Prinzipiell stimme ich den letzten Beiträgen von void und Thorsten zu. Der Philosoph Chalmer ist interessant, vielleicht kann ich morgen mal mit jemandem aus der Hirnforschung solche Themen (wie das "hard problem") ansprechen und mich dazu nochmal melden. Im Moment sehe ich jedoch das verlinkte Zombie-Problem sogar als Beweis für die Minderwertigkeit eines hergebrachten buddhistischen Verständnisses, denn der Zombie ist hier ja das Wesen ohne Empfindungen und Erfahrungen. im Rahmen dieser Erörterungen wurden im Gegensatz dazu Tiere beschrieben wie die Fledermaus, die per Echolot Erfahrungen macht, die uns nicht möglich sind. Demzufolge kann abgeleitet werden, dass auch der Buddha nicht in der Lage war, die Erfahrungswelt anderer Wesen zu erfassen, weshalb es auch falsch war, etwa ein minderwertiges Tierreich zu postulieren. Der Buddha versteht die Lebenswelt solcher Wesen noch weniger als wir heute. Auch den Zombie konnte der Buddha nicht nachempfinden, weil er keiner war. Genauso wenig konnte er die Künstliche Intelligenz, die in diesem Zusammenhang diskutiert wird, kommen sehen, also Wesen, die uns gleich oder sehr ähnlich sein können, ohne zu leiden und damit auch ohne einen Weg aus dem Leiden heraus zu benötigen. All dies zeigt die Grenzen des herkömmlichen Dharma auf. Es ist deshalb auch kaum verwunderlich, dass Chalmers selbst weder Religion noch Spiritualität nahesteht.
Desweiteren gibt es ja viele "heilspragmatische" Wege, und schon wenn man andere Angebote wie das Christentum anschaut, dessen Bedeutung ein Psychologe - und man darf wohl ijnzwischen auch sagen Philosoph - wie Jordan Peterson mehr und mehr hervorhebt, kann man sich fragen, ob einem in der nicht-personalen Sicht des Buddhismus nicht Entscheidendes entgehen könnte. Mit anderen Worten, beim Vergleich der Relgionen wird einem schnell klar, dass alle ihre Rädelsführer immer nur Teilaspekte erkannten. Auch der Christ wird einem sagen, erst wenn du betest, glaubst und dich der Gnade Gottes überlässt, wirst du verstehen, was dieser Weg bedeutet. Und weil ich auch diesen Weg einmal gegangen bin, ist mir klar, dass die fundamentalistische Behauptung, irgendeiner (Christus oder Buddha) habe alles vollkommen erfasst, nicht zielführend sein kann. Der ehemalige Betreiber von sweepingzen.com ging den anderen Weg, plötzlich war er Christ und die Seite wurde abgeschaltet. Es ist m.E. wichtiger, diese Religionsstifter als Leidensgenossen zu sehen, die wie wir (oder Chalmers und Peterson) darum ringen, mit dem Leben, Leiden und Sterben besser klar zu kommen. Höher sollte man dies nicht hängen.
Etwas anderes sind die Ableitungen bezüglich von, ich breche es jetzt einmal vereinfacht herunter, Sinnesgenüssen. Wichtig ist hier nur, dass man in einem gewissen Rahmen überlebensfähig bleibt. Das Ausmaß der Sinnesgenüsse ist dann relativ bedeutungslos, z.B. ist Sex ja in erster Linie Potential, nicht Sucht. Demzufolge ist Abstnenz verschenktes Potential und nicht in erster Linie Gefahrenabwehr (solange man verhütet und nicht die Überbevölkerung betreibt). In Religionen geht es oft wesentlich um die Reduzierung dieses Spaßes (darum vermehren sich manche Gläubige zwar heftig, weigern sich aber, darüber hinaus den Spaß in den Mittelpunkt zu stellen). Dafür gibt es, wie ich lange ausführte, keine hinreichenden Gründe, weil gerade der Buddhismus das Instrumentarium liefert, eben nicht süchtig zu werden und den Spaß als vergänglich so ziehen zu lassen wie alle anderen Gedanken während der Geistesübung. Ziel ist nicht, keinem Gedanken zu folgen, was absurd wäre (denn man geht auch zur Arbeit, Einkaufen und zum Arzt und folgt ständig logischen Gedankenketten), sondern selbst die verwirklichten Spaßgedanken wieder ziehen zu lassen. Hier sollte man den Buddha psychologisch betrachten und mit Menschen, die man kennt, vergleichen. Da gibt es auch solche, die ständig von Dingen lassen wollen statt sie zu tun. Ich glaube, wenn man diese Menschen studiert, kommt man von selbst drauf, was da falsch läuft, sie wirken in der Regel unzufriedener als andere. Mag sein, dass einige Lehrer da einen anderen Eindruck machen (zumindest, bis irgendjemand ihr geheimes Intimleben aufdeckt).
Unter "Anhaften" ist also nur dann als solches zu verstehen, wenn es tatsächlich leidhaft empfunden wird, aber nicht als etwas, das qua Prämisse schon als leidhaft definiert ist. Sollte man so den Buddha lesen, würde ich sagen, hätte er sich getäuscht. Ich verstehe über Zen aber das Problem so, dass ich im Umkehrschluss für mich als Leiden nur zu sehen habe, worunter ich tatsächlich leide (also nicht, was wer auch immer mir einreden will). Nehmen wir als Beispiel meinen Meniskusriss, für den mir ein Arzt deutliche Schmerzen in Aussicht stellte und insgesamt drei weitere Fachleute zur OP rieten. Ich habe sie nun seit zweieinhalb Jahren vermieden, weil ich Wege fand, nicht darunter zu leiden (durch enstprechende Gymnastik etc.). Natürlich fand ich nun auch Koryphäen auf diesem Gebiet, die in meine Richtung (konservative Therapie) argumentierten. Jedenfalls wäre es falsch gewesen, denen zu glauben, die meinen, mehr über mein Leiden zu wissen als ich. So ist das auch mit dem Buddha. Dessen Rat folgt zuweilen aus seiner begrenzten Sicht und Erfahrung, und wie ich psychologisch deutete, wohl aus dem Overkill seines sexuellen Vorlebens, das wie bei den von void erwähnten Prostitutierten zu Frigidität oder Lustlosigkeit führen kann.
Nietzsche wurde wohl schon zitiert hier im Forum. Manche machen aus der Not (hier: verschenktes Potential bzw. eh nicht den Sex bekommen, den man ehrlicherweise gern hätte) eine Tugend.