Verbindung zwischen Glück, Freude nach Ichlosigkeit

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    Das aber verkünde ich, o Freund: in eben diesem klafterhohen, mit Wahrnehmung und Bewusstsein versehenen Körper, da ist die Welt enthalten, der Welt Entstehung, der Welt Ende und der zu der Welt Ende führende Pfad.
    BUDDHA

    Einmal editiert, zuletzt von Isis ()

  • Bhikkhu:

    Und hier nun die Begründung dafür, warum Freude und Glück wichtige Bestandteile des Weges sind:


    Zitat

    4. „Sogar wenn ein edler Schüler der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich gesehen hat, wie wenig Befriedigung die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; solange er nicht die Verzückung und Glückseligkeit erlangt, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, so lange mag er noch zu Sinnesvergnügen hingezogen werden. Aber wenn ein edler Schüler der Wirklichkeit entsprechend mit angemessener Weisheit deutlich gesehen hat, wie wenig Befriedigung
    die Sinnesvergnügen bieten, aber wieviel Leid und wieviel Verzweiflung, und wie groß die Gefahr ist, die in ihnen steckt; und wenn er die Verzückung und Glückseligkeit erlangt, die von Sinnesvergnügen abgetrennt sind, abgetrennt von unheilsamen Geisteszuständen, oder etwas noch friedvolleres, dann wird er nicht mehr zu Sinnesvergnügen hingezogen.“
    MN14


    Deswegen legt der Buddha soviel Wert darauf, dass Freude, ja sogar Verzückung wichtige Bestandteile des Weges sind: sie unterstützen Entsagung von Sinnesvergnügen.


    Und gleichzeitig lehren diese Erfahrungen, was Freunde und Glück wirklich sind: vergängliche, leere Phänomene, die kommen und gehen und sie sind es deswegen nicht wert, daran anzuhaften.


    Aber wenn alles, das dieses leere Glück und diese leere Freude und Verzückung ausmacht, durch das Praktizieren des Weges hervorgebracht werden kann, ein Weg, der tatsächlich zur Befreiung führt, wozu sich dann vom Weg ablenken lassen und kostbare Lebenszeit vergeuden durch Sinnesvergnügen, durch Furcht um den guten Ruf, durch Streben nach Reichtum und Anerkennung durch andere etc etc?


    Alles was gebraucht wird ist in diesem zerfallenden Fleischsack, der vom Geist "durchtränkt" ist, enthalten. Alles was gebraucht wird sich zu befreien. Auch alles, was erforderlich ist, um kurzzeitiges Glück und kurzzeitige Freude hervorzubringen, wenn man sie mal eben nötig hat. Aber es gibt nur dieses kurzzeitiges Glück und diese kurzzeitige Freude, welchen alsbald "Leere", neutrales Gefühl oder Frustration bzw Leiden folgen. Und es gibt die Befreiung von diesem Kreislauf.
    Man braucht keine "äußeren" Reize für kurzzeitiges Glück und kurzzeitige Freude, man braucht nichts (bzw sehr sehr wenig) und niemanden. Man setzt sich einfach hin und da ist Glück und Freude ... und dann kann man auch beobachten wie sie wieder vergehen. So ist das. :D

  • Schön und gut aber wie kann man vermeiden dass man das Sehen der Vergänglichkeit der Dinge nicht negativ erlebt?
    Dem Karmapa wurde so eine Frage zB auch mal gestellt, seine Antwort war eher unbefriedigend; afair gibts auch im Lankavatarasutra eine kurze Aussage dazu, dass die, welche alle Dinge als vergänglich ansehen sich damit selbst zu Grunde richten würden.

  • Bhikkhu:

    Man braucht keine "äußeren" Reize für kurzzeitiges Glück und kurzzeitige Freude, man braucht nichts (bzw sehr sehr wenig) und niemanden.
    Man setzt sich einfach hin und da ist Glück und Freude ...


    da waaahhnsinn!


    echt 'einfach'!


    radio volksmund dazu:


    wer's glaabt, wird selig


    .

  • Akuma:

    Schön und gut aber wie kann man vermeiden dass man das
    Sehen der Vergänglichkeit der Dinge nicht negativ erlebt?


    völlig berechtigte frage, die du aber erstaunlich einseitig stellst. vergänglichkeit hat doch zwei seiten!


    sie kann auch ihr gutes haben, nämlich immer dann, wenn etwas unangenehmes aufhört!


    vergänglichkeit wird nur bedauern und einseitig als negativ auffassen, wer die hälfte des daseins konsequent ausblendet und seinen blick total einseitig darauf gerichtet hat und fixiert hält, dass 'natürlich' (udh. von natur aus, von der eigenheit des daseins oder seiner natur her) auch alles angenehme, gute und schöne irgendwann abklingt und aufhört.


    gleich-mut meint deswegen, soweit ich das sehe, mehreres gleich-zeitig: sowohl zu sehen, dass angenehmes ebenso vergeht wie unangenehmes, sich auf beides einzustellen und das auch auf gleiche weise, nämlich 'ohne wenn und aber' und vollständig, was auch heisst, das eine mit dem gleichen 'gemüt'(szustand) und der gleichen einstellung zu tragen wie das andere zu genießen oder sonst zu nutzen, somit nichts aus beiden bereichen zu bevorzugen oder abzulehnen, also auch hier beides gleich zu gewichten, und beides schließlich deswegen auch mit gleicher bereitschaft als eigenheit des gesamten daseins zu akzeptieren wie alles andere.


    diese ausgeglichene oder eher gleichgewichtende haltung könnte auch ein aspekt dessen sein, der zum 'mittleren weg' gehört.


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  • Dann schau doch mal unter pīti und sukha nach.


    Hinsetzen und nachprüfen ist auch zu empfelen. Braucht aber ein wenig Übung.


    Außerdem, je feinsinniger man in der Meditation wird und man einiges durchblickt kann man auch ganz normale "schöne" Gegebenheiten im Alltag besser und anders genießen. Ohne zu denken, ach würde es doch nie vorbei gehen oder das möchte ich ganz schnell wiederhaben. Mit gesteigerter Achtsamkeit werden schöne Momente noch schöner, sofern man eben nicht daran anhaftet. Zum Beispiel, ein schöner Abendhimmel..................ja er ist schön.............wenn es vorbei ist auch gut........anicca.


    Wie weit jeder gehen möchte im "Bewachen der Sinnestore", liegt an jedem selbst. Wer "Schluß" machen möchte mit samsara wird mit Sicherheit versuchen jede "Sinnesgier" in sich auszuroden. Aber das ist das schöne an der Lehre des Buddha. Jeder wie und soweit er mag. Es gibt soviele gute Lehrreden für Hausleute. Auch die 5 silas für "Laien" sind nicht auf "Entzug" ausgerichtet, sondern auf verantwortungsvolles Umgehen mit sich und anderen.


    Übrigens, der Geist schläft nie und da wo Kontakt ist, ist auch Bewußtsein. Kontakt können wir uns nie entziehen und wenn es nur der Druck des Körpers auf der Matratze ist. Siehe khandhas. "Unbewußt" bedeutet nur keine Achtsamkeit auf ein Objekt zu haben.


    Antworten findest Du in der Meditation. Es soll Menschen geben, die ganz bewusst einschlafen, den Übergang von Wachsein zum Schlaf ganz bewußt mitbekommen und dann bewußt "träumen". Schöne Übung.

  • Ingo-Wolf Kittel:

    gleich-mut meint deswegen, soweit ich das sehe, mehreres gleich-zeitig: sowohl zu sehen, dass angenehmes ebenso vergeht wie unangenehmes, sich auf beides einzustellen und das auch auf gleiche weise, nämlich 'ohne wenn und aber' und vollständig, was auch heisst, das eine mit dem gleichen 'gemüt'(szustand) und der gleichen einstellung zu tragen wie das andere zu genießen oder sonst zu nutzen, somit nichts aus beiden bereichen zu bevorzugen oder abzulehnen, also auch hier beides gleich zu gewichten, und beides schließlich deswegen auch mit gleicher bereitschaft als eigenheit des gesamten daseins zu akzeptieren wie alles andere.


    diese ausgeglichene oder eher gleichgewichtende haltung könnte auch ein aspekt dessen sein, der zum 'mittleren weg' gehört.


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    Gleichmut bedeutet einfach nicht mehr zu bewerten als angenehm, unangenehm oder neutral. Nur, es ist . Da ist Schmerz...............da ist Freude..........alles unpersönlich.

  • free:

    ... je feinsinniger man in der Meditation wird und man einiges durchblickt
    kann man auch ganz normale "schöne" Gegebenheiten im Alltag besser und
    anders genießen. Ohne zu denken, ach würde es doch nie vorbei gehen
    oder das möchte ich ganz schnell wiederhaben.
    Mit gesteigerter Achtsamkeit werden schöne Momente noch schöner,
    sofern man eben nicht daran anhaftet. ...


    yeah - that's it!

  • free:
    Ingo-Wolf Kittel:

    gleich-mut meint deswegen, soweit ich das sehe, mehreres gleich-zeitig: sowohl zu sehen, dass angenehmes ebenso vergeht wie unangenehmes, sich auf beides einzustellen und das auch auf gleiche weise, nämlich 'ohne wenn und aber' und vollständig, was auch heisst, das eine mit dem gleichen 'gemüt'(szustand) und der gleichen einstellung zu tragen wie das andere zu genießen oder sonst zu nutzen, somit nichts aus beiden bereichen zu bevorzugen oder abzulehnen, also auch hier beides gleich zu gewichten, und beides schließlich deswegen auch mit gleicher bereitschaft als eigenheit des gesamten daseins zu akzeptieren wie alles andere.


    diese ausgeglichene oder eher gleichgewichtende haltung könnte auch ein aspekt dessen sein, der zum 'mittleren weg' gehört.


    Gleichmut bedeutet einfach nicht mehr zu bewerten als angenehm, unangenehm oder neutral. Nur, es ist . Da ist Schmerz...............da ist Freude..........alles unpersönlich.


    bewerten ist 'denken', benötigt also ein minimaldenken; akzeptieren oder ablehnen ist meist schneller, massiver und insofern 'mehr', n ämlich eine automatische, reflexhafte oder gewohnheitsmäßig reaktion!
    die ist wichtiger als es evtl. ebenso automatisch dazu auftauchende gedankliche werturteile sind, von denen sie 'begleitet' sein können oder sogar meist begleitet sind (wir haben ja auch denkgewohnheiten)!
    einfach nicht zu denken und nicht zu bewerten muss umgekehrt nämlich nicht heißen, dass man auch das automatische ablehnen oder annehmen als un-angenehm oder eben angenehm schon aufhört. thich nath hanh empfiehlt deswegen ganz treffend unangenehmes bewusst 'zu umarmen', also absichtlich an- und hinzunehmen - was nicht heißen muss, dass man es deswegen als gut oder angenehm empfindet oder für gut erklärt, also gedanklich mehr oder weniger großartig umdeutet...

  • Ingo-Wolf Kittel:

    thich nath hanh empfiehlt deswegen ganz treffend unangenehmes bewusst 'zu umarmen', also absichtlich an- und hinzunehmen - was nicht heißen muss, dass man es deswegen als gut oder angenehm empfindet oder für gut erklärt, also gedanklich mehr oder weniger großartig u


    Das kann eine "Alltags"- Übung sein. Aber Upekkhā schüttelt man nicht einfach so aus dem Ärmel. Es ist meist ein langer Übungsweg. Upekkhā ist zum Beispiel ein Teil der 7 Erleuchtungsglieder (bojjhanga).

  • Mausmaki:
    Dualcore:


    Ich verstehe unter Glück und Frieden eben nicht Ich-losigkeit.


    Mit der Betonung auf „Ich“ und genau das ist ein ungenügendes Verständnis und vor allem unwissenschaftlich.
    So wie hinlänglich bekannt, dass der Beobachter nicht ohne Einfluss auf das Beobachtete ist, ist nicht auszuschließen, dass wahres und beständiges Glück und Frieden durch Ich-losigkeit erreicht werden.
    Eine Person kann sich erst dann definitiv darüber äußern, wenn sie diese Ichlosigkeit erreicht hat, alles andere bleibt reine „Glaubensphantasie“ egal ob pro oder contra insofern unterscheidest du dich nicht einen deut von „uns“.


    wie du schreibst, ist dir 'hinlänglich' bekannt, dass 'der beobachter nicht ohne einfluss auf das beobachtete ist'. klingt etwas gereizt - grenzwertig vorwurfsvoll... es ist zweifellos gut und schön, dass du das alles weisst; aber warum denkst du, andere müssten auch alles wissen, was du weisst? es ist einfach angenehm, wenn du uns dein wissen mitteilst und so mit uns teilst, was du besser oder mehr weisst als wir.


    allerdings ist mir nicht recht klar, was du weisst oder besser gesagt, an welches 'hinlänglich bekannte' wissen du real denkst, was du also 'in der tat' sagen willst: denkst du ganz allgemein an eine aktive einflussnahme des beobachtenden auf seine beobachtungen? weil - pardon, jetzt könnte das meinerseits beckmesserisch klingen - weil es doch trivial ist, dass jedes beobachten ein aktiver vorgang ist.
    oder meinst du etwas spezifischeres? mir ist zb. bekannt, dass bei 'beobachtungen' durch technische messungen in der subatomaren physik andere verhältnisse zu berücksichtigen sind als bei kosmologischen 'beobachtungen' mit dem bloßen auge - und irgendwelchen 'vorsätzen' vor ihm wie linsen, fernrohren verschiedener bauart etc. pp. - oder dem noch aufwendigeren registrieren elektromagnetischer strahlungen aus 'dem weltall' mit dazu geeigneten geräten. -
    allgemeiner ausgedrückt: meinst du die abhängigkeit des gemessenen von der messmethode bzw. messtechnik?
    der 'einfluss' des beobachters hier besteht vordergründig ja 'nur' in deren einsatz, ihrer korrekten verwendung und der adäquaten auswertung der mit ihnen gewonnenen messdaten.
    du könntest aber noch weiter denken und auch die von vielen - außer den vertretern der philosophischen 'richtung' des methodischen konstruktivismus und kulturalismus - oft nicht systematisch berücksichtigte 'tat'-sache meinen, dass der messende seine messmethode selbst bestmmen muss (und seine wahl zu begründen hat) oder sogar erst einmal definieren und dazu pasende messgeräte konstruieren, eichen und testen muss, bevor er sich anwendet und damit gewonnene daten 'interpretiert'.


    du könntest sogar noch weit mehr in betracht ziehen, nämlich die weitere 'tat'-sache, dass 'daten' - wie immer die methodisch gewonnen wurden (in den sozialwissenschaften zb. durch befragung!) - immer relativ zur vorausgesetzten 'theorien' oder wenigstens annahmen oder hypothesen gedeutet werden, die ihrerseits von menschen überhaupt erst 'konstruiert', also sogar völlig frei geschaffen worden sind!


    du könntest sogar an noch etwas völlig anderes gedacht haben: zb. die abhängigkeit der (neurophysiologischen...) 'verarbeitung' von sinndesdaten von der stets vorgängigen individuellen oder persönlichen lebenserfahrung eines beobachters, also von den - wie heute allgemein gesagt wird - 'informationen', die er in form von synaptischen verbindungen seiner neuronen im gehirn 'gedächtnismäßig gespeichert' hat.


    ich denke, schon bis hierhin wird deutlich, dass der 'einfluss' von seiten des beobachters in ganz unterschiedlichem bestehen kann. noch subtiler sind die psychologischen verhältnisse, die bei schlichtem beobachten noch alle eine rolle spielen können und daher ggf. auch noch zu berücksichtigen wären. ich erspare mir, sie hier anzudeuten, weil du nämlich einen bezug zum thema 'ichlosigkeit' herstellt, der mir noch weniger klar ist.


    'ichlosigkeit' ist m.W. eine art schlag- oder codewort für die empirische feststellung sowie für die deswegen (im buddhismus darüber hinaus auch noch als allgemeingültig unterstellte) annahme, dass es 'in (der gesamten) wirklichkeit' nichts unwandelbar festes und deswegen 'ewig bestehendes' gibt: keine seele, kein atman, kein ich oder selbst oder was immer sich menschen für 'entitäten' ausgedacht haben in der meinung, damit könnte etwas überdauerndes, bleibendes gemeint sein.
    ichlosigkeit muss daher schon logisch als immer bestehend angenommen oder unterstellt werden - völlig losgelöst von der frage danach, ob jemand persönlich nun darum weiss oder nicht.
    ich verstehe deswegen nicht, wie du behaupten kannst, "dass wahres und beständiges[?] Glück und Frieden durch Ich-losigkeit erreicht werden" könne, wenn doch ichlosigkeit immer tatsächlich gegeben sein soll!
    ich verstehe nicht einmal, was du sagen willst, wenn ich deinen satz so lese, als wolltest du tatsächlich eher dies sagen: "dass wahres ... Glück und Frieden durch ERKENNTNIS DER Ich-losigkeit erreicht werden."


    m.W. wird im buddhismus gelehrt, dass glück und frieden durch überwindung des leidens erreicht wird.

    dazu gehört meiner information nach die überwindung von dem, was mit den (wohl eher metaphorisch zu verstehenden, genau besehen nämlich psychologischen!) ausdrücken 'gier' und 'hass' gemeint ist, sowie vor allem durch die aufhebung von 'unwissenheit' durch erkennen und verstehen.


    dazu wird dann irgendwann auch die realisierung gehören, dass es tatsächlich keine seele, kein atta oder atman gibt und vieles andere nicht, was in andersartigen lehren so alles behauptet wird. aber dass speziell durch die erkenntnis der 'leerheit' von allem - ein anderer ausdruck für die gemeinte ichlosigkeit beim menschen - irgendwas mehr an glück oder frieden gewonnen werden soll, ist mir nicht bekannt geworden, jedenfalls bisher nicht.


    glück und zufriedenheit kann schon bei einfachem 'stillen sitzen' erlebt werden, wie ja gerade heute hier mehrfach angeklungen ist. und schlichte erfahrung von manchen menschen ist es sogar, dass zumindest 'länger dauernde' zufriedenheit und lebensglück nicht einmal stilles sitzen erforderlich macht, sondern auch einfach gegeben sein kann - ganz unabhängig von allen religiösen oder sonstigen weltanschaulichen überzeutungen der oder des 'glücklichen'.


    _()_

  • Ingo-Wolf Kittel:


    ich verstehe deswegen nicht, wie du behaupten kannst, "dass wahres und beständiges[?] Glück und Frieden durch Ich-losigkeit erreicht werden" könne, wenn doch ichlosigkeit immer tatsächlich gegeben sein soll!
    ich verstehe nicht einmal, was du sagen willst, wenn ich deinen satz so lese, als wolltest du tatsächlich eher dies sagen: "dass wahres ... Glück und Frieden durch ERKENNTNIS DER Ich-losigkeit erreicht werden."



    Liebe Ingo,
    ich stimme Deinen Ausführungen im vollem Umfang zu! Nur klafft hier nun der Spalt zwischen buddhistischer Terminologie und sprachlicher Referenz deutlich hervor.


    Gehen wir mal davon aus, daß Buddha mit "Ich-losigkeit" keinen
    statischen Geisteszustand meint, sondern eine oszillierende Geistestätigkeit. Wie ist das zu verstehen:
    Das Kontinuum der Person besteht eigentlich aus einer Art Simultanshow verschiedenster neuronaler Cluster, die synchron (z.b. Spiegelneuronen) Informationen austauschen. Schaltet man diese Cluster Stück für Stück aus, verschwindet damit auch Stück für Stück jenes, was wir Person nennen.
    Sollte Buddha etwa diese "Ich-losigkeit" gemeint haben?!? Jedenfalls käm das der Skandhalehre sehr nah....
    Was sollte denn nach diesem "ausschalten" noch übrig bleiben? Welcher scheinbare Kern wird hier stillschweigend vorausgesetzt?


    Und die Frage die hinter Deinen statements mir einfällt is diese: Wozu von etwas reden, was unausdrückbar ist? Wozu Sprache demonstrativ benutzen, wenn jenes, was vermittelt werden soll, gar nicht durch Sprache abzubilden bzw. zu erklären ist?


    Und wie können wir sicher sein, daß Buddhas Lehre nicht selber ein Konstrukt, ein Konzept ist, wenn es bestimmte Entitäten zur Falsifikation ausschließt: Wie zb. Urteilsvermögen?!? Was erkennt denn dann den Erleuchteten und kann man das überhaupt noch Erkennen nennen?`!?


    Langsam kommt mir der Tanz um die "Ich-losigkeit" wie ein Schelmenstreich Buddhas vor:


    Lege Dein "Ich" ab und was Dich dann erkennt, dies bist Du selber! Wer sollte das sein?
    Dann bekomm ich zu hören: Das ist der Geist!
    Und wenn ich frage, wer ist dieser Geist, krieg ich zu hören: Das ist Unausdrückbar.


    Hier blinzelt für mich die Funzel der Metaphysik:
    Die materielle Matrix unseres Daseins für nichtig erklären, unser Orientierungssystem(Ich) für sinnlos erklären und dann mir erklären: Das ist eine Sache der Erfahrung (Empirie)!
    Das ist Meister Eckhard und seine Gotteserfahrung auf das überhöhte "Selbst" angewendet!


    lg und ich lese gespannt Deine postings weiter
    Dualcore

  • Dualcore:

    Gehen wir mal davon aus, daß Buddha mit "Ich-losigkeit" keinen statischen
    Geisteszustand meint, sondern eine oszillierende Geistestätigkeit.


    i wo! eben nicht!! er hat m.W. (nur...) das konzept einer 'ewigen' seele abgelehnt! hindus sollen in 'atman' ein pendant dazu 'sehen', finde ich lustig: im atmen! heute ist beliebter, über einen stabilen, überdauernden persönlichkeitskern zu spekulieren...


    es wird ja seit langem schon etwas beständiges 'im' oder am menschen angenommen. beliebte kandidaten sind heute auch 'ein' Ich oder EGO, 'das' Selbst - immer groß als substantiv geschrieben wie wenn es sich dabei um etwas substanz-iell eigenständiges ginge, eine art 'substanz' so wie descartes das auf dem boden jahrtausendealter spirituell- bis spiritistischer vorstellungen auch für 'den geist' angenommen haben soll (soll deswegen, weil das sooo eindeutig auch wieder nicht sein soll, wie ich mal irgendwo gelesen hab - ich spiele also nur auf die gängige version davon an, die descartes zumindest häufig zugeschrieben wird; kann ja leider nicht mehr befragt werden, der vorsichtige zauderer und phantast.)


    heute stellen sich viele so oder 'so ähnlich' unser 'bewusstsein' vor: nicht als tätigkeit bzw. aktivität, 'sich bewusst werden' oder sich etwas bewusst 'machen', also schlicht 'wissen' (wissen ist eine tätigkeit!), sondern als etwas, was - wie vormals als 'geist' vorgestellt - im menschen 'wirkt' (renanius hielt bek. die zirbeldrüse für den ort dieses 'einwirkens' des geistes auf den körper - nach gängiger vorstellung jedenfalls; hab ihn nie selbst gelesen; ich misstraue übersetzungen bzw. übersetzern, die ja von ihrem eigenen gedankengut nicht gut absehen können... )


    üblicherweise wird 'geist', seele, bewusstsein... aber unabhängig vom 'körper' vorgestellt, soll diesen 'verlassen' können und bei reinkarnationsanhängern danach irgendwie auch wieder in einen anderen jungen körper hineinkommen usw.


    mW hat buddha solchen vorstellungen oder spekulationen schlicht eine abfuhr erteilt - ganz ähnlich wie den sog. 'letzten fragen', auf die er nicht einmal noch irgendetwas geantwortet haben soll...


    neurophysiologie ist hier also völlig fehl am platz!


    Dualcore:

    Wozu von etwas reden, was unausdrückbar ist?


    oh, hier müsste mal die funktion von sprache geklärt werden; ich dachte, du kennst deinen - wittgenstein?! den 'späten' natürlich!


    Dualcore:

    Und wie können wir sicher sein, daß Buddhas Lehre nicht selber ein Konstrukt, ein Konzept ist, wenn es bestimmte Entitäten zur Falsifikation ausschließt: Wie zb. Urteilsvermögen?!? Was erkennt denn dann den Erleuchteten und kann man das überhaupt noch Erkennen nennen?`!?


    sorry, hier assoziierst du arg viel! die ablehnung der übernahme eines konzeptes bedarf keines neuen konzeptes, sondern nur der 'erklärung', also der bekundung, es selbst nicht zu benützen zu wollen - und ggf. einer begründung für diese ablehnung. dafür soll buddha schlicht auf die erfahrbare wirklichkeit in ihrem permanenten wandel verwiesen haben, der mit jedem konzept von etwas beständigem schlicht nicht kompatibel, also logisch nicht zu vereinbaren ist. das ist alles!


    sog. (pos.) metaphysische behauptungen soll buddha gar nicht gemacht, sondern nur die überwindung des leidens gelehrt haben - und die genügt aus psycholog. perspektive auch vollkommen - was auszuführen allerdings ein buch benötigten würde, wenn es reicht...


    Dualcore:

    Langsam kommt mir der Tanz um die "Ich-losigkeit" wie ein Schelmenstreich Buddhas vor: Lege Dein "Ich" ab und was Dich dann erkennt, dies bist Du selber! Wer sollte das sein? Dann bekomm ich zu hören: Das ist der Geist! Und wenn ich frage, wer ist dieser Geist, krieg ich zu hören: Das ist Unausdrückbar.


    von wem? du führst exemplarische formulierungen an, die ich von epigonen buddhas kenne, nicht von ihm selbst!
    abgesehen davon ist zu fragen, von welchen - eigenen... - verständigungsvoraussetzungen du selbst denn eigentlich ausgehst!
    wenn du für psychologische aussagen wie zb. der, dass wir im leben oft leiden und diese reaktion zu leiden beendet werden kann, aufs neurophysiologsiche runterzubrechen versuchst, zerstörst du den sinnzusammenhang, in dem buddhas 'edle wahrheiten' stehen. selbsterkenntnis gewinnst du auch durch selbstreflexion; unter einer EEG-Haube misst du dagegen elektr. potentialsummationen und registrierst ihre veränderung im laufe der zeit...


    Dualcore:

    Die materielle Matrix unseres Daseins für nichtig erklären, unser Orientierungssystem(Ich) für sinnlos erklären und dann mir erklären: Das ist eine Sache der Erfahrung (Empirie)!


    hier assoziierst du jetzt aber ganz wild: wie kommst du drauf, dass in tradierten lehrtexten 'die materielle matrix unseres daseins für nichtig' erklärt wird? ist mir nicht bekannt, jedenfalls nicht in texten, die buddha selbst zugeschrieben werden. -
    was daraus alles von epigonen bis heute gemacht wird, ist eine andere sache; da geht es heutigen wissenschaftlern ja nicht anders bis in die physik: der ehem. c.f.v.weizsächer-mitarbeiter görnitz hat zb. 'bedeutungsfreie quanteninformationen' erfunden und erklärt mit auf diese weise explizit definierter sinnlosigkeit 'die welt' bis hin zum freien willen! ausgesprochen sinnvoll!


    Dualcore:

    Das ist Meister Eckhard und seine Gotteserfahrung auf das überhöhte "Selbst" angewendet!


    sorry, da kann ich nicht mitreden: ich halte mich an die wörtliche bedeutung des griech. stammwortes für mystik 'myein' die lippen zusammenpressen, stumm sein, auf gut dt. 'maul halten' - und schweige. (im tract.log.-phil. 6.44 meint ludovicus etwas anderes, wenn er - als philosophisch ge- oder je nach dem: ver- bildeter mensch - die ihn anscheinend verblüffende tatsache als 'mystisch' bezeichnet, dass die welt ist und nicht vielmehr nicht ist.


    solche denkakrobatik muss man erst mal machen (können), um dann staunen zu können...


    psychologie ist die wahre grundlagenwissenschaft - denke ich mir manchmal ,- )

  • Ingo-Wolf Kittel:

    i wo! eben nicht!! er hat m.W. (nur...) das konzept einer 'ewigen' seele abgelehnt! hindus sollen in 'atman' ein pendant dazu 'sehen', finde ich lustig: im atmen! heute ist beliebter, über einen stabilen, überdauernden persönlichkeitskern zu spekulieren...


    Stimmt so nicht.
    Habdlungstheoretisch hat er viel mehr abgelehnt, sie :A.X.13 Die zehn Fesseln


    Den Körper reduziert er auf Vibrationen (was immer das sein soll):I.11. Enthüllung des Körpers (Kayavicchandanika-Sutta oder Vijaya-Sutta)


    und zum Persönlichkeitskern, den selbst die "Neurobilogie nicht darstellen kann und schon lange nicht mehr will (Zirbeldürse ist alter russischer Hut) hat buddha wohl eher ein gespaltetes verhältnis:
    siehe: M. 10. (I,10) Satipatthāna Sutta, Die Pfeiler der Einsicht


    etwa zu:2. (I,2) Sabbāsava Sutta (Alles Wähnen)


    Warum, so die Logik, soll ich mich lösen von Anhaftungen mit mitteln, die mich verleiten anzuhaten bzw. durch die ich in neue Anhaftungen(der Selbsbeobachtung) verfalle.(Selbstdisziplinpolizei?)


    oder noch besser: Warum einen Persönlichkeitskern (Seele) verneinen, wenn es ihn nicht gibt?
    Buddha betrieb Abgrenzung zu andéren Religionen und benutzte deren "fehlerhafte Terminologie".
    Er hätte auch sagen können: Ich weiß gar nicht, wovon ihr redet! Hatte er aber nicht, weil sein herrschaftsdikurs ein abgrenzender war.



    Zitat

    es wird ja seit langem schon etwas beständiges 'im' oder am menschen angenommen. beliebte kandidaten sind heute auch 'ein' Ich oder EGO, 'das' Selbst - immer groß als substantiv geschrieben wie wenn es sich dabei um etwas substanz-iell eigenständiges ginge, eine art 'substanz' so wie descartes das auf dem boden jahrtausendealter spirituell- bis spiritistischer vorstellungen auch für 'den geist' angenommen haben soll (soll deswegen, weil das sooo eindeutig auch wieder nicht sein soll, wie ich mal irgendwo gelesen hab - ich spiele also nur auf die gängige version davon an, die descartes zumindest häufig zugeschrieben wird; kann ja leider nicht mehr befragt werden, der vorsichtige zauderer und phantast.)


    Lieber Ingo, res cognitans und res extensa sind aufeinander bezogen. Decartes Dualismus folgt der Notwendigkeit der Denkstrukturen seiner Zeit (Darum auch das Bild der täuschenden Götter).
    Buddha hat so etwas, wie oben schon beschreibe, ebenfalls gemacht. Nur Decartes hatte wenigstens einen Ansatzpunkt offen gelassen: Die Mechanik der Materie (Naturgesetze). Aber Buddhisten behaupten sogar diese Naturgesetze aushebeln zu können:


    Zitat

    wenn du für psychologische aussagen wie zb. der, dass wir im leben oft leiden und diese reaktion zu leiden beendet werden kann, aufs neurophysiologsiche runterzubrechen versuchst, zerstörst du den sinnzusammenhang, in dem buddhas 'edle wahrheiten' stehen.


    Welchen Sinnzusammenhang?!? Ein System kann in sich vollkommen logisch sein und sinnvoll verknüpft und dennoch ist seine Referenz absolut unsinnig. Ein Beispiel?
    Lamarcks Theorie von der Anpassung (Système des animaux sans vertèbres, ou table général des classes)! Buddhas Skandhalehre! Schrödingers Katze!


    Zitat

    selbsterkenntnis gewinnst du auch durch selbstreflexion; unter einer EEG-Haube misst du dagegen elektr. potentialsummationen und registrierst ihre veränderung im laufe der zeit...


    Selbsttäuschungsfreie?!? :lol: Klar darum gehört es auch nicht zur Validität der Wissenschaft, daß Deine Kollegen daß Experiment nachvollziehen und auf dem Tisch aller darlegen können.
    Selsbterkenntnis ist das Glaubensbekenntnis der Psychologen! ;)




    Zitat

    hier assoziierst du jetzt aber ganz wild: wie kommst du drauf, dass in tradierten lehrtexten 'die materielle matrix unseres daseins für nichtig' erklärt wird? ist mir nicht bekannt, jedenfalls nicht in texten, die buddha selbst zugeschrieben werden. -




    Samyutta Nikaya
    4. Māra-Samyutta - Vom Māra


    21-25 Tatiya vagga (Upari pañca) - Dritter Abschnitt (Fünf Überzählige)


    S.4.21. Sehr viele


    Zitat

    solche denkakrobatik muss man erst mal machen (können), um dann staunen zu können...


    psychologie ist die wahre grundlagenwissenschaft - denke ich mir manchmal ,- )


    Du kannst nicht alles Epigonen in die Schuhe schieben und Psychologie als wahre Explikation des Inneren zu begreifen, ist Frankfurterschuleglaube! :grinsen:

  • Dualcore:

    Ein System kann in sich vollkommen logisch sein und sinnvoll verknüpft und dennoch ist seine Referenz absolut unsinnig. Ein Beispiel?
    Buddhas Skandhalehre!


    Vielleicht kannst Du ebenso kurz darlegen, wieso die "Referenz absolut unsinnig" ist.


    Ingo-Wolf Kittel:

    wie kommst du drauf, dass in tradierten lehrtexten 'die materielle matrix unseres daseins für nichtig' erklärt wird? ist mir nicht bekannt, jedenfalls nicht in texten, die buddha selbst zugeschrieben werden. -


    Dualcore:

    S.4.21. Sehr viele


    Hab ich mir jetzt angeschaut, ist ja nicht lang ;) Und ich komm einfach nicht darauf, warum du diesen Text als Beleg heranziehst. Weil da "das war Mara" steht?


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