Erleuchtung und Sittlichkeit

  • Onda:
    Dharma-chakra:


    Je mehr man sich von der karmischen Gefangenschaft befreit, desto mehr verlieren auch die Silas an Bedeutung –


    Für unser Alltagsleben verlieren die Silas nie an Bedeutung.
    Oder sollte der Erleuchtete auf einmal töten dürfen?


    Onda


    Der Erleuchtete tötet nicht, er macht was er jetzt macht. Ein anderer wird das tun des Tötens als Töten sehen und sich aufregen, der ist eben nicht im Tun.

  • Lieber Dharma-Chakra,


    ne ne ne. Sittlichkeit ist die Grundlage und der Zweck des Pfades.


    Zweck: denn warum sollte man das alles tun, wenn nicht zum Wohle der Wesen?


    Grundlage: ganz einfach. Je weniger wir uns in unheilsamen Handlungsweisen verstricken, desto schneller werden wir die Verschleierungen los. Jede Unheilsame Tat hat die Wiedergeburt einer weiteren unheilsamen Tat zur Folge, eines weiteren unheilsamen Gedankens. Bei dem Täter und bei denen, die das erfahren (zumindest wird es ihnen schwerer gemacht sich davon freizuhalten).


    Die Sittlichkeit, die in den Silas geäußert wird, ist absolute Basis. Nun ist es an uns, diese Regeln zu interpretieren und auf heilsame und adäquate Weise anzuwenden. Da ist dann der Haken. An diesem Punkt hören dann Manche auf, halten sich exakt an Regeln, ohne deren Sinn wirklich zu verstehen, wenden sie fundamentalistisch und stur an. So werden die Silas zu Abgöttern und ihre Anhänger zu Moralaposteln, die sich aufs Tiefste in Dualismus verstricken.


    Wer dualistisches Denken völlig aufgelöst hat, für den sind die Silas obsolet. Warum? Weil dualistisches Denken zu unheilsamen Handlungen führt. Wir jedoch, jedenfalls ich unerleuchteter Knochensack, bin voll infiziert mit dualistischem Denken, brauche daher die Silas als Richtlinie und Orientierungshilfe. Aber auch bei mir, werden sie stets obsolet, wenn ich – was leider sehr selten vorkommt – aus reinem Geiste heraus handle. Sie hinter sich zu lassen heißt also eigentlich nicht, über dem Gesetz zu stehen, sondern im Einklang mit ihm zu handeln, es transzendieren zu können. Der Ochs ist auf dem Marktplatz zurück gekehrt.


    So sehe ich das.


    Knochensack

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Onda:


    ...
    (Bitte halte dich ein wenig mit dem Bewerten zurück, besonders in Form schnarchender Snoopies. Das wäre ganz im Sinne der buddhistischen Lehre).


    :lol: ja, ein wenig halte ich mich zurück, siehe Snoopie! :lol:

  • ich habe vor kurzem in einem Buch von H.Hecker(Das Glück der Sicherheit in der Lehre des Buddha) über die vier Glieder des Stromeintrittes( in Bezug auf die Hausläeute -nicht auf die Mönche) gelesen, da heisst es zu dem1.-3.Glied das die Hausleute Vertrauen zu Buddha, Dhamma und Sangha haben und das vierte Glied ist:


    " Er ist erwachsen zu den Tugenden, die den Edlen erwünscht sind,den unabgebrochenen, ausnahmslosen, widerspruchsfreien, nicht schillernden, sondern befreienden, von Verständigen gepriesenen, nicht falsch eingeschätzten, zur Einigung tauglichen"


    Habt Ihr davon schon etwas gehört? Ich fand das jedenfalls recht interessant was da über die Tugenden eines Sotapanna gesagt wird. Was ja auch beweist, dass die Sittlichkeit zur Erleuchtung führt, wobei man eben den Punkt beachten muss, dass man sie nicht überschätzt:
    Zitat H.Hecker aus dem o.g. Buch, Seite 88:
    " Die Tugend nicht überschätzen, nicht übermässig und ausschlieslich von ihr erfüllt sein, bedeutet, sie nur als Brücke anzusehen, nur als die erste der drei Etappen der Heilsentwicklung(Tugend, Herzenlauterkeit, Weisheit).


    mit metta
    gabi.voelkel

    "Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das hat für mich kein Selbst"

  • gabi.voelkel:


    " Die Tugend nicht überschätzen, nicht übermässig und ausschlieslich von ihr erfüllt sein, bedeutet, sie nur als Brücke anzusehen, nur als die erste der drei Etappen der Heilsentwicklung(Tugend, Herzenlauterkeit, Weisheit).


    Ein solcher Satz ist in mehrfacher Hinsicht missverständlich. Mit den "drei Etappen der Heilsentwicklung" meint Hecker wohl die Drei Gebiete buddhistischer Praxis (Sittlichkeit/Sammlung/Weisheit). Dies sind aber keine "Etappen" im Sinne eines Stufenweges, sondern Aspekte oder "Felder", in die sich die gesamte Praxis untergliedert. Das falsche Bild des Stufenweges könnte dazu verleiten, Sittlichkeit ab einer bestimmten Stufe als obsolet zu betrachten. Sie als "Brücke" zu bezeichnen, könnte auf ähnliche gedankliche Irrwege führen. Sittlichkeit steht am Anfang - und am Ende. Natürlich muss sie flankiert werden von den beiden anderen Übungsfeldern (Sammlung und Weisheit), sonst ist es keine buddhistische Praxis mehr.
    Onda

  • Onda:
    gabi.voelkel:


    " Die Tugend nicht überschätzen, nicht übermässig und ausschlieslich von ihr erfüllt sein, bedeutet, sie nur als Brücke anzusehen, nur als die erste der drei Etappen der Heilsentwicklung(Tugend, Herzenlauterkeit, Weisheit).


    Ein solcher Satz ist in mehrfacher Hinsicht missverständlich. Mit den "drei Etappen der Heilsentwicklung" meint Hecker wohl die Drei Gebiete buddhistischer Praxis (Sittlichkeit/Sammlung/Weisheit). Dies sind aber keine "Etappen" im Sinne eines Stufenweges, sondern Aspekte oder "Felder", in die sich die gesamte Praxis untergliedert. Das falsche Bild des Stufenweges könnte dazu verleiten, Sittlichkeit ab einer bestimmten Stufe als obsolet zu betrachten. Sie als "Brücke" zu bezeichnen, könnte auf ähnliche gedankliche Irrwege führen. Sittlichkeit steht am Anfang - und am Ende. Natürlich muss sie flankiert werden von den beiden anderen Übungsfeldern (Sammlung und Weisheit), sonst ist es keine buddhistische Praxis mehr.
    Onda



    Hallo Onda
    ja die Tugend darf man auch nicht unterschätzen, da stimme ich Dir zu und auch Hecker schrieb dazu noch weiter, aber das kann ich nicht alles abschreiben.Kann Dir das Buch aber empfehlen. Die Überschätzung spielt wohl eine Rolle , wenn man meint nur in dieser Begegnungswelt alles verbessern zu müssen, aber nicht das Nirvana als Ziel im Auge zu behalten. Er schreibt auch: " Es führt zwar kein anderer Weg zum Heil als der über die Tugend, aber sie ist eben nur der Anfang."
    Aber das könnte natürlich auch wieder verkerhrt verstanden werden. ;)
    Solange man nicht endgültig das Heil erreicht hat, muss man noch an dieser Baustelle Tugend arbeiten. Am Anfang, wenn die Triebe noch heftig und zahlreich sind, wird es noch sehr schwer gelingen die silas einzuhalten, je weiter man auf dem Weg der Lehre fortschreitet und auch Weisheit und Sammlung übt, wird es auch leichter fallen die Tugendregeln zu üben und einzuhalten; denn dann kommt auch die Erkenntnis dazu, dass das Einhalten der Tugend nicht nur die Anderen schützt sonder auch uns, ausserdem fällt es dadurch auch l wieder leichter auf den anderen beiden Übungsfeldern voranzukommen.


    mit metta
    gabi

    "Das bin ich nicht, das gehört mir nicht, das hat für mich kein Selbst"

  • Knochensack:

    Lieber Dharma-Chakra,


    ne ne ne. Sittlichkeit ist die Grundlage und der Zweck des Pfades.


    Zweck: denn warum sollte man das alles tun, wenn nicht zum Wohle der Wesen?


    Die Schwierigkeit besteht wohl darin, zu erkennen, was das Wohl der Wesen ist. Alle behaupten doch, zum Wohl der Wesen zu handeln – auch wenn sie in Wirklichkeit die Hölle auf Erden errichten.


    Knochensack:

    Grundlage: ganz einfach. Je weniger wir uns in unheilsamen Handlungsweisen verstricken, desto schneller werden wir die Verschleierungen los. Jede Unheilsame Tat hat die Wiedergeburt einer weiteren unheilsamen Tat zur Folge, eines weiteren unheilsamen Gedankens. Bei dem Täter und bei denen, die das erfahren (zumindest wird es ihnen schwerer gemacht sich davon freizuhalten).




    Knochensack:


    Wer dualistisches Denken völlig aufgelöst hat, für den sind die Silas obsolet. Warum? Weil dualistisches Denken zu unheilsamen Handlungen führt. Wir jedoch, jedenfalls ich unerleuchteter Knochensack, bin voll infiziert mit dualistischem Denken, brauche daher die Silas als Richtlinie und Orientierungshilfe. Aber auch bei mir, werden sie stets obsolet, wenn ich – was leider sehr selten vorkommt – aus reinem Geiste heraus handle. Sie hinter sich zu lassen heißt also eigentlich nicht, über dem Gesetz zu stehen, sondern im Einklang mit ihm zu handeln, es transzendieren zu können. Der Ochs ist auf dem Marktplatz zurück gekehrt.


    Ja, das hatte ich gemeint.

  • Onda:
    accinca:

    Die Tugend bildet sozusagen die Basis für die höhere Entwicklung.

    Sehe ich auch so. Dass die "höhere Entwicklung" jedoch automatisch einhergeht mit sittlichem Fortschritt, möchte ich bezweifeln.


    Es gibt nicht wirklich eine höhere Entwicklung ohne Tugend.
    Der Abbau der Befleckungen bedeutet die Zunahme an Tugend.

  • Zitat

    Die Schwierigkeit besteht wohl darin, zu erkennen, was das Wohl der Wesen ist. Alle behaupten doch, zum Wohl der Wesen zu handeln – auch wenn sie in Wirklichkeit die Hölle auf Erden errichten.


    Hinzu käme dann ja auch noch das Manko der subjektiven Beurteilung. Was ich beispielsweise als Wohl betrachte ist für andere alles andere als Wohl.


    Mir hat man auch oft gesagt, dass ich dies und jenes tun müsse damit es mir besser ginge. Selten habe ich darauf gehört und somit habe ich meinen eigenen Weg verfolgt und das auch noch ganz unbewusst.


    „Zum Wohle aller Wesen handeln“ Ja, das hört sich sehr gut an und ist sicherlich eine sehr fruchtbare Einstellung auch wenn man nur Versuchen kann diesen Satz zu befolgen. Ich weiß nicht wie das ist wenn jemand Erwacht/Erleuchtet ist aber ich bin mir sicher, dass nur jene Menschen die nötigen Einblicke haben um zu wissen was dieser Satz bedeutet.


    Somit würde ich behaupten, dass es sehr wichtig ist diesen Satz zu befolgen denn damit schafft man ganz sicher ein gesundes Lebensumfeld. Jedoch ist es wichtiger Erleuchtung zu erlangen denn erst dann hat man „vielleicht“ die Kraft und das Wissen dazu.


    Was meint ihr?

    mfg
    Rainer


    "Wir sind, was wir denken. Alles was wir sind, entsteht mit unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken machen wir die Welt. "

  • BigR:


    ...
    Somit würde ich behaupten, dass es sehr wichtig ist diesen Satz zu befolgen denn damit schafft man ganz sicher ein gesundes Lebensumfeld. Jedoch ist es wichtiger Erleuchtung zu erlangen denn erst dann hat man „vielleicht“ die Kraft und das Wissen dazu.


    Was meint ihr?


    Hi BigR,
    ja, so sehe ich das auch. "Es" geht sozusagen "Hand in Hand". Unter Erleuchtung verstehe ich das völlige Verstehen und Durchdringen der Dinge wie sie sind, die Erlösung aus der Knechtschaft des eigenen Ichs und somit die Befreiung in ein "sorgloses", leidfreies Leben.


    Unter "leidfrei" verstehe ich: Durch mein "gesundes" Verhalten vermindere ich die "ungesunden" Einflüsse, durch meine Fähigkeit, die Dinge zu durchschauen, loszulassen und nicht anzuhaften, vermindere ich mein psychisches Leid, durch die Fähigkeit, mich nicht unnötig mit Gedanken über meinen körperlichen Zustand zu quälen und dadurch zusätzlich Leid zu erzeugen, vermindere ich körperlichen Schmerz, ggf. sogar bis zur Schmerzfreiheit.


    LG Monika

  • Hallo,


    wichtig ist bei der Handlung immer die Intention, mit der sie getan wird. Es geht ja bei der Sache nicht nur darum, welche Wirkungen Handlungen bei anderen auslösen, sondern vor allem auch darum, welche Haltung wir einnehmen.
    Dann arbeitet man nicht mehr rein zielgerichtet, und schon gar nicht nach dem Motto "und heute vollbring ich eine gute Tat", sondern diese entsteht aus sich heraus. Spontan. Damit steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass die Tat den Wesen nutzt um ein Vielfaches.


    Diejenigen, die so viel Unheil vollbringen im Glauben sie täten alles zum Wohl der anderen, sind lediglich unehrlich. Sie tun es immer für ihr Ego. Deshalb das große Unheil als Resultat.


    Knochensack

  • Knochensack:

    wichtig ist bei der Handlung immer die Intention, mit der sie getan wird.Es geht ja bei der Sache nicht nur darum, welche Wirkungen Handlungen bei anderen auslösen, sondern vor allem auch darum, welche Haltung wir einnehmen.


    auf den punkt gebracht :!: VIELEN DANK
    wir können unmöglich genau wissen was unser verhalten im anderen auslöst.
    es ist sicher jedem bekannt mit guter absicht (aus seiner sicht) gehandelt zu haben und die sache wurde vom gegenüber anders aufgefasst.


    für mich persönlich ein sehr wichtiger punkt, das ich weder mich noch mein gegenüber, für unsere jeweiligen reaktionen verantwortlich mache, -wenn wir es als 1:1 beispiel sehen, lässt und sollte sich auf weitere kreise ausdehnen. das schliesst achtsamkeit ein und erwartungshaltung aus.


    sittlichkeit ist für mich ein "produkt" das aus einer gewissen inneren haltug wächst und nicht das befolgen von "gesetzen".


    LG


  • Das klingt gut, ist aber leider nur ein bißchen wahr.
    Hinter jeder willentlichen Handlung, Tat steckt eine Intention, eine Absicht, der sich der Handelnde in den meisten Fällen nicht bewußt ist - Verblendung - [huch, das habe ich nicht gewollt].
    Absichtsloses Tun ist da anders.
    Absichtsloses Tun ist ein Tun im Einklang mit den Gesetzen - dem Dharma. Sie entsteht aus der Situation heraus und da weiß man, was zu tun ist - ganz spontan eben, unmittelbar. Und dann erkennt man auch sein Zögern, seine Vorbehalte, wenn man nicht spontan sein kann.
    Durch die Handlung wird aufgedeckt - Absicht, Folge (Karma),Dharma, einfach alles - und sie kann eben zur Vertiefung von Verblendung führen oder zur Vertiefung von Erwachen.


    _()_


  • Zitat

    Absichtsloses Tun ist da anders.
    Absichtsloses Tun ist ein Tun im Einklang mit den Gesetzen - dem Dharma. Sie entsteht aus der Situation heraus und da weiß man, was zu tun ist - ganz spontan eben, unmittelbar. Und dann erkennt man auch sein Zögern, seine Vorbehalte, wenn man nicht spontan sein kann.
    Durch die Handlung wird aufgedeckt - Absicht, Folge (Karma),Dharma, einfach alles - und sie kann eben zur Vertiefung von Verblendung führen oder zur Vertiefung von Erwachen.
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  • Liebe sumedha,


    - genau das kann der punkt sein an dem ich die möglichkeit bekomme zu erkennen...und aufzudecken, natürlich gibt es auch hier keine erfolgsgarantien, aber ein versuch ist es wert -


    Das ist richtig, dass ich erst an den [nicht gewollten] Folgen meines Handelns, erkennen kann, was ich tatsächlich für eine Wirkung erzielte. So zeigt sich das sogenannte Böse - im nachhinein.
    Das nennt man Lernen durch Erfahrung - man erfährt es eben selbst.
    Dann gibt es Einsicht - d.h. es gibt eben auch die Möglichkeit durch Einsicht zu erkennen, was für Folgen da entstehen. Das ist Lernen durch Einsicht.
    Und dann gibt es noch Lernen durch Nachahmung, bei einem Lehrer, der Vorbild ist und vorausgegangen ist, und man eben erkennt - wenn das, dann das - ... da muss ich aber auch sehr genau nachahmen und genau hinsehen. Und viel Geduld haben.


    _()_

  • Zitat

    Aiko: Und dann gibt es noch Lernen durch Nachahmung, bei einem Lehrer, der Vorbild ist und vorausgegangen ist, und man eben erkennt - wenn das, dann das - ... da muss ich aber auch sehr genau nachahmen und genau hinsehen. Und viel Geduld haben.


    Die Geschichte von Won Hyo


    Vor 1300 Jahren lebte in einer alten Provinz in Korea ein großer Zenmeister namens Won Hyo.
    Als junger Mann kämpfte er in einem Bürgerkrieg und sah, dass viele Freunde hin geschlachtet und viele Häuser zerstört wurden.
    Er wurde von der Leere dieses Lebens überwältigt, schor sich den Kopf und ging in die Berge, um das Leben eines Mönchs zu führen.
    In den Bergen las er viele Sutren und hielt alle Vorschriften peinlich genau ein. Aber noch immer verstand er die wahre Bedeutung des
    Buddhismus nicht.
    Da er wusste, dass er in China einen Zenmeister finden und mit seiner Hilfe zur Erleuchtung gelangen könnte, nahm er seinen Rucksack und machte sich nach den großen nördlichen Trockenebenen auf.
    Er ging zu Fuß, wanderte den ganzen Tag und rastete am Abend. Während der Durchquerung der Wüste machte er an einem schmalen
    Flecken Grün halt, wo es einige Bäume und etwas Wasser gab und legte sich schlafen.
    Gegen Mitternacht wachte er auf und war sehr durstig. Es war stockdunkel. Auf der Suche nach Wasser tappte er auf allen Vieren herum.
    Schließlich berührten seine Hände eine Schale am Boden. Er hob sie auf und trank.
    Ah, wie köstlich!
    Dann verbeugte er sich aus Dankbarkeit für die Gabe des Wassers tief vor dem Buddha.
    Am nächsten Morgen wachte Won Hyo auf und sah neben sich, was er für eine Schale gehalten hatte. Es war ein zerschmetterter
    Schädel, Blut überkrustet, an den Wangenknochen hingen noch Fleischfetzen. Eigenartige Insekten krabbelten auf der Oberfläche des
    trüben Regenwassers.
    Won Hyo sah den Schädel an und fühlte eine große Welle von Ekel. Er öffnete seinen Mund, gerade als sich der Mageninhalt daraus ergoss, öffnete sich sein Geist, und er verstand.
    Da er in der vergangenen Nacht nicht gesehen und gedacht hatte, war das Wasser köstlich.
    An diesem Morgen hatte ihn Sehen und Denken zum Erbrechen gebracht. Ah, sagte er zu sich, Denken macht gut und böse, Leben und Tod.
    Es schafft das ganze Universum. Es ist der Universalherrscher.
    Und ohne Denken gibt es kein Universum, keinen Buddha, keinen Dharma.
    Alles ist eins, und dieses eine ist leer.
    Es war nun nicht mehr notwendig, einen Meister zu finden. Won Hyo verstand bereits Leben und Tod.
    Was gab es noch zu lernen?
    So drehte er um und begab sich auf den Rückweg quer durch die Wüste nach Korea.


    Zwanzig Jahre vergingen Während dieser Zeit wurde Won Hyo der berühmteste Mönch im Lande. Er war der vertraute Berater des großen Königs von Shilla und Lehrer der vornehmsten und mächtigsten Familien.
    Wann immer er eine öffentliche Vorlesung hielt, war die Halle voll. Er lebte in einem schönen Tempel, unterrichtete die hervoragendsten Schüler,
    aß das beste Essen und schlief den traumlosen Schlaf des Gerechten.
    Nun gab es zu dieser Zeit einen sehr großen Zenmeister in Shilla - einen kleinen alten Mann, mit einem Bart wie ein Büschel Gras und einer Haut wie zerknittertes Papier. Barfuß und in zerrissenen Kleidern pflegte er durch die Städte zu wandern und mit seiner Glocke zu läuten:
    „De-an, de-an, de-an (d. h. Friede), denk nicht, de-an so ist's, de-an ruhig Geist, de-an, de-an."
    Won Hyo hörte von ihm, und eines Tages wanderte er zu der Höhle in den Bergen, wo der Meister lebte.
    Schon aus der Ferne konnte er einen außerordentlich lieblichen Gesang durch die Täler hallen hören.
    Aber bei der Höhle angekommen, fand er den Meister weinend neben einem toten Rehkitz sitzen. Won Hyo war verblüfft.
    Wie konnte ein erleuchtetes Wesen glücklich oder traurig sein, da es im Zustand des Nirwana nichts gibt, worüber man froh oder traurig ist, und niemanden, der einen froh oder traurig stimmt? Er stand eine Weile sprachlos.
    Dann fragte er den Meister, warum er weinte.
    Der Meister erklärte es ihm. Er war auf das Rehkitz gestoßen, nachdem seine Mutter von Jägern getötet worden war Es war sehr hungrig. Er war daher in die Stadt gegangen und hatte um Milch gebettelt. Da er wusste, dass ihm niemand Milch für ein Tier geben würde, hatte er gesagt, es wäre für seinen Sohn. „Ein Mönch mit einem Sohn? Was für ein dreckiger alter Kerl!" dachten die Leute. Aber einige gaben ihm ein wenig Milch. Einen ganzen Monat lang hatte er genug zusammen gebettelt, um das Tier am Leben zu erhalten. Dann war der Skandal zu groß geworden, und niemand
    wollte mehr helfen.
    Zuletzt war er drei Tage auf der Suche nach Milch unterwegs gewesen, hatte auch endlich etwas gefunden, aber als er zur Höhle zurückgekommen war, war sein Rehkitz bereits tot.
    „Du verstehst das nicht", sagte der Meister. „Mein Geist und der des Rehkitz sind derselbe.
    Es war sehr hungrig: Ich will Milch, ich will Milch! Jetzt ist es tot.
    Sein Geist ist mein Geist. Darum weine ich: Ich will Milch."
    Won Hyo begann zu verstehen, was für ein großer Bodhisattva der Meister war. Wenn alle Lebewesen glücklich waren, war er glücklich.
    Wenn alle Lebewesen traurig waren, war er traurig.
    Er sagte zu ihm: „Bitte lehre mich."
    Der Meister sagte: „Gut. Komm mit mir."
    Sie gingen in das Huren viertel der Stadt. Der
    Meisters nahm Won Hyos Arm und ging auf
    das Tor eines Geisha-Hauses zu. De-an, de-an läutet er.
    Eine schöne Frau öffnete das Tor.
    „Heute habe ich den großen Mönch Won Hyo zu euch auf Besuch gebracht."
    „Oh! Won Hyo!" rief sie aus. Won Hyo errötete.
    Die Frau wurde rot und ihre Augen weiteten sich. Sie führte ihn hinauf, überglücklich, in Furcht und Aufregung, dass der berühmte, gut aussehende Mönch zu ihr gekommen war.
    Als sie Fleisch und Wein für ihre Besucher richtete, sagte der Meister zu Won Hyo:
    „Zwanzig Jahre hast du dich in der Gesellschaft von Prinzen, Königen und Mönchen aufgehalten.
    Für einen Mönch ist es nicht gut, die ganze Zeit im Himmel zu leben. Er muss auch die Hölle besuchen und die Menschen dort retten, die ihren Begierden frönen.
    Auch die Hölle ist so 'wie dies'. Heute Nacht wirst du also mit diesem Wein geradewegs zur Hölle fahren."
    »Aber ich habe nie zuvor eine einzige Vorschrift gebrochen", sagte Won Hyo.
    „Gute Reise, sagte der Meister. Dann drehte er sich zur Frau und sagte streng: „Weißt du nicht, dass es eine Sünde ist, einem Mönch
    Wein zu geben? Fürchtest du nicht, in die Hölle zu Kommen?"
    „Nein", sagte die Frau. .Won Hyo wird kommen und mich retten."
    „Eine sehr gute Antwort!" sagte der Meister.
    So blieb Won Hyo über Nacht und brach mehr als eine Vorschrift.
    Am nächsten Morgen zog er seine elegante Robe aus, lief tanzend durch die Straßen, barfuß und in Lumpen und rief:
    „De-an, de-an! Der ganze Kosmos ist so.
    Was bist du?"


    so,so ...


    Mit ganz freundlichen und herzlichen Grüßen
    Dorje Sema



  • Aiko:

    Dann gibt es Einsicht - d.h. es gibt eben auch die Möglichkeit durch Einsicht zu erkennen, was für Folgen da entstehen. Das ist Lernen durch Einsicht.


    kann man das als "nächsten schritt" nach lernen durch erfahren betrachten? oder woher kommt die einsicht?
    ist eine "nicht dumme frage" denn dumme fragen gibt es ja bekanntlich nicht :D

  • Liebe Aiko,


    ich habe genau das gemeint. Verzeih meine unpräzise Ausdrucksweise.


    Doch ganz ohne Willen, geht es nicht. Z.B. geht jemand über die Straße, ein Auto kommt und ich ziehe die Person zurück, dann steckt dennoch ein gewisser Wille dahinter. Und ebenso eine Absicht. Nämlich die Absicht Schaden abzuwenden. Nur denke ich dabei nicht vorher: "Oh, hier gibt es einen Karmapunkt zu sammeln. Ich zieh doch mal den Menschen von der Straße und tu eine gute Tat (für mein Guthaben auf der Karma-Bank)".
    Die Tat geschieht dann ohne das Selbst, aus der Notwendigkeit heraus, und tatsächlich zum Wohle der Wesen. Dass ich dabei vielleicht rückwärts stolpere und ein Radfahrer fährt in mich rein, das hat dann nichts mit Sittlichkeit zu tun und ist natürlich nicht intendiert.


    Knochensack

  • "Absichtsoses Tun" - kann es das geben?
    Jeder Handlung geht eine Absicht voraus. Ohne Absicht keine Handlung.
    Onda

  • Onda:

    "Absichtsoses Tun" - kann es das geben?
    Jeder Handlung geht eine Absicht voraus. Ohne Absicht keine Handlung.
    Onda


    Die Frage lautet richtig: Kann es Handlung ohne Mein geben?

  • sumedha:
    Aiko:

    Dann gibt es Einsicht - d.h. es gibt eben auch die Möglichkeit durch Einsicht zu erkennen, was für Folgen da entstehen. Das ist Lernen durch Einsicht.


    kann man das als "nächsten schritt" nach lernen durch erfahren betrachten? oder woher kommt die einsicht?
    ist eine "nicht dumme frage" denn dumme fragen gibt es ja bekanntlich nicht :D


    Die Geschichte, die Dorje hier gebracht hat, enthält alles - Erfahrung, Einsicht, Nachahmung.
    Und sie enthält vor allem eines - Leben lässt sich nur leben und durch nichts lernen.
    Danke Dorje - ist ne tolle Geschichte.


    _()_

  • @ Aiko
    zeitgleiches posten mit Dorje, ich schreibe nur langsamer :D


  • Wenn ich jemand packe und zurückziehe, dann geschieht das ohne einen Gedanken - also auch ohne "ich will" - ich mache es einfach, weil es eben so ist. Das ist nicht gedankenloses Tun, sondern absichtslos ohne "ich will" - wobei sich die Absichtslosigkeit auf das Ergebnis richtet - ich will dich retten. Eine Handlung ohne die Absicht ein Ergebnis zu erzielen bedeutet absichtslos handeln.
    Wir handeln in den wenigsten Fällen so - außer wenn sich z.B. so etwas ergibt - . Meistens tun wir etwas, um einen Zweck zu erfüllen. Wenn man das aber trennt und zur reinen Handlung kommt, dann macht man sowas wie Zen. Dann erfährt man sich und das Tun als ungetrennt. dann verschwindet das "Ich" - aber es geschieht Handlung.
    Sittlichkeit als Zweck von Handlung ist sicherlich besser, als wenn einem das gleichgültig ist. Aber das ist eben nur das Austauschen eines Zwecks - und da passt eben die Geschichte von Dorje ganz genau.
    Wenn der Zweck meiner Handlungen z.B. Erwachen ist - erwache ich nie.


    _()_

  • Danke Dorje Sema für die aufschlussreiche Geschichte. :lol:
    _()_ Monika

  • Aiko:


    Wenn ich jemand packe und zurückziehe, dann geschieht das ohne einen Gedanken (...). Das ist nicht gedankenloses Tun


    Gedanke oder nicht Gedanke?

    Zitat

    sondern absichtslos ohne "ich will" - wobei sich die Absichtslosigkeit auf das Ergebnis richtet - ich will dich retten.


    Willen oder Nicht-Willen?

    Zitat

    Eine Handlung ohne die Absicht, ein Ergebnis zu erzielen, bedeutet absichtslos handeln.


    Wer einen Mitmenschen vor dem Überfahrenwerden rettet, handeln in der Absicht, dessen Leben zu retten. Insofern will er mit seiner Handlung auch ein Ergebnis (nämlich die Rettung) erzielen.
    Onda