Pflanzen - Menschen - Dana - Sila

  • Hallo,


    Seit neuestem stecke ich öfter mit den Händen in der Erde.
    Ein- und umpflanzen, jäten, sähen, gießen, Kompost sieben. Und so weiter.
    Macht Freude. Schöne Beschäftigung.


    Das Wunder des Pflanzenlebens ist mir da aufgefallen.
    Sie keimen, bilden Wurzeln & Blätter, blühen schließlich, werden bestäubt und tragen Früchte. Einfach so?


    Wo stecken meine Wurzeln, dachte ich.
    Was sind überhaupt Wurzeln? Wer hat sie und welche Funktion erfüllen sie?
    Kann ich das Wesen der Pflanzen mit dem der Menschen vergleichen?


    Pflanzen haben ein exoterisches Wesen. Ihr 'ich' umgibt sie.
    Sie Wurzeln, die sie in die Erde treiben. Mit den Wurzeln nehmen sie ihre Nahrung auf. Sie geben ihen Standfestigkeit.
    Sie keimen und bilden Wurzeln, wenn die Bedingungen (Erde, Wasser, Temperatur) die rechten sind.
    Sie haben Blätter, welche sie in den Himmel strecken.
    Sie richten sich nach der Sonne, dem Mond und den Planeten.
    Das ist ihre Moral. Sie sagen ihnen, was sie wann tun sollen.
    Dann die Aufgabe, welche sie für ihre Umwelt erfüllen, die ihnen mitgegeben scheint.
    Diese Aufgabe scheint Teil universeller Gesetze.


    Sie treiben ihre Wurzeln also in ihre Moral, wenn die Bedingungen die rechten sind.
    So habe ich gedacht. Weiter habe ich gedacht, hat das etwas mit mir zu tun?


    Sollte ich meine Wurzeln in die Tugenden(sila) schlagen?
    Sind sie es, die mir Standfestigkeit geben? Vermutlich.
    Warum treiben sie dann nicht recht? Sind die Bedingungen ungünstig?



    Was sind die rechten Bedingungen, welche (meine) Wurzeln in die Tugen treiben lassen?
    Ist es Großherzigkeit (dana)?
    Ist Dana die Bedingung, um mit Leichtigkeit Wurzeln in den Tugenden schlagen zu können?


    So meine Gedanken heute morgen.



    Gruß,
    Mirco


    Herzlich,
    Mirco

  • Mirco:

    Ist Dana die Bedingung, um mit Leichtigkeit Wurzeln in den Tugenden schlagen zu können?


    Die Absicht zur Entsagung, zur Unschädlichkeit ist die unmittelbare Bedingung, um mit Leichtigkeit Wurzeln in den Tugenden schlagen zu können.


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Mirco,


    ich kann das gut nachvollziehen, die arbeit in und mit der erde....es erfüllt mich mit demut und erfurcht...da kommt kein gedanke an Tugend, Entsagung...es ist so wie es ist und das ist gut so. :)
    _()_


    nibbuti:
    Mirco:

    Ist Dana die Bedingung, um mit Leichtigkeit Wurzeln in den Tugenden schlagen zu können?


    Die Absicht zur Entsagung, zur Unschädlichkeit ist die unmittelbare Bedingung, um mit Leichtigkeit Wurzeln in den Tugenden schlagen zu können.


    Grüße


    Entsagung kommt von alleine wenn ich den äußeren (be)dingungen keine (be)deutung zuweise....da braucht es keine absicht zur Entsagung. so erlebe ich es.
    Entsagung entspringt einer inneren "fülle" die sich einstellt wenn ich meinen inneren reichtum entdecke, es ist alles da ich muss es nur "ent-wickeln".
    _()_
    .

  • Sumedhâ:

    wenn ich meinen inneren reichtum entdecke, es ist alles da ich muss es nur "ent-wickeln".
    _()_


    Ein komischer Satz. Entweder es ist da oder es muß noch entwickelt werden.
    Oder es ist ein Tor der sich ein Weiser dünkt.
    Wohl kein Tor der seine Torheit merkt und deswegen entwickelt um da raus zu kommen.

  • accinca:

    Ein komischer Satz.


    ich hab keinen komischen satz geschrieben, wenn du es als komischen satzt liest liegt es wohl bei dir.

    accinca:

    Entweder es ist da oder es muß noch entwickelt werden.


    das stimmt, aber ich habe was anderes geschrieben!
    wenn ich von fülle schreibe dann denke ich nicht an mangel, denn nur der mangel verlangt nach entwickeln/entwicklung.
    wenn ich schreibe es ist alles da, dann gibt es auch nichts was noch fehlen würde und somit entwickelt werden müsste.
    mit" es ist alles da ich muss es nur ent-wickeln" meinte ich ent-wickeln im sinne von freilegen, enthüllen, schleier beseitigen, staubwischen...irgendwie ganz profane handlungen... :)

    Sumedhâ:

    Entsagung entspringt einer inneren "fülle" die sich einstellt wenn ich meinen inneren reichtum entdecke, es ist alles da ich muss es nur "ent-wickeln".


    accinca:

    Oder es ist ein Tor der sich ein Weiser dünkt.
    Wohl kein Tor der seine Torheit merkt und deswegen entwickelt um da raus zu kommen.


    das verstehe ich nicht.
    _()_
    .

  • Mirco:

    So meine Gedanken heute morgen.


    Recht schöne Gedanken und schönes Bild.


    Dein Gedankengang, dass Tugend in Dana wurzelt ist wohl richtig. Auch wenn es natürlich noch andere Faktoren geben mag.


    So folgen deine Gedanken Buddhas Stufendarlegung, die du sicherlich kennst: Geben, Tugend, Wiedergeburt, Elend des Begehrens und dann Vorteile der Entsagung. Darauf erst folgt die dem Buddha eigentümliche Lehre. Jedoch ist diese Stufendarlegung nicht rein linear, sondern es gibt überall Wechselwirkungen.


    Gruß
    Florian

  • Hallo 'Sumedhâ',

    Sumedhâ:


    Entsagung kommt von alleine wenn ich den äußeren (be)dingungen keine (be)deutung zuweise....


    von alleine kommt gar nichts.


    Gruß,
    Mirco


    P.S.: ... und ausserdem hast Du in Dein 'von alleine' selber ein 'wenn' eingebaut ;)

  • Hallo Florian,

    Buddhaghosa:


    So folgen deine Gedanken Buddhas Stufendarlegung, die du sicherlich kennst: Geben, Tugend, Wiedergeburt, Elend des Begehrens und dann Vorteile der Entsagung. Darauf erst folgt die dem Buddha eigentümliche Lehre. Jedoch ist diese Stufendarlegung nicht rein linear, sondern es gibt überall Wechselwirkungen.


    nein, die Stufendarlegung kenne ich nicht.


    Ja, und das es nicht rein linear ist, habe ich inzwischen auch erkennen dürfen.


    Gruß,
    Mirco

  • Mirco:

    von alleine kommt gar nichts.


    Da gibt es auch ein deutsches Sprichwort: "Von nichts kommt nichts !" :D


    Aber Sumedha schrieb ja: "wenn ich den äußeren (be)dingungen keine (be)deutung zuweise....da braucht es keine absicht zur Entsagung. so erlebe ich es."

  • Mirco:

    Hallo 'Sumedhâ',

    Sumedhâ:


    Entsagung kommt von alleine wenn ich den äußeren (be)dingungen keine (be)deutung zuweise....


    von alleine kommt gar nichts.


    wenn du es so erlebst.....


    Zitat

    P.S.: ... und ausserdem hast Du in Dein 'von alleine' selber ein 'wenn' eingebaut ;)


    die haarspalterei kommt tatsächlich nicht von alleine :) da ratter es massiv im hirn....
    Gruß
    _()_
    .

  • Hallo Mirco,


    ich weiß nicht, wie es im Palikanon aussieht, aber im Lamrim und im Lojong da werden Pflanzen, Sämlinge und ihr Wachstum und ihre Wurzeln und ihre Wachstumsbedingungen oft herangezogen als Metapher für die Entwicklung des Geistes im Dharma. Sehr schön finde ich auch, dass dieser Vergleich nie hinkt, sondern eher noch den Blick erweitert auf immer neue Aspekte des Themas. So wie Du das Gleichnis für die Tugend setztest und daraus Ableitungen erstelltest. Das ist wunderbar.


    Zitat

    Sollte ich meine Wurzeln in die Tugenden(sila) schlagen?
    Sind sie es, die mir Standfestigkeit geben? Vermutlich.
    Warum treiben sie dann nicht recht? Sind die Bedingungen ungünstig?


    Das kann eine Möglichkeit sein, dass irgendwas fehlt: Wasser (Inspiration), (ungestörte) Athmosphäre, der richtige Boden (die theoretischen oder die körperlich-nervlichen Grundlagen).
    Es kann aber auch etwas zu viel sein: ersoffene Wurzeln, von der Sonne verbrannte Blätter...
    Etc pp - man kann da endlos weiterspinnen.
    Es gibt auch Pflanzen, die wachsen LANGSAM. Das ist dann kein Makel, weil sie zäher und haltbarer sind als die Schnellwachsenden.
    :)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • ---
    Hey Mirco, Deine aktuelle Signatur finde ich inspirierend:


    "Entwicklung - nicht Perfektion."


    ... passt auch sehr gut in diesen schönen Thread :)


    Ich persönlich denke, die Natur selbst ist auch nie auf Perfektion aus. Ich glaube, die Natur ist eher spielerisch, als zweckorientiert veranlagt.


    Könnte man vielleicht sagen, dass die Natur einfach zweckfreies "So-Sein/Thatata" ist und der Mensch nur Zwecke, Leistung, "survival of the fittest" usw. in die Natur hineinprojiziert?


    Allan Watts z.B. sagte mal in einem Vortrag: "Nature is essentially playfull."


    Mirco:

    Das Wunder des Pflanzenlebens ist mir da aufgefallen.
    Sie keimen, bilden Wurzeln & Blätter, blühen schließlich, werden bestäubt und tragen Früchte. Einfach so?


    Ja, ich glaube tatsächlich "einfach so" und genau das verstehe ich auch unter "Thatata": Einfach so.


    Ich glaube, der moderne Mensch hat zu einem Großteil das Bewusstsein jenes "Sosein" verloren, er hat aus Spiel Arbeit, Leistung gemacht.




    LG,
    freeman

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha


  • l a n g s a m. Gutes Stichwort. Die Erwartungen passen mal wieder nicht zur Realität.


    Herzlich,
    Mirco

  • freeman:

    Ich persönlich denke, die Natur selbst ist auch nie auf Perfektion aus. Ich glaube, die Natur ist eher spielerisch, als zweckorientiert veranlagt. Könnte man vielleicht sagen, dass die Natur einfach zweckfreies "So-Sein/Thatata" ist und der Mensch nur Zwecke, Leistung, "survival of the fittest" usw. in die Natur hineinprojiziert? Allan Watts z.B. sagte mal in einem Vortrag: "Nature is essentially playfull."


    Ich höre es so oft von meinem Lehrer und vergesse es täglich:
    "It's a game. Have fun" (Es ist ein Spiel. Hab' Spaß.)
    Die Gewohnheit, die Dinge meistens ergebnisorientiert anstelle prozessorientiert zu betrachten, steckt sehr tief.



    Mirco:

    Das Wunder des Pflanzenlebens ist mir da aufgefallen.
    Sie keimen, bilden Wurzeln & Blätter, blühen schließlich, werden bestäubt und tragen Früchte. Einfach so?

    freeman:

    Ja, ich glaube tatsächlich "einfach so" und genau das verstehe ich auch unter "Tathatta":Einfach so.


    Ach, ich weiß nicht. Es drängt mich, mehr zu finden, und ich glaube, es gibt da auch mehr zu entdecken. Kommt auf die Ebene an. In der Ebene der Begriffe macht's Spaß, die Zusammenhänge zu erkunden.


    Gruß,
    Mirco


  • Ich finde, "prozessorientiert" ist ein gute Stichwort. Und auch Deinen Hinweis, daß es auch auf die Ebene ankommt, halte ich für sinnvoll.
    Als ich weiter oben von Thatata sprach, da sprach ich von der Ebene Tahatatas aus :)


    Ich unterscheide grundsätzlich zwei Ebenen:


    Die Ebene der Unterscheidung und die Ebene der Nicht-Unterscheidung.


    Auf der Ebene der Nicht-Unterscheidung sehe ich Thatata, bin ich Thatata und prozessorientiert. Auf dieser Ebene haben für mich alle Menschen recht, egal, was sie tun oder sagen- eben Thatata, So-Sein.


    Auf der Ebene der Unterscheidung bin ich zweckorientiert, rational. Auf dieser Ebene unterscheide ich die Ansichten der Menschen und unterscheide zwischen falsch und richtig.


    Ich pendle ständig zwischen beiden Ebenen hin und her und bin darauf aus, daß sich beide Ebenen in mir sinnvoll und fruchtbar ergänzen.



    Zitat

    Die Gewohnheit, die Dinge meistens ergebnisorientiert anstelle prozessorientiert zu betrachten, steckt sehr tief.


    Das stimmt allerdings, trifft auch auf mich zu. Ich glaube, das hängt mit unserer abendländischen Kultur, mit unserer Ver-Bildung (z.B. in der Schule, Notensystem etc.) und unseren Konditionierungen zusammen, die uns das Leistungssystem sehr tief eingeprägt hat.



    LG,
    freeman

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • ---
    ... übrigens, ein weiterer fruchtbarer Gedanke mag hier die Unterscheidung von linker und rechter Gehirnhälfte sein...

    Die Verfechter der Substanz sind wie Kühe,
    die Anhänger der Leere noch schlimmer.


    Saraha

  • Mirco:

    Sollte ich meine Wurzeln in die Tugenden schlagen?


    Die Wurzeln sind eigentlich das Sinnbild der Anhaftung. Von der Anhaftung soll man sich geistig befreien - zumindest den Abstand vergrößern. Das Lotos-Beispiel: "Verwurzelt im trüben Schlamm, im Dunklen, nicht Sichtbaren, wächst er dem Licht entgegen an die Wasseroberfläche, um in vollendeter Blüte seine Schönheit zu entfalten."
    Im asiatischen Bereich gibt es auch das Beispiel mit dem Baum. Auch dieser ist verwurzelt in der Erde und strebt dem Himmel, Licht entgegen. "Je höher man steigt, umso reiner wird die Luft."
    In der christlichen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine positive Assoziation: als Sinnbild für Standfestigkeit.
    In der buddhistischen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine negative Assoziation: als Sinnbild für Anhaftung.


    Sollte ich meine Wurzeln in die Tugenden schlagen?


    Der Begriff Tugend kommt aus der vorchristlichen griechischen Philosophie. Genannt werden die Kardinaltugenden:
    Weisheit oder Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, und Mäßigung.
    Man(n) sollte standhaft in der Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung sein, aber ein Anhaften dabei vermeiden. ;)


    Freeman meint: Ich glaube, der moderne Mensch hat zu einem Großteil das Bewusstsein jenes "Sosein" verloren.
    Das sah Buddha vor 2500 Jahren wohl ähnlich, deswegen hat er sich auch mit dem Thema beschäftigt. :D
    Der Mensch (im Allgemeinen) war schon immer so. Das Auswirkung auf die Natur, auf die eigene Lebensgrundlage ist größer geworden. Der Buddha sah damals nur die Wirkung von Mensch auf Mensch, oder von Mensch auf Tier.
    Wenn der damals von den heutigen Zuständen, auch nur annähernd eine Vorahnung gehabt hätte?
    Spielsucht, Konsumsucht, Vergnügungssucht, ... ist lediglich eine Kanalisierung dem Leiden aus dem Weg zu gehen. Der gegenwärtige Mensch hat erhebliche Probleme mit dem Nichts-Tun. Sobald Ruhe ihn umgibt, kommt Unruhe in ihm auf. Wer beschäftigt ist, ist abgelenkt von sich und seiner Umwelt. Der Mensch (im Allgemeinen) ist auf der Flucht vor sich selbst.

  • Lieber Mirco,


    ich finde, Wurzeln hat man. Die eigene Geschichte und familiäre Traditionen (Karma)- nun ja, oft nicht so nährend. Schwer zu akzeptieren und anzunehmen, was alles nicht wachsen konnte und was alles kaputt ging. :?
    Dauert lange!


    Und ich finde, Wurzeln findet man auch. Den Grund, der uns nährt und uns vertraut und bekannt vorkommt.


    ... Sila dürfen nicht zu einer Geißel werden, die uns darin bestätigt, wie schlimm wir sind. Diese Überzeugung aus alten Tagen ist ein tief sitzendes Konzept, Muster, das sich auflösen darf.
    Eine Zwickmühle für mich, einerseits nicht selbstzerstörerisch, abwertend zu empfinden, andererseits dennoch 'tugendhafter' werden zu müssen (schon, um anderen nicht auf den Keks zu gehen) und es an manchen Stellen nicht zu schaffen.
    ... So meine Gedanken zum Thema Wurzeln und Sila.

  • Sumedhâ:

    mit" es ist alles da ich muss es nur ent-wickeln" meinte ich ent-wickeln im sinne von freilegen, enthüllen, schleier beseitigen, staubwischen...irgendwie ganz profane handlungen... :)


    Ach so! Also gar nicht entwickeln sondern enthüllen.
    Scheinen mir zwei verschiedene Dinge zu sein.
    Was ich nur enthülle ist schon da nur nicht erkannt.
    Was ich entwickle war noch nicht da und muß erst noch entstehen.
    Die Behauptung von dir ist aber jetzt es sei schon alles da.
    Alles was da ist wurde irgendwann mal entwickelt.
    Aber so gesehen gäbe es nichts mehr zu entwickeln was nicht schon da ist.
    Die Vorstellung das schon alles da sein und es nur um enthüllen
    gehen würde kannst du sicher nicht begründen oder?
    Bei den vier rechten Kämpfen (samma-vayama) ist es jedenfalls nicht so.


    Vier Kämpfe gibt es, ihr Mönche. Welche vier?
    Den Kampf zur Vermeidung,
    den Kampf zur Überwindung,
    den Kampf zur Entfaltung,
    den Kampf zur Erhaltung

  • Tashili:

    Eine Zwickmühle für mich, einerseits nicht selbstzerstörerisch, abwertend zu empfinden, andererseits dennoch 'tugendhafter' werden zu müssen (schon, um anderen nicht auf den Keks zu gehen) und es an manchen Stellen nicht zu schaffen.


    Ich sag ja: nicht übergießen. Sonst faulen die Wurzeln im stehenden Wasser. Dharmapraxis darf auch kein Stress sein, sondern der Mittelweg ist immer wieder zu suchen. :?

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Markus Bertulat:


    In der buddhistischen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine negative Assoziation: als Sinnbild für Anhaftung.


    Dies sehe ich nicht so. Der Buddhismus kennt 6 Wurzeln (mula), die in heilsam und unheilsam eingeteilt werden. Die 3 heilsamen Wurzeln sind: Gierlosigkeit, Haßlosigkeit, Unverblendung (alobha, adosa, amoha).


    Es ist daher Aufgabe, eines Yogi seine heilsamen Wurzeln zu stärken und dafür braucht es ein rechtes Fundament. Dieses Fundament ist eben Geben, Tugend und damit verbunden Vertrauen in Karma und Wiedergeburt. Dies wird meiner Einschätzung nach gerade von einigen/vielen westlichen Buddhisten vernachlässigt. Schmeckt vielleicht zu sehr nach dem negativ assoziiereten Christentum.


    Egal, Wurzeln sind nicht auschließlich negativ assoziiert.


    Gruß
    Florian

  • Buddhaghosa:

    Der Buddhismus kennt 6 Wurzeln (mula), die in heilsam und unheilsam eingeteilt werden. Die 3 heilsamen Wurzeln sind: Gierlosigkeit, Haßlosigkeit, Unverblendung (alobha, adosa, amoha).


    Danke! Habe ich auch hier nochmal gut erklärt gefunden. http://www.palikanon.com/buddhbib/11wurzeln/wuzeln03.htm
    Ein schönes Zitat aus dem Text: "In den relativ wenigen Momenten stolzen Gipfelgefühls glaubt der Mensch, er sei ein frei Handelnder, sei der Meister seines Lebens und sogar der Natur, sei der Höhepunkt der Entwicklung. Doch in Wirklichkeit ist er in einem geistig unentwickelten Zustand und spielt überwiegend eine passive Rolle, hin- und hergezerrt und herumgestoßen von inneren Kräften, Trieben, Leidenschaften und Gewohnheiten, die er nicht kontrollieren kann. Gezerrt von seiner Gier und gestoßen von seinem Haß, sieht er in seiner Blindheit nicht, daß der Hebel zum Anhalten dieser zwanghaften, rasenden Bewegung in seiner Reichweite liegt, nämlich innerhalb seines eigenen Herzens."


    Egal, Wurzeln sind nicht auschließlich negativ assoziiert. Auf jeden Fall nicht von Aquarianer. :D

  • ---
    Mit Sicherheit haben Wurzeln im Buddhismus nicht nur negative Aspekte. Ein schönes Bild in Buddhismus und Hinduismus ist der Lotus. Seine Wurzeln stecken im nahrhaften Urschlamm. Hätte der Lotus diese Wurzeln nicht, dann würde er eingehen. Eine mögliche Interpretation diese Bildes ist meiner Ansicht nach, den Urschlamm als Metapher für das menschliche, intuitive Unbewusste, Unterbewusstsein zu sehen. Die Blüte wäre dann das Bewusstsein. Beides ist untrennbar durch den Stengel verbunden, beides bildet eine untrennbare Einheit.


    ---
    Ich unterscheide zwischen intuitivem und diskursivem Denken, zwischen irrationalem und rationalem Denken. Oder präziser: Ich unterscheide zwischen Intuition und Reflektion/rationalem Denken (Berechnen).


    Wenn ich mit dem Bogen einen Pfeil ins Ziel bringen will, dann kann ich den Bogen, die Flugbahn, die Windrichtung, die Entfernung zum Ziel usw noch so gut rational, zweckorientiert berechnen-
    Berechung allein jedoch wird den Pfeil nicht ins Ziel bringen. Es muß noch etwas hinzukommen:

    Intuition, ein quasi irrationaler Faktor, der schlicht nicht zu berechnen ist
    . Es ist der Moment, wenn alle Berechnungen zusammenkommen, weitgehend optimiert sind, dann erst bricht das Intuitive, Irrationale voll in Erscheinung: Ein Moment des „Ki“, der irrationalen Kraft, die (unbewußt) bestimmt, wann der Pfeil losgelassen wird. Ähnliches erlebe ich beim Musizieren auf der Gitarre.


    Ich betrachte beide Kräfte als komplementär, sich gegenseitig bedingend und ergänzend. In der abendländischen Kultur ist die intuitive Wahrnehmung verkrüppelt, vertrocknet. Die meisten Menschen im Abendland leben überwiegend im Kopf (daher auch die merkwürdige Vorstellung, Bewusstsein, der Mensch oder die Person entstünde im Kopf, im Gehirn), permanent leistungsorientiert, gewinnorientiert. Das ist meiner Ansicht nach einer der Hauptursachen dafür, daß die psychischen Erkrankungen in den westlichen Industriestaaten so dermassen zugenommen haben und mittlerweile sogar die Zahl der physischen Erkrankungen überschritten haben. Eine weitere Folge dieser Kopflastigkeit ist die extreme innere Entfremdung von der Natur.


    Die Pflanzen, die Bäume sind unsere nahen Verwandten, unsere Brüder- aber wie gehen wir damit um? So, wie wir mit uns selbst umgehn, nicht wahr? So, wie die Menschen mit sich selbst umgehn, so gehen sie auch mit allem andern um und vice versa.


    Das Überleben unserer Zivilisation wird davon abhängen, ob wir in der Lage sind, dieses Ungleichgewicht in der Wahrnehmung der abendländischen Kultur auszugleichen. Gelingt uns dies nicht, dann ist die westliche Zivilisation sehr bald dem Untergang geweiht.




    Bildquelle: http://www.mandalas.com/mandal…how/Buddha_Lotus_Pond.php

  • Hallo 'freeman',

    freeman:


    Ich unterscheide grundsätzlich zwei Ebenen: Die Ebene der Unterscheidung und die Ebene der Nicht-Unterscheidung. Auf der Ebene der Nicht-Unterscheidung sehe ich Thatata, bin ich Thatata und prozessorientiert. Auf dieser Ebene haben für mich alle Menschen recht, egal, was sie tun oder sagen- eben Thatata, So-Sein. Auf der Ebene der Unterscheidung bin ich zweckorientiert, rational. Auf dieser Ebene unterscheide ich die Ansichten der Menschen und unterscheide zwischen falsch und richtig. Ich pendle ständig zwischen beiden Ebenen hin und her und bin darauf aus, dass sich beide Ebenen in mir sinnvoll und fruchtbar ergänzen.


    stimmt ja, Du bist ja kein Buddhist ;)


    Mirco:

    Die Gewohnheit, die Dinge meistens ergebnisorientiert anstelle prozessorientiert zu betrachten, steckt sehr tief.

    freeman:

    Das stimmt allerdings, trifft auch auf mich zu. Ich glaube, das hängt mit unserer abendländischen Kultur, mit unserer Ver-Bildung (z.B. in der Schule, Notensystem etc.) und unseren Konditionierungen zusammen, die uns das Leistungssystem sehr tief eingeprägt hat.


    ... und nimmt seinen Lauf zusammen mit Familie, Kollegen, Mitmenschen, Medien, Gesellschaft.
    Ach wir arme Opfer. Das heißt ja aber nicht, dass es so bleiben muß. Austieg ist möglich :idea: .



    Gruß,
    Mirco

  • Hallo Markus,



    Markus Bertulat:

    Von der Anhaftung soll man sich geistig befreien - zumindest den Abstand vergrößern.
    Das Lotos-Beispiel: "Verwurzelt im trüben Schlamm, im Dunklen, nicht Sichtbaren, wächst er dem Licht entgegen an die Wasseroberfläche, um in vollendeter Blüte seine Schönheit zu entfalten."


    ...und die Wurzel des oben erwacht Blühenden stecken trotzdem nach wie vor im Schlamm.



    Markus Bertulat:

    Im asiatischen Bereich gibt es auch das Beispiel mit dem Baum. Auch dieser ist verwurzelt in der Erde und strebt dem Himmel, Licht entgegen. "Je höher man steigt, umso reiner wird die Luft."


    In der christlichen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine positive Assoziation: als Sinnbild für Standfestigkeit.


    In der buddhistischen Terminologie besitzt der Begriff "Wurzel", eine negative Assoziation: als Sinnbild für Anhaftung. Die Wurzeln sind eigentlich das Sinnbild der Anhaftung.


    Und in meinem Beispiel wird die Wurzel nicht bewertet.
    Sie steht neutral da in ihrer Funktion als Organ der Nahrungsaufnahme und Standfestigkeitsgeber.


    Wo hinein ich sie schlage, bleibt mir über lassen, bilde ich mir ein.


    Saufe, lüge, betrüge, stehle, schlage und schände ich mich durch's Leben, wird die Pflanze dementsprechend aussehen.



    Zitat

    Der Begriff Tugend kommt aus der vorchristlichen griechischen Philosophie. Genannt werden die Kardinaltugenden: Weisheit oder Klugheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit, und Mäßigung.
    Man(n) sollte standhaft in der Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung sein, aber ein Anhaften dabei vermeiden.


    Wenn ich als als Buddhist in einem buddhistisch orientierten Forum von Tugend(en) schreibe, meine ich die vorgeschlagenen Verhaltensempfehlungen des Buddha, auch als Sila bekannt.




    Herzlich,
    Mirco