Wenn jemand mir etwas antun will, dann will er mir etwas antun. Es ist angemessen sich dagegen zu wehren und es versuchen zu verhindern.
Zum Feind wird er erst in meinen Gedanken. Dann hat das Denken und das Urteilen eingesetzt, eine spontane Handlung, die frei von Wertung ist, findet dann nicht mehr statt.
Damit ist ein unheilvoller Prozess in Gang gesetzt, der zu weiterem Unheil führt.
Schwer zu verstehen? Entschuldigung für unheilsames Handeln von Angreifern? Nein.
Nur ist auf diese Weise (wenn wir nicht mehr in diesen Kategorien denkend handeln, man nennt das wohl auch "erleuchtetes Handeln") mit der Abwehr des Angriffs auch das Unheilsame verloschen, jedenfalls beim Verteidiger.
Es bleibt nichts Negatives übrig, kein Zorn, kein Hass, womöglich auch kein Trauma. Er hat sich verteidigt, und das war es dann.
Das Ganze ist durchaus logisch, wenn man eines bedenkt: der Angreifer (wie immer er dabei vorgeht, egal welches Ausmaß sein Angriff hat, welche Perfidie usw.) geht immer davon aus, dass er im Recht sei. In seiner Weltsicht ist sein Handeln gerechtfertigt. Auch er denkt, dass er einmal Opfer von irgendwas war. Das schleppt er herum und es äußert sich in seinen Taten, was man Karma nennt. Er schafft also neues negatives Karma, läuft wie eine nicht lernfähige Ratte immer wieder stets gegen dieselbe Mauer.
Wir alle verhalten uns so, ständig. Wir unterscheiden uns nicht von dem Angreifer. Wenn wir als Angegriffene nun ein Feindbild aufbauen (durchaus verständlich, da wir alle hier sehr mangelhaft in unserer Praxis sind und mit Verletzung nicht gut umgehen können), dann setzten wir diese Denkweise fort und das wird sich mit Sicherheit ebenfalls auf unsere Umwelt negativ auswirken. Dann werden wir zu Angreifern. Ich möchte darauf hinweisen, dass viele von uns in Familien aufwuchsen, in denen es schwer traumatisierte Eltern gibt. Deren Trauma hat sich mit großer Wahrscheinlichkeit auch auf uns negativ ausgewirkt, und sofern wir selbst uns nicht damit auseinander gesetzt und das verarbeitet haben, werden wir – so sehr es für uns leidvoll ist – dies auf alle Fälle in unheilsamer Weise weitergeben. Also: wer ist nun Feind? Oder: Wer ist nun KEIN Feind?
Wenn wir wollen, dass dieser Kreislauf durchbrochen wird, dann müssen wir aufhören in den Kategorien "Feind – Freund" zu denken. Das wird uns weder wehrlos machen noch träge oder zu einer Harmoniesucht führen. Wir werden dafür aber effektiver Angriffe abwehren können, da wir viel intelligenter und freier handeln können und dabei kein neues negatives Handeln mehr begründen.
Wir sollten alle unseren Hitler erkennen, oder Stalin oder sonst wen. Vielleicht ist er nur ein Baby, ein Fötus, eine einzige Zelle gar. Aber auch die kann durch Unachtsamkeit, falschem Denken und mangelnder Selbsterkenntnis richtig schön wachsen. Und wenn nicht wir dieses Monster gebären, so legen wir vielleicht den Garten an, in dem es gedeihen kann.
Liebe Grüße
Knochensack