Bedingtes Entstehen

  • MB schrieb:

    Maybe Buddha:

    Naturgesetz ist zum Beispiel das "alles was bedingt entsteht, auch vergeht wenn die Bedingungen dafür vergehen".


    nibbuti schrieb:

    nibbuti:

    ...zB "was bedingt entsteht, ist Veränderung unterworfen" ist eine überprüfbare Tatsache...


    Auf meine Frage, ob es etwas gibt, das nicht bedingt entsteht, antwortete Onda:

    Onda:

    Alle Phänomene (dharmas) sind bedingt, entstehen bedingt.
    Insofern gibt es kein nicht-bedingtes Entstehen...


    LL schrieb:

    Losang Lamo:

    Na, diese Redewendung richtet sich an die Sichtweise, dass etwas einfach so aus sich heraus entstanden sein könnte. Das gibt es zwar nicht, aber in vielen Köpfen wird es erstmal so gesehen, bevor Zusammenhänge präsent sind. Die Lehre vom Abhängigen Entstehen spricht ja von Zusammenhängen. Und das ist das Manko meist beim Verstehen, dass Zusammenhänge nicht hergestellt werden.
    Würde man einfach nur sagen "das Entstehen" ohne "bedingt", wäre wieder undeutlich, wovon die Rede ist.
    Außerdem darf man auch sagen "roter Ferrari". :)


    Nun meine Fragen:
    Onda
    was ist der Unterschied zwischen 'alles' und 'alle Phänomene'? Gibt es etwas jenseits der Phänomene?


    @LL
    Du schreibst:

    Zitat

    Würde man einfach nur sagen "das Entstehen" ohne "bedingt", wäre wieder undeutlich, wovon die Rede ist.


    Ich als einfacher Bub vom Dorf empfände das als sehr viel deutlicher.

  • Ich denke, "bedingt" wendet sich gegen die Wahrnehmung, dass es eine Ursache jenseits dieser Welt geben könnte – wie auch immer man sie sich zusammenbraut.
    So sehr sich plötzliches, zufälliges oder wie auch immer überraschendes als "von einer anderen Seite kommend" anfühlen mag, da ist keine andere Seite. Man steht auf einem Möbiusschen Band, und die andere Seite ist doch die gleiche Seite, auf der auch ich stehe.
    Sich darüber klar zu sein, dass es von allen Punkten auf der Fläche dieses Bandes eine Verbindung zu mir gibt, ist ein interessantes Gefühl. Glücklicherweise filtert unser Bewusstsein viele dieser Verbindungen im Alltag als nicht relevant, weil es sonst sicher eher zu einer Lähmung käme. Aber da immer mal wieder einen Blick drauf zu werfen, wenn einem die eigenen Filter zu eng werden, das könnte ein hilfreicher Impuls sein.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Ein Entstehen, welches nicht bedingt und nicht abhängig ist, kann nicht sein.
    Nicht einmal der Tod setzt dieses Phänomen außer Kraft.


    Ich ahne schon was jetzt kommen wird....


    hedin

    Einmal editiert, zuletzt von Anonymous ()

  • Axel Benz:

    @LL
    Du schreibst:

    Zitat

    Würde man einfach nur sagen "das Entstehen" ohne "bedingt", wäre wieder undeutlich, wovon die Rede ist.


    Ich als einfacher Bub vom Dorf empfände das als sehr viel deutlicher.


    Wenn von "bedingtem Entstehen" die Rede ist, weiß man gleich 'Ah, jetzt geht es um den Kontext <Daseinskreislauf>' (paticca-samuppāda) und nicht um irgendeine göttliche Schöpfung oder um ein Entstehen im spontan-chaotischen Zusammenhang.
    Da könnten ein Christ und ein Buddhist vielleicht lange aneinander vorbei reden...

    :rainbow: Gute Wünsche für jede und jeden. :tee:


  • Axel Benz:


    Onda
    was ist der Unterschied zwischen 'alles' und 'alle Phänomene'? Gibt es etwas jenseits der Phänomene?


    Alles = Relative Wirklichkeit + Absolute Wirklichkeit.
    Alle Phänomene = Relative Wirklichkeit, das Manifeste
    Jenseits der Phänomene = die nonduale Sphäre der absoluten Wirklichkeit, nibbana, Gott, das Unmanifeste


    Zitat

    Es gibt ein Ungeborenes, Ungewordenes, Unerschaffenes, Ungestaltetes. Gäbe es dieses Ungeborene, Ungewordene, Unerschaffene, Ungestaltete nicht, so wäre hier keine Entrinnung aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Gestalteten zu erkennen. Weil es nun aber ein Ungeborenes, Ungewordenes, Unerschaffenes, Ungestaltetes gibt, deshalb ist hier ein Entrinnung aus dem Geborenen, Gewordenen, Geschaffenen, Gestalteten zu erkennen. (= Ud VIII.3)


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • M III 63: „Wenn dieses ist, wird jenes; mit dem Entstehen von diesem entsteht jenes. Wenn dieses nicht ist, wird jenes nicht; mit dem Vergehen von diesem vergeht jenes.“

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Bakram:

    Meinst Du mit "Bedingtes Entstehen" paticca-samuppāda oder möchtest Du darüber diskutieren, was man sich sonst noch darunter Vorstellen könnte ?


    Hallo Bakram,
    ich schreibe hier, weil es mir oft dabei hilft, mir über meine eigene Position klar zu werden. Das hier ist wohl ein klassisches Beispiel.


    Paticca-sammupada (es gibt ja da, soweit ich das verstanden habe, leicht voneinander abweichende Ketten) habe ich bisher immer als ein Element des dhamma verstanden, das auch eine wichtige Rolle in meinem 'Spaß-Buddhismus/Wellness-Buddhismus einnimmt, den mir sowohl die Paliban als auch der Nancy-dragonismus vorwerfen. Für mich hat bis jetzt paticca-sammupada bedeutet, dass ein Bewusstseinszustand den anderen bedingt. Damit habe ich kein Problem.
    Bedeutet das aber, das es etwas gibt, das nicht Ursache und Wirkung unterliegt, wie die von mir angeführten Zitate nahelegen?

  • hedin:

    Ein Entstehen, welches nicht bedingt und nicht abhängig ist, kann nicht sein.
    Nicht einmal der Tod setzt dieses Phänomen außer Kraft.


    Ich ahne schon was jetzt kommen wird....


    hedin


    Dann ahnst du mehr, als ich.

  • Alles ist ein bedingtes Enstehen.Die Blume ist aus einem Samen,dazu Wasser und Licht entstanden.Alles hat seine Ursache und Wirkung. ;)
    grüße kaffee48

  • Hallo Axel


    Danke. Fast alles klar. Es geht um paticca-sammupada und doch irgendwie auch nicht.


    Also ich verstehe paticca-sammupada auch als Analyse, Erklärung der Funktionsweise des Bewusstseins/Geistes. Unter diesem Aspekt betrachtet kann er (i.e Geist, Bewusstsein) sich alles mögliche Einbilden.


    Gruss Bakram

  • Wer ist diese/r Paliban der/die mit mir um Vorwürfe konkurriert ? Her mit dem Paliban !
    (Müsste es nicht Pali-San heißen ? ) :grinsen:


    Zitat

    Bedeutet das aber, das es etwas gibt, das nicht Ursache und Wirkung unterliegt, wie die von mir angeführten Zitate nahelegen?


    Klaro. Wie wärs mit dem Todlosen, dem Ungeborenen...usw.
    Aber die meisten werden nicht von heute auf morgen selbstlos. Manche aber schon. :)

  • Losang Lamo:

    Wenn von "bedingtem Entstehen" die Rede ist, weiß man gleich 'Ah, jetzt geht es um den Kontext <Daseinskreislauf>' (paticca-samuppāda) und nicht um irgendeine göttliche Schöpfung oder um ein Entstehen im spontan-chaotischen Zusammenhang.


    @LL
    Danke für die Erläuterung.
    Aber wäre eine 'göttliche Schöpfung' nicht auch 'bedingt' (durch den göttlichen Schöpfer eben...)? Und die Chaostheorie räumt zwar auf mit dem trivialen A -> B -> C -> ... , aber sie bestreitet (wenn ich sie richtig verstehe!) nicht die Bedingtheit von Zuständen.


    Onda
    Erläuterst du mir den Unterschied zwischen 'relativer' und 'absoluter' Wirklichkeit?


    Was mir immer noch fehlt, ist eine Antwort (oder gerne auch der Versuch einer Antwort) auf meine Frage, ob irgendetwas vorstellbar ist, das nicht bedingt ist.

  • Axel Benz:


    Onda
    Erläuterst du mir den Unterschied zwischen 'relativer' und 'absoluter' Wirklichkeit?


    Längeres Thema. Ein paar "Antworten"/Synonyme finden sich in deinem neuen Thread "Definition: Erleuchtung".
    Kurz: Zwei sich durchdringende Seinssphären.
    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Axel Benz:

    Was mir immer noch fehlt, ist eine Antwort (oder gerne auch der Versuch einer Antwort) auf meine Frage, ob irgendetwas vorstellbar ist, das nicht bedingt ist.


    Nein, ist es nicht :)
    .

  • Ich weiß nicht, was 'zwei sich durchdringende Seinssphären' sind.


    Brabbelback
    ('Jabberwocky' von Lewis Carroll, übersetzt von Lieselotte & Martin Remane)


    Es sunnte Gold, und Molch und Lurch
    krawallten 'rum im grünen Kreis,
    den Flattrings ging es durch und durch,
    sie quiepsten wie die Quiekedeis.


    »Nimm dich in acht vorm Brabbelback,
    mein Sohn! Er beißt, wenn er dich packt.
    Reiß aus, reiß aus vorm Sabbelschnack,
    vorm Jubjub, der dich zwickt und zwackt!«


    Er aber schwuchtelt mit dem Schwert,
    trabaust dem Unhold hinterdrein.
    Doch beim Tumtumbaum macht er kehrt
    und grübelt: Wo, wo mag er sein?


    Und während er so duselnd stand,
    kam feuerfauchend Brabbelback
    quer durch den Dusterwald gerannt,
    der Brabbelback, der Sabbelschnack!


    Komm 'ran, komm 'ran! Und schwipp und schwapp
    haut er das Schwert ihm ins Genick,
    der Unhold fiel, sein Kopf war ab,
    der Held kam mit dem Kopf zurück.


    »Ermurkst hast du den Brabbelback!
    Umarmen wird man dich zu Haus!
    Callu, callei! Mit Sabbelschnack«
    und seinem Tratschen ist es aus!


    Es sunnte Gold, und Molch und Lurch
    krawallten 'rum im grünen Kreis,
    den Flattrings ging es durch und durch,
    sie quiepsten wie die Quiekedeis.

  • Axel Benz:

    Ich weiß nicht, was 'zwei sich durchdringende Seinssphären' sind.


    Mach'n Thread auf zum Thema "Die Zwei Wahrheiten von Nagarjuna" - da wird nur so'n Zeugs kommen... (Und natürlich auch die Paliban-Kommentare, dass das A-Dhamma sei).
    Die meisten Religionen, auch der Buddhismus, gehen von zwei Seinssphären aus. Die einen nennen's irdisch und überweltlich, die anderen relativ und absolut, wieder andere manifest und unmanifest... Das ist ein Denkmuster, ein religiöser Archetypus, der die Spiritualität der Menschheit prägt.


    Onda

    "Es gibt nichts Gutes, außer: man tut es." (Erich Kästner)
    "Dharma books and tapes are valuable, but the true dharma is revealed through our life and practice." (Thich Nhat Hanh)

  • Hallo Axel,

    Bailong:

    Dass "bedingtes Entstehen" Bedingungen voraussetzt, ist jetzt nicht so schwer zu verstehen. Das "bedingtes Entstehen" endet, wenn die Bedingungen nicht mehr gegeben sind? Müssen wir das diskutieren?


    hatte ich in meinem Fred etwas flapsig geschrieben. Ich versuche mal zu erläutern, warum ich das so schnoddrig übergangen habe.
    So lange Du in der erfahrbaren, rationalen, phänomenalen, irgendwie dinglichen Welt unterwegs bist, wird niemand Schwierigkeiten damit haben, dass "alles was bedingt entsteht auch vergeht, wenn die Bedingungen dafür vergehen". Ich hatte das 'drüben zwar kleinräumig widerlegt ("der Kuchen bleibt bestehen, auch, wenn die Bedingung "Ofen" abgeschaltet ist). Großräumiger, wenn alle Bedingungen vergangen sind, spätestens beim nächsten Weltuntergang, ist alles futsch. So weit klar, denke ich? Sonst bitte fragen.


    Jetzt komme ich zum Problem des un-bedingten Entstehens. Das bedeutet doch, auf die einfachste Definition 'runtergebrochen "etwas entsteht ohne Vorbedingungen". Das ist in der erfahrbaren, rationalen, phänomenalen usw. Welt nicht vorstellbar. Selbst Gedanken oder Träume benötigen ein Gehirn, Synapsen, Energie, Neurotransmitter usw. Die kommen wieder irgendwoher, müssen entstehen, wachsen, mit Energie versorgt werden. Da hat es sich leider was mit un-bedingt.
    Es bleibt also nur der Weg in die Welt, in der alles mit "trans-" anfängt. Transphänomenal, transempirisch, transzendent... Da kommst Du erklärungstechnisch rubbeldiekatz ins transpirieren. Das wird nix. Das kann man nur glauben, sich nicht mit beschäftigen oder strikt ablehnen. Die Frage nach un-bedingtem Entstehen ist letztlich die Frage nach "Gott" (welcher Form auch immer).


    Aber nu' kommts: wenn man von der Zweiseitigkeit alles Dinglichen ausgeht (und da wird Dir nix anderes übrigbleiben, denn jedes A hat formallogisch auch ein nicht-A: Eier plus Mehl plus Backofen = Kuchen; NichtEier plus NichtMehl plus NichtBackofen = NichtKuchen), dann muss es logisch zwingend eine nichtdingliche, nicht bedingte Welt geben, sonst gäbe es keine Dingliche. Oder?


    Viel Freude mit dieser weiteren Verwirrung und ein schönes Restwochenende wünscht
    Bailong

  • Onda:

    ten Religionen, auch der Buddhismus, gehen von zwei Seinssphären aus. Die einen nennen's irdisch und überweltlich, die anderen relativ und absolut, wieder andere manifest und unmanifest... Das ist ein Denkmuster, ein religiöser Archetypus, der die Spiritualität der Menschheit prägt.


    Da hast Du nicht unrecht. Auf der Suche nach dem Glück (Wahrheit, Paradies, Erleuchtung). Wenn es hier nicht ist, da muss es doch woanders zu finden sein :roll:


    Bakram


    P.s Das lief damals bei uns im Kinderprogramm :D

    2 Mal editiert, zuletzt von xxx ()

  • @ Onda


    Glück (sukha) ist die Abwesenheit von Leid (dukkha).


    Der Buddha sagte für weise Menschen, die der Wirklichkeit entsprechend erkannt haben, gibt es weder ein 'hier' noch 'da'.


    Grüße


    :)

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • Bailong:

    Es bleibt also nur der Weg in die Welt, in der alles mit "trans-" anfängt.


    Bleibt nur der Weg in die "Trans"-Welt? Was treibt mich aus der "Cis"-Welt? Tut es not, die Welt, in der Bedingtheit existent ist, zu verlassen, eine andere Welt zu suchen? Warum? Ich bin faul, welche Motivation soll mich antreiben?


    Bailong:

    Aber nu' kommts: wenn man von der Zweiseitigkeit alles Dinglichen ausgeht (und da wird Dir nix anderes übrigbleiben, denn jedes A hat formallogisch auch ein nicht-A: Eier plus Mehl plus Backofen = Kuchen; NichtEier plus NichtMehl plus NichtBackofen = NichtKuchen), dann muss es logisch zwingend eine nichtdingliche, nicht bedingte Welt geben, sonst gäbe es keine Dingliche.


    Deswegen? Das alte Postulat "Ohne Schatten kein Licht". Hmm.
    Wir gliedern unsere Wahrnehmungen gerne in solche Gegensatzpaare. All unsere Sinneswahrnehmungen kennen die Existenz eines entsprechenden Sinnesreizes und die Abwesenheit eines solchen. Eine Lichtskala von 0 bis 100 wird zwischen 1 und 100 als Helligkeit betitelt, bei 0 aber als etwas Gegenteiliges, als Dunkelheit, aka "Nicht-Licht". Dabei tendiert man dazu, das gewohnte als auf einer Skala ablesbare, positive zu benennen, das ungewohnte als sein Gegenteil. Wir sprechen nicht von abnehmender Dunkelheit, je heller es wird. Und wir empfinden Tageslicht auch nicht als die Abwesenheit oder gar Gegenteil von Dunkelheit.
    In der Aussagenlogik mag eine negierte Aussage immer das Gegenteil bedeuten. Durch doppelte Verneinung kommt man zur ersten Aussage zurück.
    In anderen Feldern ist eine Negation etwas, das eine neue Sichtweise auf die ursprüngliche, negierte Aussage eröffnen kann, wobei die erneute Negation dieser neuen Sichtweise wiederum nicht zwingend zum Ausgangspunkt der Operation zurückführt…
    Unter dem Aspekt der neuen Sichtweise auf eine bedingte Welt kann also der Blick auf eine Welt aus nicht-bedingten Erscheinungen ggf. interessant sein. Allein zu postulieren dass es auf Grund der Tatsache, dass es X gibt, auch ein Nicht-X geben muss, bleibt in meinen Augen leider nicht mehr als dieses Postulat selbst.
    Mir scheinen nicht-bedingte Komponenten bisher eher Singularitäten zu sein: Gott z.B. Ich meine mich entsinnen zu können, dass auch Nibbana nicht bedingt ist, lasse mich hier aber gerne korrigieren, meine Sachkenntnis ist da dürftig. Diese Singularitäten stellen wir gerne in die Trans-Welt. Allein, weil sie (wie die Dunkelheit im Unterschied zum Licht) so ungewohnt sind.
    Noch mal zu den Gewohnheiten unserer Empfindungslogik. Die Dunkelheit ist uns ungewohnter als das Licht. Bei der Wahrnehmung von Helligkeit könnte man Dunkelheit als eine Singulariät bezüglich aller bekannt/bewussten Helligkeiterfahrungen sprechen, eben, dass es nicht hell ist. Doch die Dunkelheit ist uns immerhin ausreichend vertraut, um hier nicht zu dramatisieren. Ein Körper mit der Geschwindigkeit 0 (wir alle befinden uns im selben Beobachtersystem Newtonscher Mechanik) hat auf der ansonsten unendlich fein unterteilbaren Geschwindigkeitsskala einen singulären Wert, fällt dabei für den Physiker aber nicht aus der "Cis"-Welt in eine "Trans"-Welt.
    Die Singularität einer Nicht-Bedingtheit macht für mich viel von der logischen, philosophischen Faszination des Buddhismus aus. Ich hege dabei allerdings vergleichend zu der Helligkeits- oder Geschwindigkeitsbetrachtung folgendes Bild: Die Bedingtheitsskala hat unendlich viele, unterschiedlich komplexe Stufen von Bedingtheit. Der einzige Punkt, die Singularität, die nicht-Bedingtheit liegt nicht in einer Trans-Welt. Sie liegt auf dieser Skala der Bedingtheit, als Null-Wert – unmittelbar in mir selbst. Alle Bedingungen ob einfach oder verworren, reichen an mich heran und stossen in mir neue, in die Welt gehende Impulse an, die ihrerseits in Ursache und Wirkung neue Bedingungen schaffen. Nur ich kann dies unterbrechen, nur ich kann diese Singularität werden, an der eine Bedigungs-Kette endet.
    Diese Sichtweise ist absolut nicht buddhistisch, sie ist eine ziemlich olle Kammelle. Viel wurde und wird an einer "kasteienden" Unterbrechung dieser Ketten herumgedoktort. Man erfährt den Impuls der Bedingtheit und soll sich innerlich wehrend, opfernd, geißelnd davon befreien, den Impuls durchzureichen. Moralische Imperative gibt und gab es dazu überall und immer zu Hauf. Auch im Buddhismus, sorry. Ebenso alt und unbewährt ist der Ansatz, sich von den bedingten Impulsen nur weit genug zu entfernen. Wenn sie einen nicht mehr erreichen, kann man sie nicht weiter geben, und man hat als Bonus den inneren Kampf damit nicht. Eine wesentliche Motivation für monasterische, Enthaltsamkeit (in beliebigem Sinne) predigende Strukturen…


    Es bleibt der Funken der Hoffnung zu lernen, wie man diesen bedingten Impuls, der an einen herangetragen wird, nicht ergreift, um in der buddh. Terminologie zu bleiben. Dann ensteht eine solche Singularität. Eine Bedingtheit verebbt unwirksam und wird nicht weitergetragen. Da ich in dem Moment nicht mehr in die Welt heinein agiere, werde ich in diesem Moment quasi ichlos.


    Hochachtungsvoll
    Mal Sehen

  • Bakram:

    Wieso in eine Scheinwelt flüchten, wenn am Schluss eh alles beim alten bleibt ( s.o) ?


    Guter Einwand, Bakram. Eskapismus oder Realitätsflucht ist eine Flucht aus der Realität, wobei am Schluss alles beim alten bleibt, der Weg eines Buddha ist hingegen eine (Zu-)Flucht in die Realität.


    Grüße

    Trage nicht das Weltgetöse in die stille Einsamkeit
    Such den Wald, daß er Dich löse von der Krankheit unsrer Zeit.

  • nibbuti:

    Realitätsflucht ist eine Flucht aus der Realität, wobei am Schluss alles beim alten bleibt, der Weg eines Buddha ist hingegen eine (Zu-)Flucht in die Realität.


    Vielen Dank für das Kompliment! Da für mich Bedingtes und Un-Bedingtes zwei zusammengehörige Seiten der Realität sind, flüchte ich nirgendwohin, sondern sitze ganz gemütlich in meiner Realität und schaue sie mir achtsam an.
    Wobei ich mich redlich bemühe, den

    Bakram:

    einen Weg

    nicht zu verlassen. Ich übe hier gerade die rechte Einsicht in das Gesetz vom Bedingten Entstehen. Ich versuch's zumindest.


    malsehen:

    Allein zu postulieren dass es auf Grund der Tatsache, dass es X gibt, auch ein Nicht-X geben muss, bleibt in meinen Augen leider nicht mehr als dieses Postulat selbst.


    Da hast Du vollkommen recht. Mir persönlich helfen solche Postulate aber, nicht an meinem aktuellen Standpunkt festzukleben, sondern das genaue Gegenteil als Arbeitshypothese herzunehmen und zu schauen, was dann passiert. Es führt in der Regel zu einem Erkenntnisfortschritt.
    Den Ausweg über die "Trans-" Welt (es steht auch bei mir immer in Gänsefüßchen, weil ich den Ausdruck nicht mag. Aber "der für uns derzeit unerfassbare Teil der Realität" ist so blöd zu schreiben...) ist nur ein Schritt nach links, um das Rechts besser anschauen zu können. Und für mich gehören links und rechts gleichberechtigt ins Hier und Jetzt. Ist aber Glaubenssache, man kann gern auch davon überzeugt sein, dass es nur rechts gibt. Es ist der Realität ziemlich schnurz, ob ich nun an sie glaube oder nicht. Geburt und Tod, Licht und Schatten, Bedingtes und Un-Bedingtes finden statt und kümmern sich herzlich wenig um meine Sicht davon.


    malsehen:

    Die Bedingtheitsskala hat unendlich viele, unterschiedlich komplexe Stufen von Bedingtheit. Der einzige Punkt, die Singularität, die nicht-Bedingtheit liegt nicht in einer Trans-Welt. Sie liegt auf dieser Skala der Bedingtheit, als Null-Wert – unmittelbar in mir selbst. Alle Bedingungen ob einfach oder verworren, reichen an mich heran und stossen in mir neue, in die Welt gehende Impulse an, die ihrerseits in Ursache und Wirkung neue Bedingungen schaffen. Nur ich kann dies unterbrechen, nur ich kann diese Singularität werden, an der eine Bedigungs-Kette endet.


    Deine "Bedingtheitsskala" gefällt mir sehr gut. Ein wunderbares Bild! Was hältst Du denn davon, wenn ich es so verwende: sie hat eben nicht nur in die eine sondern auch in die andere Ausdehnung unendlich viele Stufen. Wenn ich - und sei es nur für einen Augenblick - das Bedingte in mir unterbreche, wenn ich die "Null" erreiche, bin ich in direktem, unmittelbaren Kontakt mit dem Un-Bedingten. Gott, meinetwegen. Denn diese "Null" ist der Punkt, den ich tatsächlich erreichen kann. Es wird mir nie gelingen, Kraft meiner Gedanken einen Liter Wasser zum Kochen zu bringen, ich werde nie Un-Bedingtes erreichen. Aber diese Kontaktstelle, diese Schnittmenge von Bedingtem und Un-Bedingtem, dieses Nichtweitertragen der Impulse, das krieg' ich hin. Zumindest ab und an.


    Um das nochmal klarzukriegen: das ist ausschließlich meine Sicht der Welt. Mein "Glaube". Ich kann es nur "glauben", weil auch ich die eine Seite der Welt nicht fotografieren und vermessen kann. Ich kann Dir auch nicht sagen, wie schwer Gott ist, wie viel Zeit zwischen Tod und Wiedergeburt vergeht, wieviel Joule der ewige Energiestrom hat oder ob das Gesetz des immerwährenden Wandels unwandelbar ist. Aber meine tägliche Erfahrung lehrt mich die Dualität und ich sehe nicht, weshalb sie ausgerechnet beim "Entstehen" enden sollte. Mein derzeitiger Weg führt mich auch nicht 'raus aus dieser Dualität. Sondern genau in die Mitte, einfach mitten 'rein. Sobald mir das 24/7 gelingt, sag' ich Bescheid, ob dort Nibbana ist.


    LG
    Bailong