Mitgefühl statt Abgrenzung oder umgekehrt?

  • Liebe Menschen,


    ich habe mein Leben lang ein Problem mit Mitgefühl gehabt. Zurzeit gibt es etwas Klassisches, wieder mal: Ein Obdachloser schläft jede Nacht vor meiner Wohnungstür. Ich weiß nicht, warum er sich genau meine Wohnungstür ausgesucht hat, wahrscheinlich, weil sie im obersten Stock ist.
    Zuerst habe ich einige Male die Obdachlosenhilfe gerufen. Er wollte nur seine Ruhe. Ich habe auch die Polizei geholt, dann ging er und kam später wieder. Er ist also nachts immer da, morgens, wenn ich um 5 zur Arbeit muss, liegt er vor meiner Tür. Ich steige über ihn weg und gehe eben.
    Aber ich empfinde Ärger.


    Die ganze Zeit denke ich: "Praktiziere Mitgefühl. Lass ihn in Ruhe. Du wärst in seiner Situation froh, wenn du schlafen dürftest. Was nimmt er dir? Nichts.
    Welches Recht hast du, zu sagen: Geh weg aus dem Treppenhaus? Verschwinde von den 2 Quadratmetern, die du beanspruchst! (Ich habe 30.)"


    Es ist nur so sehr gegen mein Gefühl. Im Grunde will ich, dass er es sein lässt.


    Das ist mein Problem mit dem Mitgefühl -
    ich zwinge mich dazu, es zu empfinden, weil ich meine, ich habe kein Recht auf Abgrenzung. (= Da Egozentrik)
    Ich kann die "richtige" Richtung überhaupt nicht erkennen.


    Irgendwo ist da ein Fehler. Ich finde ihn nicht - bin zu sehr am Anfang oder zu sehr verstrickt.
    Habt ihr einen Rat für mich?


    Gruß
    Sabeth

  • Sabeth:


    Habt ihr einen Rat für mich?


    Koch ihm nen Kaffee.

  • Ich würd ein paar Sachen versuchen:
    - aufhören, bestimmte Gefühle von mir selber zu erwarten,
    - statt dessen lieber nur beobachten: Was geht in mir vor? Genau hinschauen, tiefer gehen, Option: nicht handeln sondern gucken. Negative Gefühle betrachten - erst danach hinterfragen.
    - mir vorstellen, ich wäre in der Lage des Obdachlosen, langfristig. Auch hier erstmal nicht werten, sondern gucken.


    Klischees erkennen und ablegen...


    Wir hatten ganz früher auch mal so jemanden im Treppenhaus. Der Obdachlose schlief auf dem ersten Treppenabsatz unter unserer Tür. Irgendjemand schmiss ihn dann nach ein bis zwei Wochen raus.

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • ---

    Sabeth:

    Das ist mein Problem mit dem Mitgefühl -
    ich zwinge mich dazu, es zu empfinden, weil ich meine, ich habe kein Recht auf Abgrenzung


    Sich zum Mitgefühl zu zwingen halte ich nicht für sonderlich fruchtbar. Wenn ich das Elend der Obdachlosen sehe, dann denke ich jedesmal "Morgen schon könnte ich selbst obdachlos sein" (jeder Obdachlose könnte mein "getarnter Meister" sein!) Da kommt dann das Mitgefühl von ganz allein. Ich betrachte die Tugend des Mitgefühls mit anderen als Tugend des Mitgefühls mit mir selbst. Somit ist Mitgefühl für mich überlebensnotwendig, ohne Mitgefühl mit mir selbst und anderen bin ich nicht lebensfähig. Um das zu realisieren, probiere man mal gänzlich ohne Mitgefühl durchs Leben zu gehen und achte darauf, was dann geschieht :grinsen: So gesehen betrachte ich das Mitgefühl mit anderen eben als ziemlich identisch mit dem Mitgefühl für mich selbst. Wie das die verschiedenen Menschen im Einzelnen handhaben, wo sie sich abgrenzen und das Mitgefühl ein Ende hat, das kann letztlich wohl nur jeder mit sich selbst ausmachen.



    Gruß,
    freeman

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Ich vermute, dass der Gedanke evtl. da ist, ob man helfen sollte, kann?
    Zum einen gibt es das Mitgefühl, zum anderen gibt es das Gewissen. Einen Kaffee anzubieten wäre eine gute Möglichkeit, sowohl Mitgefühl zu zeigen, wie auch sein Gewissen zu beruhigen. Wenn er nur seine Ruhe möchte, dann lass sie ihm.
    Nimm Dir aber die Situation des Mannes nicht so zu Herzen.


    Letztes Jahr fand ich einen Obdachlosen mit einer Kopfverletzung ich rief den Rettungsdienst. Ich wartete am Unfallort bis die Rettungskräfte eintrafen. Aufgrund der schweren Verletzung und weil der Mann nicht ansprechbar war, traf etwas später die Polizei ein. Die Polizei bat mich mitzukommen und eine Aussage zu machen. Einen Tag später meldete sich die Polizei wieder bei mir wegen weiteren Fragen. Der Mann war an seiner Verletzung verstorben und es waren weitere Recherchen notwendig um ein Fremdverschulden auszuschließen. Der Polizist auf der Wache meinte zu mir, ich sehe sehr gefasst aus, obwohl ich dem Obdachlosen helfen wollte und dieser verstarb. Ich meinte zu ihm: Verstehen Sie das nicht falsch. Sein Leiden ist jetzt vorbei. - Bei der Ermittlung stellte sich heraus, dass der Obdachlose schwer betrunken gestürzt war und mit dem Kopf aufschlug.

  • Zitat

    Ich vermute, dass der Gedanke evtl. da ist, ob man Helfen sollte, kann?


    Hallo, Markus Bertulat


    hm, mein Beitrag, dass ich ihm schon Brötchen gemacht hatte, ist nicht da.
    Der Gedanke war schon da. Im Winter habe ich ihn schlafen lassen. Dann habe ich versucht, über die Obdachlosenhilfe zu helfen - er bekam auch alles. Täglich Essensmöglichkeit, einen Wohncontainer, einen Raum in einer WG, eine Arbeit, eine andere Arbeit, aber überall wollte er sich an nichts halten und hat somit alle Anlaufmöglichkeiten wieder verloren.
    Ich hab es ganz ehrlich satt, dass er alle Möglichkeiten ausschlägt und ich mich innerlich dazu bereit erklären müsste zu sagen:
    Gut, ich nehme aber an, was mich ärgert. Bleib.


    Ich hab da ehrlich gesagt kein Mitgefühl mehr. Und trotzdem halte ich es für falsch.

  • Versuchs doch mal mit Mitgefühl mi dir. :D
    Stell dich vor einen Spiegel, streich dir über den Kopf und sage: "Sabeth, du schon wieder."


    Und lass den armen Mann in Ruhe. Er hat dir doch nichts getan. :D
    Oder frag ihn doch mal, ob erüberhaupt Hilfe von dir will. ;)



    Sabeth:

    ...Das ist mein Problem mit dem Mitgefühl -


    Du hast kein Problem mit dem Mitgefühl. Du hast eines mit Dir.

  • ---

    Sabeth:

    ... er bekam auch alles. Täglich Essensmöglichkeit, einen Wohncontainer, einen Raum in einer WG, eine Arbeit, eine andere Arbeit, aber überall wollte er sich an nichts halten und hat somit alle Anlaufmöglichkeiten wieder verloren.


    Respekt für diesen Mann. Er scheint in der Übung des Nicht-Anhaftens bereits sehr weit fortgeschritten zu sein 8)


    ... im Übrigen schliesse ich mich uneingeschränkt dem Kommentar von Ji'un Ken an.

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Doch, er haftet an am Platz vor meiner Tür. ^^


    Ja, ich hab ein Problem mit mir. Seit Jahrzehnten ^^Ich weiß, bloß komme ich nicht wirklich weiter damit. :oops:

  • Sabeth:

    ...Ja, ich hab ein Problem mit mir. Seit Jahrzehnten ^^Ich weiß, bloß komme ich nicht wirklich weiter damit. :oops:


    Kein Stress. Das wird schon. Da bin ich mir ganz sicher. :D


    Kannst du es packen, diese Problem oder ist es eher diffus für dich?

  • ---
    Lieber Sabeth, hier schreibst Du:


    Sabeth:

    Was nimmt er dir? Nichts.


    Dann aber schreibst Du:


    Sabeth:

    Doch, er haftet an am Platz vor meiner Tür.


    Stört er Dich nun oder stört er Dich nicht? Ich verstehe nicht, was genau Dein Problem ist!



    LG,
    freeman

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Hm... es ist diffus. Ich denke oft, mich beweisen zu müssen. Meist mach ich das Gegenteil und räume das Feld, und umso mehr muss ich mich dann beweisen. Ich war nie gut zu mir und hab mir meist das Ungünstigste für mich ausgesucht und oft nur geduldet und geduldet, und nun beiße ich mich überall fest, wo ich denke: Du gibst schon wieder nach. Nicht schon wieder!
    Mitgefühl mit mir haben geht irgendwie nicht - weil ich dann immer finde, ich sei egoistisch. Und so werde ich immer biestiger.
    (Und - natürlich habe ich dem Mann "geholfen", weil ich wollte, dass er weg geht. Mir ist schon klar, dass er keine Hilfe wollte... *seufz*)


    So sehe ich gerade das Problem. Ich weiß nicht, ob es sich für dich so darstellt, Ji'un Ken.


    Freeman, das mit dem Anhaften... ich war etwas neidisch auf deinen Ausspruch "er beherrscht die Kunst des Nicht-Anhaftens", habe mich geärgert, weil ich sozusagen doof da stehe, und er so "toll". Da wollte ich einfach anführen: Guck, gar nicht, er haftet auch...
    Und mit dem "Was nimmt er dir - nichts" - das ist das, was ich denken sollte, das, was meine Vernunft sagt.
    Mein Gefühl sagt aber:Stören. Das ist leider oft nicht zusammen passend.

  • ---

    Sabeth:

    Mitgefühl mit mir haben geht irgendwie nicht - weil ich dann immer finde, ich sei egoistisch. Und so werde ich immer biestiger.


    Das ist der Punkt, scheint mir: Wenn ich kein Mitgefühl mit mir selbst habe, dann kann ich doch unmöglich Mitgefühl mit anderen haben und vice versa.


    Sabeth:

    Freeman, das mit dem Anhaften... ich war etwas neidisch auf deinen Ausspruch "er beherrscht die Kunst des Nicht-Anhaftens", habe mich geärgert, weil ich sozusagen doof da stehe, und er so "toll".


    Es geht doch nicht ums "toll dastehen" usw. Man kann niemandem seine Hilfe aufzwingen. Wenn Du von jemandem keine Hilfe möchtest, dann willst Du ja auch keine Hilfe aufgezwungen bekommen, oder? Wenn der Mann nur Deine Hilfe in Bezug darauf annimmt, daß Du ihn bei Euch im Treppenhaus übernachten lässt, gut, zumal Du ja sagst, er nähme Dir nichts. Und wenn Du ihn da nicht haben willst, na, dann schick ihn weg, es gibt Millionen Treppenhäuser in der BRD, er wird ein anderes finden.


    Sabeth:

    Mein Gefühl sagt aber:Stören. Das ist leider oft nicht zusammen passend.


    Mein Vorschlag wäre, diesen augenscheinlichen Konflikt dahingehend zu lösen, daß Du Dich einfach entscheidest, ob er Dich stört oder nicht stört- wenn er Dich stört, dann schick ihn weg, wenn er Dich nicht stört, dann lass ihn da. Ist doch irgendwie nicht so kompliziert, oder? Gestehe Dir einfach selbst zu, daß Dein Mitgefühl mit anderen Grenzen hat. Auch mein Mitgefühl hat seine Grenzen, keine Frage.


    Übrigens sagen Bettler in Indien niemals Danke. Und warum? Weil der Geber immer auch im Eigeninteresse handelt.

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

    Einmal editiert, zuletzt von freeman ()

  • Sabeth:

    Hm... es ist diffus. Ich denke oft, mich beweisen zu müssen. Meist mach ich das Gegenteil und räume das Feld, und umso mehr muss ich mich dann beweisen. Ich war nie gut zu mir und hab mir meist das Ungünstigste für mich ausgesucht und oft nur geduldet und geduldet, und nun beiße ich mich überall fest, wo ich denke: Du gibst schon wieder nach. Nicht schon wieder!
    Mitgefühl mit mir haben geht irgendwie nicht - weil ich dann immer finde, ich sei egoistisch. Und so werde ich immer biestiger....


    Wie oft hat man im übertragenen Sinne oder direkt zu dir gesagt:"Du bist ein Penner. Du bist nichts wert."?
    Oder wie oft hast du das zu dir gesagt?

  • Das ist meine Lebensbotschaft von meiner Familie, Ji'un Ken.
    Ich hab auch überlegt, ob es das ist. Und ich danke dir für die Frage.
    Aber weißt du, was noch - wenn er ein Geschäftsmann wär, der sich mit Geld eben einen Platz vor meiner Tür erkauft (ist natürlich Quatsch, das macht keiner) - oder wenn es ein hoch angesehener Mensch wäre, der dort liegt, ein Star oder so etwas - es würde mich ganz genau so wütend machen. Ich seh da sehr die (auch so häufige) Botschaft an mich: Du darfst dir keinen Raum nehmen. DU darfst nur nehmen, was übrig bleibt.


    Aber er nimmt ihn, sich; er nimmt sich das, was er will. Und das macht mich so schrecklich wütend.


    Ja, freeman. Mich entscheiden. Also, das heißt - ich möchte es sehr. Wahrscheinlich zu sehr, ich krieg Kopfweh davon, weil ich so sehr eine Entscheidung zu brauchen glaube.


    Ich danke euch übrigens allen schon sehr für eure Worte und Gedanken. Auch denen, denen ich nicht direkt geschrieben habe.
    Ich habe versucht, zu beobachten, ohne Wertung - und bin erst ganz dicke Anfängerin darin. :) Ich möchte da weiter gehen.

  • Zitat


    Freeman, das mit dem Anhaften... ich war etwas neidisch auf deinen Ausspruch "er beherrscht die Kunst des Nicht-Anhaftens", habe mich geärgert, weil ich sozusagen doof da stehe, und er so "toll".


    Mein Eindruck ist eher der, dass der Mann sogar eine ganz starke Anhaftung an Sabeth hat.


    Warum sonst lässt er sich nicht auf ihre Hilfsangebote ein und holt sich die Unterstützung nicht im Obdachlosenheim?


    Ich arbeite ja selbst in der sozialen Arbeit und es gibt definitiv Menschen, die sich eigenverantwortlich entschieden haben, keine effektive Hilfe zur Selbsthilfe annehmen zu wollen.
    Schon als Frau wollte ich nicht, dass ein wildfremder Mann sich ständig vor meiner Türe aufhält.
    Ich bin gewiss kein "verschrecktes Weiblein", aber dass ein mir unbekannter Mann tagein, tagaus mein Kommen und Gehen nachvollziehen kann: das möchte ich nicht.


    Wenn ich dem Obdachlosen Hilfe angedeihen lassen möchte, würde ich Hilfe zur Selbsthilfe anbieten, ggf. würde ich ihn noch zu einer Beratungsstelle mitbegleiten.
    Und die Selbsthilfe findet nicht im Flur vor meiner Tür in einem Raum statt, in dem mein "Tagesverhalten" nonstop für einen mir fremden Mann nachvollziehbar gemacht wird.

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide

  • Sabeth:
    Zitat

    Ich hab es ganz ehrlich satt, dass er alle Möglichkeiten ausschlägt...


    "Ich habe es satt!" Das höre ich immer wieder von anderen Menschen. :D
    Manchmal tappe ich auch in "die Falle", dass ich jemanden helfe der gar nicht nach Hilfe gefragt hatte.
    Das sind oftmals einfach nur Kleinigkeiten im Leben. Ich helfe dann mal hier und da einem Arbeitskollegen, weil ich gerade sehe, dass er sich mit einer Tätigkeit abmüht.
    Wenn ich dann auch eine helfende Hand brauche... Alle haben zu tun. Keiner hat Zeit.
    Ich könnte genug Beispiele nennen. Im Grunde hoffe ich, wenn ich helfe nach einer Gegenleistung.
    Entweder: Eine Hand wäscht die andere. Oder: Der andere das als Starthilfe betrachtet
    Also nach dem Motto: Mein Handeln muss Früchte tragen.
    Wenn ich mich dann bei jemanden auslasse, dann höre ich: Du bist halt ein netter Kerl, oder, du bist ein sozialer Typ.
    Mein Kommentar dann oft: Schön, davon kann ich mir auch nichts kaufen. ;)
    Generell behilflich zu sein, entspricht wohl meiner Natur. Das soll auch so bleiben.
    Ich sollte mich allerdings darin üben, dass ich keine Gegenleistung von anderen erwarte, obwohl ich stets behilflich bin und selbst Gegenleistungen bringe. Eigentlich sollte ich das Wort Gegenleistung aus meinen Wortschatz und Gedanken entfernen.

  • ---

    Sabeth:

    Freeman, das mit dem Anhaften... ich war etwas neidisch auf deinen Ausspruch "er beherrscht die Kunst des Nicht-Anhaftens", habe mich geärgert, weil ich sozusagen doof da stehe, und er so "toll".

    Kirschblüte:

    Mein Eindruck ist eher der, dass der Mann sogar eine ganz starke Anhaftung an Sabeth hat.


    Dann soll Sabeth den Mann wegschicken und er/sie wird sehen, wie stark die Anhaftung wirklich ist. Es ist kein Problem, die Haustür abends abzuschliessen und sich mit den Nachbarn abzustimmen, daß der Mann nicht mehr ins Haus gelangt. Im Übrigen, wenn der Mann nicht gehen will (was ich kaum glaube), kann man immer noch eine einstweilige Verfügung wegen Hausfriedensbruch erwirken. Wenn ich der Mann wäre und ich würde diesen Thread hier lesen, dann wäre ich bereits 1000 Kilometer weitergezogen, glaub mir 8)


    Wie bereits gesagt, es hat keinen Sinn, jemandem Hilfe aufzuzwingen, die er nicht haben will. Es würde mich sehr wundern, wenn Du in der Sozialarbeit gegenteilige Erfahrungen gemacht hast. Da kann man 1000 Jahre dran knabbern, es nützt garnichts. Ausserdem halte ich es für überheblich, jemandem Hilfe aufzuzwingen, die er nicht haben will. Ich kenne Menschen, die sich gerade deshalb vollkommen aus dem System verabschiedet haben, weil ständig andere sie eben "hilfreich" in dieses System hineinzwingen wollten 8)


    Im Übrigen sagte ich bereits, daß Sabeth den Mann wegschicken soll, wenn er/sie den Eindruck hat, daß der Mann zu sehr an ihm/ihr haftet, bzw. er ihn/sie stört.



    Liebe Grüße,
    freeman

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Für mich grenzt das Verhalten jedenfalls schon an Stalking:


    Zitat

    Stalking ist das willentliche und wiederholte (beharrliche) Verfolgen oder Belästigen einer Person, deren physische oder psychische Unversehrtheit dadurch unmittelbar, mittelbar oder langfristig bedroht und geschädigt werden kann. Stalking ist in vielen Staaten ein Straftatbestand (in Deutschland als „Nachstellung“) und Thema kriminologischer und psychologischer Untersuchungen.


    http://de.wikipedia.org/wiki/Stalking



    :?: Freeman: Was hast Du denn in mein Posting hineininterpretiert bzw. was hast Du denn gemeint, herauszulesen? :?:


    Was ich geschrieben habe, widerspricht Deiner Auffassung überhaupt nicht. Ich gehe da absolut konform mit Dir!
    Wenn jemand eine Hilfe "im System" nicht annehmen möchte, dann ist es auch vollkommen sinnfrei, ihn hineinzuzwängen. Aus dem Grund habe ich von eigenverantwortlicher Entscheidung, die Hilfe nicht annehmen zu wollen geschrieben.
    Aus dem Grund bekommt man z.B. in Fällen von Abhängigkeit nur dann einen Therapieplatz, wenn man selbst um diese Hilfe bittet (was ich als sehr sinnvoll betrachte).


    Zitat

    Ich kenne Menschen, die sich gerade deshalb vollkommen aus dem System verabschiedet haben, weil ständig andere sie eben "hilfreich" in dieses System hineinzwingen wollten


    Besser ist das!


    Aber es berechtigt den Betroffenen auch nicht, diese Art von Hausfriedensbruch zu begehen und auch da gehen wir -wenn ich Deine Postings richtig begriffen habe- konform.

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide

  • ---

    Kirschbluete:

    Wenn jemand eine Hilfe "im System" nicht annehmen möchte, dann ist es auch vollkommen sinnfrei, ihn hineinzuzwängen.


    Dann, werte Kirschblüte, verstehe ich folgende Aussagen von Dir nicht wirklich:


    Kirschbluete:

    Mein Eindruck ist eher der, dass der Mann sogar eine ganz starke Anhaftung an Sabeth hat.


    Warum sonst lässt er sich nicht auf ihre Hilfsangebote ein und holt sich die Unterstützung nicht im Obdachlosenheim?...


    Wenn ich dem Obdachlosen Hilfe angedeihen lassen möchte, würde ich Hilfe zur Selbsthilfe anbieten, ggf. würde ich ihn noch zu einer Beratungsstelle mitbegleiten...

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Ich kann wiederum nicht verstehen, warum Du diese klare Aussage nicht verstehst. :?:
    Etwas anzubieten mit Zwang gleichzusetzen, kann ich nicht nachvollziehen.



    Zitat

    Warum sonst lässt er sich nicht auf ihre Hilfsangebote ein und holt sich die Unterstützung nicht im Obdachlosenheim?...


    Hilfsangebot: Ein Angebot zur Hilfe.


    Entweder nimmt er das Angebot an .... oder er lässt es eben.


    Zitat

    würde ich Hilfe zur Selbsthilfe anbieten



    "anbieten": nicht zwingen.



    Wenn er es lässt, muss Sabeth aber noch lange nicht "privaten Integrationshelfer" spielen - so meine Sichtweise und so auch Deine, wenn ich Dich richtig verstanden habe.



    Verstehst Du das wirklich nicht???? :shock:

    Herzliche Grüße von der


    Kirschblüte



    Der vielleicht größte Vorteil des Ruhms besteht darin, daß man ungestraft die größten Dummheiten sagen darf.


    André Gide

  • Kirschbluete:

    Ich kann wiederum nicht verstehen, warum Du diese klare Aussage nicht verstehst. :?:
    Etwas anzubieten mit Zwang gleichzusetzen, kann ich nicht nachvollziehen.


    Entweder nimmt er das Angebot an .... oder er lässt es eben.
    Wenn er es lässt, muss Sabeth aber noch lange nicht "privaten Integrationshelfer" spielen - so meine Sichtweise.


    Ja Himmel, wir drehen uns hier im Kreisel... Sabeth sagte bereits mehrfach, daß der gute Mann keine weitere Hilfe (ausser der Schlafstelle im Treppenhaus) haben möchte!
    Und wenn Sabeth ihn nicht im Haus haben will, dann siehe bitte meine vorangegangenen Posts zu dem Thema. Ich empfinde diese Diskussion mittlerweile dem Obdachlosen gegenüber als unwürdig und klinke mich daher hier besser aus. Over and out.


    ... im Übrigen gibt es sogar Zen-Meister, die unter die Obdachlosen gegangen sind, um mit ihnen eine zeitlang zu leben und von ihnen zu lernen:


    http://www.antaiji.dogen-zen.de/deu/video.shtml


    ( siehe das dortige Interview mit Abt Muho bei 3Sat)

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Sabeth:

    Das ist meine Lebensbotschaft von meiner Familie, Ji'un Ken.
    Ich hab auch überlegt, ob es das ist. Und ich danke dir für die Frage.
    Aber weißt du, was noch - wenn er ein Geschäftsmann wär, der sich mit Geld eben einen Platz vor meiner Tür erkauft (ist natürlich Quatsch, das macht keiner) - oder wenn es ein hoch angesehener Mensch wäre, der dort liegt, ein Star oder so etwas - es würde mich ganz genau so wütend machen. Ich seh da sehr die (auch so häufige) Botschaft an mich: Du darfst dir keinen Raum nehmen. DU darfst nur nehmen, was übrig bleibt.


    Aber er nimmt ihn, sich; er nimmt sich das, was er will. Und das macht mich so schrecklich wütend...


    Ich weiß, dass das deine Lebensbotschaft ist.
    Für wen steht dieser Mann?