Dharma-Modell 3: Dharma als Geistes-Schulung

  • Dhamma-Modell 3: Dhamma als Geistesschulung

    Die Vier Edlen Wahrheiten des Buddha sind Diagnose und Therapie in einem. Der Buddha stellt zunächst fest, dass die Erfahrung von Leiden und Frustration einen großen Raum im Leben aller Menschen einnimmt, analysiert dann die Ursachen und empfiehlt schließlich einen Weg der Heilung, den Achtfachen Pfad.


    Die Wurzeln des Leidens liegen im Denken: der Mensch denkt zuviel und er denkt das Falsche. Er denkt ständig, er müsse dies & jenes haben, um glücklich zu sein. Er denkt ständig, er müsse dies & jenes loswerden, um zufrieden zu sein. "Wenn ich das erst besitze, bin ich glücklich! Und wenn ich das erst los bin, bin ich zufrieden". So kreist der menschliche Geist immer ums Habenwollen und ums Loswerdenwollen. Diese Art des Wunsch-Denkens endet in der Frustration, zumal es das Wesen des Wunsch-Denkens ist, nach der (seltenen) Erreichung eines Ziels augenblicklich den nächsten Wunsch zu generieren. Das entfesselte Wunschdenken erreicht niemals eine finale Sättigung.


    Diese ungezügelte Denktätigkeit ist der zentrale Stressfaktor im Menschendasein. Daher empfielt der Buddha Meditation zur Beruhigung des Geistes. In der Meditation gelangt das wilde Wellenspiel der Gedanken zur Ruhe, bis der Geist der ruhigen Wasserfläche eines Bergsees gleicht. Spezielle Meditationstechniken versetzen den Schüler in einen stillen Zustand erholsamer und erfrischender Freude. Die Sammlung und Beruhigung des Geistes schafft die Grundlage dafür, dass der Übende die Welt so betrachten kann, wie sie ist: als einen ständig sich wandelnden Fluss der Ereignisse.


    Die Beruhigung des Geistes wird auch durch einen sittlichen Lebenswandel erreicht: dies ist ein Leben im Geiste des Nicht-Schadens und des Mitgefühls. Derlei im Einklang mit seinen Mitmenschen muss der Praktizierende nicht befürchten, dass ein schlechtes Gewissen seine Geistesruhe stört.


    Weiterhin empfiehlt der Buddha die Kontemplation der Drei Daseinsmerkmale Nicht-Dauer (anicca), Nicht-Ich (anatta) und Unzulänglichkeit (dukkha). Der Praktizierende soll erkennen, dass alle Phänomene flüchtig und vergänglich und Anhaften daher sinnlos ist. Er soll ferner erkennen, dass er kein isoliertes und vom Rest der Welt abgekapseltes Individuum ist, sondern ganz und gar eingebettet ist in ein komplexes Netz von Beziehungen und Bedingungen. Schließlich soll er zu Einsicht gelangen, dass nichts auf der Welt dauerhafte Befriedigung gewährleisten kann. Die tiefe Einsicht in die Wahrheit der Drei Daseinsmerkmale ist ein Weg zum Seelenfrieden.


    Der Weg der buddhistischen Geistesschulung ist ein Weg zunehmender De-Identifikation. Der Praktiziernde lernt, Phänomene aller Art (auch die Vorgänge in seinem Geist) distanziert zu betrachten und sich immer weniger mit ihnen zu identifizieren. Er schult sich darin, Phänomene als Nicht-Ich zu betrachten.


    Dies ist der Weg der Geistesschulung, den der Buddha den Menschen zur Beendigung von Leiden und Frustration empfohlen hat.

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Hups, da habe ich doch im Eifer des Gefechtes die "Achtsamkeit" vergessen:


    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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  • Nicht schlecht, Onda.
    Nur sag mir warum "die tiefe Einsicht in die Wahrheit der Drei Daseinsmerkmale ein Weg zum Seelenfrieden ist ".
    Ist es nicht höchst frustrierend zu erkennen, daß Glück nicht möglich ist ;)

  • Onyx9:


    Nur sag mir warum "die tiefe Einsicht in die Wahrheit der Drei Daseinsmerkmale ein Weg zum Seelenfrieden ist ".
    Ist es nicht höchst frustrierend zu erkennen, daß Glück nicht möglich ist ;)


    Die Drei Daseinsmerkmale besagen nicht, dass Glück überhaupt nicht möglich ist.
    Sie besagen lediglich, dass es keinen dauerhaften Glückszustand gibt.
    Diese Erkenntnis kann eine heilsame Ernüchterung sein und unser Anspruchsdenken ans Leben auf ein realistisches Maß zurückschrauben.
    So können wir weise die Enttäuschungen reduzieren.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Onda:

    Die Wurzeln des Leidens liegen im Denken: der Mensch denkt zuviel und er denkt das Falsche. Er denkt ständig, er müsse dies & jenes haben, um glücklich zu sein. Er denkt ständig, er müsse dies & jenes loswerden, um zufrieden zu sein. "Wenn ich das erst besitze, bin ich glücklich! Und wenn ich das erst los bin, bin ich zufrieden". So kreist der menschliche Geist immer ums Habenwollen und ums Loswerdenwollen. Diese Art des Wunsch-Denkens endet in der Frustration, zumal es das Wesen des Wunsch-Denkens ist, nach der (seltenen) Erreichung eines Ziels augenblicklich den nächsten Wunsch zu generieren. Das entfesselte Wunschdenken erreicht niemals eine finale Sättigung.


    Das es sich ja um eine spezielle Form des Denkens, nämlich Wunschdenken handelt, wäre in diesem Modell die eigentlich Wurzel des Leidens (bzw. von Dukkha) ja doch wieder das Begehren, wonach auch immer.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:


    Das es sich ja um eine spezielle Form des Denkens, nämlich Wunschdenken handelt, wäre in diesem Modell die eigentlich Wurzel des Leidens (bzw. von Dukkha) ja doch wieder das Begehren, wonach auch immer.
    Viele Grüße
    Elliot


    Es ist das Anhaften. Das Habenwollen und das Nichthabenwollen. Der Begriff des Begehrens ist nicht so umfassend wie der des Anhaftens.
    In diesem Konzept geht es primaär um das anhaftende Denken und die Ermüdung des Geistes durch ein Übermaß an Denken.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)


  • Begehren ist: Ich muß etwas essen.
    Anhaftung ist: Ich will nur das ... essen.

  • Und auch dieses Modell ist, wie die beiden anderen, gänzlich im 8fachen Pfad enthalten.


    Du magst zwar glauben das es viele verschiedene Dharmas gibt, aber letztlich gibt es tatsächlich nur ein Dharma. Man kann es ganz allgemein mit Wahrheit übersetzen. Die Wahrheit von Ursache und Wirkung. Mit dem Dharma in Einklang zu handeln, bedeutet das man verstanden hat, das jede unheilsame Handlung irgendwann wieder auf einen zurückfällt, ja das man sie letztlich nur sich selbst antut. Man versteht das nur heilsame Handlungen einem aus dem Kreislauf der Unzufriedenheit helfen können.


    Es ist ein Gesetz das unabhängig davon funktioniert ob wir daran glauben oder nicht, und so kann es auch nicht viele verschiedene Wahrheiten geben, auch wenn wir das manchmal in unserer Unwissenheit glauben. Es mag für dich zwar ein Onda-Dharma geben, aber es ist nur etwas das deine Sicht so lange beeinflusst, bis du die wahren Grundlagen von Ursache und Wirkung siehst. Und diese wahre Grundlage ist für alle gleich. Es gibt daher genau genommen auch kein Buddha-Dharma. Er hat die Grundlagen nur besonders deutlich gesehen und uns davon in aller relevanten Ausführlichkeit berichtet.


    Ein Dharma.

    Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)

  • Wichtig ist nicht, besser zu sein als alle anderen.
    Wichtig ist, besser zu sein als du gestern warst. (Dogen)


  • Du meinst diese Einsicht bewirkt, daß wir unseren Frieden mit der Welt machen ?
    Nun spricht ja alle Welt wenn sie älter wird, ich will eher Zufriedenheit als Glück, das scheint mir vernünftiger.
    Aber das ist immer noch eine weltliche Einsicht nur in Anicca und die nicht "tief" wie du sagst. ;)

  • Onyx9:


    Du meinst diese Einsicht bewirkt, daß wir unseren Frieden mit der Welt machen ?
    Nun spricht ja alle Welt wenn sie älter wird, ich will eher Zufriedenheit als Glück, das scheint mir vernünftiger.
    Aber das ist immer noch eine weltliche Einsicht nur in Anicca und die nicht "tief" wie du sagst. ;)


    Ich denke, dass der Buddhismus auch auf dieser vorwiegend kognitiven Ebene gut funktionieren kann. Als Kunst des "Rechten Denkens" und der Rechten Geistesdisziplin und der Zügelung der Gedanken. Hinzu kommen die entspannenden Wirkungen der Meditation.


    Wer um die Vergänglichkeit der Dinge weiß, kann gegen Enttäuschungen besser gewappnet sein als ein Mensch, der diesen Aspekt des Daseins noch nicht kontempliert hat. Nimm einfach das Thema Paarbeziehungen. Wieviel Beziehungen brechen auseinander einfach deshalb, weil Menschen fälschlicherweise annehmen, mit dem Schwinden des Verliebtseins schwände auch die Liebe? Wer aber um die zwangsläufige Vergänglichkeit des Verliebtseins weiß, kann entspannt in die nächste Phase der Beziehung eintreten.


    Natürlich gibt es Tiefendimensionen des Buddha-Dharma, die von diesem Modell nicht erfasst werden.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Ich bin ja auch nicht die, die dir die Hiobsbotschaft überbringen würde,
    unsereins legt da eher Wert auf die "frohe Botschaft"-Bodhi dhatu-
    irgenwo hab ich auch gelesen, daß die Tiefe der Erkenntnis durch
    den "Lehrer" erst zur Sprache kommt, wenn der Praktikant erste Einblicke hat.
    Und ich bin ja alles andere als eine Lehrerin.


    Das kognitive Modell ist auf jeden Fall ein guter Anfang. :)

  • Onda:

    Es ist das Anhaften. Das Habenwollen und das Nichthabenwollen. Der Begriff des Begehrens ist nicht so umfassend wie der des Anhaftens.


    Ohne Begehren kein Anhaften:


    Zitat

    Mit dem Ursprung von Begehren ist der Ursprung des Anhaftens. Mit dem Aufhören von Begehren ist das Aufhören des Anhaftens. (MN 9)


    Onda:

    In diesem Konzept geht es primaär um das anhaftende Denken und die Ermüdung des Geistes durch ein Übermaß an Denken.


    Ja, eine Reduktion des Begehrens auf Wunschdenken eben. Vermutlich mit der Intention, dann bereits durch das Aufgeben von Wunschdenken von Dukkha befreit zu sein.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:
    Onda:

    In diesem Konzept geht es primaär um das anhaftende Denken und die Ermüdung des Geistes durch ein Übermaß an Denken.


    Ja, eine Reduktion des Begehrens auf Wunschdenken eben. Vermutlich mit der Intention, dann bereits durch das Aufgeben von Wunschdenken von Dukkha befreit zu sein.


    Nein, mein Text ist da schon deutlich differenzierter.
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
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