Posts by Bosluk

    Da wir hier im sakulärem Thread zum Thema Wiedergeburt sind und du bereits das Erste der Drei te-vijjā (die Erinnerung an frühe Daseinsformen) schön beschrieben hast, würde ich meine Vermerke zum 2. te-vijjā dazu packen (und zur Diskussion teilen).


    Es handelt sich um das Wissen vom Schwinden und Erscheinen der Wesen (satta cutūpapāta-ñāṇa) das auch in deinem Bezugssutta MN76 zu finden ist und als Wissen vom Sterben und der Wiedergeburt der Wesen gedeutet wird.


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    Wenn sein konzentriertes Herz auf solche Weise geläutert, klar, makellos, der Unvollkommenheit ledig, gefügig, nutzbar, stetig und unerschütterlich ist, richtet er es auf das Wissen vom Sterben und Wiedererscheinen der Wesen (satte). Er sieht mit dem geläutertem Himmlischen Auge die Wesen verschwinden (hāyati) und erscheinen (upapajjati), niedrige und hohe, schöne und häßliche, in Glück und Elend. Er versteht, wie die Wesen ihren Handlungen gemäß weiterwandern.

    Ich fande hier besonders interessant, dass hier wieder vom Wesen (Satta) gesprochen wird.


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    Wenn du an Sehnen, Begehren (chando - rago) und Verlangen (Taṇhā,) in Bezug auf Form/.../Bewusstsein festhältst,dann spricht man von einem Wesen

    ...heißt es in S23.2. Das ist nichts theoretisches, es lässt sich praktisch auf dem Kissen und im Alltag überpüfen. Und genauso lässt sich das "Erscheinen und Verschwinden eines Wesens" überprüfen. Denn wenn ich auf dem Kissen aufgrund eines zwickenden Knies nicht mehr sitzen will, mich über die Dunkelheit und Nässe oder über meine plappernden Nachbarn ärgere, dann ist da Begehren (taṇhā) und mit ihm auch ein Wesen erschienen. Ein Wesen gibt es immer nur in Verbindung mit einem Brennstoff (upādāna = Ergreifen/Brennstoff). Und ohne den Brennstoff (upādāna) oder ohne das Begehren (Taṇhā) verschwindet die Erscheinung "Wesen"(, nicht aber Form/.../Bewusstsein). Das wäre auch der Grund warum in MN72 Erscheinen (upapajjati) nicht mehr auf einen tathāgatā zutrifft, denn dieser hat das Begehren und Ergreifen abgeschnitten.


    Der nächste Punkt ist, dass man upapajjati gerne als Geburt übersetzt und hāyati als Sterben. Und so kommt man dann auf "vom Sterben und Wiedergeboren werden der Wesen aufgrund ihrer Taten..."

    Mettiko hat hier richtigerweise Erscheinen und Verschwinden der Wesen übersetzt. Unter diesem Link wird die Deklaration gut anhand der Sutten M148 und MN72 beschrieben, dass upapajjati keinesfalls einfach mit Geburt übersetzt werden kann und im Kontext anderer Sutten nicht richtig sein kann.


    Sicherlich gibt es hier viele Arten der Interpretation und entsprechend des Kalamer-Sutta geht man nicht einfach nach dem Geplapper anderer. Aber nur wer eine Auswahl an Interpretationen kennt, kann auch eine Entscheidung darüber treffen, welche davon zum Ende von Dukkha führt und zum Segen und Wohl meinerseits, als auch zum Segen und Wohl des anderen beiträgt.

    [...] und zwar, danke Bosluk nochmal: „

    Individuum, Person, Individualität, sowie seine Synonyme: Wesen (satta), Persönlichkeit oder Selbst (attā) usw., haben nach dem Buddhismus alle eine bloß relative Gültigkeit und gelten lediglich als konventionelle Ausdrucksweisen (vohāra-vacana).

    Das habe ich aber nicht so gesagt, oder doch?

    Das Ñāṇatiloka Satta (Wesen), Attā und puggala (Person) als Synonym verwendet, findet sich nirgends in den Sutten wieder und ist nicht nachvollziehbar. Was man eher als Synonym verwenden kann, wäre das Ergebnis von Ergreifen (Upādāna) in der Kombination mit den fünf khandha (=Pañc'upādānakkhandhā). Dafür gibt es die Bezeichnung Satta (Wesen), Sakkāya (Persönlichkeit) oder Bhāra (Last). Aber keinesfalls attā. Der muss per Definition unabhängig (z.B. von Ergreifen) sein. Satta, Bhāra oder Sakkāya ist aber keine Bezeichnung mehr für jemanden ohne Ergreifen.

    Puggala hingegen ist z.B. eine Bezeichnung für den Arahat, bei dem alles Ergreifen aufgehört hat und ist damit eine Bezeichnung für etwas, das bleibt wenn Sakkāya, Bhāra oder Satta aufgehört hat. Das mit einem Attā gleichzusetzen.... Naja, das lass ich mal so stehen, auch wenn es Schulen in der Vergangenheit gegeben haben soll, die genau das getan haben (Puggalavādins).


    Sich diese Unterschiede zu Gemüte zu führen und zu geben, halte ich für empfehlenswert. Um Ñāṇavīra zu zitieren:

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    Der Weltling (Puthujjana) kann sich keine Vorstellung eines Arahat´s machen. Dennoch sollte er es versuchen, denn wenn es ihm gelingt, hört er auf ein Weltling zu sein (Puthujjana).

    Es soll bezwecken, dass sich die Persönlichkeitsansicht (Sakkāya-diṭṭhi) löst, die ja bekanntlich die erste Fessel darstellt.

    Hier ein Beitrag der Sendung Vollbild vom SWR zum sexuellen Missbrauch im Yoga:


    Beitrag:

    Sexuelle Übergriffe beim Yoga: Wenn der Guru zum Täter wird
    In der vermeintlich friedlichen Yoga-Szene sind sexuelle Übergriffe offenbar keine Seltenheit. Recherchen des SWR-Investigativformats Vollbild zeigen, wie…
    www.tagesschau.de


    Video:

    https://www.ardmediathek.de/video/vollbild-recherchen-die-mehr-zeigen/sex-falle-yoga/swr/Y3JpZDovL3N3ci5kZS9hZXgvbzE5NTgxMzI


    streng genommen ist Yoga vom Buddhismus zu trennen, weshalb es sicherlich nicht in "buddhistische Ressorucen" einzugliedern ist. Aber


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    Traditionell wird Yoga autorität gelehrt, d.h. es gibt den Lehrer oder Guru, [...] den man einem großen Wissen oder Erkenntnissvorsprung zuschreibt. Und dem - oder der Lehre - ordne ich mich unter.

    -Pia Witthöft aus dem Beitrag

    Das gibt es genauso in einigen buddhistischen Schulen (und vermeintlichen Ablegern), dahe ist die Verlinkung sicherlich nicht fehl am Platz. Das Thema ist es wert, darauf hinzuweisen.

    Kaiman, vielleicht hiflt dir beim Verständnis von Dukkha es nicht einfach mit "Leid" zu übersetzen, sondern wie in S22.22 von bhāra zu sprechen. Bhāra ist eine Last, eine Bürde. Dukkha ist eine Bürde und das Ende von Dukkha das das Ablegen der Last oder das Ablegen der Bürde.

    Hm, Bosluk ,

    Darf ich, bitte, fragen, was bleibt dann überhaupt zurück, wenn man diese Last, also diese Bürde ablegt?

    Das steht auch in der gleichen Sutte:

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    Und wer ist der Träger der Last?

    Der Mensch (Puggalo), mit dem und dem Namen aus dem und dem Stamm.

    Auf die Frage, was dann noch übrig bliebt: Immer noch der Mensch (puggalo). Auch nach dem Erwachen gab es einen Puggala names Gotama vom Sakyerstamm. Oder namens Sariputta vom Upatissastamm. Oder namens Igor vom Stamm der Katzenliebhaber. Welcher Name da auch immer verkörpert wird, es ist nur ein Narrativ, das in irgendeiner Form weitererzählt wird.

    Wie kann man das dann noch verstehen?


    Ich habe nichts anderes behauptet. Das Dukkha, was hier gemeint ist, ist nicht das, was gemeinhin als „Leid“ gilt.


    Kaiman, vielleicht hiflt dir beim Verständnis von Dukkha es nicht einfach mit "Leid" zu übersetzen, sondern wie in S22.22 von bhāra zu sprechen. Bhāra ist eine Last, eine Bürde. Dukkha ist eine Bürde und das Ende von Dukkha das das Ablegen der Last oder das Ablegen der Bürde.

    Wenn ich dich richtig verstanden habe, Igor07 war deine Antwort in etwa, dass es dir schlicht leider egal ist.

    Nein, Bosluk , ich hatte es nicht vergessen! Dann ich hatte es nochmal nachgeschaut.

    Ich meine "Drei-Leben-Modell". LG.

    Ja, ich habe das auch gemeint. Es war mir allerdings ein Rätsel, nachdem du einige Hinweise zu den Lücken des Drei-Leben-Modell gelesen hast, trotzdem für die weitere Praxis für dich das Drei-Leben-Modell zu nutzen

    Mir war es für mich nicht möglich den Elefanten, der da quer furzend im Raum Gestank verursachte zu ignorieren.

    Es geht also hier nicht um Ursache-Wirkung, sondern wenn Unwissenheit weg fällt, fällt das ganze System in sich zusammen. Das ist insofern sehr bedeutend, da es keinen schrittweisen Fortschritt des Weges gibt - es gibt nur samsara, in dem Veränderungen als Verbesserungen oder Verschlechterungen möglich sind, in dem also Werden und Wiederwerden statt findet - oder das Ende von Werden bhava.

    Auf den Widerspruch zwischen Ñāṇavīra und der Theravadaliteraur hatte ich Igor07 bereits hier und hier mit einer gewissen Bestürztheit hingewiesen.

    Wenn ich dich richtig verstanden habe, Igor07 war deine Antwort in etwa, dass es dir schlicht leider egal ist.

    Ich habe auch keine Ahnung. Ich vermute aber, dass die "Szene" z.Z. Buddhas und wohl noch viel heterogener war, als wir hier gemeinhin annehmen. M38 ist ein anschauliches Beispiel dafür. Ich gehe weiter davon aus, dass eben auch nicht Korrigiertes, Unverdautes und falsch Verstandenes Eingang in den PK gefunden hat. Vielleicht kann man was bei Johannes Bronkhorst oder anderen Historikern finden.
    Es ist daher nicht ganz einfach, den Wald vor lauter Bäumen zu sehen. Ich bin deduktiv vorgegangen.

    Der Abhidharma soll ja bereits etwa im 3. Jahrhundert BCE enstanden sein. Wenn ich mir die Anzahl and Strömungen buddhistischer Schulen (samt ihren Unterkategorien) anschaue, die alleine bis ins 2. Jahr. BCE entstanden, dann verwundert es mich nicht, dass der Wunsch nach Strukturierung und Systematisierung entstand.


    Allerdings betrat Buddhagosa erst im 5. Jahrhundert die Bühne, was die Frage aufwirft, ob sich die 3-Leben-Interpretation auch (1.) bereits im Abhidharma der Vibhajjavāda wiederfinden lässt, (2.) innerhalb 3.BCE - 5.CE entwickelt wurde oder (3.) durch Buddhaghosa entstand. Allerdings müsste dann erstmal geklärt werden, welchen Abhidharmastand wir heute vorliegen haben, da sonst 1. und 2. nicht mehr eindeutig nachvollzogen werden könnte.

    Grundsätzlich bin ich auch daran interessiert, wie die Umstände einer Gemeinschaft ausgesehen haben müssen, in der Abhidhamma und Visuddhi Magga eine Lücke und einen Bedarf füllten und wie eine ernsthafte Schlussfolgerung aus den Sutten zu einer 3-Leben- Interpretation entstanden ist.

    darüber können wir auch sprechen. Was wäre deine These dazu?

    Ich könnte nicht mit gutem Gewissen Szenarien konstruieren, die sich auf das bisheriges gesammelte Wissen der buddhist studies stützen (dafür müsste ich das konsequenterweise weitreichend gelesen haben).

    Ich würde die Frage daher für dich oder andere offen halten, die qualifizierte Aussagen hervorbringen können und halte mich in derart Fragen für´s Erste bedeckt.


    Es wird doch aber noch erlaubt sein, auf argumentative Lücken bezüglich bestimmter Interpretationen hinzuweisen. Die 3-Leben-Interpretation ist ja selbst in Theravada-Kreisen umstritten.


    Auf jeden Fall. Kritik ist ein Kriterium für die Erzeugung von Wandel, denn wo kein Kläger ensteht auch kein Richter. Grundsätzlich bin ich auch daran interessiert, wie die Umstände einer Gemeinschaft ausgesehen haben müssen, in der Abhidhamma und Visuddhi Magga eine Lücke und einen Bedarf füllten und wie eine ernsthafte Schlussfolgerung aus den Sutten zu einer 3-Leben- Interpretation entstanden ist.

    Persönlich überrascht mich, dass die Gleichsetzung zwischen sankhara und kamma aus dem Theravada in allen anderen Interpretationen der bedingten Entstehung Einzug erhalten hat, die ich aber aus Sicht der Sutten überhaupt nicht nachvollziehen kann (es führt zudem zu weiteren Widersprüchen).

    Nichtsdestotrotz:

    Offen gesagt, mich interessiert recht wenig, welche Beweggründe der gute Nyāṇatiloka hatte, einen weiteren fehl leitenden Kommentar zum Thema paticcasamuppada zu schreiben.
    Vielleicht einfach der Zeit geschuldet, als Einäugiger unter den Blinden.

    Ich verstehe allerdings, dass viele Buddhisten die Mühe scheuen, sich selbst durch den Suttapitaka zu wühlen. Ich mache ihnen daraus keinen Vorwurf, aber würde doch darum bitten, die so nicht gerade fest gegründete persönliche Position nicht als Lehre Buddhas auszugeben.

    ist das keine Kritik, sondern eine Beurteilung und Abwertung aufgrund persönlicher Kriterien gegenüber einer Tradition, die die Lehre Buddha genauso vertritt und von den Anhängern gelebt wird, ob dir das persönlich nun in den Kram passt, oder nicht. Und in einem Forum, dass sich eine traditionsoffene Haltung auf die Fahne geschrieben hat, sollte man dem auch auf Augenhöhe begegnen.

    Falsche Baustelle.
    Die Palisutten sind hochgradig argumentativ angelegt, sehr im Gegensatz zu den Zen-Stories.

    Und daraus schließt du, dass man sie wörtlich nehmen oder intellektuell verstehen und erklären sollte und bemisst deshalb eine Tradition daran, inwieweit sie argumentative Lücken aufweist?


    Mit geht es nicht darum, dass die Theravadaliteratur voller Lücken und offener logischer Fragen steckt (denn das tut sie). Die Lücken sind aber m.E. unerheblich, da eine auf Buddha berufende Tradition daran bemessen werden sollte, inwieweit alle kulturellen Güter (wie Schriften, Riten und Praktiken) die Menschen, die daran teilhaben sich davon transfomieren lassen und einen Bezug zu ihrem Leben herstellen und anwenden (eben die Sangha).

    Und solange es Theravadin gibt, die auf freiwilliger Basis trotz ihrere Erkältung am Samstagabend einen Vortrag halten, bei dem sie zum 100. Mal den gleichen Klumpatsch (Dhammavortrag) für andere kostenfrei zur Verfügung stellen und sich im Anschluss um freiwellige Arbeit einer humanitären Hilfsorganisation widmen, scheint mir alles im Lot zu sein.


    Also sorry, mit widersprüchlichen Thesen/Spekulationen kann man nichts hinreichend beschreiben


    Nein? Erzähl das mal dem Klang einer klatschenden Hand.

    Widersprüchliche Thesen und Allegorien, an denen man sich intellektuell die Zähne ausbeißen kann, ist ja erstmal nichts Neues für sämtliche Strömungen des Buddhismus. Daher hängt "hinreichend" davon ab, worauf es bezogen wird. Wenn es für die Praxis taugt um Dhamma zu sehen, würde ich schon sagen, dass es hinreichend ist.


    Ich wollte dich auch gar nicht in ein Wortgefecht zum intellektuellen Austausch hineinziehen - was auch völlig nutzlos ist.

    Wenn du im Theravada keinen Fuß fassen kannst, in Ordnung. Das heißt aber nicht, dass es falsch ist. Es genügt soweit, Dukkha und das Ende von Dukkha sehen zu können - das hängt natürlich vom Anwender ab und wie er mit den Informationen umgeht.

    Das Lese ich auch nicht aus der Theravadaliteratur heraus.

    Es wäre auch superschwierig, weil man innerhalb des Theravada alle als authentisch erklärte Quellen gleichermaßen schützen muss, auch wenn sie es nachweislich nicht sind. Daran bin ich nicht gebunden. Ich meine aber auch, dass es eine Lösung für dieses Problem gibt, ich habe die Anregung dazu sogar aus einer Theravada-Quelle.

    Es gibt ja bereits gezeigte Lösungen. Besonders detailiert ist das im Visuddhi Magga Kapitel 14.2 beschrieben. Da muss man sich aber ein bisschen reinknien. Eine Kurzabriss dazu gab es hier bereits im Forum: Hier.

    Allerdings sind da auch einige spekulativer Kunstgriffe vollzogen worden, um eine ganzheitliche Lösung anbieten zu können.


    Ich sehe im Theravada auch einige sich widersprüchlicher Thesen, aber wie anattā und fortgesetztes Dasein einhergehen, ist (wenn auch mit etwas Spekulation) hinreichend beschrieben.


    Ich versuche da in jedem Fall meine Hausaufgaben zu machen und es würde mich freuen, wenn man darauf eingeht.


    Ok.

    Mit dem Tod des Leib-Körpers es geht nicht zu Ende.

    Was genau geht nicht zu Ende?
    und was soll ein "Leibkörper" sein? .

    Es gibt Deutungen, bei der nāma-rūpa mit dem (rūpa-)kaya gleichgesetzt wird. Was ich aber als unschlüssige Gleichsetzung sehe. Das würde nach paṭiccasamuppāda mit der Aufhebung von avijjā dazu führen, dass auch der (rūpa-)kaya aufgehoben wird, der offensichtlich weiter durch stoffliche Nahrung erhalten bleibt - bei uns sagt man dazu: Dumm tüch.


    Es ist zu beachten, dass sich dies alles innerhalb einer (!) Lebenspanne, von Moment zu Moment abspielt und unter Fünftens die Standarddefinition von dukkha aufgeführt wird, womit nun auch klar wird, worum es eigentlich geht: nämlich um das Fortbestehen von Leiden als Daseinsmerkmal (das gesamte Leiden), solange die Grundlagen dafür bestehen.
    Mit einer personalen Wiedergeburt hat das alles überhaupt nix zu tun.

    Das Lese ich auch nicht aus der Theravadaliteratur heraus. Es ist nicht Teil des Theravada eine persönliche Wiedergeburt einzuführen. Ñāṇatiloka hat daher bspw. im Kapitel 19 - Absatz 8 (im analogen Buch) Dick und Fett die Kapitelüberschrift: Keine Seelenwanderung gegeben. Es ist Teil des Theravada, dass es zu einer Art "nach diesem Dasein- reifendes Kamma" gibt (upapajja-vedanīya-kamma).

    M.E. hat Buddhagosa im Visuddhi Magga einen Drahtseilakt geschaffen, fortgesetztes Dasein mit anattā zu kombinieren. Das man als Leser schnell von diesem Draht runterrutscht und eine Art persönliches Wiedergeburt reininterpretiert ist da nur verständlich.


    Der Theravada stellt einen gleichberechtigten Zugang zum Dhamma dar. Natürlich kommt es, wie bei jedem Zugang darauf an, wie man damit arbeitet und was man damit anstellt. Verstricken kann man sich aber in jeder Schule.

    Hier ein längeres Zitat von Jack Kornfield zu dem Thema Umgang mit unheilsamen Gedanken. Hier kommt auch das Ersetzen und Ignorieren von Gedanken vor.


    Die verschiedenen Möglichkeiten der Antworten deiner Frage liegen in den unterschiedlichen Traditionen zugrunde. Jack Kornfield bereiste Kloster in Indien und Thailand (also einen Hintergrund in der Waldtradition/Theravada) und als klinischer Psychologe auch einen psychologischen Hintergrund. Die therapeutische Brille, mit der er den Palikanon liest, findet man auch in (zumindest, die ich gelesen habe) seinen Büchern wieder.

    Das Zitat aus dem Beitrag, den du verlinkt hast stammt z.T. aus dem Majjhima Nikaya 20, dass eben genau die therapeutischen Werkzeuge beinhaltet, um die Konditionierungen selbstständig und gezielt durchzuführen*, die sonst unweigerlich (und unbewusst) aus der Interaktion zwischen einem Selbst und der Umwelt fortgesetzt werden.



    *z.B. in Richtung eines Metta-citta, den Brahma-vihara oder zur Entfaltung der Vertiefungen.


    Die negativen, unheilsamen Gefühle ablehnen und nur die guten (heilsamen) Gefühle zulassen - eine solche Haltung gehört wohl zu den verhängnisvollsten Missverständnissen buddhistischer Praxis.

    Nun - Ganz verhängnissvoll ist nicht, wenn man die Erfahrung macht, dass dukhha dadurch immernoch vorhanden bleibt. Dann gibt´s wieder ein bisschen Paññā oben drauf.

    Man kann es zwar direkt richtig machen, man kann aber auch alle falschen Wege verwerfen - dann landet man irgendwann unweigerlich auch auf dem Richtigen, auch wenn es etwas mühseliger ist :)

    Ich kann nicht für deine Praxis sprechen, aber ohne die Schriften, Vorträge, Bücher, Kommentare anderer Menschen und Geduld von Lehrern wäre ich im Leben niemals auf den Pfad gekommen.... Da hätte ich mich noch so lange hinsetzen können.

    OK, aber wir reden hier von einer ganz anderen Sprache lernen, um die Lehre "besser zu verstehen". Das halte ich nach wie vor für überflüssig.

    Wie willst du das denn beurteilen, wenn du es gar nicht gemacht hast? Ich denke nicht, dass sich das a priori beurteilen lässt.


    Eine Sprache - und zwar Deine eigene - reicht da vollkommen aus


    Um dukkha und das Ende von dukkha zu sehen? Ja, da stimme ich dir zu. Dafür bräuchte man ja nichtmal den gesamten Kanon - ein paar Suten würden womöglich schon ausreichen, wobei das sicherlich auch vom Anwender abhängt (ein paar Begriffststutzige wie mich bräuchten da sicherlich etwas mehr Text).


    Sich die Texte aus dem Pali (z.T) selbst zu übersetzen oder bestehende Übersetzungen einer genauen Probe zu entziehen, setzt den bestehenden Übersetzungen einen neuen Bezugsrahmen:

    Ein eingefleischter Theravadin übersetzt den Text anders als ein Zennie. Ein Beispiel:

    So wurde in der Übersetzung von Sabbamitta (die ihre Übersetzungen z.T auch aus dem Englischen von Bhikku Sujato referiert) in konsequenter Weise das Wort "Jāti" mit Wiedergeburt übersetzt. Und damit liest man automatisch den Kanon aus der Perspektive des Übersetzers (in dem Fall, aus der Perpektive eines Theravadin).


    Ohne den vorgefertigten Bezugsrahmen, in den der Leser automatisch durch die Übersetzung gepresst wird, bieten sich natürlich ganz andere Perspektiven zur Deutung des Kanons, die in Summe auch ein ganz anderes Bild ergeben können. Ob man das dann das Urteil "besseres Verständnis" fällt, ist ebenfalls individuell. Treffender wäre vielleicht:

    Ein unabhängigeres Verständnis (unabhängig von der Perpektive des Übersetzers)


    Du kannst "die buddhistische Lehre" zwar (vielleicht) besser verstehen, aber der Buddhismus an sich ist ja bekanntlich jenseits von Wörtern. Musst Du leider bis in die Knochen erarbeiten :)

    Ich kann nicht für deine Praxis sprechen, aber ohne die Schriften, Vorträge, Bücher, Kommentare anderer Menschen und Geduld von Lehrern wäre ich im Leben niemals auf den Pfad gekommen.... Da hätte ich mich noch so lange hinsetzen können.

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    Freund, es gibt zwei Bedingungen für das Erscheinen von Richtiger Ansicht: die Äußerung eines anderen und weises Erwägen.


    Majjhima Nikaya 43


    Das "bis auf die Knochen erarbeiten" lese ich als "weises Erwägen". Fehlt eines der beiden, wird´s schwer, weshalb ich auf das Wort eines anderen nicht verzichten wollen würde.

    Ich muss ehrlich sagen, ich traue mir kaum zu dass ich in irgendeiner Weise mit Familie und Job in meiner Freizeit nennenswert Pali Kenntnisse erwerben könnte, um solche Fußangeln zu umgehen. Zumal das Lehrmaterial für Pali durchaus eingeschränkt ist.

    Da schließe ich mich Hendrik an - zum Übersetzen braucht man ja nun nicht alle Vokabeln und grammatikalischen Regeln auswendig kenne.



    Auf SuttaCentral gibt es die Möglichkeit, sich parallel beim Lesen auch die Absätze in Pali anzeigen zu lassen. Dadurch bekommt man ja schon alleine durch das Lesen viele Begriffe mit, die sich in den Sutten häufen. Zudem gibt es bei SuttaCenral direkt die Möglichkeit auf ein Paliwort das Nachschlagewerk zu öffnen.


    Die Übungswerke, die ich benutzt habe sind:

    A.K. Warder: Introduction to Pali (PDF) und

    Lily da Silva: Pali Primer


    Ansonten gibt es einige Onlineressourcen, die als Wörterbücher fungieren:

    Wisdom Library; The portal for Hinduism, Sanskrit, Buddhism, Jainism, Mesopotamia etc...


    Ein mächtiges Werkzeug ist der Digital Pali Reader, da hier besonders bei Wortketten (die im Pali üblich sind) einzelne Wörter und z.T. auch die Wortstämme per Mausklick angezeigt werden. Allerdings ersetzt es das Denken nicht, da manchmal auf Unsinn angezeigt wird.


    Die Ergebnisse können spannend sein, denke ich.

    Ich habe mich schon einige Male darüber gewundert, wie eine bestimmte Übersetzung gewählt worden ist. Auch gibt es Stellen, bei der jede Art der Übersetzung den Informationsinhalt verschieben würde. Daher: Viel Spaß :)

    Was systemtheoretisch aber gut machbar ist, ist, dass das System sich der Bedingungen seiner Existenz selbst bewusst wird. Es kann sich dann mäßigen, statt alles kontrollieren zu wollen.

    Was im buddh. Kontext bedeuten würde, dass der soteriologische Anspruch des Tranzendenten (z.B. Kensho, Satori, die Vier Früchte oder welchen Begriff man dafür auch verwenden möchte) schlicht in der Rückkehr zum Immanten liegt: Man übernimmt die großtmöglichste Verantwortung für sein tun (=Absichten) auf eine heilsame Weise innerhalb seines wechselseitig konditionierten Netzwerkes (=Alltag) über die Systemgrenzen (z.B. Kommunikation).

    Und geht einfach den Weg.

    Ich fand das bereits Watzlawicks Werke zum Konstruktivismus eine große Nähe zu den Pali Texten aufweisen. Aber einen Systemtheoretiker, der die Ideen des Konstruktivismus mit neurobiologischen Erkenntnissen verknüpft, ist ja wirklich spannend. Insbesondere an dem Begriff der „autopoietischen Systeme“ fand ich den Transfer in eine buddhistische Fragestellung bzgl. dukkha nicht leicht umzuformulieren.

    "Ein autopoietisches System bringt Prozesse hervor, die rekursiv das System produzieren, aus denen sie hervorgebracht wurden" (mit meinen eigenen Worten wiedergegeben)

    Die Deklaration im Pali-Kanon, wann man von einem „Wesen“ (satta) spricht findet sich in S23.2:


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    Was da Wille, Gier, Lust und Begehren zur Form/Gefühl/Wahrnehmung/Gestaltungen/Bewusstsein ist, da hängt man (satto), da hängt man fest (visatto); daher heißt es (Lebe-) Wesen (satto)


    Im Buddh. Kontext kann man „Wesen“ daher als ein System betrachten. Und da sich das System durch Prozesse (Ergreifen, Begehren) rekursiv selbst produziert, ist es ein autopoietisches System. Die Prozesse, die das System hervorbringt könnte man auch mit kamma bezeichnen. Die Reproduzierung des Systems, dass es nährt, vipāka.


    Die Frage, die sich mir aufdrängt: Bis zu welchem Punkt kann ein solches autopoietisches System „Wesen“ durch eigene Prozesse zur Selbstauflösung beitragen? Meine vorgreifende Vermutung: Gar nicht. Das System unterliegt einer autopoietischen Gesetzmäßigkeit, die es nicht auflösen kann, da jeglicher Versuch zur Auflösung ein weiteren Prozess darstellt der das System aufrecht erhält. Damit ist es nicht möglich, sich aus dem Beziehungsnetzwerk zu befreien, in dem man sich hineingeworfen vorfindet. Man kann sich aber das Wissen über das (autopoietische) Beziehungsnetzwerk zunutze machen, um es geschickt anzuwenden, indem man es 1) durchschaut (z.B. durch anattā-sañña ) und 2) mit heilsamen Prozessen nährt, wie z. B. Metta-bhavana oder grundsätzlich die Vier Brahmaviharas und eine Sila-Praxis, um zumindest aus dem Erleben eine Komponente rauszuziehen: dukkha.


    Woher weist du das? Lieferst du als Begründung jetzt wieder nur diese oder jene Schrift einer Religionswissenschaftlerin / eines Religionswissenschaftlers, die man bitteschön lesen möge, anstatt eigene Argumente zu formulieren?

    Meinst außerhalb des wissenschaftlichen Konsens?

    Ich war bereits in einigen buddhistischen "Laien"gemeinschaften, denen es um eine religiöse Praxis der Niederwerfungen gab, um gutes Karma für eine Gute Wiedergeburt zu sammeln und Meditation eher als etwas für Mönche angesehen wurde. Das schien mir fernab von jeglichem soteriologischen Hintergrund. Ich möchte das natürlich nicht auf alle verallgemeinern, aber das gibt es auch.

    Das Wort kammante hat "kammanta" in seinem Ursprung. Wenn ich das noch richtig auf dem Schirm habe, bedeutet die Endung "E", dass es im Akkusativ steht.

    Kammanta setzt sich aus kamma (das kennt man ja) und anta zusammen. Die Englische Übersetzung mit "Work off" trifft es da wohl besser, da es eher eine "professionelle Beschäftigung" meint.


    Und "professionelle Beschäftigung" kann natürlich im jeweiligen Kontext alles bedeuten.

    Vermutlich hat der Übersetzer den Begriff kammanta in einer anderen Sutta zufällig im Kontext von "Feldarbeit" gefunden.


    void

    Der Ehr. Sujato bietet aktuell einen Pali-Kurs an. Vielleicht kannst du noch quereinsteigen :)

    Mir wurde das aber irgendwann zu kompliziert.

    Das nennt sich Selbstreferenz.



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    Das war ein spannender Vortrag!


    Ergänzen wollte ich, dass er eine Homepage hat, auf der er viele interessante Fachartikel veröffentlicht hat.


    Z.b: Wozu achtsam sein und worauf die Achtsamkeit lenken? Welten ohne Grund bauen und darin heimisch werden! Werner Vogd


    Was eine Kurzform eines ganzen Buches von ihm ist (das auch auf seiner Seite zur Verfügung gestellt wurde).

    Igor07


    Du hast es sogar selbst zitiert:


    https://www.buddhaland.de - Kann man Lehrer und Lehre trennen?

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    Seid euch selbst Insel, Ananda, seid euch selbst Zuflucht, habt keine andere Zuflucht! Die Lehre sei euch Insel, die Lehre sei euch Zuflucht, habt keine andere Zuflucht

    Was nützt es dir, dass es jemand anders es verwirklicht hat? Viel wichtiger ist doch der eigene, persönliche Weg.