Papanca

  • Elliot:
    mukti:

    Erst ganz am Ende des Weges wird auch die Lehre aufgegeben, wie ein Boot das am anderen Ufer angekommen ist. Dann umfasst Papanca alles Nachdenken und Ergründen. Bei einer Lehrtätigkeit ist dann aber das Erklären wohl auch kein Papanca.


    Aber weises Erwägen ( Yoniso Manasikara ) wiederum nicht.


    Im Gegenteil sind alle Dinge die zum Nachlassen von papanca führen natürlich kein papanca.

    • Offizieller Beitrag
    blue_aprico:
    Elliot:


    Das Geniessen der (Fünf-)Sinneseindrücke hat mit Papanca eigentlich nicht viel zu tun, das geht mit und ohne Papanca.
    Viele Grüße
    Elliot


    Stimmt. Zum Beispiel bei Träumerei, Schwärmerei, Romane lesen, "chillen, sich einen reinziehen", baden, Architektur bewundern, Musik hören, Lagerfeuer, Aussichten und Stille genießen, schlafen über Gebühr, ganz zu schweigen von shoppen, Sex - & "Events" stürzen mich in Gram. Alles Unruhe, Ergötzen, alles Keks. Vieles davon unternimmt man ja gerade um dem Papanca zu entgehen, neusprech: "abzuschalten".
    "Versachlichung" übersetz ich mir mal lieber mit "Verdinglichung". Seltsam allemal.


    Passt das Wort "Hirnlego"? Also etwas was weit weg vom Sinnesempfinden ist und wo alles zur reinen Form wird, bei dem man vom Hundersten ins Tausende kommt ohne dass es jenseits der geistigen Ebene Auswirkung hätte.


    Reden um des Redens willens und Denken um des Denkens willen.


    Passt das?

  • Das könnte auch unter das Hindernis "Rastlosigkeit und Gewissensunruhe" fallen:


    Zitat

    "Es gibt diese fünf Hindernisse, Student. Was sind die fünf? Das Hindernis der Sinnesbegierde, das Hindernis des Übelwollens, das Hindernis von Trägheit und Mattheit, das Hindernis von Rastlosigkeit und Gewissensunruhe, und das Hindernis des Zweifels. Dies sind die fünf Hindernisse. Der Brahmane Pokkharasāti wird von diesen fünf Hindernissen beeinträchtigt, gehemmt, aufgehalten und eingehüllt. Daß er einen übermenschlichen Zustand, Klarheit des Wissens und der Schauung, die der Edlen würdig ist, kennen, sehen, verwirklichen oder ausüben könnte - das ist unmöglich."


    (Majjhima Nikāya 99: An Subha - Subha Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Tschuldigung, ich hab den thread vergessen... :D


    Danke erstmal fuer die antworten.

    accinca:
    mukti:

    Mir scheint aber dass sich Papanca nicht auf jede Art des Denkens und Sprechens bezieht, sondern nur auf dasjenige, nicht zur Befreiung führt. Sonst wären ja Lehrreden auch ein Hindernis.


    Natürlich ist nicht jedes Denken papanca.
    Papanca ist eine bestimmte Eigenschaft des Geistes die das Denken
    in Gang hält. Ein Automatismus des Ergreifens von einem zum anderen.
    Damit geht es ein Stück über moralisches Tun und Nichttun hinaus.


    Vermutlich trifft es "automatismus" ganz gut, wobei ich glaube, dass sogesehen ca. ueber 90% von dhukka papanca is. Also wenn ich das bei mir mal so uebern daumen peile.

  • Wobei Papanca an sich nicht unbedingt Dukkha sein muss. Im Gegenteil, Papanca kann ja auch recht angenehm sein. Aber Papanca führt im Allgemeinen zu mehr Dukkha, nicht zu weniger:


    Zitat

    "Wenn man den Geist (manas, das Denken) nicht der Wirklichkeit entsprechend kennt und sieht, wenn man Geistesobjekte (dhamme, Gedankenkonstrukte) nicht der Wirklichkeit entsprechend kennt und sieht, wenn man Geistbewußtsein nicht der Wirklichkeit entsprechend kennt und sieht, wenn man Geistkontakt nicht der Wirklichkeit entsprechend kennt und sieht, wenn man das nicht der Wirklichkeit entsprechend kennt und sieht, was als angenehm oder schmerzhaft oder weder-schmerzhaft-noch-angenehm gefühlt wird und bedingt durch den Geistkontakt entsteht, dann ist man gierentbrannt nach dem Geist, nach Geistesobjekten, nach Geistbewußtsein, nach Geistkontakt, nach dem, was als angenehm oder schmerzhaft oder weder-schmerzhaft-noch-angenehm gefühlt wird und bedingt durch den Geistkontakt entsteht."


    "Wenn man gierentbrannt verweilt, gefesselt, betört, die Befriedigung betrachtend, dann gelangen die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, zu künftigem Wachstum; und das eigene Begehren - das erneutes Werden bringt, das von Ergötzen und Begierde begleitet ist, und das sich an diesem und jenem ergötzt - nimmt zu. Die körperlichen und geistigen Schwierigkeiten nehmen zu, die körperlichen und geistigen Qualen nehmen zu, das körperliche und geistige Fieber nimmt zu, und man erfährt körperliches und geistiges Leid."


    (Majjhima Nikāya 149: Die große sechsfache Grundlage - Mahāsaḷāyatanika Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Da möchte man doch auch den "Unfrieden" ( Dukkha ) rsp "Durst" berücksichtigen, welcher (auch ) Papanca zugrunde liegt. Verlorenheit (Unwissenheit)


    Die aggressiv-zwanghafte ( allein selbst bezogene ) Form kommt auch vor, scheint mir aber dann schon "krank" zu sein. Manche Örtlichkeit zieht so Papancanesen an. So ne, wo sie (wert)urteilsfreie, ja masochistische ( passive ) Aufmerksamkeit ( Erfüllung ) erwarten. Dumm sind sie ja nicht. Im weltlichen Sinne. Es bleibt nicht lange aus und sie beklagen denn dort auch das "mangelnde Mitgefühl" (eigentlich meinen sie ja "unbedingte Zuwendung" ). Gestern erst wieda gehört. Wohl ne Art Mutterkomplex. Keine Ahnung wie ich da mit umgehen soll. Mittlerweile verärgert es mich. Und das besorgt mich.


    Hab letztens sogar erst mals ( offen ) in der Sangha am Küchentisch die Augen verdreht, bin aufgestanden und gegangen - und das war eher noch ne milde Form von Papanca. Vermutlich bin ich jetzt "unten durch". Is mir aber egal. Gestern hab ich sogar wen angeschnauzt. Mein Impuls geht dahingehend die Stirn auf die Tischplatte fallen zu lassen, alternativ zu " die Hände über dem Kopf zusammen zu schlagen". Wenn Lehrer involviert werden,möchte ich ein Lasso werfen und so ne Leute aus dem Raum zerren. So schlimm ist das schon.

  • Elliot:

    Wobei Papanca an sich nicht unbedingt Dukkha sein muss. Im Gegenteil, Papanca kann ja auch recht angenehm sein.
    Elliot


    Was du nicht sagst.
    Tatsache ist das jede Menge Dinge, die leidhaft (dukkha) sind, angenehm erscheinen können.
    Wenn das nicht wäre, niemals, nirgends, dann gäbe es gar kein Anhaften am Leiden
    bzw. leidhaften Dingen und damit auch kein Leiden, ist doch klar.

  • Man kann aber unterscheiden zwischen dem, was Dukkha ist:


    Zitat

    "Und was, Freunde, ist die Edle Wahrheit von Dukkha? Geburt ist Dukkha; Altern ist Dukkha; Tod ist Dukkha; Kummer, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung sind Dukkha; nicht bekommen, was man sich wünscht, ist Dukkha; kurz, die fünf Daseinsgruppen, an denen angehaftet wird, sind Dukkha [3]."


    (Majjhima Nikāya 141: Die Darlegung der Wahrheiten - Saccavibhaṅga Sutta)


    ... und dem, was zu Dukkha führt. Zum Beispiel zuviel Papanca. Wobei Papanca vielleicht wirklich bereits eine Form des Anhaftens in den Daseinsgruppen ist.


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    Wobei Papanca vielleicht wirklich bereits eine Form des Anhaftens in den Daseinsgruppen ist.


    Gerade das Angehme führt ja zum Anhaften. Würde Papanca nicht als angenehm empfunden, würde es ja keiner ausüben. Die Frage ist ob das wirklich angenehm ist, was wir als angenehm empfinden. Von einer Verwirklichung der Loslösung aus gesehen vielleicht nicht.

  • mukti:

    Gerade das Angehme führt ja zum Anhaften.


    Zunächst einmal ist ja nicht jede Form von Papanca angenehm:


    Zitat

    "Bedingt durch Geist und Geistesobjekten entsteht Geistbewußtsein; das Zusammentreffen der drei ist Kontakt; durch den Kontakt bedingt ist Gefühl. Was man fühlt, das nimmt man wahr. Was man wahrnimmt, darüber denkt man nach. Worüber man nachdenkt, darüber ufert man begrifflich aus. Mit dem als Quelle, worüber man begrifflich ausgeufert ist, bedrängen einen Mann die Konzepte, die von begrifflicher Ausuferung geprägt sind, und sich auf vergangene, zukünftige und gegenwärtige Geistesobjekte, die mit dem Geist erfahrbar sind, beziehen."


    (Majjhima Nikāya 18: Der Honigkuchen - Madhupiṇḍika Sutta)


    Diese Art von Papanca ist bedrängend, also bereits unmittelbar unangenehm.


    Und auch angenehmes Papanca, das zu Ergreifen und Anhaftung führt, führt damit erst mittelbar zu Dukkha:


    Zitat

    "Wenn er mit dem Geist (manas, dem Denken) ein Geistesobjekt (dhamma, Gedankengebäude) erfährt, ist er begierig nach ihm, wenn es angenehm ist, lehnt es ab, wenn es unangenehm ist. Er lebt ohne verankerte Achtsamkeit auf den Körper, mit begrenztem Herzen und versteht die Herzensbefreiung, die Befreiung durch Weisheit, bei der jene üblen, unheilsamen Geisteszustände restlos aufhören, nicht der Wirklichkeit entsprechend. Derart in Zu- und Abneigung verwickelt wie er ist, ergötzt er sich am Gefühl, welches Gefühl er auch immer fühlen mag - ob angenehm oder schmerzhaft oder weder-schmerzhaft-noch-angenehm - heißt es willkommen und hält sich daran fest. Weil er dies tut, erscheint Ergötzen in ihm. Ergötzen an Gefühlen ist Anhaftung. Bedingt durch Anhaften ist Werden; bedingt durch Werden ist Geburt; bedingt durch Geburt entstehen Altern und Tod, Sorge, Klagen, Schmerz, Trauer und Verzweiflung. So ist der Ursprung dieser ganzen Masse von Dukkha."


    (Majjhima Nikāya 38: Die längere Lehrrede über die Vernichtung des Begehrens - Mahātaṇhāsaṅkhaya Sutta)


    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • Elliot:

    Zitat

    Wobei Papanca vielleicht wirklich bereits eine Form des Anhaftens in den Daseinsgruppen ist.


    Na wenn das nicht per se leid-haft ist; freilich aber ne Sache von Bewusstheit.Brennendes Haus und so. Kontakte auf Kontakte folgen. Papanca geht das Anhangen am Gefühl, Gedanken, Vorstellung Urteil und Meinung "voran". "Wodurch" folgt kein Anhangen am Kontakt mehr & erlischt das Feuer ? Dann ( erst ) wäre "Denken" und Sprechen "ungetrübt" "unbedingt" "klar"- da ledig von un heilsamer bzw. gemischter (Rück)Wirkung.



    Grüße
    Blue_

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  • Warum entstehen Nachdenken und Konzepte bei der Wahrnehmung der Geistobjekte? Wohl nicht weil es unangenehm ist. Es gibt ganze Bibliotheken an philosophischen Konzepten, die aus Lust am Denken entstanden sind. "Bedrängung" ist das insofern, weil es nicht zur Befreiung führt.

  • mukti:

    Warum entstehen Nachdenken und Konzepte bei der Wahrnehmung der Geistobjekte? Wohl nicht weil es unangenehm ist.


    Mangels Gleichmut:



    Viele Grüße
    Elliot

    Viele Grüße

    Elliot

  • mukti:

    Demnach kann man immerhin sagen, dass Papanca mangels Gleichmut entsteht.


    Korrekt. Wobei sg. Gleichmut zusammen hängt mit sg. Gestilltheit, bzw. schlicht Gemütsruhe, welche allerdings keiner kultivieren mag, der nicht ansatzweise rechte Ansicht und Erkenntnis pflegen kann.

  • Ich wollte noch danke sagen fuer eure antworten und dialoge. Sie haben mir sehr weitergeholfen.