Beiträge von Mabli

    Aus demselben Kapitel:


    Zitat

    Wenn wir uns für diesen [leeren] Raum öffnen lassen, wie in der Sitzmeditation, kommen wir dahin, zu sehen, wie verbreitet das Festhalten an der zentralen Fixierung von "Ich" und "mein" ist. Spirituelle Arbeit bringt diese Bindung oder dieses Festhalten an begrenzten Vorstellungen davon, wer wir sind, ans Licht und hilft, sie zu lösen, so dass wir vielleicht unsere größere Natur realisieren können, die jenseits aller Form, Struktur oder Gedanken liegt. Wenn Psychotherapie wie Beschneiden oder Düngen eines Baumes ist, damit er wachsen und Früchte tragen kann, ist spirituelle Praxis eine radikalere Medizin. Sie geht an die Wurzeln - an dieses grundlegende Klammern an einen eingeschränkten Begriff des Selbst, das uns daran hindert, uns zu entspannen und tiefer in den weiteren Grund des Seins zu sinken.

    Ein weiteres schönes Zitat aus dem ersten Kapitel:

    Zitat

    Erkennen und durcharbeiten dieser unbewussten Muster [in der Kindheit festgelegte Muster, die man wiederholt] und Herauswachsen aus ihnen ist die Vorarbeit dafür, eine authentische Individualität zu entwickeln, die nicht zwanghaft von konditionierten Tendenzen aus der Vergangenheit bestimmt ist - von begrenzenden Selbstbildern, verleugneten Bedürfnissen, von Selbstbestrafung, Skripten aus der Kindheit, dysfunktionalen Beziehungsmustern, von Angst zu lieben und Liebe zu verlieren. Dies ist primär psychologische und nicht spirituelle Arbeit.

    [...]

    Im besten Fall kann Psychotherapie uns helfen, voller verkörpert, mehr in uns selbst geerdet zu sein. Diese Art Arbeit kann auch sehr bescheiden machen. Zu ihr gehört das, was Robert Bly den schrecklichen "Abstieg in die Wunde" nannte. Die Kernwunde, unter der wir alle leiden, ist die Trennung von unserem eigenen Sein. Diese innere Trennung fand ursprünglich in der Kindheit statt, als wir in ängstlicher Reaktion auf eine Umwelt kontrahierten, die uns nicht vollständig gesehen, willkommen geheißen und angenommen hat.

    die Theravada-Einsicht beruht auf Induktion und ist deshalb von vornherein dazu geeignet mit Konzentration (auf das zu analysierende Objekt) verbunden zu sein, die Gelugpa-Einsicht jedoch beruht auf Deduktion und erscheint deshalb aufgrund des diskursiven Denkens als ungeeignet mit Konzentration verbunden zu werden.

    Das erscheint mir doch etwas schwarz weiß in der Formulierung. Es mag sein, dass die einen mehr induktiv vorgehen und die anderen mehr deduktiv, aber um zu einer Einsicht zu kommen braucht man doch beides. Rein induktives Vorgehen würde ja jede Vorannahmen oder Lehren ausschließen und rein deduktive jede Erfahrung.


    Zielt denn die Gelugpa Schule nicht auf eine nicht-konzeptionelle Wahrnehmung?

    Ich glaube eher ...

    Besser wäre es die entsprechende tibetische Doktrin zu studieren statt in Unkenntnis der Doktrin, ein bischen von diesem und ein bischen von jenem zusammenzurühren.

    Ich hatte mir den lamrim chenmo von Tsongkhapa mal auf englisch als PDF runter geladen - "The Great Treatise on the Path of Enlightenment". Das sind ja drei Bände. Dem Vorwort nach zu urteilen ist das aber zu dem Thema sehr interessant.


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    Nach einem weiteren Vortrag hat sich mein Verständnis wieder etwas verschoben, wobei mir auch eine frühere Diskussion zu dem Unterschied von Ruhemeditation und Konzentration wieder einfiel.


    Atemmeditation nach satipatthana und anapanasati ist keine konzentrative Meditation im reinen Sinne und muss daher von Visualisierungen etwa von Buddhas unterschieden werden. Bei der Achtsamkeit auf den Atem hat der Geist eine eher passive und registrierende Haltung und ist sehr weit. Dagegen erfordert eine Visualisierungsübung das Erschaffen eines inneren Bildes vor dem geistigen Auge, was ein hohes Maß an Einbildungskraft und Konzentration erfordert.


    Die Geistesruhe und Konzentration sind eine gute Grundlage für analytische Meditation, wobei hier die Abgrenzung zur Kontemplation und dem Nachdenken nicht besonders scharf gezogen wird.

    Es geht in dem Modell um das Level von Lebensenergie. Da frage ich mich was hier mit Lebensenergie gemeint ist. Offensichtlich wird eine Abnahme der Lebensenergie bis zu einem "optimally lowest" level als Ziel angesehen. Jeder Fortschritt zur nächsten Ebene wird mit dem "Abschneiden" von bestimmten Eigenschaften erklärt; Egozentrisch sein, Ich-Identität über die Zeit und Ich-Erleben überhaupt. Können diese Eigenschaften überhaupt dauerhaft "abgeschnitten" oder abgelegt werden? Oder geht es hier um vorübergehende Erfahrungen. Ich denke, dass ein konventionelles Ich immer bestehen bleibt. Die Sicht darauf ändert sich aber.

    Es ist aus meiner Sicht interessant, dass die falsche oder unmögliche Vorstellung von der Existenzweise des Selbst so beschrieben wird wie eben ein rigides Über-Ich oder eine narzisstische Größenphantasie. Damit besteht hier ja eine Verbindung zur Psychoanalyse, die ja auch genau mit beziehungsweise an solchen Zuständen arbeitet. Einigkeit dürfte wohl darin bestehen, dass solche Zustände Frustration und Leid erzeugen und möglichst abgebaut werden sollten. Der Umgang mit diesen Zuständen wird im Buddhismus und in der Psychoanalyse (oder allgemeiner: Psychotherapie) aber sicher unterschiedlich sein.

    Nur sehr grob angerissen: Soweit ich weiß gibt es im Mahayana verschiedene Gegenmittel, wie Dankbarkeit oder Meditation über Leerheit. Im tantrischen Buddhismus wird mit solchen Zuständen in dosierter Form auch im Sinne einer Immunisierungsstrategie gearbeitet. In der Psychoanalyse wäre die Herangehensweise wohl eine Bewusstmachung und Durcharbeitung der zugrunde liegenden Problematik.

    Ich glaube eher ...

    Besser wäre es die entsprechende tibetische Doktrin zu studieren statt in Unkenntnis der Doktrin, ein bischen von diesem und ein bischen von jenem zusammenzurühren.

    Gerne nehme ich deinen Hinweis auf Tsongkhapa und Hopkins auf und werde ihn beherzigen. Ich bemühe mich ja die tibetische Doktrin und auch ihre Aneignung in westlichen Ländern zu verstehen. Doch weiß ich da sicher noch sehr wenig darüber. Daher höre ich mir auchVorträge von Experten, wie Oliver Petersen, an und versuche mir einen Reim darauf zu machen und mein Verständnis mit dem von anderen hier im Forum abzugleichen. Dafür ist dieses Forum ja auch gedacht. So habe ich es zumindest verstanden.

    Oliver Petersen spricht in dem Vortrag jedoch von einspitziger Konzentration als Bedingung von Meditation (und ich verstehe hier: auch von analytischer Meditation). Oder meint er damit Shamata?

    Wie bekannt, habe ich von tibetischen Buddhismus keine Ahnung. Aber vielleicht ist mit Bedingung "vorausgehend" gemeint? So wird es im Theravada-Vipassana praktiziert. Erst Einspitzigkeit, dann Öffnung zur Vipassana-Meditation.


    Liebe Grüße, Aravind.

    Ich glaube eher der zentrale Punkt besteht darin, dass es auf einer fortgeschrittenen Ebene eine Zusammenführung von shamata und vipashyana gibt. Die konzentrative Meditation als Vorbereitung dient wohl eher einer Beruhigung des Geistes!?

    Ich denke im Hinayana wird es wieder etwas anders ausgelegt als im Mahayana-Buddhismus, beziehungsweise speziell im tibetischen Buddhismus. Mir ging es jetzt neben dem Zweck (Gewissheit im Dharma) insbesondere um die Form. Also wie stark muss die Konzentration/Versenkung in der analytischen Meditation sein, um von Meditation in Abgrenzung von Kontemplation sprechen zu können? Oder ist analytische Meditation gar keine "richtige" Meditation. Für Vipassana benötigt man - soweit ich das verstanden habe - nur momentane Sammlung und keine angrenzende oder volle Sammlung. Oliver Petersen spricht in dem Vortrag jedoch von einspitziger Konzentration als Bedingung von Meditation (und ich verstehe hier: auch von analytischer Meditation). Oder meint er damit Shamata?


    Ich eröffne hier mal einen Spin-Off Thread zu dem Thread Aus Lamrimschriften von Helmut. Analytische Meditation war für mich neu. Und für mich ist das Konzept immer noch nicht wirklich klar.


    Oliver Petersen vom tibetischen Zentrum Hamburg hat in der Freitagsmeditation folgende Aussage zu dem Thema gemacht:


    "Also nach Hören und Nachdenken beziehungsweise Kontemplieren kommt dann auch noch Meditation. Das beginnt erst

    richtig, wenn man einspitzige Konzentration hat, Shamata. Das können wir im Moment weitgehend abhaken. Das was wir Meditation nennen ist wahrscheinlich das was traditionell Nachdenken oder Kontemplieren genannt wird. Man nennt das auch analytische Meditation. Darüber hinaus gibt es wie gesagt konzentrative Meditation und das führt man letztlich zusammen Shamata und Vipashyana."


    Freitagsmeditation „Der Bodhisattvaweg“ mit Oliver Petersen Fr. 27.01.23 | 19 Uhr (#Buddhismus)
    Buddhistische Unterweisung mit angeleiteter Meditation mit Oliver Petersen (oder Anderen) aus dem Tempel in der City (Güntherstraße).Einen Link zu der Audioa...
    www.youtube.com


    Das hat mich wieder verwirrt. Also ist analytische Meditation jetzt nur dann gegeben, wenn man dabei einspitzige Konzentration hat?

    Sind analytische Meditation und Kontemplation doch dasselbe?

    Kann analytische Meditation auch wie eine suggestive Phantasiereise darin bestehen sich bestimmte Bilder vorzustellen, die zu einer Erkenntnis führen sollen?

    Hier zwei interessante Videos, in denen gert scobel über nagarjuna und den catuscoti ein paar einleitende Worte verliert.


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    Mit der Wertschätzung des menschlichen Lebens wird uns klar, dass es möglich ist, darauf hinzuwirken, dass wir glücklicher werden. Das verschafft uns die Wertschätzung unserer Fähigkeit, etwas zu tun. Mit anderen Worten: Zunächst müssen wir uns um uns selbst kümmern, uns selbst ernst nehmen – ernst nehmen in Bezug darauf, dass wir existieren und glücklich sein möchten. Daran ist nichts verkehrt. Wir kümmern uns darum, was wir erleben. Das ist ein gesundes Selbstgefühl.

    Berzin spricht von einem gesunden Selbstgefühl, das eine notwendige Basis für Selbstdisziplin, die Übernahme von Verantwortung und Willenskraft darstellt. Zugleich führt er die Unterscheidung vom konventionellen Selbst und dem falschen Selbst ein. Das konventionelle Selbst ist keine feste und stabile Entität, sondern beruht auf der Grundlage der Aggregate. Möglicherweise weist er hier auch schon auf den Unterscheid der konventionellen und der ultimativen Wahrheit hin!?

    Das falsche Selbst, das auch in Größenphantasien oder einem rigiden Über-Ich bestehen kann, ist kein gesundes Selbstgefühl und steht einer Befreiung vom Leiden im Weg. In der buddhistischen Terminologie spricht Berzin von den unmöglichen Existenzweisen des Ich.


    Es fällt auf, dass Berzin "Ich" und "Selbst" weitgehend synonym verwendet. In der Psychoanalyse gibt es Modelle, die hier wesentlich feiner differenzieren.

    Mal interessehalber - schreibt Geldsetzer etwas zur ersten deutschen Übersetzung des Zhong lun von Max Walleser? Offen gesagt hätte ich eine deutsche Übersetzung Nāgārjunas Dvādaśanikāya-śāstra / Shiermen lun für ein größeres Desiderat gehalten als noch eine MMK-Übersetzung ... Okay, Übersetzung mit chinesischem Originaltext ist ein Alleinstellungsmerkmal - aber wer kann damit wirklich etwas anfangen?

    Er schreibt in der Einleitung, dass Walleser sich, wie Bocking auch, bei der Übersetzung am Sanskrittext und der tibetischen Version orientierten, um dem "originalen" Sinn möglichst nahe zu kommen. Geldsetzer sieht die chinesische Version dagegen als selbständige "originäre" Quelle an.

    Übersetzung.


    "Nagarjuna ist die wichtigste philosophische Figur in der buddhistischen Welt nach dem historischen Buddha selbst.


    [...]


    [Mulamadhyamakakarika] ist ein sehr schwer zu lesender und zu interpretierender Text. Moderne Interpreten sind sich genauso wenig einig, was die Lesarten des Textes betrifft, wie kanonische Interpreten. Nagarjuna wurde als ein Idealist (Murti 1960), ein Nihilist (Wood 1994), ein Skeptiker (Garfield 1995), ein Pragmatist (Kalipahana 1986), und als ein Mystiker (Streng 1967) gelesen. Er wurde als ein Kritiker der Logik (Inada 1970), als ein Verteidiger der klassischen Logik (Hayes 1994) und als ein Pionier der parakonsistenten Logik (Garfield and Priest 2003) betrachtet.


    [...]


    Nagarjuna argumentiert, dass diese Doktrin der Leerheit ein mittlerer Pfad zwischen zwei Extremen ist: Verdinglichung und Nihilismus. Phänomene zu verdinglichen bedeutet sie als Phänomene mit Essenz, als unabhängig existierend zu betrachten. Nihilistisch zu sein bedeutet, den Fakt, dass Phänomene keine Essenz haben und bloß abhängig existieren, so zu verstehen, dass sie nicht existieren. also die empirische Realität komplett als falsch zu betrachten."


    Nagarjuna scheint ein wichtiger, wenn nicht der zentrale, Autor für den Mahayana Buddhismus zu sein. Gleichzeitig scheint er schwer einzuordnen zu sein und es gibt vielleicht gerade deswegen viele unterschiedliche Lesarten seiner Philosophie.

    Bei den beiden Extremen Verdinglichung und Nihilismus musste ich sofort an den marxistischen Begriff der Verdinglichung denken wie er von Lukacs geprägt wurde. Ich bin da vorsichtig mit voreiligen Interpretationen, aber vielleicht ist ja der Warenfetisch von Marx ein Paradebeispiel für eine solche Verdinglichung.

    Eine Ware scheint auf den ersten Blick ein selbstverständliches, triviales Ding. Ihre Analyse ergibt, daß sie ein sehr vertracktes Ding ist, voll metaphysischer Spitzfindigkeit und theologischer Mucken. Soweit sie Gebrauchswert, ist nichts Mysteriöses an ihr, ob ich sie nun unter dem Gesichtspunkt betrachte, daß sie durch ihre Eigenschaften menschliche Bedürfnisse befriedigt oder diese Eigenschaften erst als Produkt menschlicher Arbeit erhält. Es ist sinnenklar, daß der Mensch durch seine Tätigkeit die Formen der Naturstoffe in einer ihm nützlichen Weise verändert. Die Form des Holzes z.B. wird verändert, wenn man aus ihm einen Tisch macht. Nichtsdestoweniger bleibt der Tisch Holz, ein ordinäres sinnliches Ding. Aber sobald er als Ware auftritt, verwandelt er sich in ein sinnlich übersinnliches Ding. Er steht nicht nur mit seinen Füßen auf dem Boden, sondern er stellt sich allen andren Waren gegenüber auf den Kopf und entwickelt aus seinem Holzkopf Grillen, viel wunderlicher, als wenn er aus freien Stücken zu tanzen begänne.

    Peirce durfte ich im Studium auch durchkauen. Mochte ich sehr!

    Zur konzeptlosen Wahrnehmung gibt es am 2.April einen Buddha-Talk von der ehrwürdigen Bhikshuni Tenzin Metok: https://www.buddha-talk.de/


    Mir fallen zu konzeptloser Wahrnehmung ja gleich alle möglichen philosophischen Theorien ein. Adornos zentraler Begriff des Nicht-Identischen soll das umschreiben, was nicht im Begriff und der begrifflichen Erkenntnis aufgeht. Fichte und Schelling sprachen von der intellektuellen Anschauung als einer Anschauung jenseits der sinnlichen Wahrnehmung.


    Mit J. G. Fichte und F. W. J. Schelling wird die intellektuelle Anschauung zu einer zentralen Kategorie ihrer philosophischen Systeme. So ist für Fichte die intellektuelle Anschauung „das unmittelbare Bewußtseyn, dass ich handle, und was ich handle“ und so „der einzige feste Standpunkt für die Philosophie“. Sie lässt sich nicht begrifflich ausdrücken, sondern nur erfahren.[2] Für Schelling ist die intellektuelle Anschauung das „Organ alles transcendentalen Denkens“.[3] Für Friedrich Heinrich Jacobi ist die intellektuelle Anschauung „ein Ausdruck, der nicht gerade zu widersinnig und verwerflich ist“ und bezeichnet „die Art des Bewusstseins [...], in welcher sich uns das an sich Wahre, Gute und Schöne vergegenwärtigt und als ein Überschwängliches, in keiner Erscheinung darstellbares Erstes und Oberstes, offenbart“.[4]

    Würde mich ja sehr interessieren, wie das im tibetischen Buddhismus aufgefasst wird.

    (1) Hören, Lernen, Studieren; (2) Kontemplation und (3) Meditation. Der erste Schritt dient dazu, erst einmal etwas zu lernen, zu verstehen. Der zweite Schritt stellt ein vertieftes Nachdenken über das Gelernte dar. Es ist also noch mit begrifflich-analytischen Denken verbunden.

    Der unterschied zwischen Kontemplation (oder Nachdenken) und der analytischen Meditation ist mir noch noch ganz klar geworden. Ich habe deswegen auch nochmal bei Berzin nachgelesen zur analytischen Meditation. Ich versuche das mal wieder zu geben, um es selbst besser zu verstehen. Also das Nachdenken dient dem Nachvollzug der Argumentation, also der Schlussfolgerungen, und dem richtigen Verständnis der Begriffe.

    Für die klar erkennende Meditation benutzen wir den Geistesfaktor des groben Feststellens (tib. rtog) und den der subtilen klaren Erkennungsfähigkeit (tib. dpyod), was in manchen Zusammenhängen Untersuchung und genaue Prüfung bedeutet.

    Die analytische Meditation beruht dann - mit einem westlichen Begriffsrahmen beschrieben - auf den intellektuellen Fähigkeiten des Verstands. Es geht um das Verständnis der Bedeutungen und die Fähigkeit in der Anwendung auf das eigene Leben klare Unterscheidungen zu erkennen, wenn ich das richtig verstehe.

    Helmut:

    Die Meditation dient dann als dritter Schritt dazu, das Gelernte zu vertiefen, zu verinnerlichen. Es geht dabei darum, es vom Kopf ins Herz rutschen zu lassen, so dass man die meditierten Inhalte stets präsent hat.

    Das passiert dann aber so richtig erst in der stabilisierenden Meditation, oder?

    Seien Sie sich bewusst, dass es sich sowohl bei der klar erkennenden als auch der stabilisierenden Meditation immer noch um auf Konzepten beruhende Wahrnehmungen handelt. Sie basieren auf der Vorstellung, was ein kostbares menschliches Leben bedeutet. Die Vorstellung repräsentiert das kostbare menschliche Leben – entweder mit Worten, einem Bild oder einem Gefühl; diese Repräsentation ist jedoch mit einer Bedeutung verbunden.

    Das heißt nach Berzin sind auch die analytische und stabilisierende Meditation noch durch begriffliches Denken und Vorstellungen geprägt. Letztlich beschreibt Berzin das nicht-konzeptuelle, also nicht-begriffliche Verständnis, das nicht mehr auf Vorstellungen beruht, als Ziel, führt das aber leider nicht weiter aus.

    Empfehlenswert ist hingegen die Ausgabe von Weber-Brosamer, die aus dem Sanskrit-Text übersetzt.

    Die war mir ein bisschen zu teuer. Aber ich lese ja den Kommentar dazu, dem eine andere Übersetzung zugrunde liegt. Ich finde es ganz spannend, dass Geldsetzer eine Verbindung zu Aristoteles herstellt. Wie fundiert das jetzt ist, habe ich keine Ahnung.

    Die Widmung einmal in Englisch und in Deutsch. Sie gibt den Inhalt (und den Zweck) der Schrift wieder.


    I prostrate to the perfect Buddha,

    The best of all teachers, who taught that

    That which is dependent origination is

    Without cessation, without arising;

    Without annihilation, without permanence;

    Without coming; without going;

    Without distinction, without identity

    And peaceful—free from fabrication.


    Widmung an den Buddha


    "Derjenige, welcher im Stande war zu erklären, daß weder Entstehen noch Vergehen, weder Beständigkeit (Kontinuität) noch Endlichkeit (Diskontinuität), weder Einheit (Identität) noch Unterschiedlichkeit (Nicht-Identität), weder Herkommen (Vergangenheit) noch Fortgehen (Zukunft) formale Ursachen (yin yuan/hetu) sind und dadurch elegant alle Folgerungen daraus (xi lun/prapanca) widerlegte, vor ihm, dem Buddha neige ich mein Haupt in Verehrung, dem Begründer der Lehrer von der Mitte"

    Das war heute im Briefkasten:


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    Ich bin gespannt und freue mich auf die Lektüre, bei der ich wohl noch Kommentare zu Rate ziehen werde. Vielleicht finde ich mit diesem Buch ja die Mitte oder verstehe sogar die Leerheit. Oder wie sagte Alexander Kluge - oder war es Oskar Negt? - einmal: "In Gefahr und größter Not bringt der Mittelweg den Tod." (:

    Man unterscheidet zwischen Praktizierenden mit anfänglichen, mittleren und höchsten Fähigkeiten. Der anfänglich Praktizierende ist jemand, der eine hohe Wiedergeburt als Mensch in der nächsten Existenz anstrebt. Der mittlere Praktizierende ist jemand, der die Befreiung aus Samsara anstrebt, also ein Arhat werden will. Der höchste Praktizierende ist jemand, der den Bodhisattvapfad verwirklichen will, um Buddhaschaft zu erlangen. Entsprechend dieser Zielsetzungen werden die Übungen den Praktizierenden zugeordnet

    Danke für die Erläuterung. Das hilft mir gerade sehr weiter. Ich habe vor einiger Zeit mit Tonglen angefangen, ohne den Stufenweg zu praktizieren. Ich glaube diese Übung ist auf dem Stufenweg eigentlich den höheren Praktizierenden vorbehalten. Ich habe aber auch mal gehört, dass das von manchen nicht so eng gesehen wird. Aber die Voraussetzungen der Übung sind wahrscheinlich schon eher groß - auch meiner Erfahrung nach. Ich kann mir aber auch vorstellen, dass die Übung mit unterschiedlichen Fähigkeiten auf unterschiedlichen Ebenen hilfreich sein können. Oder wie siehst du das?

    Die hauptsächlichen Meditationen sind auch im tibetischen Buddhismus die analytische und konzentrative Meditation wie wir sie auch aus dem indischen Buddhismus kennen.

    Die analytische Meditation kannte ich bis jetzt eher als Kontemplation. Shamata und Vypashyana fallen dann beide unter konzentrative Meditation nehme ich an, oder ? Gerade hier im Westen bei den säkularen Meditationsangeboten spielt Kontemplation meiner Erfahrung nach in der Regel eine untergeordnete Rolle, wenn sie denn überhaupt eine Rolle spielt. Beim Lamrim scheint sie sehr zentral zu sein. Wird dann die konzentrative Mediation in der Regel vor der analytischen Meditation als Vorbereitung gemacht oder anders herum?

    Für einen Einstieg ist meiner Meinung nach folgendes Buch besser geeignet: Dagyap Rinpoche, Achtsamkeit und Versenkung, München, 2001, ISBN 3-7205-2264-4 .


    Hilfreich finde auch: Die Struktur des Lamrim - Ein Arbeitsheft, zusammengestellt von C. Weishaar-Günter und R. Leisner. Erhältlich ist es im Tibethaus Frankfurt.

    Danke für die Literaturtips. Ich habe mir gerade kürzlich gebraucht ein Buch von Thubten Chodron zu "Guided Meditations on the Stages of the Path" bestellt. Wird die Organisation von Thubten Chodron eigentlich dem Vajrayana zugeordnet?

    Helmut Du scheinst Dich im tibetischen Buddhismus ganz gut auszukennnen.


    Vielleicht darf ich dich hier was zu dem Thema Lamrim fragen. Welche Bücher zu Lamrim würdest du jemandem empfehlen, der zwar schon Meditationserfahrungen hat, für den aber die Praktiken des tibetischen Buddhismus doch eher neu sind?