Beiträge von Elliot im Thema „Was ist der Unterschied zwischen Samatha-Meditation und Vipassana-Meditation?“

    Sudhana:

    So: "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar das Lehrgemäße aufgeben, um wieviel mehr das Lehrwidrige"


    Sollen die Bhikkus wirklich "das Lehrgemäße" aufgeben? Und dabei mit "rechter Erkenntnis" anfangen? Aufgrund des Verstehens eines Gleichnisses? Wohl kaum ...


    Die Herausforderung besteht darin, Richtige (weltliche) Ansicht aufzugeben, ohne dabei aber falsche Ansicht anzunehmen.


    Analog verhält es sich mit Richtiger Absicht:



    Und es wird auch konkret beschrieben, wie Richtige (heilsame) Absicht aufgegeben wird, ohne dabei aber falsche (unheilsame) Absicht anzunehmen:



    Viele Grüße
    Elliot

    Morpho:

    na, dann ist das doch klar; alle ansichten müssen aufgegeben werden;


    Ja, Sudhana hatte ja schon auf dieses Paradoxon hingewiesen:


    Sudhana:

    Sollen die Bhikkus wirklich "das Lehrgemäße" aufgeben? Und dabei mit "rechter Erkenntnis" anfangen? Aufgrund des Verstehens eines Gleichnisses? Wohl kaum - aus diesem Grund wurden ja die ominösen "Zustände" herbeifantasiert. Zumal diese Empfehlung - als Lehre Buddhas - ja nun zweifellos selbst "lehrgemäß" und damit aufzugeben wäre ...


    Und tatsächlich beinhaltet Richtige Ansicht auch die Ansicht, dass jede Ansicht, also auch Richtige (zumindest weltliche) Ansicht aufgegeben (oder besser: losgelassen) werden soll:


    Zitat

    Es gibt diese vier Arten des Festhaltens: Festhalten an Sinnesvergnügen ( kām-upādānaṃ ), Festhalten an Ansichten ( diṭṭh-upādānaṃ ), Festhalten an Regeln und Ritualen ( sīlabbat-upādānaṃ ), und Festhalten an einer Lehre über ein Selbst ( attavād-upādānaṃ ).


    "Wenn ein edler Schüler so das Festhalten ( Upadanam ) verstanden hat, den Ursprung des Festhaltens, das Aufhören des Festhaltens, und den Weg, der zum Aufhören des Festhaltens führt, dann gibt er die Neigung zur Begierde vollständig auf, er vernichtet die Neigung zur Abneigung, er rottet die Neigung zur Ansicht und zum Dünkel 'dies bin ich' aus, und indem er Unwissenheit aufgibt und wahres Wissen erweckt, macht er Dukkha hier und jetzt ein Ende. Auch auf jene Weise ist ein edler Schüler einer mit Richtiger Ansicht, dessen Ansicht geradlinig ist, der vollkommene Zuversicht in Bezug auf das Dhamma hat und bei diesem wahren Dhamma angelangt ist."


    (Majjhima Nikāya 9: Richtige Ansicht - Sammādiṭṭhi Sutta)


    Das Gleichnis vom Floß löst dieses Paradoxon aber auf: Am diesseitigen Ufer herrscht das Dickicht der Ansichten, von diesen ist Richtige Ansicht (weltliche und überweltliche) ein Balken des Floßes, am anderen Ufer kann diese Planke beiseitegestellt werden, es ist nicht mehr erforderlich, sich an sie zu klammern.


    Morpho:

    heißt, es muss auch das assoziieren ( merken und denken) aufgegeben werden ( merkmalen aufmerksamkeit schenken )...


    Warum das?


    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:

    So: "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar das Lehrgemäße aufgeben, um wieviel mehr das Lehrwidrige"


    Sollen die Bhikkus wirklich "das Lehrgemäße" aufgeben? Und dabei mit "rechter Erkenntnis" anfangen? Aufgrund des Verstehens eines Gleichnisses? Wohl kaum - aus diesem Grund wurden ja die ominösen "Zustände" herbeifantasiert. Zumal diese Empfehlung - als Lehre Buddhas - ja nun zweifellos selbst "lehrgemäß" und damit aufzugeben wäre ...


    Sehr gut. Jetzt kommen wir endlich dem Sinn des Gleichnis vom Floß näher.


    Und es ist tatsächlich so:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar lehrgemäßes aufgeben, um wieviel mehr nicht lehrgemäßes."


    (Majjhima Nikāya 22: Das Gleichnis von der Schlange - Alagaddūpama Sutta)


    Klar wirft das die Frage auf, wie man denn beispielsweise samma-ditthi und miccha-ditthi gleichzeitig aufgeben soll. Hier hilft eine andere Lehrrede weiter:



    An richtiger weltlicher Ansicht (insbesondere der zwölfgliedrigen Kette des bedingten Entstehens) sollte man sich also nicht festklammern:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, habt ihr mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend richtig gesehen: 'Dies ist in Erscheinung getreten'?" - "Ja, ehrwürdiger Herr." - "Ihr Bhikkhus, habt ihr mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend richtig gesehen: 'Seine Entstehung findet mit jenem als Nahrung statt'?" - "Ja, ehrwürdiger Herr." - "Ihr Bhikkhus, habt ihr mit angemessener Weisheit der Wirklichkeit entsprechend richtig gesehen: 'Das in Erscheinung getretene ist mit dem Aufhören jener Nahrung dem Aufhören unterworfen'?" - "Ja, ehrwürdiger Herr."


    "Ihr Bhikkhus, so geläutert und klar diese Ansicht auch ist, wenn ihr euch daran klammert, sie festhaltet, sie auf ein Podest stellt und wie einen Besitz behandelt, würdet ihr dann das Dhamma verstehen, von dem gelehrt wird, daß es einem Floß gleiche, das zum Übersetzen, nicht zum Festhalten da ist [3]?" - "Nein, ehrwürdiger Herr." - "Ihr Bhikkhus, so geläutert und klar diese Ansicht auch ist, wenn ihr euch nicht daran klammert, sie nicht festhaltet, sie nicht auf ein Podest stellt und nicht wie einen Besitz behandelt, würdet ihr dann das Dhamma verstehen, von dem gelehrt wird, daß es einem Floß gleiche, das zum Übersetzen, nicht zum Festhalten da ist? - "Ja, ehrwürdiger Herr."


    (Majjhima Nikāya 38: Die längere Lehrrede über die Vernichtung des Begehrens - Mahātaṇhāsaṅkhaya Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:
    Elliot:

    Dass es sich bei dhamma=gut adhamma=schlecht um eine stark verkürzte Übersetzung handelt, hatte Sudhana ja schon richtig festgestellt. Was dhamma und was adhamma ist, steht hier ausführlich:


    Von 'gut' und 'schlecht' habe ich kein Wort geschrieben.


    Das habe ich auch nicht behauptet.


    Du hattest aber (meiner Meinung nach zu recht) moniert, dass Herr Zumwinkel ohne erläuternde Fußnote dhamma mit gut und adhamma mit schlecht übersetzt hat:


    Sudhana:

    Aber ich bin für das beigebrachte Zitat dankbar, ich hatte dieses Sutta selbst gesucht; die Floß-Metapher war in dieser Diskussion ja schon angesprochen worden.

    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar gute Zustände aufgeben, um wieviel mehr schlechte Zustände"

    - wobei ich mit der Übersetzung von 'dhamma' und 'adhamma' als 'gute Zustände' und 'schlechte Zustände' allerdings ein Problem habe; das ist zu stark interpretativ gefärbt, um nicht in einer Fußnote darauf hinzuweisen.


    Viele Grüße
    Elliot


    Dass es sich bei dhamma=gut adhamma=schlecht um eine stark verkürzte Übersetzung handelt, hatte Sudhana ja schon richtig festgestellt. Was dhamma und was adhamma ist, steht hier ausführlich:



    Und deshalb wird gesagt:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar Zustände aufgeben, die im Einklang mit dem Dhamma stehen, um wieviel mehr solltet ihr also Zustände aufgeben, die nicht im Einklang mit dem Dhamma stehen"


    (Majjhima Nikāya 22: Das Gleichnis von der Schlange - Alagaddūpama Sutta)


    Morpho:

    Gibt es denn eigentlich ein Äquivalent zu A-dhamma im Sinne von A-samma ?


    Ja: Micchā.


    Viele Grüße
    Elliot

    Morpho:

    Elliot: öhm, ...
    es sind phänomene (dharmas) gemeint. es bedeutet für mich, phänomene (gedanken, vorstellungen, ansichten, empfindungen ) im entstehen bzw. im sich entwickeln, aufzugeben; ganz allgemein, ...


    Ja, mag sein, dass im Kontext des Mahayana Diamant Sutras mit "Dharmas" ganz allgemein "Phänomene" gemeint sind.


    Das hat aber nichts dem Dhamma/Adhamma aus dem Alagaddūpama Sutta des Palikanon zu tun. Dort bedeutet dhamma "der Lehre entsprechend" und adhamma "nicht der Lehre entsprechend":



    Und ebenso ist Dhamma/Adhamma auch in Zusammenhang mit dem Gleichnis vom Floß zu verstehen:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar Zustände aufgeben, die im Einklang mit dem Dhamma stehen, um wieviel mehr solltet ihr also Zustände aufgeben, die nicht im Einklang mit dem Dhamma stehen"


    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:
    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar gute Zustände aufgeben, um wieviel mehr schlechte Zustände"

    - wobei ich mit der Übersetzung von 'dhamma' und 'adhamma' als 'gute Zustände' und 'schlechte Zustände' allerdings ein Problem habe; das ist zu stark interpretativ gefärbt, um nicht in einer Fußnote darauf hinzuweisen.


    Ja, man sollte vielleicht sagen:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, wenn ihr das Gleichnis vom Floß versteht, solltet ihr sogar Zustände aufgeben, die im Einklang mit dem Dhamma stehen, um wieviel mehr solltet ihr also Zustände aufgeben, die nicht im Einklang mit dem Dhamma stehen"


    Sudhana:

    Mir ging es hier allerdings vor allem um eine Stelle im Vajracchedikāprajñāpāramitāsūtra (Diamantsutra), die auf einer Parallelüberlieferung zu MN 22 im Madhyama Āgama der Sarvāstivāda-Schule fusst...

    Zitat

    ... Und warum? Weil ein Bodhisattva weder ein dharma noch ein Nicht-dharma ergreifen sollte. Daher wurde dieser Ausspruch vom Tathagatha mit einer verborgenen Bedeutung gelehrt: 'Jene, die die Lehre des Dharma als einem Floß ähnlich kennen, sollten dharmas aufgeben, um so mehr Nicht-dharmas.


    Nun ja, für den einen ist es eine "verborgenen Bedeutung", für mich ist es eine fehlerhafte Übersetzung/Interpretation des begriffs Dhamma/Dharma in diesem Zusammenhang.


    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:
    Elliot:

    Dieses Ergreifen ist nicht upādāna, sondern das Konstruieren eines Floßes zwecks Überfahrt


    Was die Frage, wie das "Konstruieren eines Floßes" ohne upādāna - ohne das Ergreifen eines Konzeptes von einem Floß, von Bauteilen und ihrem Zusammenfügen zu einem Floß - möglich sein soll, nicht beantwortet.


    Das Ergreifen, das zum Konstruieren eines Floßes oder einer Lehre erforderlich ist, wird schlichtweg nicht mit upādāna bezeichnet. Das hatte Pamokkha ja schon ausgeführt: upādāna bezeichnet ein unheilsames Ergreifen und Festhalten, ein Sich-Klammern, an Ansichten, zum Beispiel.


    Das Ergreifen, das zum Konstruieren eines Floßes oder einer Lehre sowie deren Rezeption erforderlich ist, wird als gahitattā bezeichnet:


    Zitat

    "Ihr Bhikkhus, da lernen einige Männer aus guter Familie das Dhamma - Lehrreden, Gedichte, Darlegungen, Verse, Ausrufe, Sprüche, Geburtsgeschichten, Wunder und Antworten auf Fragen - und nachdem sie das Dhamma gelernt haben, ergründen sie die Bedeutung jener Lehren mit Weisheit. Weil sie die Bedeutung jener Lehren mit Weisheit ergründen, gelangen sie dahin, sie reflektiv anzunehmen. Sie lernen das Dhamma nicht, um andere kritisieren zu können und um in Debatten zu gewinnen, und sie erfahren das Gute, um dessen willen sie das Dhamma gelernt haben. Jene Lehren, die von ihnen richtig ergriffen wurden, tragen lange zu ihrem Wohlergehen und Glück bei. Warum ist das so? Wegen des richtigen Ergreifens ( Sug-gahitattā ) jener Lehren."


    "Angenommen, ein Mann, der eine Schlange benötigt, der eine Schlange sucht, der sich auf die Suche nach eine Schlange macht, sähe eine große Schlange und finge sie richtig mit einem gespaltenen Stock, und packte sie danach am Nacken. Obwohl sich die Schlange ihm um die Hand oder den Arm oder die Glieder winden würde, würde er sich deswegen dennoch nicht den Tod oder tödliches Leid zuziehen. Warum ist das so? Wegen des richtigen Ergreifens jener Schlange. Genauso, lernen da einige Männer aus guter Familie das Dhamma - Lehrreden, Gedichte, Darlegungen, Verse, Ausrufe, Sprüche, Geburtsgeschichten, Wunder und Antworten auf Fragen - und nachdem sie das Dhamma gelernt haben, ergründen sie die Bedeutung jener Lehren mit Weisheit. Weil sie die Bedeutung jener Lehren mit Weisheit ergründen, gelangen sie dahin, sie reflektiv anzunehmen. Sie lernen das Dhamma nicht nur, um andere kritisieren zu können und um in Debatten zu gewinnen, und sie erfahren das Gute, um dessen willen sie das Dhamma gelernt haben. Jene Lehren, die von ihnen richtig ergriffen wurden, tragen lange zu ihrem Wohlergehen und Glück bei. Warum ist das so? Wegen des richtigen Ergreifens jener Lehren."


    (Majjhima Nikāya 22: Das Gleichnis von der Schlange - Alagaddūpama Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:

    ... Wenn Du sagst, upādāna als bloßes Ergreifen sei nach dem sopādhiśeṣanirvāņa unmöglich, dann fehlt mir hier schlicht eine plausible Erklärung, wie das Lehren Buddhas ganz praktisch zustande gekommen sein soll.


    Dieses Ergreifen ist nicht upādāna, sondern das Konstruieren eines Floßes zwecks Überfahrt:



    Viele Grüße
    Elliot

    Mirco:

    Den Atem kontrollierend zu verändern ist eine Yoga-Praxis. Der BUddha hat angeblich gelehrt, die geistige Aufmerksamkeit beim Atemvorgang verweilen zu lassen. Davon, den Art der Atemtätigkeit bewußt zu verändern ist an keiner Stelle die Rede.


    Zumindest der Vergleich mit dem Drechsler deutet aber daraufhin, dass es sich hier nicht um eine rein passive Beobachtung des Atemvorgangs handelt:


    Zitat

    "Und wie, ihr Bhikkhus, verweilt ein Bhikkhu, indem er den Körper als einen Körper betrachtet? Da setzt sich ein Bhikkhu [3] nieder, nachdem er in den Wald oder zum Fuße eines Baumes oder in eine leere Hütte gegangen ist; nachdem er die Beine gekreuzt, den Oberkörper aufgerichtet und die Achtsamkeit vor sich verankert hat, atmet er völlig achtsam ein, achtsam atmet er aus. Wenn er lang einatmet, versteht er: 'Ich atme lang ein;' oder wenn er lang ausatmet, versteht er: 'Ich atme lang aus.' Wenn er kurz einatmet, versteht er: 'Ich atme kurz ein;' oder wenn er kurz ausatmet, versteht er: 'Ich atme kurz aus.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei den ganzen Atemkörper [4] erleben;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei den ganzen Atemkörper erleben.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei die Gestaltung des Körpers [5] beruhigen;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei die Gestaltung des Körpers beruhigen.' So wie ein geschickter Drechsler oder sein Gehilfe versteht, wenn er eine lange Drehung macht: 'Ich mache eine lange Drehung;' oder wie er versteht, wenn er eine kurze Drehung macht: 'Ich mache eine kurze Drehung;' genauso versteht ein Bhikkhu, wenn er lang einatmet: 'Ich atme lang ein;' oder wenn er lang ausatmet, versteht er: 'Ich atme lang aus.' Wenn er kurz einatmet, versteht er: 'Ich atme kurz ein;' oder wenn er kurz ausatmet, versteht er: 'Ich atme kurz aus.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei den ganzen Atemkörper erleben;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei den ganzen Atemkörper erleben.' Er übt sich so: 'Ich werde einatmen und dabei die Gestaltung des Körpers beruhigen;' er übt sich so: 'Ich werde ausatmen und dabei die Gestaltung des Körpers beruhigen.'"


    (Majjhima Nikāya 10: Die Grundlagen der Achtsamkeit - Satipaṭṭhāna Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Yofi:
    Elliot:

    Denn dort steht, a) dass 'Dinge' durchaus eine gewisse Realität oder Eigenexistenz (als äußere Formen) besitzen und b) dass für ihre Wahrnehmung nicht notwendig Ergreifen (Upadana), sondern lediglich eine "passende Hinwendung" ( tajjo samannāhāro ) erforderlich ist:..


    In den vier formlosen Jhanas gibt es diese Zuwendung m. W. nicht, aber die Phänomene bleiben bis zur Arhatschaft als potentielle Objekte der Anhaftung vorhanden.


    Form gibt es dort nicht mehr, wohl aber Gefühl und Wahrnehmung:


    Zitat

    ... mit dem völligen Überwinden des Gebiets der Bewußtseinsunendlichkeit, indem sich der Bhikkhu vergegenwärtigt 'da ist nichts', tritt er in das Gebiet der Nichtsheit ein und verweilt darin."


    "Was auch immer darin an Gefühl, Wahrnehmung, Gestaltungen und Bewußtsein existiert, er sieht diese Zustände als vergänglich, als Dukkha, als eine Krankheit, als ein Geschwür, als einen Stachel, als ein Unglück, als Leid, als fremd, als etwas, das sich auflöst, als leer, als Nicht-Selbst. Er wendet seinen Geist von diesen Zuständen ab und lenkt ihn so zum todlosen Element: 'Dies ist das friedvolle, dies ist das höchste, nämlich die Stillung aller Gestaltungen, das Loslassen aller Vereinnahmung, die Vernichtung allen Begehrens, die Lossagung, das Aufhören, Nibbāna.' Auf dieser Grundlage erlangt er die Vernichtung der Triebe. Aber wenn er die Vernichtung der Triebe nicht erlangt, dann wird er aufgrund jener Begierde nach dem Dhamma, jenes Entzückens über das Dhamma, mit der Vernichtung der fünf niedrigeren Fesseln, einer, der dazu bestimmt ist, spontan (in den Reinen Bereichen) wiederzuerscheinen und dort Nibbāna zu erlangen, ohne je von jener Welt zurückzukehren. Dies ist der Pfad, der Weg zur Überwindung der fünf niedrigeren Fesseln."


    (Majjhima Nikāya 64: Die längere Lehrrede an Māluṅkyāputta - Mahāmāluṅkya Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Morpho:

    elliot:

    Zitat

    Denn dort steht, a) dass 'Dinge' durchaus eine gewisse Realität oder Eigenexistenz (als äußere Formen)


    Natürlich sind Dharmas konventionell real, aber nicht als Entitäten; deswegen leer (bar) von Eigennatur. Das ist ja das illusionäre, dass wir Dharmas als Entitäten wahrnehmen - auch uns "selbst". Und es ist Upādāna was diese Wahrnehmung erzeugt, nicht die gewöhnliche Hinwendung, sondern Wähnen, Greifen, Aneignen.


    So ist es nicht.



    Upādāna (= Ergreifen, Festhalten, Anhaften) ensteht erst in Abhängigkeit von Kontakt, Gefühl, Wahrnehmung und Bewusstsein:



    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:

    ... Hier berühren wir dann auch eine tiefere Ebene unseres Verständigungsproblems: die unterschiedliche Auffassung der Natur der Objekte (dharmas). Um es (sicherlich stark simplifiziert) auszudrücken, geht der Theravada-Abhidhamma von der Realität der dharmas aus, während im Mahāyāna nicht nur die empirische Person (Pudgala) als leer (śūnya) von einer Substanz – d.h. ohne ein Für-Sich-Sein ( Svabhāva ) – begriffen wird, sondern alle dharmas. Wie die Person, das ‚Ich‘, das Subjekt, haben auch die ‚Dinge‘, die Objekte, nur ein scheinbares Sein. In dieses scheinbare Sein treten sie nur durch den Akt des Ergreifens Upādāna.


    Das ist tatsächlich eine von den Lehrreden des Palikanon abweichende Darstellung.


    Denn dort steht, a) dass 'Dinge' durchaus eine gewisse Realität oder Eigenexistenz (als äußere Formen) besitzen und b) dass für ihre Wahrnehmung nicht notwendig Ergreifen (Upadana), sondern lediglich eine "passende Hinwendung" ( tajjo samannāhāro ) erforderlich ist:



    Viele Grüße
    Elliot

    Nicht upādāna ("Ergreifen") konstituiert Objekte, auch nicht tanha ("Verlangen"), sondern phassa ("Kontakt"):



    Viele Grüße
    Elliot

    Sudhana:

    Nun - Konzentration bedeutet zwangsläufig, ein Objekt zu ergreifen (es aus der Fülle möglicher Objekte herauszugreifen) und an ihm festzuhalten. Man richtet den Geist auf das Objekt und fokussiert/verengt ihn - d.h. andere Objekte werden ausgeblendet. Das verhindert, dass der Fokus (wie er es gewöhnlich tut) wandert - von einem Objekt zum nächsten.


    Das muss nicht notwendig so sein:



    Viele Grüße
    Elliot

    Es wurde ja schon gesagt, dass Samatha und Vipassana zusammengehören und gemeinsam entwickelt werden:


    Zitat

    "Wenn man nicht gierentbrannt verweilt, sondern ungefesselt, unbetört, die Gefahr betrachtend, dann gelangen die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, zu künftiger Verminderung; und das eigene Begehren - das erneutes Werden bringt, das von Ergötzen und Begierde begleitet ist, und das sich an diesem und jenem ergötzt - ist überwunden. Die körperlichen und geistigen Schwierigkeiten sind überwunden, die körperlichen und geistigen Qualen sind überwunden, das körperliche und geistige Fieber ist überwunden, und man erfährt körperliches und geistiges Glück."


    "Die Ansicht einer so-gewordenen Person ist Richtige Ansicht. Ihre Absicht ist Richtige Absicht, ihre Anstrengung ist Richtige Anstrengung, ihre Achtsamkeit ist Richtige Achtsamkeit, ihre Konzentration ist Richtige Konzentration. Aber ihre körperliche Handlung, ihre sprachliche Handlung und ihre Lebensweise sind bereits früher gründlich geläutert worden. Somit kommt dieser Edle Achtfache Pfad durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit. Wenn sie diesen Edlen Achtfachen Pfad entfaltet, kommen auch die vier Grundlagen der Achtsamkeit durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit; auch die vier Richtigen Anstrengungen kommen durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit; auch die vier Machtfährten kommen durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit; auch die fünf spirituellen Fähigkeiten kommen durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit; auch die fünf Geisteskräfte kommen durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit; auch die sieben Erleuchtungsglieder kommen durch Entfaltung in ihr zur Vollständigkeit. Diese beiden Dinge - Ruhe und Einsicht ( samatha ca vipassana ) - treten in ihr gleichmäßig gepaart in Erscheinung.


    (Majjhima Nikāya 149: Die große sechsfache Grundlage - Mahāsaḷāyatanika Sutta)


    Und wie geschieht das?



    Viele Grüße
    Elliot