Wu Wei- Handeln durch Nichthandeln

  • Hallo miteinander,

    ich interessiere mich für das taoistische Thema des „Wu Wei“ (Handeln durch Nichteingreifen..).


    Jetzt schreiben div. Autoren, das Zen historisch eine Synthese von Taoismus und Buddhismus sei und das Wu Wie-Prinzip mit ins Zen eingegangen ist.


    Meine Frage bezieht sich auf den zweiten Teil des Satzes.

    Ist es wahr das dieses Prinzip Bestandteil des Zen ist und wie wäre das zu verstehen?

    also wie ist es gemeint?


    Würde mich über Anregungen/Tips/Erfahrungen zum Thema freuen !

    LG

    Rolf

  • Hi, ich wollte hier einiges aus dem Buch abschreiben:


    Zitat

    Die Entwicklung des Zen wird der Begegnung des indischen Buddhismus mit dem Taoismus Chinas zugeschrieben. Die Lehren haben Ahnlichkeit miteinander und vermochten sich gegenseitig zu ergänzen und zu durchwirken. Das Resultat war eine Verdichtung der Inhalte in Hinblick auf die unmittelbare Seinserfahrung.

    Man kann es weiter nachlesen:


    S.32, "Zen im Westen", D. Wartenweiler, 2010.


    LG.

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Probier es aus

    Wenn im dürren Baum der Drache Dir singt
    siehst wahrhaft Du den WEG.
    Wenn im Totenkopf keine Sinne mehr sind
    wird erst das Auge klar.


    jianwang 健忘 = sich [selbst] vergessend

  • Danke an Kathrin und Igor!

    Jianwang: deine Antwort ist weder Tip noch Erfahrung, und als Anregung überhaupt nicht nützlich.


    Leider eine in diesem Forum häufig vorkommende Eigenart, die Fragestellung zu ignorieren und mit weise anmutenden Sprüchen das eigene Ego zu kitzeln.


    Hab schon gewartet, wann der Erste sich auf diese Art meldet..
    Gruss

    • Offizieller Beitrag

    Moin Rolf.


    Ist es wahr das dieses Prinzip Bestandteil des Zen ist und wie wäre das zu verstehen?

    Ich würde sagen "nicht handeln" in diesem Kontext bedeutet das Handeln dem Gegebenen entsprechend und angemessen "geschehen" zu lassen.


    Es bedeutet nicht, Handeln generell zu vermeiden, sondern vorurteilsfrei, unvoreingenommen und spontan auf eine gegebene Situation zu reagieren, ohne dass ich nach bestimmten Konzepten, Kriterien oder allgemeinen ethischen Gesichtspunkten entscheide, was zu tun ist.


    Im Text von Kartin wird das sehr schön mit "passive Aktivität, eine rezeptive Spontaneität" beschrieben. (Im Dokument S. 106)


    Auf diese Weise gibt es so viele Variationen zu handeln wie es Situationen gibt, aber immer nur eine Variante, die der jeweiligen Situation wirklich angemessen ist, weil sie in vollkommenem Einklang mit der Wirklichkeit geschieht. Diese eine Handlung wird nicht geplant, gesucht oder definiert sondern "geschieht" aus der Position des offenen Gewahrseins heraus.


    So mögen von außen viele Situationen einander gleichen, so dass man eine Handlungsmaxime bezüglich dieser Kategorien von Situationen formulieren könnte (wenn Dich einer auf die linke Wange schlägt, ...). Im Zen allerdings würde die Schaffung einer solchen Kategorie niemals im Einklang mit der Wirklichkeit sein, da jede Situation durch ihre vielfältigen Ursachen und Bedingungen immer einzigartig ist. Das Handeln aus der Position des offenen Gewahrseins heraus ermöglicht nun die unmittelbare Reaktion, die im Einklang mit den Gegebenheiten ist, sofern der Handelnde nicht handelt sondern eher aus der Erfahrung und Haltung des abhängigen Entstehens und des Nicht-Ich heraus re-agiert.

  • Ich bin eher zurückhaltend damit, Chan/Zen als eine Synthese von Daoismus und (indischem) Buddhismus zu verstehen, das scheint mir doch stark simplifizierend. Zumindest handelt es sich um keine Synthese gleichstarker Partner. Dass Buddhismus als eine 'importierte' Religion mit dem neuen kulturellen Substrat in eine Wechselwirkung tritt, ist nicht nur unvermeidlich, es ist sogar erwünscht. Wir erleben das ja zur Zeit hautnah hier im Westen. Das heisst nicht, dass der Buddhismus zu einem Synkretismus mit lokalen Traditionen degeneriert, auch wenn der Sangha in der Übermittlung des Dharma auf eben diese Traditionen zurückgreift - als fangbian / hōben (upāya, 'geschickte Mittel'). Die Frage nach buddhistischer Authentizität dieser Dharmaübermittlung ist eine Frage nach der Konsistenz der mit diesen Mitteln und Methoden vermittelten Einsichten mit der Tradition - den aus Indien über Zentralasien importierten und übersetzten buddhistischen Schriften, also dem Tripitaka. Ich für meinen Fall hatte bislang noch keinen Anlass, diese Konsistenz anzuzweifeln.


    Sicher ist es naheliegend, etwa bei dem im frühen Chan (konkret im dem 6. Patriarchen zugeschriebenen 'Platform-Sutra') entwickelten Konzept 'wunian' eine Inspiration durch das daoistische wuwei zu vermuten - das, worum es jeweils rein praktisch geht, scheint mir verwandt. Andererseits hat das 'wunian' durchaus eine 'buddhistische' Begriffsgeschichte mit indischen Wurzeln, vgl. hier (Achtung Paywall, nur der Anfang ist kostenfrei zu lesen).


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  • Ich würde sagen "nicht handeln" in diesem Kontext bedeutet das Handeln dem Gegebenen entsprechend und angemessen "geschehen" zu lassen

    Tja, ich kann es mir nichts verkneifen, wenn man es sogar als rein ironisch interpretieren könnte...

    Wie wäre es mit

    "Dein Wille geschehe"...?:)

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • In den vier Vorlesungen über das Zhuangzi mit dem Titel "Das Wirken in den Dingen" zitiert Jean Francois Billeter den Dialog von Konfuzius mit dem Mann, der in den Wasserfällen von Lüliang schwamm und er fragte ihn nach seiner Methode. Der Mann antwortete, er habe keine Methode. Er sei vom Gegebenen ( gu) ausgegangen, habe ein Naturell (xing) entwickelt und die Notwendigkeit (ming) erreicht. Konfuzius bat ihn das zu erklären. Der Mann sagte: ich bin hier aufgewachsen und habe mich hier zu Hause gefühlt. Das ist das Gegebene. Ich bin im Wasser aufgewachsen und habe mich zunehmend darin wohlgefunden. Das ist das Naturell. Ich weiß nicht, weshalb ich tue, was ich tue: das ist die Notwendigkeit.

    Man muss sich also auf das Gegebene stützen, durch Übung sich verwirklichen und sich den beständigen Verwandlungen der Wirklichkeit anzupassen.

    :zen:

  • Wahrscheinlich, der Mann ist selbst zum Wasser geworden, oder?

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    Sokrates

  • In den vier Vorlesungen über das Zhuangzi mit dem Titel "Das Wirken in den Dingen" zitiert Jean Francois Billeter den Dialog von Konfuzius mit dem Mann, der in den Wasserfällen von Lüliang schwamm und er fragte ihn nach seiner Methode. Der Mann antwortete, er habe keine Methode. Er sei vom Gegebenen ( gu) ausgegangen, habe ein Naturell (xing) entwickelt und die Notwendigkeit (ming) erreicht. Konfuzius bat ihn das zu erklären. Der Mann sagte: ich bin hier aufgewachsen und habe mich hier zu Hause gefühlt. Das ist das Gegebene. Ich bin im//am Wasser aufgewachsen und habe mich zunehmend darin wohlgefunden. Das ist das Naturell. Ich weiß nicht, weshalb ich tue, was ich tue: das ist die Notwendigkeit.

    Man muss sich also auf das Gegebene stützen, durch Übung sich verwirklichen und sich den beständigen Verwandlungen der Wirklichkeit anzupassen.

    Der Mann sagte: ich bin hier aufgewachsen und habe mich hier zu Hause gefühlt. Das ist das Gegebene.

    Ich bin am Wasser aufgewachsen und habe mich zunehmend darin wohlgefunden. Das ist das Naturell.

    Ich weiß nicht, weshalb ich tue, was ich tue: das ist die Notwendigkeit.

    Man muss sich also auf das Gegebene stützen, durch Übung sich verwirklichen und sich den beständigen Verwandlungen der Wirklichkeit anzupassen.

    Igor07 Wo steht da irgendwas davon das der Mann zu Wasser geworden ist?

  • Als Igor07 ich habe Recht auf die eigene interpretation, oder? Wenn Igor07 gegen keinen AGB verstoßt.

    Und auch gegen das "buch-stäbliches" Verstehen. Das im keinem Buch steht.

    LG.

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    Sokrates

  • Ich habe übrigens nur den unterstrichenen Teil des von dir Igor07 zitierten Textes Satz-mässig auseinander gezogen und daraus die Frage an dich gestellt.


    Der Mann sagte: ich bin hier aufgewachsen und habe mich hier zu Hause gefühlt. Das ist das Gegebene.


    Ich bin am Wasser aufgewachsen und habe mich zunehmend darin wohlgefunden. Das ist das Naturell.


    Ich weiß nicht, weshalb ich tue, was ich tue: das ist die Notwendigkeit.


    Man muss sich also auf das Gegebene stützen.

    Durch Übung sich verwirklichen. (das Naturell)

    Sich den beständigen Verwandlungen der Wirklichkeit anzupassen. (ist * Notwendigkeit.)


    Das ist genau mein Weg immer wieder ins Wu Wei WU , dem handeln durch Nichthandeln zu kommen.

    Der Dao, der vor Buddha bei mir kam, hat das ermöglicht, dafür brauchte ich Buddha nur zur Bestätigung.

    Ich interpretiere also nicht, sondern ergreife meine persönlichen Erfahrungen.

    Ja es gibt eine Persönlichkeit bei mir, wer sich aber auf seine Vorurteile über meine Person verlässt, geht zwangsläufig in die Irre.

    Für mich ist *Notwendigkeit ein elementares Element des Lebens.


    Selbst wenn du annimmst, dass sich der Mann in Wasser verwandelt, stimmt das nicht. Denn Wasser fließt immer nach unten und es gibt Wasserfälle und dann muss der Mann vom Goldkarpfen der diesen Wasserfall hochspringt zum Drachen werden, um sich in den Himmel zu erheben, warum? Damit er der Übung folgen kann wie Wasser im Wasser zu sein. Warum macht er das? Ich weiß nicht, weshalb ich tue, was ich tue: das ist die Notwendigkeit.

    Karpador machts vor. :D

    6 Mal editiert, zuletzt von Noreply ()

  • Selbst wenn du annimmst, dass sich der Mann in Wasser verwandelt, stimmt das nicht.

    Noreply

    Tja, mein Lieber, verstehst du das Wort "Witz"? oder "Scherz"?


    Zitat

    [prägnant formulierte] kurze Geschichte, die mit einer unerwarteten Wendung, einem überraschenden Effekt, einer Pointe am Ende zum Lachen reizt


    Das ist die Frage, tja, sollte ich lachen oder weinen?

    Oder ich sollte, wie dieser Mann schwimmen zu gehen?

    LG.(:(:(::rose::lol:

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    Sokrates

  • Gut, dann ist das so, woher weißt du das ich den Witz einfach ernst genommen habe ?

    Mein Training für eine relativ leidfreies Leben war Sprichwörter und Beleidigungen, die mir um die Ohren gehauen wurden, ernst zu nehmen und mir Gedanken dazu zu machen, damit ich, meine Person, nicht so verletzlich ist.

    • Offizieller Beitrag

    Ich bin eher zurückhaltend damit, Chan/Zen als eine Synthese von Daoismus und (indischem) Buddhismus zu verstehen, das scheint mir doch stark simplifizierend.

    Ich sehe es so, dass der Buddhismus sich in China sich in chinesisches Denken übersetzten mußte.


    Und dort ist ja Konfuzius und seine Fragestelleung der Kultivierung des Menschen sehr wichtig. Gegenüber der konfuzianistischen Position bestzten daoistische Denker die Gegenposition in der das Natürlche und Gewachsene betont wurde und ein zu viel an Zivilisation als nachteilige gesehen wurde. Dieses "Kultur vs Natur" Gegensatzpaar kan man als einer der Grundthemen im chinesischen Denken ansehen.


    Als nun der Buddhismus nach China kam, brachte er ja ähnliche Gegensatzpaare mit:

    1. Inwieweit ist der buddhitische Pfad ein Pfad der Kultivierung bestimmter Eigenschaften oder inwieweit ist es ein Rückkehr zu natürlichen - zur Buddhanatur?
    2. Inwieweit ist der buddhitische Pfad etwas theroretisches - was man am besten durch Sutrenstudium angeht- oder etwas praktische und körperliches?

    Und da ist es ja wohl nicht ganz falsch, mal frech zu behaupten, dass Chan bei diesen beiden buddhitischen Fragestellungen letzterer Option zuneigte. Ganz am Anfang war ja ein "Chan-Meister" einfach einer der Lehrer mit Spezialgebiet Dhyana (Meditation) so wie es andere Mönche mit Spezialgebiet Vinaya(Ordensregeln) gab. Von daher gab es schon mal eine starke Neigung hin zum Praktischen und Köperlichen. (Zumindest theoretische fokusierte man sich auf die Praxis, auch wenn man dann ganz praktisch auch ganz theroetisch sein konnte)


    Ein zweiter ganz früher Einfluss war die Begeisterung mit dem Laṅkāvatāra Sūtra und seiner Betonung der Buddhanatur. Mit dieser Prioriätensetzung finde ich es nachvollziehbar, dass man, wenn man das auf den chesischen Natur vs Kultur projeziert, näher bei Laotse als bei Konfuzius landet. Und auch von anderen eher als eine "Art Daoismus" statt als eine "Art Konfuzianismus" eingeordnet wird. Und dann natürlich auch in Dialogen eher Wörter und Kozepte aus dem ersteren Bereich verwendet, bis hin zum Begriff des Wegs (Dao) selbst, der ja häufig auftaucht.

  • Der Mann braucht sich übrigens nicht großartig bemühen, zu Wasser zu werden, er ist es sowieso bereits weitgehend! :shock::)


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


  • und Beleidigungen, die mir um die Ohren gehauen wurden,

    ich wollte dich bestimmt nichts "beleidigen", und wenn du so empfindest, ich bitte um die Entschuldigung, Noreply .

    LG.

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    Sokrates

    • Offizieller Beitrag

    Das Herzsutra ist ja voll von "kein" - also immer das Zeichen "Wu/Mu" - das auch in "Wu Wei" auftaucht.


    Inhaltlich geht dieses Stakkato der Veneinung natürlich schon auf Indisches - hier eben Nagarjuna - zurück.


    Jetzt frage ich mich, inwieweit die Verneinungen China automatisch im Sinne von" Wu wei" gelesen wurden, und dann zum Koan Wu/Mu wurde?


    Das könnte doch der große Beitrag des "Wu Wei" zum Chan sein, oder?

  • inwieweit die Verneinungen China automatisch im Sinne von" Wu wei" gelesen wurden


    Diese Möglichkeit würde ich erstmal verneinen. Allein das Daodejing nutzt ein halbes Dutzend Wu-Formen neben wuwei:


    - 無名

    - 無事

    - 無心

    - 無欲

    - 無知

    - 無爭.

  • Das 'Übersetzen' des Dharma in eine andere Kultur, im Falle Chinas darüber hinaus das der schriftlichen Überlieferung in eine völlig anders strukturierte Sprache, ist keine triviale Sache und natürlich ist es der Verständlichkeit zuträglich, wenn man da an 'verwandtes' Gedankengut anknüpfen kann. Solches findet man bei uns z.B. bei verschiedenen christlichen Mystikern oder Vertretern negativer Theologie; in China war es vorwiegend der Daoismus, an den man anknüpfte. Das zeigt sich deutlich in den frühen Übersetzungen des Tripitaka; man griff da notgedrungen daoistische Terminologie auf. Als der Buddhismus im 1. Jhdt nach China kam, hielten ihn viele einheimische Intellektuelle sogar für eine 'barbarische' Form des Daoismus. Laozi war ja gemäß der Legende (älteste Quelle: das Shiji) nach Niederschrift des Daodejing in Richtung Westen gezogen (und damit verschwunden) - was die Vermutung erlaubte, er sei der eigentliche Begründer des Buddhismus. Eine Legende, an der im (religiösen) Daoismus lange festgehalten wurde, um den Buddhismus als barbarische aber im Grunde daostische Häresie zu diffamieren. Daoismus, Buddhismus und Konfuzianimus konkurrierten ja an den Höfen der Machthaber (und der Machthaberin Wu Zetian) um Förderung und religionspolitischen Einfluss. Buddhismus und Daoismus waren da keineswegs natürliche Verbündete.


    Wobei der Buddhismus in China mit der Zeit eine eigene Begrifflichkeit entwickelte, die wiederum präzisere Übersetzungen erlaubte. Als Person steht insbesondere der 'Westpilger' und Übersetzer (genauer: Leiter einer staatlich finanzierten 'Übersetzungsbehörde') Xuanzang in der Mitte des 7. Jhdt für diesen Paradigmenwechsel, wobei Xuanzang allerdings schon am Ende dieser Entwicklung steht. Bereits vorher schon waren kulturell eigenständige buddhistische 'Schulen' (zong) in China entstanden, insbesondere Tiantai und Huayan und die relativ kurzlebige Niepan zong (die schon im 4. Jhdt. das Modell der 'plötzlichen Erleuchtung' entwickelt hatte). Auch, wenn der Ansatz von Chan (das sich dann im 7. Jhdt formierte) ein explizit 'praktischer' (d.h. ein auf die Sitzmeditation, zuochan, konzentrierter) Ansatz war, so war der theoretische Hintergrund nicht neu. In dieser Beziehung war Chan alles andere als 'originell'.


    Die im Eingangspost vorgebrachte These habe ich schon öfters gehört bzw. gelesen - nachvollziehbare Argumente dafür jedoch noch nicht. Akkulturation wirkt sich vornehmlich auf die Form der zu übermittelnden Botschaft aus - und das dialektisch, also nicht nur auf das 'Importgut'. So hat umgekehrt der Daoismus als Volksreligion vieles an Formen vom Buddhismus übernommen und den eigenen Bedürfnissen angepasst. Eine Analogie dazu, die wir derzeit bei uns beobachten können, ist die 'Wiederbelebung' christlicher Mystik mit buddhistischen Formen. Das macht aus 'christlichem Zen' jedoch keinen Buddhismus und auch keine Synthese von Christentum und Buddhismus. Umgekehrt ist chinesischer Buddhismus einschließlich Chan zwar eine eigenständige, durch die chinesische Kultur geprägte Entwicklung - aber keine buddhistisch-daoistische Synthese.


    _()_


    P.S.: nochmals ein Link auf den in meinem letzten posting auf Scribd verlinkten Artikel über das 'wunian', hier ohne Paywall.

    OM MONEY PAYME HUNG

  • Zitat

    Wu-wei ist daher der Lebensstil eines Menschen, der dem Tao folgt, und ist in erster Linie als eine Form von Intelligenz zu verstehen. Das heißt, man kennt die Prinzipien, Strukturen und Neigungen menschlicher und natürlicher Dinge so gut, dass man im Umgang mit ihnen ein Minimum an Energie verbraucht.


    Es ist die «unbewusste» Intelligenz des ganzen Organismus und im besonderen die dem Nervensystem innewohnende Weisheit. Wu-wei ist eine Verbindung dieser Weisheit mit dem Weg des geringsten Widerstandes bei allem, was man tut. Es ist nicht das Vermeiden von Anstrengung.

    Alan Watts — Zitate

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

    Sokrates

  • Zitat

    Wu-wei ist daher der Lebensstil eines Menschen, der dem Tao folgt, und ist in erster Linie als eine Form von Intelligenz zu verstehen. Das heißt, man kennt die Prinzipien, Strukturen und Neigungen menschlicher und natürlicher Dinge so gut, dass man im Umgang mit ihnen ein Minimum an Energie verbraucht.


    Es ist die «unbewusste» Intelligenz des ganzen Organismus und im besonderen die dem Nervensystem innewohnende Weisheit. Wu-wei ist eine Verbindung dieser Weisheit mit dem Weg des geringsten Widerstandes bei allem, was man tut. Es ist nicht das Vermeiden von Anstrengung.

    Alan Watts — Zitate

    Wu-wei ist daher Leben eines Menschen, der dem Leben folgt, und ist als eine Intelligenz zu verstehen. Das heißt, man kennt die Prinzipien, Strukturen und Neigungen der natürlichen Dinge, dass man im Umgang mit ihnen ein Minimum an Energie verbraucht.


    Es ist die Intelligenz des ganzen Organismus und im Besonderen die dem Nervensystem innewohnende Kraft. Wu-wei ist eine Verbindung dieser Kraft mit dem Weg des geringsten Widerstandes bei allem, was man tut. Es ist nicht das Vermeiden von Anstrengung.


    Hab das mal von Alan Watts befreit.


    Tu das was zu tun ist, ob es heilsam war, wirst du erst danach erkennen. Wenn es Heilsam, nicht Heilsam, weder Heilsam noch nicht Heilsam war, dann tue wieder das was zu tun ist.

    • Offizieller Beitrag

    Ich glaube, dass die chinesische Kultur dem Buddhismus ein - im Vergleich zu Indien - ganz anderes Konzept von Natur zur Verfügung stellt, in dem er neue Metaphern finden konnte, um darin seine Inhalte auszudrücken.


    Auch in Indien ist die Welt aus ( hier 4) Elementen zusammengesetzt, aber da Indien ja in tropischeren Gefilden liegt, gibt es zwar den Wechsel zwischen Regen und Trockenzeit, aber nicht den Wechsel der Jahreszeiten wie in China. Dies verleiht der Natur Stabilität.


    Das chinesische Denken mit seinen Wandlungsphasen ist dagegen fließend. Die Welt besteht nicht so sehr aus Bausteinen, sondern ergibt sich prozesshaft aus deren Wechselspiel. Der chinesische Kulturraum hat also ( und auf dieses bezieht sich Wu Wei Wei ) ein vollkommen anderen Begriff von Natur ( vgl

    Tetsuro Watsuji : Fudo Wind und Erde - Der Zusammenhang zwischen Klima und Kultur)


    Indem der Buddhismus auf dieses ostasiatische Verständnis von Natur traf, ergaben sich neue Ausdrucksformen.


    Mit China kenne ich mich nicht sehr gut aus, aber in Japan teilten alte Kalender den Jahreskreis in 72 Jahreszeitten, ( ich nehme an, dass das auf China zurück geht) in denen man die beständige Wandlung beachtete. Das Blühen der Bäume und Blumen, der Abzug der Schwalben , die Winterruhe der Insekten. Dies alles wurde buddhistisch als Ausdruck Vergänglichkeit betrachtet. Aber gleichzeitig auch positiv als Ausdruck der wahren - prozesshaften Natur der Welt - die gerade dann aufhört als leidhaft zu erscheinen, wenn man statt ihr Widerstand zu leisten, mit ihr geht.


    Insofern der Buddhismus so ein Verständnis von Natur in sich aufnahm, nähert er sich dem Wu Wei Konzept an.


    Aber da gibt es auch immer Brüche. Der daoistische Schlachter - der im Einklang mit der Natur ein Tier so gekonnt schlachtet, gerät mit der buddhistischen Ethik aneinander, die kein Sympathie für Schlachter geht. Und auch den Kamikaze-Piloten wurde ja nahegelegt, sich als fallende Kirschblüten zu sehen - und im Einklang mit der Natur zu sterben und zu töten. Die Metapher der Natur hat also ebenfalls ihre Risiken und Nebenwirkungen bei unsachgemäßen Gebrauch.

  • Das Blühen der Bäume und Blumen, der Abzug der Schwalben , die Winterruhe der Insekten. Dies alles wurde buddhistisch als Ausdruck Vergänglichkeit betrachtet. Aber gleichzeitig auch positiv als Ausdruck der wahren - prozesshaften Natur der Welt - die gerade dann aufhört als leidhaft zu erscheinen, wenn man statt ihr Widerstand zu leisten, mit ihr geht.

    Das war schön!:)_()_

    Ein Leben ohne Selbsterforschung verdiente gar nicht gelebt zu werden.

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