Das verflixte "Ich"

  • Hallo,


    bin ja nun schon einige Zeit in diesem Forum, aber fast noch keinen Schritt weiter gekommen.
    Eher ist bei mir ein gößerer Wirr-Warr entstanden.


    Aber eines ist für mich am schlimmsten einzusehen - Ich soll kein Ich haben???????


    Da geht es mir wie meiner Hündin, die schüttelt ihr ganzes Fell, wenn ihr was überhaupt nicht passt :lol:


    Ich weiß nicht ob ein Anfänger diese Frage schon einmal gestellt hat?


    Bei mir ist diese Frage im Augenblick relefant.


    Tiere haben kein eigenes Ich, denn sie gehören doch einer Gruppe an? Maus ist Maus, Elefant ist Elefant, diese Tiere haben eine Erbinformation, nach der sich ihr Leben gestaltet?


    Der Mensch aber kann sich doch in seiner eigenen "Person" erkennen, z. B. im Spiegel sein eigenes Spiegelbild erkennen - er weiß, das bin ich?


    Tiere können sich selber nicht erkennen, wenn sie einen Spiegel hätten würden sie wahrscheinlich vor ihrem eigenen Spiegelbild erschrecken und die Flucht ergreifen.


    Grüsse Anita

  • anita.m4:

    Der Mensch aber kann sich doch in seiner eigenen "Person" erkennen, z. B. im Spiegel sein eigenes Spiegelbild erkennen - er weiß, das bin ich?


    Das soll man dann sein? Man muss nur genau hingucken: Blut, Knochen, Gewebe, Moleküle, Atome, subatomare Partikel, etc. Da ist nichts, was man greifen kann, kein Kern, keine Essenz, kein bleibendes Wesen. So ist es mit dem Geist auch.


    Siehe: http://de.wikipedia.org/wiki/Skandhas


    Schöne Grüße
    Karma Deleg Ragyä

    DRACO DORMIENS NUNQUAM TITILLANDUS

  • anita.m4:

    Der Mensch aber kann sich doch in seiner eigenen "Person" erkennen, z. B. im Spiegel sein eigenes Spiegelbild erkennen - er weiß, das bin ich?


    Tiere können sich selber nicht erkennen, wenn sie einen Spiegel hätten würden sie wahrscheinlich vor ihrem eigenen Spiegelbild erschrecken und die Flucht ergreifen.


    Nicht unbedingt - Affen können ihr Spiegelbild tatsächlich als solches erkennen - nach ein paar vergeblichen Kontaktversuchen ;) - und auch Hunde und Katzen schauen hinter den Spiegel, um dort den 'Anderen' zu finden.



    Dass der Mensch (oder auch der Affe) sich erkennen kann, sagt über das 'Ich' noch nichts aus. Nochmals aus meiner Übersicht:

    Zitat

    Ganz wichtig ist im Vergleich zu den abrahamitischen Religionen, daß im Buddhismus der Begriff einer Seele, ja der eines Ich völlig fehlt. Das Ego wird erklärt als Bündel von Erfahrungen und Gefühlen, das letztlich keine Grundlage in der Existenz besitzt.

    - ganz ähnlich sehen es viele moderne Psychologen, die den Ich-Begriff für eine für eine evolutionäre Entwicklung, eine Vorspiegelung unseres Gehirns, halten. Ich glaube ich habe irgendwo einen Text dazu, müsste ihn aber erst suchen...


    () Wolfgang

  • Hier habe ich eine Erklärung, nicht von einem Psychologen, sondern von einem buddhistischen Mönch, aus IMHO einer der besten Einführungen in den Buddhismus, 'Buddhism from Within' von Daizui MacPhillamy - leider gibt's das noch nicht auf Deutsch :doubt:


  • Danke für die schnelle Hilfe, damit komme schon mal weiter.


    Einige Punkte, die mich anderst denken lassen habe ich schon gefunden, die anthropologische Dualität und die moderne Psychologie.


    Natürlich kommt da bei mir gleich wieder ein aber, aber ich lese mich erst einmal richtig ein, damit ich die buddhistische Sichtweise besser verstehen kann.


    Wenn bei mir weitere Fragen dazu aufkommen, melde ich mich wieder.


    Dankende Grüsse Anita

  • Hallo Anita!


    Was ist denn das "Ich" aus Deiner Sicht?
    Das was Du im Spiegel siehst?


    Das ist doch schon die vergangene Anita die Du da siehst.
    Alles verändert sich. Jeden Augenblick.


    Ist dein Körper Dein "Ich"?
    Wenn ja, dann würde er tun was Du möchtest und würde z. Bsp. niemals krank.


    Lieber als "Ich", sage ich "keine beständige Seele".


    Anita gibt es ja nun....also etwas was man als temporäres empirisches "Ich" (Konditionierung") bezeichnen könnte, um sich mit anderen Wesen verbal austauschen zu können. Also nur eine grobe Benennung.


    Ist der Geist das "Ich" (Seele)?
    Wie sieht das aus? Versuch es zu beschreiben. Ist es gleichbleibend.......ist Anita gleichbleibend?


    Mit Metta
    Dhammika

  • Hallo Dhammika,


    danke für Deine Fragen, so kann ich am bessten lernen, denn wenn ich gefragt werde muss ich mich damit richtig auseinandersetzen.


    Grüsse von einer lernenden Anita


  • Möchte ich noch anfügen:


    Alles entwickelt sich weiter?


    Im Geistigen:
    Buddha hat vor ca. 3000-2500 Jahren gelehrt(weiß ich nicht genau)?


    Im Weltlichen:
    Die alten Griechen haben auch vor ca. 2500 Jahren die Demokratie begonnen zu lehren?


    Auf Beide wird heute noch zurückgeschaut (ob im weltlichen oder im geistigen, da sie eben gute Ratgeber und Lehrer für heute sind, jeder auf seinem Gebiet.


    Nur, so wie sich das weltliche weiterentwickelt, so entwickelt sich auch das Geistige weiter.


    Auch unser Erde entwickelt sich ständig weiter.
    Es gibt keinen Stillstand.


    Bin richtig am Arbeiten Anita

  • anita.m4:

    Aber eines ist für mich am schlimmsten einzusehen - Ich soll kein Ich haben???????


    Natürlich hast du eines. Es ist nur nicht so wie du das wahrnimmst.

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • Hallo Melong,


    bin am arbeiten, und wenn ich mich mal in was vertiefe, dann kann ich noch keine entgüldigen Antworten geben.
    Nur Deine Ansichten sind für mich ganz und gar unverständlich.


    Nicht böse sein.


    Wünsche Dir noch einen angenehmen Abend.


    Anita


    melong:
    anita.m4:

    Aber eines ist für mich am schlimmsten einzusehen - Ich soll kein Ich haben???????


    Natürlich hast du eines. Es ist nur nicht so wie du das wahrnimmst.

  • anita.m4:

    Hallo Melong,


    bin am arbeiten, und wenn ich mich mal in was vertiefe, dann kann ich noch keine entgüldigen Antworten geben.
    Nur Deine Ansichten sind für mich ganz und gar unverständlich.


    Nicht böse sein.


    Warum sollte ich böse sein? Du verstehst meist nicht, was ich sage ;)


    Ich zitiere mal den 5. Dalai Lama:

    Zitat

    Manchmal scheint das "ich" im Kontext des Körpers zu existieren. Manchmal scheint es im Kontext des Geistes zu existieren. Wiederum manchmal scheint es im Kontext der anderen einzelnen Aggregate zu existieren. Nach all diesen Erscheinungen in solch vielfältiger Art und Weise wirst du schließlich erkennen, dass das erscheinende "ich" unabhängig zu existieren scheint, als ob es von Beginn an aus sich selbst heraus etabliert wäre, und als könne es nicht von Geist und Körper unterschieden werden, die wie Milch und Wasser vermischt erscheinen.
    Dies ist er erste wesentliche Schritt bei der Meditation über die trügerische Erscheinung des "ich": die Identifikation des [trügerischen] Objektes, dem die Verneinung gilt. Du solltest analysieren bis eine tiefe [klare, eindeutige] Erfahrung dieser Art und Weise der Erscheinung des "ich" resultiert. Wenn du eine solche Erfahrung in deinem mentalen Kontinuum erzeugt hast, dann hast du das "ich" wie es dem gewöhnlichen Bewußtsein erscheint identifiziert. Dem gewöhnlichen Bewußtsein erscheint das "ich" selbst-etablierend innerhalb des Kontextes, dass das "ich" selbst und die Aggregate ähnlich erscheinen wie Wasser das in Wasser gegossen wurde.

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • anita.m4:

    Hallo,


    bin ja nun schon einige Zeit in diesem Forum, aber fast noch keinen Schritt weiter gekommen.
    Eher ist bei mir ein gößerer Wirr-Warr entstanden.


    Aber eines ist für mich am schlimmsten einzusehen - Ich soll kein Ich haben???????
    (...)


    Hallo Anita,
    ich weiß ja nicht, ob mein Senf dazu nun hilfreich ist, aber ich kann ja einfach kurz mal sagen, wie es mir damit geht.
    Ich kenne diese Gefühle gut, und bei mir ist es so, dass ich auf der intellektuellen Ebene (lesen, reden, nachdenken) damit nicht weiterkomme.
    Ich mache es deshalb so, dass ich höchstens einen kurzen Satz darüber aus der Lehre aufnehme wie z.B. hier unten meine Signatur, und den trage ich dann mit mir herum. Ich lasse ihn sacken, vergleiche ihn mit den Dingen, die ich sehe und die mir widerfahren... ich nehme ihn mit und betrachte ihn möglichst entspannt. Kein "Ich soll", "Ich muss" oder "Ich darf nicht", sondern einfach nur betrachten, wenn ich Gelegenheit habe.
    Und mir ist wichtig, mich regelmäßig zur Meditation hinzusetzen, weil ich dabei noch besser die Wellen auf meinem mentalen See glätten kann und dann die Sicht auf die Dinge viel klarer erscheint. (Das übt sich. Erstmal ist da gar nix klar. Aber immerhin sehr interessant ;))
    Jedenfalls haben sich bei mir jetzt schon allmählich so ein paar Grundängste (wie z.B."Was ist, wenn ICH sterbe?") gelöst und drücken nicht mehr so hart. Ich glaube nicht, dass ich ohne Meditation mit reinem Intellektualismus da hin gekommen wäre.
    Nachdenken ist gut, aber eine Grundlage aus Meditation dazu ist notwendig, finde ich.


    Liebe Grüße :)

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • anita.m4:

    Hallo,


    bin ja nun schon einige Zeit in diesem Forum, aber fast noch keinen Schritt weiter gekommen.
    Eher ist bei mir ein gößerer Wirr-Warr entstanden.


    Aber eines ist für mich am schlimmsten einzusehen - Ich soll kein Ich haben???????


    Ein Ich hast Du, aber nichts was unveränderlich wäre. "Selbst" bezieht sich auf Unveränderlichkeit.


    Zitat

    Tiere haben kein eigenes Ich, denn sie gehören doch einer Gruppe an? Maus ist Maus, Elefant ist Elefant, diese Tiere haben eine Erbinformation, nach der sich ihr Leben gestaltet?


    Wenn Tiere kein Ich hätten, würden sie nicht funktionieren. Wenn in ihrem Geist kein Selbst-Greifen vorhanden wäre, würden sie garnicht als Tiere erscheinen.

  • Hi Anita. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Existenzfragen nur den Geist verwickeln. Man redet zB unaufhoerlich vom "Nicht-Ich" und vergisst dabei, dass es letztendlich auch beim "Nicht-Ich" nur um die Auslegung des "Ichs" geht... Sieh es mal als Kommunikationsmittel, auch wenn's auf den ersten Blick weniger aufregend ist. LG

  • thecap:

    Hi Anita. Ich habe die Erfahrung gemacht, dass Existenzfragen nur den Geist verwickeln. Man redet zB unaufhoerlich vom "Nicht-Ich" und vergisst dabei, dass es letztendlich auch beim "Nicht-Ich" nur um die Auslegung des "Ichs" geht... Sieh es mal als Kommunikationsmittel, auch wenn's auf den ersten Blick weniger aufregend ist. LG


    Na klar. Man rede ja auch von "Meiner Wohnung" obwohl sie mir in Wirklichkeit gar nicht
    gehört und nur gemietet ist. Aber auch sonst gibt es in Wahrheit nichts was einem gehören
    könnte. Jede Behauptung von Eigentum ist reine Konvention und Behauptung. Über diese
    hinaus gibt es kein Eigentum auch wenn man behauptet: Mein Bein, mein Arm, mein Kopf.
    Ebenso gibt es über Behauptung und Konvention hinaus kein Ich das jemand gehören würde.
    Wo es kein Eigen gibt, kann es kein Ich geben und genau das ist der Punkt warum der Buddha sagt:


    "Darum also, ihr Mönche: was euch nicht angehört, das gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Was aber, ihr Mönche, gehört euch nicht an?


    "Der Körper, ihr Mönche, gehört euch nicht an: ihn gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen.


    "Das Gefühl, ihr Mönche, gehört euch nicht an: das gebet auf.
    Das Aufgeben wird euch lange zum Wohle, zum Heile gereichen. usw." M 22


  • Na ja, andere Fahrzeuge andere "Einsichten" ;)

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • Lasang Lamo und thecap,


    danke für Euren guten Rat, werde es befolgen.


    Dank auch für die Seiten zum nachlesen, denn nun kann ich mich mal mit diesen vielen Fremdwörtern auseinandersetzten.
    Und bekomme mal einen Einblick in die Buddhalehre.


    Also, ich arbeite heftig daran.


    Schönes Wochenende Anita

  • Hallo Anita,


    wenn's um [buddhistische] Fremdwörter geht, kann ich helfen - ich kann Dir Glossare von zwei Büchern schicken die ich online habe; damit hast Du schon mal Einiges abgedeckt, und Wörterbücher gibt's auch - gute und weniger gute... :grinsen:


    () Wolfgang

  • Hallo qilin,


    Ja, es geht mir um buddhistische Wörter, denn da habe ich überhaupt keinen Schimmer. Mit Fremdsprachen stehe ich schon immer ein wenig auf dem Kriegsfuss. :roll:
    Nehme ich gerne an.
    Denn ohne die Definition sieht man alt aus, wenn man hier mitliest. :roll:


    Grüsse Anita

  • thecap:
    melong:

    Na ja, andere Fahrzeuge andere "Einsichten" ;)


    So kann man seine Erkenntnisresistenz auch zum Ausdruck bringen ;).


    Was "Erkenntnis" ist und was nicht, ergibt sich aus der Anschauung derer, die sich mit der vermeintlichen "Erkenntnis" rühmen.

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • melong:

    Was "Erkenntnis" ist und was nicht, ergibt sich aus der Anschauung derer, die sich mit der vermeintlichen "Erkenntnis" rühmen.


    Und rechte Erkenntnis (samma ditthi) ergibt sich aus dem ersten Schritt des Achtfachen Mittelwegs.


    Sehr empfehlenswert fuer Buddhisten; fuer Nichtbuddhisten und Glaubensanhaenger mag das Dickicht der Anschauungen und des Ruhms genuegen. :P

  • thecap:

    ...fuer Nichtbuddhisten und Glaubensanhaenger mag das Dickicht der Anschauungen und des Ruhms genuegen. :P


    Sehr richtig. Hierzu sind auch jene zu zählen, die - in Abkehr vom Buddhismus - einem vermeintlich "modernen und aufgeschlossenen Buddhismus" huldigen.

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.

  • Zitat

    melong hat geschrieben:Was "Erkenntnis" ist und was nicht, ergibt sich aus der Anschauung derer, die sich mit der vermeintlichen "Erkenntnis" rühmen.


    Zitat

    thecap hat geschrieben:Und rechte Erkenntnis (samma ditthi) ergibt sich aus dem ersten Schritt des Achtfachen Mittelwegs.
    ...fuer Nichtbuddhisten und Glaubensanhaenger mag das Dickicht der Anschauungen und des Ruhms genuegen. :P


    Zitat

    melong schreibt: Sehr richtig. Hierzu sind auch jene zu zählen, die - in Abkehr vom Buddhismus - einem vermeintlich "modernen und aufgeschlossenen Buddhismus" huldigen


    Und wer nicht so tickt wie ich ticke der tickt nicht richtig?
    Ich nenne das ergriffen von dem eigenen Meinen zeigt sich deutlich der Titel dieses threats.


    Sahajaya


    Mit ganz herzlichen und lieben Grüssen
    Dorje Sema



  • Dorje Sema:

    Und wer nicht so tickt wie ich ticke der tickt nicht richtig?


    [edit-Isis]

    Die Ausdrucksweisen der Buddhas sind ohne Grenzen, vielfältig ihre Sprachen.