Schwaches Selbstvertrauen und Buddhismus

  • Konzeptionelle Ausschmückungen von den unterschiedlichsten Bewusstseinszuständen können ganz schön verwirren.


    In der buddh. Terminologie entstehen "mangelndes Selbststbewusstsein oder schwaches Selbstvertrauen" bei entsprechenden Bedingungen innerhalb des Bewusstseins, also durch Geistfaktoren (cetasikas).
    Beide Zustände haben Unzufriedenheit und ein dadurch folgendes Begehren als Ursache.


    hedin

  • Zitat

    Neenee. Es gibt keine buddhistische Hubraumbegrenzung, so ist das nicht zu verstehen. Ich halte es aber für wichtig, darauf zu achten, wie man an seinen Mercedes kommt. Muss ich dafür Kunden und Finanzamt betrügen, Mitarbeiter ausbeuten und die Konkurrenz in den Dreck treten? Dann würde ich lieber Golf fahren. Ich kann Dir - nach 20 jahren Selbständigkeit in der Privatwirtschaft - aber versichern, dass man auch ohne derartiges Verhalten genug verdienen kann.
    Wie Du allerdings "Statussymbol" (=schaut alle her, wie viel Asche ich hab'!) und "nicht anhaften" in einen logischen Zusammenhang bringen willst, überlasse ich Dir.


    Ja, dann sehen wir das gleich. Statussymbol war ein schlechter Begriff, der es nicht trifft. Luxus trifft es viel eher.


    Zitat

    Im Buddhismus geht es unter anderem darum, Deine Illusionen zu erkennen und Anhaftungen aufzulösen. Zu erkennen, dass Dein Ego nicht existent ist. Auch das Ego Deiner Mitmenschen nicht. Dein Selbstvertrauen kommt dann aus Dir vorher noch unbekannten Quellen.


    Nun, eine alleine Fixierung auf Nicht-Selbst ist aber auch keine hinreichende Lösung...



    Danke für diesen schönen Beitrag, der es vollkommen trifft!!! Du hast völlig recht!


    Zitat

    Womöglich kann man wirklich nicht in allen Jobs in allen Firmen arbeiten, wenn man gewisse Regeln einhalten oder sich nicht allen Vorgaben unterwerfen möchte. Das weiß ich aus eigene Erfahrung. Dann kann man aber versuchen eine Nische zu finden, in der man einigermaßen so leben kann wie man möchte. Bei mir ist das automatisch und intuitiv entstanden, es hat sich einfach so herausgeschält, weil ich so bin wie ich bin. Natürlich habe ich gewisse Nachteile, z.B. Unsicherheit und volle Verantwortung. Aber damit habe ich noch nie gehadert. Es ist einfach wunderbar für mich so wie es ist. Ich weiß, dass nicht jeder Beruf solche Möglichkeiten bietet, aber in vielen Fällen ist es sicherlich möglich einigermaßen im Einklang mit sich und der Arbeit zu sein. Das mag dann tatsächlich mit Karriereverlust einhergehen und das Eigenheim und die Yacht müssen warten, aber irgendwo muss man sich dann wohl entscheiden, was einem wichtiger ist.


    Ich denke, es kann nicht der Sinn von Buddhismus in der heutigen Zeit sein, sich schuldig und "schädigend" bei allen Jobs zu fühlen, bei denen es um Profit geht. Solange man nicht betrügt, stiehlt oder gezielt Leiden verursacht, ist eine "Nische" nicht notwendig (man stelle sich vor, wir alle arbeiten nur noch in Nischen). Kann man Investmentbanker und überzeugter Buddhist sein? Ich denke schon! Du nicht?

  • Zitat

    Ich denke, es kann nicht der Sinn von Buddhismus in der heutigen Zeit sein, sich schuldig und "schädigend" bei allen Jobs zu fühlen, bei denen es um Profit geht. Solange man nicht betrügt, stiehlt oder gezielt Leiden verursacht, ist eine "Nische" nicht notwendig (man stelle sich vor, wir alle arbeiten nur noch in Nischen). Kann man Investmentbanker und überzeugter Buddhist sein? Ich denke schon! Du nicht?


    Lieber Loslassen,


    ich meine schon, dass sehr vieles im üblichen Umfeld möglich ist.
    Unter "Nische" verstehe ich nicht ein ganz kleines Ecklein in einem exotischen Beruf, sondern eher die persönliche Nische, die man sich in vielen Bereichen schaffen kann, die persönliche Integrität, die man sich erhalten kann. Ein Investmentbanker könnte eine wirklich umfassende und aufklärende Kundenberatung machen oder sich auf ethisch vertretbare Investitionen beschränken. Er könnte ein mitfühlender und freundlicher Kollege sein, ein verantwortungsbewusster Kundenberater, ein maßvoller und bedächtiger Ein- und Verkäufer usw. Er könnte sich selbstständig machen und eine wirklich gute Beratung machen, er könnte sich auf ökologische Investitionen beschränken usw. Aber an Grenzen wird er stossen. In jedem Beruf stösst man an Grenzen, wo man sich entscheiden muss.


    Ich lebe selbst in einer Nische innerhalb eines ganz normalen Berufes mit ganz normalen Kunden. Wenn ich auf mein Berufsleben zurückblicke, war das auch so als ich noch im Angestelltenverhältnis war. Die Nische ist also primär eine Haltung. Eigenartig ist, dass sich dann auch die passenden Jobs hinzugesellen, Netzwerke entstehen.


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Aber das meinte ich. Nein, ein Investentbanker kann nicht nur ausschließlich in ökologische oder ethische vertretbare Papiere investieren, sondern muss alle Firmen der Wirtschaft im Blick haben. Oft sind es so viele Positionen, die schnell rein und raus gehen, es wäre unrealistisch! Denn donst wird er gefeuert, that's the way it is! Es ist mir zu sehr Klischee, dass jede einzelne Handlung im Beruf helfen und schützen muss. Und der Buchhalter von einer Firma, die stinknormaler Cola verkauft, die eben nicht nachhaltig hergestellt wird? Und die Firma hat vor X Jahren mal in Indien Trinkwasser verunreinigt. Dem würdest du also aus buddhistischer Sicht empfehlen, sich einen ethisch reinen und "nachhaltigen" Beruf zu suchen?

  • Loslassen:


    Nun, eine alleine Fixierung auf Nicht-Selbst ist aber auch keine hinreichende Lösung...


    Sich allein auf das Nicht-Selbst zu fixieren ist aber auch keine notwendige Bedingung.



    Zitat


    Kann man Investmentbanker und überzeugter Buddhist sein?


    Mit Zinsen Geld zu 'verdienen' ist ja schon fragwürdig, aber mit Zinseszinz Profit zu scheffeln geht schon mehr in Richtung kriminell.
    Allerdings wird ja die Ethik im Buddhismus relativ flexibel gehandhabt, so dass es wohl kein Ausschlusskriterium dafür ist, ein überzeugter Buddhist zu sein.

  • Loslassen:

    Aber das meinte ich. Nein, ein Investentbanker kann nicht nur ausschließlich in ökologische oder ethische vertretbare Papiere investieren, sondern muss alle Firmen der Wirtschaft im Blick haben. Oft sind es so viele Positionen, die schnell rein und raus gehen, es wäre unrealistisch! Denn donst wird er gefeuert, that's the way it is! Es ist mir zu sehr Klischee, dass jede einzelne Handlung im Beruf helfen und schützen muss. Und der Buchhalter von einer Firma, die stinknormaler Cola verkauft, die eben nicht nachhaltig hergestellt wird? Und die Firma hat vor X Jahren mal in Indien Trinkwasser verunreinigt. Dem würdest du also aus buddhistischer Sicht empfehlen, sich einen ethisch reinen und "nachhaltigen" Beruf zu suchen?


    Ich kenne kein Patentrezept dafür. Das muss jeder selber für sich entscheiden, wie weit er das fasst und ab wann seine Schmerzgrenze erreicht ist.
    Was mich selbst anbelangt habe, ich ein paar Regeln (ich bin selbständig):
    Ich arbeite nicht für die Rüstung und für Dinge, die der Rüstung dienen. Ich arbeite nicht für Firmen deren Ethos ich nicht teilen kann. Ich arbeite nicht für Leute, die ich nicht mag. Ich arbeite nicht für Produkte, die ich nicht vertreten kann. Ich nehme keine Arbeit als Subunternehmerin von Firmen an, die ich nicht leiden kann. Ich mache jeden Job, ob 50 Euro oder 6000 Euro oder kostenlos, mit der selben Genauigkeit. Ich mache keine Dumpingjobs. Ich schenke allen meinen Kunden dieselbe Aufmerksamkeit. Usw.


    Das ist nicht so, dass ich mir so einen Katalog aufgestellt habe und nun ständig am Überlegen und Abwägen bin, es läuft einfach so. Meine Anpassungsfähigkeit ist enorm, aber sie hat Grenzen, und die wahre ich. Anders würde ich auch nicht die Qualität abliefern können, die ich abliefern möchte, von der Befriedigung mal abgesehen. Ganz praktisch betrachtet: Ich kann nur wirklich gut und auf Dauer energetisch ausgeglichen arbeiten, wenn ich mich an meine Grenzen und Spielregeln halte, mich nicht verbiege. Auch trenne ich nicht zwischen Arbeit und Privatleben, das fände ich verrückt: Ich verkaufe meine Arbeit und mein Wissen, nicht ein Drittel meiner Lebenszeit. Es geht Eins ins Andere über, es ist eine Sache. Die muss eben so stimmig wie nur möglich sein. Das ist meine Nische, abgesehen von den professionellen Schwerpunkten.


    Du fragst Dich sicher, was ich tun würde, wenn ich dringend einen Job bräuchte und mir etwas angeboten würde, das gegen diese Regeln verstiesse? Bisher war es so, dass ich dann abgelehnt habe. Natürlich mit Angst um meine Existenz. Aber ich hatte immer die Hoffnung, dass was Passendes schon in der Pipeline meines Lebens auf mich wartet. Sollte das mal nicht mehr eintreten, dann würde ich sicher so einige meiner Regeln außer Kraft setzen; als erste die, dass ich nicht für Leute oder Firmen arbeite, die ich nicht mag – das habe ich lange genug getan, das tut mir am wenigsten weh. Für die anderen Optionen würde ich mir sicher zuerst eine alternative Form der Geldbeschaffung überlegen. Alles weitere kann ich nicht vorhersagen. Vielleicht knicke ich ein, wie ein Streichhölzchen?


    Liebe Grüße
    Doris

    Der Sinn des Lebens besteht darin, Rudolph, dem Schwurkel, den Schnabel zu kraulen.

  • Loslassen:


    ...in der man erfolgs- und karriereorientiert denken muss, also primär an sich und das wohl der firma und nicht alle Einzelnen und erst recht nicht die Konkurrenz...in so einer Firma könnte ein Buddhist doch gar nicht arbeiten, oder?
    Wie ihr merkt bin ich sehr verwirrt und unsicher und bin für jeden Nutzer dankbar, der mir meine Unsicherheit nehmen kann.
    -Kann man Investmentbanker und überzeugter Buddhist sein?-


    Hi,
    Was Du tust, musst Du selbst entscheiden; ich habe vierzig Jahre in einer Haifischbranche gearbeitet. Sowohl meine Firma als ich haben es überlebt ... :D Ich galt als guter, aber unbequemer, weil nicht nach oben kriechender Mitarbeiter. Mein oberster Boß sagte beim Abschied zu mir, ich hätte "rational, rationell und effizient gearbeitet."
    Und oft fragten mich meine Vorgesetzten, wieso in meine Abteilung jede/ r reinwollte, kaum daß eine Stelle ausgeschrieben war. In anderen dagegen herrschte Fachkräftemangel. Jetzt rate mal, warum.


    Fazit: Es geht, aber wie, muß man immer individuell entscheiden. Also habe einfach Vertauen zu Dir, Du gibst sicher immer Dein Bestes- mehr geht nicht.
    Meine Maxime war/ ist: Ich muß nicht immer die ganze Welt retten, es reicht schon, wenn ich meiner nächsten Umgebung nicht schade oder für sie ein bißchen hilfreich bin.
    _()_c.d.

    Tag für Tag ein guter Tag

  • Viele Menschen die sich selbstbewusst geben und daher so auf andere wirken sind es in Wirklichkeit nicht. Man wäre auch gerne so selbstbewusst wie die anderen, deswegen sieht man sie als "Vorbilder" an. Dass man nicht so ist wie sie, erzeugt Niedergeschlagenheit und andere Formen von Leiden. Tatsächlich gibt es aber u.U. gar kein Problem und man leidet nur, weil man meint nur dann glücklich sein zu können, wenn man auch so ist.


    In meiner Firma hat der Geschäftsführer schon vor einiger Zeit einen Berater geholt, der egal was kommt immer behauptet, dass er alles kann und einfach der Größte ist. Wenn ihm ein Problem nicht bewusst wird und es angesprochen wird, spielt er sofort herunter. Es darf niemand den Eindruck erwecken können, er hätte hier eine Lücke in seiner Qualifikation. Auf jeden Fall muss der Geschäftsführer ihn für den großen Star halten. Daraus wird die Selbstwertschätzung herausgezogen. Dieser Berater wird irgendwann krank im Kopf, wenn er so weiter macht. Es sieht jetzt schon ziemlich narzistisch aus. Nicht selbstbewusst zu sein wie angeblich die anderen es sind hält die Möglichkeit offen die Dinge zu sehen wie sie sind. Das sollte man nicht zu gering bewerten.


    Ich hatte mal einen Arbeitskollegen, der 16 Mal in Folge nach 3 Monaten die Firma wieder verlassen hat. Kaum zu glauben, aber wirklich wahr. Er war US-Amerikaner, wohl auch für amerikanische Verhältnisse etwas ungewöhnlich. Mein Chef hielt ganz große Stücke auf ihn, weil er alle möglichen Dinge versprach und auch viel hinbekam (jedoch war es ein schnelles schnodderiges Gebastel). Dieser damalige Chef war bis heute sonst der beste, den ich je hatte. Geschäftsführer, Abteilungsleiter und sonstige Chefs stehen unter großen Druck von ihren eigenen Chefs. Taucht jemand auf, der behauptet der Weihnachtsmann zu sein und alle Geschenke bringen zu können, die man haben möchte, sehen sie die Rettung gekommen und geben dem Typen alles was er will. Das ist einfach Fehlverhalten unter stressigen Situationen. Das wird es geben solange es Menschen gibt. Ich würde versuchen es zu registrieren und dann ziehen zu lassen. Es ist unabänderlich, also nicht weiter damit beschäftigen, sondern den Menschen einfach Mitgefühl entgegenbringen, dass sie sich ständig solchen Leiden aussetzen.


    Ich glaube schon an eine Taktik, dass Qualität am Ende seinen Wert hat. Aber daran festzuhalten erzeugt nur Anhaftung und irgendwann Enttäuschung. Ich würde einfach weiter mein Ding machen, das auf Qualität beruht, und das unterschiedliche Verhalten der Menschen unter Stress einfach nur registrieren.


    All jene, die unglücklich sind, sind es, weil sie ihr eigenes Glück gesucht haben. All jene, die glücklich sind, sind es, weil sie das Glück anderer gesucht haben.
    Shantideva


    Wenn man alles, was einem begegnet, als Möglichkeit zu innerem Wachstum ansieht, gewinnt man innere Stärke.
    Milarepa


    Wir sind, was wir denken. Alles, was wir sind, entsteht aus unseren Gedanken. Mit unseren Gedanken formen wir die Welt.
    Buddha

  • Stephan Wiessler:


    Das ist eine Sache der Übung.


    Gut zu wissen. Könntest du das eventuell etwas näher hier im Forum beschreiben, oder muss man es auf Deiner Internetseite nachlesen, bzw diesen E-Mail-Kurs belegen?

  • @ Loslassen:


    Ob Du nun ein starkes Selbstvertrauen hast oder nicht spielt meiner Ansicht nach gar keine große Rolle. Ein scheinbar sehr selbstbewusster Mensch, der vielleicht auf weltlicher Ebene sehr erfolgreich, so etwa wie viele Prominente können auf einer inneren Ebene genauso unsicher und verletzlich sein wie andere. Lass Dich nicht dadurch von dem Weg abbringen. Es gibt viele Buddhisten die genau wegen der eigenen Verletzlichkeit zum Buddhismus kommen. Ich kann Dir dazu Bücher von Jack Kornfield empfehlen, der sehr selbstkritisch beschreibt wie er selber durch lange Phasen der Unsicherheit hindurchgegangen ist. Jeder der eine längere Zeit meditiert oder einem spirituellem Weg folgt wird früher oder später mit seiner Verletzlichkeit konfrontiert. Dies kann auch bedeuten, dass es Sinnvoll ist neben seiner Praxis eine Therapie zu machen. Wir sollten uns vielleicht der Tatsache bewusst sein, dass der Großteil der Menschen die uns im Alltag begegnen hinter einer Fassade von scheinbarem Erfolg und Glück von innerer Unruhe und Angst getrieben sind.Die meisten verdrängen dies und es kommt vielleicht erst bei einem dramatischem Lebensereignis wie Krankheit oder Tod zum Ausdruck. Man sollte sich nicht von oberflächlichen Menschen einreden lassen, dass man als Buddhist ein Weichei ist. Im gegenteil. Die Buddhisten die ich kenne sind alle sehr verantwortungsvolle Menschen, viele davon sehr mutig und selbständig in ihrem Leben. Die Sensibilität ist nur für unsensible Menschen eine Gefahr. wer lernt seine Sensibilität zu Weisheit und Mitgefühl zu entwickeln, kann dadurch innerlich sehr Ruhig und selbstsicher werden.