Muss man Vegetarier sein?

  • Chamäleon:


    Im Geiste der Toleranz möchte ich hier keine Religion schlecht machen - auch nicht die chistliche. Zum beseren Verständnis erwähne ich den Unterschied in den Motiven. Fasten soll ein Opfer sein. Ein leckeres Reisgericht ist für mich kein Opfer. In diesem einen Fall wurde ich durch Buddhisten aufmerksam gemacht. Sonst ist es viel einfacher: Ich esse dann vegetarisch, wenn ich Lust dazu habe.


    Mit dem Beispiel aus Moldawien meine ich etwas anderes.


    Hab ich auch etwas später gesehen ;)
    Deutschland hin, Deutschland her...

    Chamäleon:


    Damit verbinde ich eine Philosophie, die es schon in der Antike gab. Wenn ich mit weniger Geld auskomme, dann bin ich weniger von ökonomischen Zwängen abhängig und werde dadurch freier. Somit hat Fleisch nur eine hohe Symbolik. Der Verzicht bedeutet, dass das Einkommen länger reicht. Das könnte ich auf andere Luxusgüter, wie teure Autos, Uhren usw. übertragen.


    Das "NUR eine hohe Symbolik" hatte mich hauptsächlich gestört. Für mich macht es einen Unterschied, ob man bespielsweise Respekt 'trainiert' in dem man sich vor einer Buddha-Statue verbeugt, oder ob es sich auch auf etwas 'Wirkliches' bezieht.


    Dass "Fleisch eine hohe Symbolik hat", aber eben nicht "nur", sollte dieser Thread ja bewiesen haben. :)


    Das mit der "ökonomischen Philosophie" macht Sinn (auch wenn in meinen Augen "Fleisch" nicht der beste Parameter ist, um diese Philosophie zu veranschaulichen, sondern halt nur einer von vielen möglichen Parametern (Autos, Schmuck...).
    Der Vorteil, dass das Einkommen länger reicht, ist ja mehr oder weniger äquivalent dazu, dass ein geringeres Einkommen ausreichend ist. Also weniger Druck, mehr Zeit usw. als Gewinn durch Verzicht.
    Der richtige Trick ist vielleicht, sich so zu entwickeln, dass es für einen kein "Verzicht" mehr darstellt, sondern eher ein Ausdruck der Genügsamkeit oder Bescheidenheit ist und automatisch funktioniert.


    Respekt ist natürlich immer irgendwie gut, wobei ich persönlich der Meinung bin, dass leerer Respekt nicht so viel bringt und auch eine Krücke oder Kette ist, die hinderlich sein kann.
    Man kann vielleicht Mißverständnisse vermeiden, aber auch nichts lernen und hat nichts zum diskutieren. ;)

  • Mirco:
    Dana:

    Mir tuen die allen getöteten Geschöpfe sehr, sehr leid.


    Alle? Sicher?


    Ja, alle.
    Auch die, die als Parasiten, Schädlinge, Mörder, Peiniger, Verbrecher, usw... bezeichnet werden.
    Ich fühle mit jedem.
    Das Mitgefühl ist aus der Liebe zu allen Lebewesen entstanden. Die Liebe zu allen Lebewesen ist aus der Liebe zu mir selbst und aus dem Erkenntnis geboren, dass Die da und Ich nur eine helfende Bezeichnung ist, die in der sprachlichen Kommunikation benutzt wird. Die Anderen und das Ich aber so wirklich nicht alleine, jeder für sich einzeln existieren können/ dürfen/ sollen/ tuen. Sie verschmelzen in der Realität in ein Wir.

  • fluid:


    Das "NUR eine hohe Symbolik" hatte mich hauptsächlich gestört. Für mich macht es einen Unterschied, ob man bespielsweise Respekt 'trainiert' in dem man sich vor einer Buddha-Statue verbeugt, oder ob es sich auch auf etwas 'Wirkliches' bezieht.


    Das "NUR" bezieht sich auf den Glauben, den ich im Herzen trage. Außer mir selbst weiß keiner, ob ich Respekt nur vortäusche. ABER: Etwas Respekt gehört zu den Grundsätzen der Diplomatie und das hat noch keinem geschadet. Zumindest kann ich auf dem Weg Streit vermeiden. Also befolge ich den ersten Grundsatz der Lehre, indem ich mit niemandem streite und folglich auch niemanden hasse.


    fluid:

    Das mit der "ökonomischen Philosophie" macht Sinn (auch wenn in meinen Augen "Fleisch" nicht der beste Parameter ist, um diese Philosophie zu veranschaulichen, sondern halt nur einer von vielen möglichen Parametern (Autos, Schmuck...).
    Der Vorteil, dass das Einkommen länger reicht, ist ja mehr oder weniger äquivalent dazu, dass ein geringeres Einkommen ausreichend ist. Also weniger Druck, mehr Zeit usw. als Gewinn durch Verzicht.


    Ja, in Deutschland haben wir einen Sonderfall, der erst dann auffällt, wenn wir zum Vergleich andere Kulturen kennenlernen. Bei uns hat die Konservierung durch Räuchern oder Pökeln eine sehr lange Tradition. Damit meine ich Rauchfleisch, Würste und ähnliche Dinge. (Das sind übrigens auch die Sorten von Fleisch, die ich am liebsten verzehre). Weil Deutsche damit sehr viel Erfahrung haben, muss Fleisch bei uns kein Luxus sein. Dann reise man mal in andere Länder...?! Dort wird man feststellen, dass wir uns einen ziemlichen Luxus gönnen, den wir nur unserer hochentwickelten Technologie verdanken.


    fluid:

    Der richtige Trick ist vielleicht, sich so zu entwickeln, dass es für einen kein "Verzicht" mehr darstellt, sondern eher ein Ausdruck der Genügsamkeit oder Bescheidenheit ist und automatisch funktioniert.


    So meine ich das mit asiatischen Reisgerichten. Für mich ist es kein Verzicht, wenn ich das Gericht gerne esse.


    fluid:

    Man kann vielleicht Mißverständnisse vermeiden, aber auch nichts lernen und hat nichts zum diskutieren. ;)


    Nicht einmal in der eigenen Sprache kann man Missverständnisse vermeiden. Im Buddhismus ist das noch etwas schwieriger. Die ursprünglichen Texte waren auf Pali geschrieben. Sie gelangten aber nicht direkt zu uns. Da gab es Umwege über Tibetisch, Chinesisch, Japanisch usw. Ich denke, man kann und soll darüber diskutieren.

    Es gibt keine Freiheit ohne Wahrheit. Es gibt aber auch keine Wahrheit ohne Freiheit.

  • In diesem Thread ist eine unvollständige bzw. intolerante Aussage:

    Zitat

    Nach der Überlieferung starb er weder an verdorbenem Fleisch noch an verdorbenen Pilzen.


    Es gibt mehrere Überlieferungen. Nach dem Theravada (Mahaparinibbana Sutta) wurde der Buddha kurz vor seinem Tod von Mara gedrängt, doch endlich ins Nirwana einzugehen, und das tat er dann auch.


    Nach dem Mahayana (Mahaparinirvana Sutra) aß er ein Gericht, dass aus Pilzen (Trüffeln) oder Fleisch bestanden haben soll (je nach Lesart). Jedoch sind auch Stellen des Palikanon der Theravada-Tradition so gefasst, dass sie Fleischgenuss zulassen.


    Es ist ganz klar zu erkennen, dass es sich bei dem Pro und Contra um kulturelle Ideen handelt. Ich gebe mal ein paar Beispiele.


    Die Wahooli in Neuguinea sind absolut nackt und betrachten jede Dekoration als des Teufels. Sie kennen keine Worte für Danke und Bitte, keinen Führer. Sie essen Tiere, aber achten sie und kommunizieren mit ihnen.


    Die Quevalo in Ostekuador füttern an einem Festtag ihre Essel mit Kuchen und allerlei Zeug, bis die Tiere erbrechen. Dieses Erbrochene wird dann von den Menschen verspeist. Obwohl die Tiere quasi gequält werden, gilt dies als Verehrung der Esel, die vorher auch gebadet werden usf. Dies alles, weil einmal durch den Schrei eines Esels eine verschollene Menschengruppe gerettet worden sein soll.


    Die Shan im oberen Teil Burmas glauben, dass die Erde das Innere eines Elefanten sei und wir alle in einem Elefanten leben. Alle vier Jahre backen sie den Kot von Elefanten zu einer Art Brot und verspeisen es.


    Diese Beispiele finden sich am Ende der Reiseberichte im Buch "Fresh-Air Fiend. Travel Writings". Wir können daraus schließen, dass es für Menschen keinen allgemein verbindlichen Umgang mit Tieren gibt und es nicht sinnvoll ist, in einem Buch danach zu suchen (denn was würden wir dann wohl aus dem eben genannten Buch für Schlüsse ziehen?).

  • Wir Menschen sind wohl die größte Belastung für diesen sterbenden Planeten, haben in der Evolution mehr Wert auf unsere geistige Entwicklung gelegt, als die Überlebensfähigkeit unserer Körper. Damit haben wir uns auferlegt die Natur ausnutzen zu müssen. In wie weit jeder Einzelne das tut, oder vermeidet, muss er wohl selbst entscheiden. Keinem von uns wird es wohl gelingen durch das Leben zu gehen, ohne anderen Lebewesen Leid zuzufügen, oder natürliche Ressourcen zu nutzen. Selbst wenn ich mich entscheide kein Fleisch zu essen, so habe ich ja doch sicher irgendwo einen Schuh der mit Leder verarbeitet wurde. Oder ich fahre mein Auto mit Biodiesel für dessen Treibstoff eine Mausefamilie beim Anbau von Raps gestorben ist. Beim Genuss von Fleisch ist halt das schlechte Karma ziemlich leicht nachzuvollziehen. Beim Strom aus erneuerbaren Energien muss man schon etwas weiter ausholen.

  • [quote="goldie"
    Diese Beispiele finden sich am Ende der Reiseberichte im Buch "Fresh-Air Fiend. Travel Writings". Wir können daraus schließen, dass es für Menschen keinen allgemein verbindlichen Umgang mit Tieren gibt und es nicht sinnvoll ist, in einem Buch danach zu suchen (denn was würden wir dann wohl aus dem eben genannten Buch für Schlüsse ziehen?).[/quote]


    Dazu noch ein Beispiel. Auf der arabischen Insel Bahrain verleiteten mich Einheimische, "Kufta" zu essen. Gemeint sind kleine Frikadellen in scharfer Soße. Erst nach dem Verzehr wurde mir eröffnet, dass ich das Fleisch von Wanderheuschrecken gegessen hatte. Da stelle ich einige Fragen zur Diskussion:


    Wanderheuschrecken gelten als biblische Plage. Noch heute vernichten diese Heuschrecken Ernten von Afrikanern und Asiaten, die sich eigentlich vegetarisch ernähren möchten. Wie ist es, wenn man Tiere tötet, welche gleichzeitig menschliche Existenzen vernichten???


    Warum verzehren wir keine Heuschrecken? Ganz einfache Erklärung: den Chitinpanzer hätte ich beim Essen bemerken müssen. Also werden Heuschrecken auf Bahrain so gepult, wie wir Krabben pulen. Dazu noch eine Frage: Ich verzehrte Fleisch, ohne den Ursprung zu kennen. Bin ich nun "karmatisch" schuldig, wenn ohne mein Wissen und Zutun Tiere getötet werden?

    Es gibt keine Freiheit ohne Wahrheit. Es gibt aber auch keine Wahrheit ohne Freiheit.