• Offizieller Beitrag

    Moin.


    Ich machs kurz:

    • Jeder Mensch, der mir etwas bedeutet, wird irgendwann leiden und sterben, und ich kann nichts tun. Wenn ich Glück habe, sterbe ich vorher.
    • Jede meiner körperlichen Fähigkeiten wird verfallen. Am Ende stehen auch für mich Schwäche, Schmerz und Ohnmacht.
    • Egal, welche Leistung ich auch die meine nenne, sie alle relativieren sich zu nichts, und nichts bleibt davon übrig, das mehr bedeuten würde als ein Regentropfen im Rauschen des Regens.
    • Alles, was mir lieb und teuer ist, wird vergehen. (Besitz ist eine so absurde Erfindung).
    • Das meiste von dem, was mich heute erfreut, wird mich beim zehnten oder zwanzigsten oder hundertsten Male, bei dem ich es erlebe, langweilen oder frustrieren.
    • Alles wandelt sich ständig und ewig. Versuche ich etwas dagegen auszurichten, ist es, als ob ich versuchte, mit der Hand einen reißenden Strom zu stauen. Dieser reißende Strom heißt Corona oder Klimawandel oder Artensterben oder Wirtschaftskrise oder Hunger oder Krieg oder Leben oder Tod oder Alltag.

    Wie sah mein Gesicht aus bevor ich geboren wurde?


    Es gab einen Zustand, soweit ich mich erinnere, da war ich nicht so sehr verstrickt und gebunden, so in Abhängigkeit und Anhaftung, Angst und Hoffnung gefangen. Wie frei mein Herz damals war, stelle ich mir vor... so aus der Entfernung. Wieder wird aus Vorstellung Willen geboren, relativiert und verschmäht was ist.


    Wie sah mein Gesicht aus bevor ich geboren wurde?


    Merkwürdig: Das Spätere verdeckt das Frühere. Das Alter die Jugend. Das Scheitern den hoffnungsvollen Anfang. Der Verlust den Gewinn. Der Schmerz das Glück. Das Ende des Lebens den Anfang.


    Wie Donner wirken gegen diesen larmoyanten Kleinmut die Worte aus dem Herzsutra:


    Zitat

    Deshalb gibt es in der Leerheit keine Form, kein Gefühl, keine Unterscheidung, keine Gestaltungskraft, kein Bewusstsein, kein Auge, kein Ohr, keine Nase, keine Zunge, keinen Körper, keinen Geist, keine Form, keinen Klang, keinen Geruch, keinen Geschmack, kein Berührungsobjekt, kein Phänomen.Vom Augenbereich über den Geistbereich bis zum Bewusstseinsbereich gibt es nichts.Von der Unwissenheit und dem Aufhören der Unwissenheit bis zum Altern und Sterben und zum Aufhören des Alterns und Sterbens existiert nichts. Ebenso gibt es das Leiden, den Ursprung, die Beendigung und den Weg nicht, keine Weisheit, kein Erlangen und auch kein Nicht-Erlangen.


    Wie sah mein Gesicht aus bevor ich geboren wurde?


  • Treffende Analyse

    • Egal, welche Leistung ich auch die meine nenne, sie alle relativieren sich zu nichts, und nichts bleibt davon übrig, das mehr bedeuten würde als ein Regentropfen im Rauschen des Regens.
    • Alles wandelt sich ständig und ewig. Versuche ich etwas dagegen auszurichten, ist es, als ob ich versuchte, mit der Hand einen reißenden Strom zu stauen. Dieser reißende Strom heißt Corona oder Klimawandel oder Artensterben oder Wirtschaftskrise oder Hunger oder Krieg oder Leben oder Tod oder Alltag.

    Wenn sich die Taten aber auswirken lässt sich der Strom durch die Art der Leistungen immerhin willentlich beeinflussen.


  • Da fallen mir glatt die ersten Zeilen des Shodoka ein:

    Freund, erkennst du nicht diesen stillen Menschen des Weges, der Erwachen erlangt und Grübeln wie Gehabe aufgegeben hat?


    Warum gibst du nicht Grübeln und Gehabe auf?

    Dann zeigt sich spontan dein ursprüngliches Angesicht.

    Wenn dieses, dann jenes - wenn Grübeln und Gehabe aufgegeben, erscheint Erwachen. Wenn Erwachen erscheint, entfällt Grübeln und Gehabe.

    :zen:

    • Offizieller Beitrag

    Warum gibst du nicht Grübeln und Gehabe auf?

    Touché! (:


    Ja, warum? Weil ich weiter und weiterlebe... auch über momentane Erkenntnisse und temporäre Befreiungen hinaus. Weil ich ein banaler Weltling bin, verstrickt in Verantwortung und Begierde, Abneigung und Unwissenheit. Weil ich mich an den schönen, liebenswerten und aufregenden Dingen und Wesen angenehmst und ängstlich vergiftet habe. Weil aus diesem stets jenes hervorgeht. Grübeln und Gehabe kommen und gehen wie das Wetter. Da soll einer entscheiden ob Huhn oder Ei!


    Und warum gibst du nicht Grübeln und Gehabe auf?

  • Wenn man temporär befreit ist von Dukkha bleibt immer noch Erleben. Also auch Reden, Schreiben, temporäres "Leiden".

    Weil man weiß und in sich geschützt ist, macht "Leiden" sogar Frieden. So ist der Weg und fertig.

  • Es gibt meines Erachtens einen individuellen Strom im allgemeinen Strom der Geschehnisse, nach dem Motto "Erbe ihrer Taten sind die Wesen". Begehren und Wille sind sein Ursprung und bestimmen durch ihre Vielfalt seine Richtung. Bei entsprechender Einsicht kann der Ursprung wohl versiegen und dieser Strom zu einem Ende kommen.

    • Offizieller Beitrag

    Ja, das sehe ich auch so. Die Frage ist: Der Ursprung von was versiegt? Jemand, bei dem die Geistesgifte versiegt sind, ist ja offenbar nicht handlungsunfähig. Aus diesem Grund werden noch immer Ursachen und Umstände die Basis für Handeln, Denken und Reden bilden. Und Denken, Reden und Handeln werden wieder zu Ursachen von Wirkungen in der Welt. Es ist also das Ende der Leiden, aber nicht das Ende der Wirkungen und Ursachen. Bei Buddha z.B. sind es seine Lehren und Taten, die bis heute die Wirklichkeit der Menschen (mit-) prägen. Buddha ist im Strom der Ursachen und Wirkungen bis heute wirksam, auch wenn sein individuelles Kontinuum wer weiß wo sich herumtreibt.


    :rainbow:

    • Offizieller Beitrag

    Freund, erkennst du nicht diesen stillen Menschen des Weges, der Erwachen erlangt und Grübeln wie Gehabe aufgegeben hat?

    "Grübeln und Gehabe" ist die Hauptfigur in dem Computerspiel - der Chrakter, den es zu entwickeln gibt, der Aufgaben erledigt und so Stück für Stück etwas ansammelt (Ruhm, Erfahrung, Macht) und der deswegen viel grübeln muss in welche Richtung er fortschreitet um etwas zu errreichen.


    Und dann gibt es in Computerspielen noch die anderen computergenerierte Statisten (NPC- Non Player Character) mit beschränkten Handlungsumfang. Ich mag den Youtube-Channel "Epic NPC man" der die Welt aus der Perspektive so eines NPC - Greg der Knoblauchfarmer - betrachtet. Gred hat immer die gleiche Begrüssung zu sprechen, immer die gleiche Aufgaben zu stellen. Wenn man auf der Stelle tritt ist Grübeln obsolet aber es bleibt noch "Gehabe" - auch er hat eine Rolle zu spielen.


    Mich hat die Episode mit dem Holzfäller berührt, der -vom Zauberer gefragt- nahe an den Punkt kommt, das ihm etwas dämmert: Dass sein Gehabe ganz leer ist - dass er seit Jahren versucht den selben Baum zu fällen,

    und all sein Tun auf der Stelle tritt. Der nicht weiss dass die Frau und die Kinder für die er das tut, nur Einbildung sind. Ich erkenne mich in dem armen Holzfäller wieder.


    Es erinnert mich an meien Erfahrung mit sehr alten Menschen: So ein hilfloses, rührendes Versuchen, seine Rolle weiterzuspielen ("The Show must go on")- der Mensch der man sein Leben lang war aufrechtzuerhalten, auch wenn einem der Text drucheinander gerät und sich Orte und Menschen verwirren. Weiterreden gegen die Stille in der der Tod sich ankündigt und gegen den Weg, der ein Weg der Vergänglichkeit ist.

  • Warum gibst du nicht Grübeln und Gehabe auf?


    Ja, warum? Weil ich weiter und weiterlebe... auch über momentane Erkenntnisse und temporäre Befreiungen hinaus.

    Deshalb gibst du nicht Grübeln und Gehabe (nach und nach) auf, weil du weiter und weiterlebst?


    Du erkennst doch Grübeln und Gehabe, wenn es auftaucht. Und du weißt doch, was Grübeln und Gehabe ist. Jeden (verdammten :grinsen:) Tag siehst du doch, was es macht.

    Wie findest du das, was daraus entsteht? Wenn es möglich wäre, da etwas zu verändern, würdest du es versuchen?


    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schmu.


    Nun ja, natürlich kenne ich das schon lange. Aber ich will Dir ein Beispiel geben.


    Seit neun Jahren bin ich Vater. Für das kleine Wesen bin ich verantwortlich. Zu meinem Teil bin ich auch dafür verantwortlich, in welche Welt sie hineinwächst. Trotz aller Erfahrung mit Meditation und buddhistischer Philosophie macht mir meine effektive Ohnmacht zu schaffen, wenn ich an all die Entwicklungen denke, die das Leben meiner Tochter bestimmen werden. Meine Tochter vertraut mir. Ich kann sie nicht schützen vor dem, was da kommt. Das macht mir zu schaffen, erzeugt Grübeln und Gehabe. Und es geht ja nicht nur um meine Tochter. Den Blick kann ich nicht verschließen vor dem, was um mich herum geschieht. An all den negativen Entwicklungen der Gegenwart sehe ich auch meinen Anteil. Es fällt mir schwer, Frieden in der Meditation zu finden, wenn ringsumher das Haus brennt.

  • Ja, du hattest da oben die "harten Brocken" angesprochen – Corona, Klimawandel, Artensterben... Dann hast du eine Tochter, der du vielleicht lieber eine etwas andere Welt gezeigt hättest. Ich verstehe schon, dass das nicht immer so einfach ist.

    Du kannst es in solchen Umständen nur so gut machen, wie sie (die Umstände) es eben zulassen. Mehr ist nicht möglich. Ich wollte da jetzt auch nicht schlau daherreden und beschönigen kann man die Dinge auch nicht.


    Aber zumindest gibt es immer eine jeweils bestmögliche Weise, egal wie die Welt aussieht. Die Generation unserer Kinder wird wahrscheinlich in einer etwas anderen Welt leben, sie werden ihre eigenen Lösungen damit finden müssen. Du bist dann irgendwann nicht mehr da...


    Klingt auch nicht wirklich gut, aber was besseres fällt mir nicht ein. :nosee:


  • Seit neun Jahren bin ich Vater. Für das kleine Wesen bin ich verantwortlich. Zu meinem Teil bin ich auch dafür verantwortlich, in welche Welt sie hineinwächst. Trotz aller Erfahrung mit Meditation und buddhistischer Philosophie macht mir meine effektive Ohnmacht zu schaffen, wenn ich an all die Entwicklungen denke, die das Leben meiner Tochter bestimmen werden. Meine Tochter vertraut mir. Ich kann sie nicht schützen vor dem, was da kommt. Das macht mir zu schaffen, erzeugt Grübeln und Gehabe. Und es geht ja nicht nur um meine Tochter. Den Blick kann ich nicht verschließen vor dem, was um mich herum geschieht. An all den negativen Entwicklungen der Gegenwart sehe ich auch meinen Anteil. Es fällt mir schwer, Frieden in der Meditation zu finden, wenn ringsumher das Haus brennt.

    Du bist ein Helikopter-über-Vater, der mal große Probleme mit der Tochter bekommen dürfte, wenn sie sich von dir befreien muss. Warum genießt du nicht das tägliche Zusammensein, so wie es jetzt ist? Warum siehst du in eine Zukunft in der du nicht mehr sein wirst und die du nicht kennen kannst? Willst du sie mit deinen "vorgestellten" Sorgen schon jetzt ersticken?

    Deine Tochter ist nicht deine Tochter - das erinnert mich an das Gedicht von Khalil Gibran "Eure Kinder"


    Zitat


    Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

    Sie sind die Söhne und die Töchter der Sehnsucht

    des Lebens nach sich selber.

    Sie kommen durch euch, aber nicht von euch,

    Und obwohl sie mit euch sind, gehören sie euch doch nicht.


    Ihr dürft ihnen eure Liebe geben,

    aber nicht eure Gedanken,

    Denn sie haben ihre eigenen Gedanken.

    Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,

    aber nicht ihren Seelen,

    Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,

    das ihr nicht besuchen könnt,

    nicht einmal in euren Träumen.


    Ihr dürft euch bemühen, wie sie zu sein,

    aber versucht nicht, sie euch ähnlich zu machen.

    Denn das Leben läuft nicht rückwärts

    noch verweilt es im Gestern.


    Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder

    als lebende Pfeile ausgeschickt werden.

    Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit,

    und er spannt euch mit seiner Macht,

    damit seine Pfeile schnell und weit fliegen.

    Laßt eure Bogen von er Hand des Schützen auf Freude gerichtet sein;

    Denn so wie er den Pfeil liebt, der fliegt, so liebt er auch den Bogen, der fest ist.



    Es reicht doch vollständig, wenn du dich täglich mit den alltäglichen Fragen und Problemen jetzt, in dieser Pandemie-Zeit kümmerst und hier dabei bleibst. So wie es reicht, wenn du in deiner Meditation deine Gedanken sein lässt und dich auf den Atem konzentrierst. Nicht-Denken denken am Grunde des Denkens - da verschwinden die Gedanken und damit die Sorgen und Illusionen über das Morgen. Jeder Tag ist ein guter Tag, Tag für Tag - auch in 40 Jahren.

    :zen:

  • Klär mich mal auf - welches Computerspiel? Ich finde diese youtube-Episoden lustig.

    Ich fand beim Holzfäller den Schluss sehr gut - wie er seinen Kopf kurz schüttelt und dann einfach wieder von vorn beginnt - das Programm ist eben so. Und wir sind da ja auch Programme. Genauso kommen wir aus den Illusionen nicht heraus - der Buddha hat eine Überschreibung hinterlassen, aber die Illusionen sind nicht verschwunden.

    Deshalb sagt das Shodoka über den "stillen Menschen" dass er weder Illusionen ablegt noch weiter nach der Wahrheit sucht.

    Er/sie räumt die Spülmaschine aus und es ist gleich, ob das nun der Buddha oder der Gewöhnliche ist.

    :zen:

    • Offizieller Beitrag

    Du bist ein Helikopter-über-Vater, der mal große Probleme mit der Tochter bekommen dürfte, wenn sie sich von dir befreien muss.

    Hallo Leonie.


    Ich denke, solche Aussagen stehen Dir nicht zu. Dazu kennst Du weder mich, noch meine Familie viel zu wenig.


    Mit der Art von "jeder Tag ist ein guter Tag"-Buddhismus kann ich nichts anfangen. Dafür ist mir noch viel zu sehr in den Ohren, was der Dalai Lama, Thich Nhat Hanh oder auch mein Zenmeister und viele Andere nicht müde werden zu erklären: (Klick)


    Warum siehst du in eine Zukunft in der du nicht mehr sein wirst und die du nicht kennen kannst? Willst du sie mit deinen "vorgestellten" Sorgen schon jetzt ersticken?

    Damit verkennst Du völlig das Gesetz von Ursache und Wirkung. Die Ursachen, die unsere Generation und einige davor gelegt haben, werden ihre Früchte in der Lebenszeit unserer Kinder hervorbringen. Aber Du bist natürlich frei, Dir etwas anderes vorzustellen.


    Von Tich Nhat Hanh stammt dieser Abschnitt:


    Zitat

    Unsere Ökologie sollte eine tiefe Ökologie sein - und nicht nur eine tiefe, sondern auch eine allumfassende Ökologie. Denn es gibt auch in unserem Bewußtsein Verschmutzung. Fernsehen, Filme, Zeitungen sind Formen der Verschmutzung unserer selbst und unserer Kinder. Sie säen Samen der Gewalt und Angst in uns und verunreinigen unser Bewußtsein. Das läßt sich mit unserem Tun vergleichen: Auch wir zerstören unsere Umwelt, indem wir Landwirtschaft mit Chemikalien betreiben, die Bäume abholzen und das Wasser verunreinigen. Wir müssen das Ökosystem der Erde und das Ökosystem des Geistes bewahren; sonst wird sich diese Art von Gewalt und Rücksichtslosigkeit auch noch über andere Lebensbereiche ausdehnen.


    Wenn die Erde Dein Körper wäre, könntest Du viele Bereiche wahrnehmen, an denen sie leidet. Viele Menschen sind sich des Leidens der Welt bewußt und ihre Herzen sind voller Mitgefühl. Sie wissen, was getan werden muß. So setzen sie sich durch politische, soziale und umweltschützerische Arbeit ein, weil sie die Dinge zu verändern suchen. Aber nach einer Periode intensiven Engagements fühlen sie sich entmutigt, weil es ihnen an der nötigen Stärke fehlt, um ein Leben der Tat auf Dauer aufrecht zu erhalten. Wahrhafte Stärke liegt nicht in Macht, Geld oder Waffen, sondern in tiefem inneren Frieden! Es ist der beste Weg, sich um die Umwelt zu kümmern, wenn man sich um den Umweltschützer kümmert.


    Unsere Erde - unsere grüne, schöne Erde - ist in Gefahr! Und wir alle wissen es. Wenn wir nicht gut aufpassen, wird unser Erdschiff untergehen. Wir verhalten uns so, als hätte unser tägliches Leben nichts mit der Weltsituation zu tun; aber das ist sicher: Wenn wir unser tägliches Leben verändern können - die Art, wie wir denken, die Art, wie wir sprechen, und die Art, wie wir handeln - dann können wir die Welt verändern!


    Oder etwas länger als Text hier: (Klick)


    Die Pandemie belastet mich viel weniger als das Faktum, dass es nach der Pandemie wie vor der Pandemie weitergehen wird.

  • Aber so sind die Dinge nun mal, Thorsten, was den Klimawandel angeht. Wir wissen (ich zumindest), was die Klimaforschung sagt, und was sie auch vor 30/40/50 Jahren schon gesagt hat.


    Ich musste durchaus auch an das Gedicht von Khalil Gibran denken, habe es aber aus dem Grund nicht gepostet, weil ich eben dachte, ich kenne dich nicht, das geht mich nichts an.

    Ich finde schon, es muss jedem selbst überlassen werden, ob er unter dem möglichen Niedergang der menschlichen Zivilisation wie wir sie kennen, leidet oder nicht.

    Es ist eben, wie es ist. Und deine Tochter wird in einem Teil der Welt leben, da werden Millionen andere Kinder möglicherweise nur von träumen können. Die Klimakrise wird sich auf alle Menschen auswirken, da wird es aber große Unterschiede geben, wie immer. Und auch hier wird es wieder genau dieselben besonders treffen, die auch jetzt schon in den ärmsten Regionen leben.


  • Die Pandemie belastet mich sehr, denn für sehr viele Menschen in Deutschland und der Welt hat sie großes Leid gebracht und für viele Menschen den Tod - da ist schon mal nichts wie vorher und es wird auch nachher nichts wie vorher weitergehen.


    Natürlich steht es mir zu hier persönlich zu werden, da du auch persönlich geworden bist und deine persönlichen Verhältnisse hier ausgebreitet hast. Wenn dir danach ist, das Forum als Kummerkasten zu benutzen - das habe ich jetzt verstanden und werde zukünftig mich von deinen Beiträgen fern halten.

    :zen:

    2 Mal editiert, zuletzt von Leonie ()

    • Offizieller Beitrag

    Hallo Schmu.


    Ich habe nicht davon gesprochen, was andere denken, tun oder an was sie leiden sollen... das steht mir nicht zu. Ich habe davon gesprochen, was mich grübeln lässt.


    Das Gedicht von Khalil Gibran ist ganz passend, finde ich:


    Ihr dürft ihren Körpern ein Haus geben,
    aber nicht ihren Seelen,

    Denn ihre Seelen wohnen im Haus von morgen,
    das ihr nicht besuchen könnt,

    nicht einmal in euren Träumen.


    Wir dürfen das nicht nur, wir müssen das sogar. Tatsache ist, das wir das heutige Haus so zuschande wohnen, dass wir ihnen das Haus von Morgen als Dreckstall hinterlassen.

    • Offizieller Beitrag

    Wenn dir danach ist, das Forum als Kummerkasten zu benutzen

    _()_


    Der buddhistische Weg ist für mich nicht von meinem persönlichen Leben getrennt. Ich freue mich über Deine Beiträge und Deine Anregungen.


    Dennoch möchte ich nicht mit solchen Zuschreibungen versehen werden.

  • Ich habe nicht davon gesprochen, was andere denken, tun oder an was sie leiden sollen...

    Nein, so meinte ich das auch nicht.


    Ich meinte es eher in Bezug auf deine Tochter. Es kann gut sein (ist sogar wahrscheinlich), dass sie unter ganz anderen Dingen in ihrem Leben leiden wird, als du es tust.

    Es kann sogar sein, dass der Klimawandel gar nicht ein großer "Kummerbereich" für sie werden wird, sondern andere Dinge, von denen ich keine Vorstellung habe, und auch du nicht.

    Es wird normal werden mit dem Klimawandel mehr und mehr zu leben. Und so wirklich schlimm (im Sinne von lebensunwürdig) wird es aus meiner Sicht auch erst ab der Generation nach deiner Tochter. Es wird sich schon manches ändern, aber man wird sich damit noch einigermaßen arrangieren können, jedenfalls in den reichen Ländern. So ungefähr stelle ich es mir vor.


    Was Kinder angeht: Ich habe keine, und kenne diese ganze Verantwortung und die Sorgen nicht. Aber ich sehe in meinem Freundes- und Bekanntenkreis, dass ich Teile der Verbindung, die von Eltern zu ihren Kindern aufgebaut werden, nicht nachvollziehen kann. Ich verstehe, dass man seine Kinder liebt, ich verstehe, dass man möchte, dass es ihnen gut geht. Aber ich sehe da noch ganz andere Dinge, die ich nicht so gut finde.

    Das kann ich aber bei dir natürlich überhaupt nicht wissen und nicht beurteilen. Es gibt jedenfalls offenbar nicht selten eine Neigung, manches in seine Kinder hineinzuprojizieren. Das weiß ich von meinen eigenen Eltern und aus der Psychologie. :grinsen:


  • Lieber Torsten,


    was Du hier schreibst

    Meine Tochter vertraut mir. Ich kann sie nicht schützen vor dem, was da kommt.

    stimmt in jeder Hinsicht. Die Frage ist jedoch, ist es ein Problem? Es erinnert mich ein wenig an die buddhistische Anekdote mit dem Schuh.Wenn man empfindliche Füße hat, dann kann man zum Schutz die ganze Welt mit Leder überziehen. Oder man bastelt sich gute Schuhe.


    Die Kinder für immer zu beschützen, und die Welt zu ändern, an beidem muss man scheitern. Dann kann man sich doch besser darauf konzentrieren, dass die Kinder sich später selbst gut schützen können. Dass sie Vertrauen in ihre Fähigkeiten haben, und Methoden, wie man mit Unsicherheit umgeht. So gut es eben geht, das wird nie perfekt sein.


    Und das beginnt damit, dass man selbst guckt, ob man Vertrauen in seine Kinder hat, dass sie ihren Weg finden und gehen werden. Das halte ich für den wichtigsten Part, wenn man starke Kinder haben will. Das ist natürlich oft nicht leicht, aber Kinder haben heißt eben, die Kinder zu unterstützen, und die eigenen Entwicklungsaufgaben anzunehmen, die uns über unsere Kinder präsentiert werden. Ich halte buddhistische Praxis hierfür für ein tolles Werkzeug,


    Liebe Grüße,

    Aravind.

    • Offizieller Beitrag

    Die Frage ist jedoch, ist es ein Problem?

    Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Das Problem ist in keiner Weise meine Tochter. Das Problem ist meine (Mit-)Verantwortung an der Welt, die ich ihr oder auch allen anderen Kindern, also insgesamt der nächsten Generation hinterlasse. Bei meiner Tochter, oder vielleicht auch an meiner Tochter ist mit diese Verantwortung in den letzten Jahren mehr und mehr zu Bewusstsein gekommen. Diese Verantwortung hat nichts mit Erziehungsstrategien zu tun. Ich habe keine Zweifel, dass meine Tochter ihren Weg finden wird. Sie wächst in aller Freiheit auf, zu sein, zu werden und denken und zu tun was sie will.


    Bei "normalen" Problemen würde ich vielleicht sagen: Jede Generation hat ihre eigenen Herausforderungen, mit denen sie fertig werden muss. Jede Generation formt die Welt, die sie von der vorherigen geerbt hat. In Bezug auf die oben angesprochenen drastischen Veränderungen hingegen, die vor allem unsere und die Generation unserer Eltern zu verantworten haben, empfinde ich diesen Hinweis als zynisch. Wir sind es gerade, die die Welt zur Zeit so radikal umformen, dass daraus sehr großes Leid in der Zukunft für die nächsten Generationen entstehen wird.


    Es ist eindeutig, dass unsere Generation diejenige ist, die die Schwere und Art der Auswirkungen, mit denen unsere Kinder zu tun haben werden, noch (und immer weniger) beeinflussen können. Der nächsten Generation bleibt nur die Reaktion auf unser Handeln, weil viele Kipppunkte nicht rückgängig zu sein machen werden. Das empfinde ich als sehr ungerecht. Es ist so, als würde man absichtlich Scherben und Dornen überall verteilen, um dann demjenigen, der sich blutige Füße daran holt, zu empfehlen, Schuhe anzuziehen.


    Diese Diskussion mit Graeme Maxton wurde vielleicht schon einmal verlinkt. Ich finde sie jedenfalls sehr sehenswert:


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    Und auch Maja Göpel macht diese Zusammenhänge sehr deutlich. Hier eine bezeichnende Art von Diskussion.

    • Offizieller Beitrag

    Es wird normal werden mit dem Klimawandel mehr und mehr zu leben. Und so wirklich schlimm (im Sinne von lebensunwürdig) wird es aus meiner Sicht auch erst ab der Generation nach deiner Tochter. Es wird sich schon manches ändern, aber man wird sich damit noch einigermaßen arrangieren können, jedenfalls in den reichen Ländern. So ungefähr stelle ich es mir vor.

    Na, dann können wir ja weitermachen wie bisher, wenn es erst die Generation der Kinder unserer Kinder betrifft.