oder anderen Lehrtext sprechen zu können.
    Bei Neumann werden oft viele "antike" Ausdrücke verwendet - ggf. gleiche ich auch einen Text mit den Übersetzungen von Zumwinkel ab.


    Für meinen Teil kann ich sagen, dass mir die Schriften mit das Beste war, das mir passieren konnte und seitdem ich darin lese, fühle ich mich nicht mehr so "bedürftig" und auch innerlich viel, viel sicherer - auch in meinen Übungen.
    Allerdings würde ich nicht die "Pali-Kanone" auspacken, um damit andere niederzuschießen oder dampfwalzenartig platt zu machen.


    Sehr gute Übersetzungen habe ich bisher auch von Fritz Schäfer gelesen (ich habe mir jetzt auch das Buch "Realität nach der Lehre des Buddha" bestellt und auch schon vorab eine Schäfer-Übersetzung gelesen, die sich auf eine Lehrrede der Mittleren Sammlung bezieht).
    Mir bringt die Kombination "Sutta Pitaka" und Gespräche mit Dhammafreunden am meisten.


    Aber jeder hat ein anderes Gemüt und andere Tendenzen. Was für mich hilfreich ist, muss für einen anderen noch lange nicht hilfreich sein.

    Meine Neugierde auf den Inhalt der kanonischen Schriften hat mir jedenfalls sehr viel geholfen.
    Ebenso auch meine Neugierde, mich durch die tägliche Dhammaübung "kennenzulernen" und dadurch zu erfahren, was mir zur Beruhigung des Gemüts dienlich ist usw.


    Angenommen, ich hätte jemanden gesagt: "Du, ich bin neugierig, was im Sutta Pitaka steht." und ich hätte als Antwort: "Neugier ist Gier und die verursacht Leiden" bekommen, hätte ich mir an die Stirn getippt auf dem Absatz kehrt gemacht und hätte mich da sicherlich nicht mehr blicken lassen (und solange wir noch in Unterscheidung und Bewertung leben, mache ich auch davon Gebrauch zu unterscheiden, was unheilsam für mich ist und was heilsam für mich ist).


    Jede Bücherbestellung und jede Dhammaübung wären hinfällig, wenn man nicht neugierig wäre, die Lehre zu erfassen und zu erfahren.
    Ich stell' mir gerade vor, wie doof ich gucken würde, wenn ich eine Antwort aus einem guten Verlag im schönen Frankenland bekommen würde, in der steht: "Kirschblüte, Sie bekommen das Buch XYZ nicht, weil wir ihre Gier nicht befriedigen wollen. Lösen Sie sich von allen Vorstellungen und schaffen Sie sich nichts mehr an!" :lol:

    Es gibt in Helferjobs immer wieder Fälle, in denen ein Helfer versucht durch die Hilfe an anderen etwas zu kompensieren, das er z.B. in der Kindheit vermisst hat.
    Die Gefahr dabei ist, dass sich dieser Helfer dann von der Hilfsbedürftigkeit anderer Menschen abhängig macht, weil er sich über die Helferrolle identifiziert und sein Selbstwertgefühl über die Helferrolle aufbaut.


    Auch aus dem Grund empfinde ich es immer wieder wichtig, die eigenen Grenzen im Auge zu behalten und eben auch an andere Menschen "abgeben" zu können, die in bestimmten Situationen geeigneter sind (so wie ich ja in einem meiner Beiträge geschrieben habe).


    Leider gibt es auch auf dem sozialen, ja sogar psychotherapeutischen (!) Sektor immer wieder "Helfer", die sich durch die Abhängigkeit ihres Klientels gebraucht fühlen und dann nicht loslassen oder eben nicht an einen anderen kompetenten Helfer abgeben können, weil das entsprechende Hintergrundwissen nicht vorhanden ist.
    Ich halte das für sehr unprofessionell, da es auch für den Bedürftigen gefährlich werden kann.

    Hallo Raphy,


    Deine Ausage:


    Zitat

    Deswegen ist auch Stillung der Gedanken, Geistesruhe, Stille und innerer Frieden so wichtig.
    Aber man kann das nicht erzwingen. Es geht auch nicht darum das Denken zu unterdrücken oder abzulehnen.


    empfinde ich als wunderbar auf den Punkt gebracht (auf mich wirkt das übrigens nicht nur als Deine "Meinung", sondern es wirkt auf mich auch als Erfahrung. Lese ich das richtig heraus?)


    Genau diese Stillung ist es, an der ich mich übe und mittlerweile habe ich ein Gespür entwickelt, wie ich z.B. sanftere Abstufungen finde, um zur Ruhe zu kommen.
    Früher habe ich genau den Fehler gemacht, Ruhe erzwingen zu wollen.
    Wie das ausgegangen ist, brauche ich vermutlich nicht weiter zu beschreiben: klar, dass diese Art der Übung nach hinten los geht.


    Mittlerweile kann ich die innerlichen "Zwischentöne" günstiger erkennen und entsprechende Zwischenschritte eines "Allmählichen-zur-Ruhe-Kommens" gehen.
    Danke für den tollen Beitrag! :D

    Hallo Matthias,


    das klingt sehr nachvollziehbar für mich!
    Es kommt wirklich ganz darauf an, welche Tendenzen man hat. Ich bin da viel mehr der "Autodidakt", erarbeite mir am liebsten alles selbst (ich kann auch sehr ausdauernd sein im Nachrecherchieren usw.), aber wenn ich nicht weiter weiß, kann ich sehr erfahrene Dhammafreunde anrufen, die sich mit den Schriften z.T. schon über 3 Jahrzehnte beschäftigen (wobei ich ja auch ein riesen Glück mit meinem Lehrer hatte, der mich sehr unterstützt hat, mich in der Hinsicht auch entwickeln zu können).
    Da können die Gespräche durchaus mal über zwei Stunden dauern ;) .


    Wichtig finde ich, dass man herausfindet, welchen Zugang man hat und wie die eigene Auffassungsgabe ist.

    Zitat

    accinca hat geschrieben:
    Warum ließt du nicht was der Buddha selber sagte?


    Vielleicht, weil es durchaus auch andere gute Literatur gibt, die für einen Anfänger hilfreich sind (z.B. Dhammapada) ?



    Hallo Matthias,


    der Dhammapada ist eine Sammlung der Aussprüche des Erwachten ;) :


    http://de.wikipedia.org/wiki/Dhammapada


    Ich habe den Dhammapada gelesen, bevor ich mit dem Sutta Pitaka


    http://de.wikipedia.org/wiki/Suttapitaka


    angefangen habe.
    Andersherum wäre es deutlich einfacher für mich gewseen, weil für mich da die Zusammenhänge wesentlich klarer zu erkennen waren.


    Beim Dhammapada ohne tiefere Kenntnisse des Sutta Pitakahabe ich mich damals etwas überfordert gefühlt.
    Aber das ist nur meine Erfahrung - jeder hat einen anderen Zugang zu den unterschiedlichen Schriften.

    Meine Erfahrung ist, dass der Schlüssel zu einem wohlwollenden Miteinander in der Akzeptanz der unterschiedlichen Motivationen, Herangehensweise, Wege und Ziele liegt.
    Ich habe den für mich passenden Weg gefunden, der sich für mich richtig anfühlt - andere Mitmenschen haben einen für sich passenden Weg gefunden, der sich für sie richtig anfühlt.


    Schwierig wird es m.E., wenn man anfängt mit: "Wie kannst Du nur diesen Weg gehen?" und den Weg des anderen bewertet.
    Schwierig wird auch m.E., wenn man versucht, eine "kuschelige Gleichmacherei" zu erzwingen ("Wir sind ja alle gleich, also müssen wir uns lieb haben und immer einer Meinung sein. Und jetzt tun wir so als ob es für uns schon keine Unterscheidung mehr gäbe!")


    Das kann vielleicht länger gut gehen, aber wenn man dann versucht, einen auf "erleuchtet" oder "heilig" zu machen und dabei Gefühle unterdrückt und so tut als ob man schon vollkommenen Gleichmut entwickelt hätte, kann es irgendwann auch mal gewaltig krachen.


    Als "Missionarin" empfinde ich mich auch nicht.
    Bei uns hat es sich auf eine ganz natürliche Weise in der gemischten Gruppe ergeben, dass sich einige Teilnehmer noch mehr für die Lehrreden interessieren und wir seit über einem Jahr einen kleinen Lehrredenkreis gebildet haben, in dem wir uns dem Sutta Pitaka widmen.


    Genauso kann es auch mal passieren, dass ich mich zu einer Chenrezig-Puja geselle (manchmal kommt es vor, dass mich eine Freudin vorher besucht und wenn mir gerade danach ist, begleite ich sie mit ins Zentrum und setze mich einfach mit dazu) und während meine tibetisch praktizierenden Freude rezitieren, mache ich eine Metta-Meditation ohne einen Text zu rezitieren, zu dem ich mich nicht bekenne.


    Ich habe aber von den Leuten dort noch nie gehört: "Wie kannst Du nur Erlöschen anstreben?" Ganz im Gegenteil habe ich das Gefühl, dass es ihnen sehr ernst ist, was sie gelobt haben: allen zu helfen, sich aus dem Daseinskreislauf zu befreien.
    Da wäre es ja völlig widersinnig zu erwarten, dass es derjenige dann doch nicht tut, der einen anderen Weg für sich entdeckt hat.
    Ich erlebe da sehr viel wohlwollende Mitfreude.

    Ich denke, es gibt auch ganz feine Abstufungen von Neugierde:
    ich kann neugierig sein, was der Nachbar im Kochtopf hat, ich kann auf "Neuigkeiten gieren", was es denn heute über "diesen oder jenen" abzulästern gibt,
    ich kann aber auch neugierig darauf sein, was z.B. im Palikanon steht, ich kann neugierig sein, eine Gemeinschaft kennenzulernen, ich kann neugierig sein, mich durch Introspektion oder Supervision in der oder der Situation besser kennenzulernen.


    Was ich in Gesprächen in einer Erziehungsberatungsstelle verstanden habe ist, dass Kinder, denen eingeredet wird, Neugierde sei etwas Schlechtes, irgendwann aufhören (auch kritisch) zu (hinter)fragen.


    Wie man das für sich werten möchte, kann jeder nur für sich entscheiden.

    Hallo Fachfrau,


    es kann auf keinen Fall schaden, sich mit anderen Religionen zu befassen.
    Wie gesagt: ich nehme ja auch an interreligiösen Dialogen bei und man kann für sich selbst dabei ganz viel lernen (vor Allem auch "einfach zuhören").


    Eine "andere Organisation" um Hilfe zu bitten, falls so ein Fall eintreffen sollte, halte ich für eine sehr weise und richtige Entscheidung.
    In unseren Helferjobs müssen wir einfach auch anerkennen, dass auch unsere Fähigkeiten begrenzt sind und das es in bestimmten Fällen Menschen gibt, die es besser wissen und besser machen als wir.
    So hätte ich der Muslima z.B. niemals den Imam ersetzen können, einem christlichen Menschen kann ich nicht den Priester ersetzen und einem jüdischen Menschen nicht den Rabbi.


    Wenn ich das Beste für einen Menschen möchte, muss ich wissen, wann ich auch an wen "abgeben" kann, wenn das für den mir anvertrauten Menschen in der "Ist-Situation" das Beste ist.
    Ein Vorbild war da übrigens für mich mein erster buddh. Lehrer. Der sagte mir ganz klar eines Tages: "Kirschblüte, ab hier kann ich Dir nicht (mehr) helfen, Du brauchst einen anderen Lehrer."


    Das hatte etwas von Größe - und ich wusste, dass er auch das Beste wollte.

    Hallo Tashili,


    den Eindruck, dass "Fachfrau" ein Troll ist, habe ich z.B. nicht.


    Zitat

    Doch ich denke es hat doch irgendeinen Sinn und zweck dass ich hier bin und darum möchte ich meine Lebenszeit sinnvoll nutzen.


    Ich kann mich auch recht gut in das Thema "Ich glaube, dass mein Dasein auf dieser Welt einen Sinn hat und diesen Sinn will ich leben." einfühlen, weil ich ebendiese Tendenzen auch von mir kenne und jahrelang damit schwer beschäfitigt war und es teilweise auch noch bin.
    Aber in letztendlich empfinde ich z.B. auch meine Fähigkeit als stark begrenzt, Fachfrau Antworten zu geben, die sie zufrieden stellen.
    Da kann ich nur nochmal nachfragen und es dann gut sein lassen, wenn dies nicht der Fall ist.

    Hallo Fachfrau,


    was mir im Moment nicht ganz klar ist:
    hast Du denn die Antworten hier im Forum bekommen, die Du Dir erhofft oder versprochen hattest?
    Fühlst Du Dich zufrieden mit dem "Querschnitt" der Antworten, dass Du im Bedarfsfall am besten die entsprechenden Gemeinschaft kontaktierst?
    Das wäre z.B. eine Antowrt, die ich als sehr hilfreich empfinden würde:
    an mir würde nicht die "Last" kleben, mich mit einer Religion intensivst befassen zu müssen, die nicht die meine ist und ich hätte das Gefühl, die zu begleitende Person in gute Hände abzugeben (ich würde einfach davon ausgehen, dass sich innerhalb der Gemeinschaft die Mitglieder entsprechend wohlwollend und hilfsbereit untereinander begegnen).


    Und neugierig, wie ich so ab und zu mal sein kann ;) :
    hast Du denn auch in Foren von anderen Weltreligionen dieselbe Frage gestellt?

    Guten Morgen,


    Fachfrau - ich kann schon nachvollziehen, dass Du "etwas tun möchtest": das ist eine ehrenwerte Motivation.
    Ich kenne das mit den idealistischen Tendenzen "die Welt verbessern zu wollen" auch sehr gut von mir: mein Weg ist über die Menschenrechtsbewegung über die Adoption/Inobhutnahme meiner beiden Töchter bis hin zur ehrenamtlichen Tätigkeit in der Flüchtlingsberatung gegangen und dann in die Kinder- und Jugendhilfe eingemündet.


    Ich habe auch immer "gewusst", was alles meiner damaligen Ansicht nach in der Welt "verkehrt läuft".
    Als Nachfolgerin der Lehre des Buddha sehe ich heute diese "Tätigkeitsfelder" als Übungsplätze, auf denen ich mich in Qualitäten wie Geduld, Mitgefühl, Mitfreude, Gleichmut, Güte usw. üben kann und das hat auch eine Wirkung.
    Mittlerweile bin ich aber abgekommen von der Einbildung, ich könnte "die Welt verändern oder sogar retten" (seitdem ist mein Leben auch deutlich entspannter und ruhiger geworden).


    Trotzdem habe ich gerade durch meine Weltanschauung gelernt, Ohnmacht zu akzeptieren.
    Ich kann mir vorstellen, dass es gerade im pflegerischen Beruf sehr herausfordernd sein kann, die eigene Ohnmacht akzeptieren zu müssen.
    Dass da der Wunsch aufkommt, "die gesamte Pflege verbessern zu können", ist m.E. ein sehr nachvollziehbarer und menschlicher Wunsch, der Dich auch ehrt.


    Nichtsdestoweniger halte ich es für unmöglich, "andersgläubige" Mitmenschen ihrem Glauben gemäß nach zu begleiten.
    Ich halte zwar interkulturelle und interreligiöse Kompetenz für unabdingbar, wenn man im zwischenmenschlichen Bereich arbeitet, aber die kannst Du Dir auch z.B. an der Teilnahme von interreligiösen Dialogen bewirken.
    Hauptsache (so meine Sichtweise), dass keine Pflegekraft oder irgendjemand versucht, einen andersgläubigen Menschen am Ende noch am Sterbebett zu missionieren!


    Ansonsten kannst Du ja nachgucken, welche buddh. Zentren oder Ansprechpartner in Deiner Nähe sind, falls Du tatsächlich mal in diese Situation kommen solltest.
    Diese könntest Du konktaktieren und im Bedarfsfall um Hilfe bitten.

    Nicht unentscheidend finde ich auch die Frage, ob die Betroffenen überhaupt über (ihre) Religion plaudern wollen.


    Bei uns verhält sich die Situation momentan so, dass ich im Bezug auf meine Weltanschauung sehr deutlich werde, wenn wir eine Betreuerin für unsere schwerbehinderte Pflegetochter über die "Offenen Hilfen" anfordern, die uns entlastet (unsere Pflegetochter ist auch ein Pflegefall und kann sich nicht angemessen selbst versorgen).
    Ich werde aber nur aus dem Grund sehr deutlich, weil wir mal eine Betreuerin über einen sekularen Träger bei uns hatten, die ernsthaft versucht hat, uns zu evangelisieren.


    Von der Dame haben wir uns schmerzfrei getrennt, aber ich habe keine Abenteuerlust auf eine weitere Erfahrung in dieser Art.


    Wäre das jedoch nicht passiert, gäbe es für mich keinen nennenswerten Grund, mit den Fachkräften über unsere Religion zu reden - dafür habe ich liebe Dhammafreunde, mit denen ich "in die Tiefe" gehen kann, wenn ich das Bedürfnis dazu habe.
    Mir sind im Fall unserer Pflegetochter "tatkräftige Pragmatiker" am allerliebsten.


    Was ich aus eigener Erfahrung (jedoch eben auf dem Sektor der Kinder- und Jugendhilfe) dazu sagen kann:
    für mich ist es wichtig, immer auch auf die sog. professionelle Distanz zu achten und mich gefühlsmäßig nicht allzusehr in die Situationen der Menschen zu involvieren, die ich unterstütze.
    Da behalte ich meine Kraft und auch meinen klaren Kopf.


    Würde ich mich mit dem Bekenntnis einer jeden Familie befassen und würde ich versuchen, mit ihnen Gespräche über ihren Glauben zu führen, würde ich mich heillos verstricken, statt "heilvolle" Arbeit zu leisten.
    Es hat sich bei mir mal die Situation ergeben, dass ich eine körperlich schwerstbehinderte Muslima in die Moschee begleitet habe - sie hatte mal erzählt, wie schön das für sie in ihrer alten Heimat war und da habe ich gespürt, dass sie gerne eine Moschee besuchen würde.
    Ihr Sohn und ich haben uns dann auf den Weg gemacht und alles in die Wege geleitet.


    Da hat Offenheit dem Islam gegenüber vollkommen ausgereicht.


    Man sagt ja oft: "Das Gegenteil von gut ist gut gemeint."
    Ich passe schon auf, dass ich es nicht allzu gut meine, sondern mich auf die Arbeit konzentriere, die im Moment eben anfällt. Der Mensch, bei dem ich bin, wird mir schon sagen, was er braucht.