Buddhismus Polytheismus

  • Ich hatte gestern ein langes Gespräch mit einer muslimischen Freundin. Sie hat gerade ihr Studium angefangen.

    Wir sprachen über unsere erinnerungen an den schulunterricht Religion.


    Sie sagte mir sie hätte dort gelernt , dass der Buddhismus mehrere Götter hätte und Buddha sei der "Obergott" . Das stimmt natürlich nicht.

    Tatsächlich kann ich mich auch an meinen religionsunterricht erinnern, von mir auch gesagt wurde Buddhismus eine polytheistische Religion

  • Es gibt durchaus Strömungen die so etwas wir Götter verehren. Mit der ursprünglichen “Lehre” hat dies weniger zu tun. Aber im Schmelztiegel der Religionen und Kulturen entstanden manchmal solche Phänomene.
    Ich kenne mich nicht spezifisch damit aus.

  • Es gibt durchaus Strömungen die so etwas wir Götter verehren. Mit der ursprünglichen “Lehre” hat dies weniger zu tun. Aber im Schmelztiegel der Religionen und Kulturen entstanden manchmal solche Phänomene.
    Ich kenne mich nicht spezifisch damit aus.

    In welcher strömung werden denn Götter verehrt im Sinne von Gott erfülle mir das und das ?

    Ich sehe da aber weder eine Grundlage im Theravada mahayana oder vajrayana

    • Offizieller Beitrag

    Klar existieren im Buddhismus Götter. Ein Maha-Brahma z.B. überzeugt den Buddha, das erste Rad der Lehre zu drehen. Nur sind die Götter ebenso dem Samsara ausgeliefert wie alle anderen Wesen. Es ist für einen Gott also angeraten, Buddhist zu werden, um sich aus dem ewigen Kreislauf der Wiedergeburten zu befreien. Allerdings haben Götter schlechte Karten, weil es ihnen schlicht zu gut geht, und sie zu lange leben, so dass sie am Ende der Äonen ihrer Existenz umso größere Anhaftung erleiden.


    Der Buddhismus ist aus einem spezifischen kulturellen Hintergrund hinduistischer Prägung hervorgetreten und hat auch auf die entsprechende Welt aus Göttern, Dämonen und Geistern bezug genommen. Das gilt auch für die Kulturen, in die hinein sich der Buddhismus ausgebreitet hat. Beim Tibetischen Buddhismus z.B. wurden große Anteile der Bön-Religion adaptiert (Der Bön ist eine animistisch-polytheistische Religion mit starken schamanistischen Eigenschaften), im Japanischen Buddhismus wurden shintuistische Anteile integriert. Im Westen kann man Strömungen beobachten, die Christus und auch den Christlichen Gott in die buddhistische Praxis integrieren.

  • hallo mkha , den Artikel kannte ich schon und finde ihn gut, wie vieles was Berzin macht.


    Liebe Grüße

    Tobias

  • Unter "Theismus" wird gewöhnlich der Glaube an einen ewigen Schöpfergott verstanden (Momoteismus) oder mehrere solche Götter (Polytheimus). Im Buddhismus gibt es zwar auch jede Menge Götter, aber sie sind weder ewig noch haben sie die Welt erschaffen. Es sind einfach höhere Daseinsformen mit wenig Leiden und einem langen Leben, die aufgrund verdienstvoller Handlungen entstanden sind. Der Buddha wird nicht als Gott bezeichnet sondern als "Lehrer der Götter und Menschen" und als ein Mensch gesehen der aus eigener Kraft zur höchsten Wirklichkeit erwacht ist.

  • Unter "Theismus" wird gewöhnlich der Glaube an einen ewigen Schöpfergott verstanden (Momoteismus) oder mehrere solche Götter (Polytheimus). Im Buddhismus gibt es zwar auch jede Menge Götter, aber sie sind weder ewig noch haben sie die Welt erschaffen. Es sind einfach höhere Daseinsformen mit wenig Leiden und einem langen Leben, die aufgrund verdienstvoller Handlungen entstanden sind. Der Buddha wird nicht als Gott bezeichnet sondern als "Lehrer der Götter und Menschen" und als ein Mensch gesehen der aus eigener Kraft zur höchsten Wirklichkeit erwacht ist.

    Das heißt aber auch, dass es keine befreiten, von Dukkha freien Götter gibt. Alle leben, egal wie lange mit Dukkha und selbst wenn sie das Jahrhunderttausende Jahre nicht erkennen bleiben sie mit Dukkha behaftet. Dasselbe ist auch für alle Dämonen und Teufel aller Höllen gültig.

    Weder Himmel noch Hölle ist in irgendeiner Form ein Sehnsuchtsort für Befreiung.

    SN 56.11 Die zwei Extreme die zu vermeiden sind.

  • Das heißt aber auch, dass es keine befreiten, von Dukkha freien Götter gibt. Alle leben, egal wie lange mit Dukkha und selbst wenn sie das Jahrhunderttausende Jahre nicht erkennen bleiben sie mit Dukkha behaftet. Dasselbe ist auch für alle Dämonen und Teufel aller Höllen gültig.

    Weder Himmel noch Hölle ist in irgendeiner Form ein Sehnsuchtsort für Befreiung.

    SN 56.11 Die zwei Extreme die zu vermeiden sind.

    Die Götter haben wenig dukkha und viel sukha (Glücksgefühl), die Höllenbewohner haben viel dukkha und wenig sukha, bei den Menschen ist beides möglich oder dukkha und sukha halten sich einigermaßen die Waage. Die Götter trachten nicht nach Befreiung weil sie ohnehin glücklich sind, die Höllenbewohner kommen nicht dazu weil sie ständig mit ihren Leiden beschäftigt sind. Im menschlichen Dasein ist genug dukkha als Motiv für die Befreiung und zuwenig sukkha um der Befreiung im Wege zu stehen. Also ist es am Besten das Leben für die Befreiung zu nutzen und nicht um weltliches Glück zu erlangen, denn sogar das Glück der sterblichen Götter muss wieder vergehen.

    • Offizieller Beitrag

    Sie sagte mir sie hätte dort gelernt , dass der Buddhismus mehrere Götter hätte und Buddha sei der "Obergott" .

    Der Götterbegriff ist so diffus - im Prinzip kann man alles was man verehrt als Gott sehen - dass er an der Stelle nicht so arg hilfreich ist.


    Was interesanter ist, ist über die Auffächerung der Verehrung zu sprechen.


    Die Auffächerung der Buddhas im Mahyanana begann ja mit Buddhaspekten. So symbolisiert Avalokiteshvara das Mitgefühl aller Buddhas und Manjushri den Aspekte der Weisheit. Auch in montheistischen Religionen gab es einst die Tendenz das Heilsame, Verehrenswürdige aufzuspalten. So ist ja die berühmte Kirche "Hagia Sophia" der Weisheit Gottes gewidmet. Es gab damals die Tendenz aus der Weisheit Gottes eine eigenständige, weibliche Seite Gottes zu machen - eine Absicht die dann später als ketzerische und polytheistisch zurückgewiesen wurde. (In einem Paralleluniversum hat sie es villeicht in die Viereinigkeit geschafft und lächelt uns mit ihrer Fülligkeit aus braocken bayrischen Kirchen an)


    Auch im Judentum der Kabalah gab es die Tendenz den einen Gott in das wirken veschiedener Kräfte aufzuspalten. Diese Tendenz gab es auch im Islam. So gibt es ja die Liste von Allahs 99 schönen Namen. Zum Beispiel al-Wadūd- "der Liebevolle, der alles mit seiner Liebe Umfassende", al-Ḥakīm "der Weise" um mal Namen rauszugreifen die an Avalokiteshvara und Manjushri erinnern. In der islamischen Mystik gab es sogar die Praxis, sich diese Namen einzeln zu vergenwärtigen und ihnen nahe zu kommen und im Volkglauben fertigte man Talismane mit den einzelnen Namen Allahs für verschiedene Anwendungsfälle - so wie ein Katholik für verschiedene Anliegen verschiedene spezialisierte Heilige anruft.


    Viele moderne Moslems betrachten dies mit Argwohn - für sie wären sowohl dies Talismane als auch die Parktiken der Mystiker Formen des Polytheismus. Weil Allah die menschlichen Begriffe übersteigt wird es als Anmaßung gesehen wird, ihn auf diese Art verfügbar zu machen. Dies hängt eng mit dem Bilderverbot im Islam zusammen.


    Auch im Buddhismus gab es eine zunächst anikonische Phase, in der man Buddha als "zu erhaben" ansah um ihn darzustellen oder Statuen von ihm anzufertigen. Seine Anwesenheit wurde auf Bilder nur durch Symbole wie eine Lotusknospe oder einen Bodhibaum angedeutet. Erst im 2. Jh nach Christi also viele Jahhunderte nach Buddha Tod ging man dazu über, Buddha in Statuen darzustellen.


    Für den islamischen Impuls, Gott nicht daszustellen und ihn nicht in Attribute aufzuspalten und im "Erhabenen" zu belassen gibt es also durchaus buddhistische Entsprechungen.