Die vier edlen Wahrheiten

  • Das halte ich für einen wichtigen Punkt. Das wollte ich mit dem Ausdruck "Gesamtpaket Unwissenheit" zum Ausdruck bringen. Die Unwissenheit in Bezug auf "Begehren-Leiden-verfehlte Vorstellung von Leidbeseitigung" ist die eine Seite der Medaille. Die andere Seite ist die grundsetzliche Fehlwahrnehmung allem gegenüber. Da kommen für mich dann Begriffe wie Gewahrsein und Soheit ins Spiel. Ich muss zunächst einmal so ziemlich alles beiseite lassen können, wie sich meine Wahrnehmung bisher gestaltete. Sonst kann ich gar nicht in die Nähe von klarerer Wahrnehmung kommen.

    Wenn mir das einmal ein wenig gelungen ist, heißt das nicht, dass das jetzt mein neues, angehobenes Bewusstsein ist. Es gibt viele Zugkräfte in mir, die mich gerne wieder an dem vorherigen Punkt hätten. Da heißt es, am Ball bleiben. Wachsam gegenüber der inneren Richtung bleiben.

    Je mehr sich das setzt / festigt, umso weniger anfällig werde ich dafür, die Hauptrichtung wieder aus den Augen zu verlieren und in alte Gewohnheiten / Muster zu verfallen.

    Sehe ich ganz ähnlich. Könnte sein, dass wir dasselbe meinen. Falls nicht, möchte ich noch auf den Unterschied zwischen Wahrnehmung und Interpretation (und Bewertung) aufmerksam machen.

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa

  • Deshalb halte ich auch nicht viel davon, Mitgefühl zu "üben". Natürlich muss ich mir dessen erstmal bewusst werden, aber das Aufdecken der eigenen Blindheit kann Mitgefühl automatisch freimachen.

    :!:


    Mitgefühl lässt sich gar nicht üben. Zunehmendes Mitgefühl ist ein Resultat von Erkenntnis.


    "Heute / diesen Monat / in nächster Zeit will ich mal etwas mehr Mitgefühl zeigen / entsenden" ist geradezu ein nicht verstehen von Mitgefühl. So funktioniert es nicht.


  • Sehe ich ganz ähnlich. Könnte sein, dass wir dasselbe meinen. Falls nicht, möchte ich noch auf den Unterschied zwischen Wahrnehmung und Interpretation (und Bewertung) aufmerksam machen.

    Das ist auch ein wichtiger Punkt für mich, zwischen Wahrnehmung auf der einen, und Interpretation / Bewertung auf der anderen Seite unterscheiden zu können.

    Für gewöhnlich ist das sehr eng miteinander verknüpft. Es klebt geradezu aneinander. Nur wahrnehmen und den ganzen Rattenschwanz, der sich daran anheften möchte, beiseite zu lassen: das ist nicht mal eben so, mir nichts, dir nichts, getan. Das braucht Konzentration, Sammlung, innere Stille.


  • Beides entspricht nicht meiner Erfahrung.

    Mehr dazu, wenn du magst. _()_


    (So ist es schwer für mich, zu beurteilen, ob wir nicht vielleicht doch gar nicht so auseinander liegen.)


  • Beides entspricht nicht meiner Erfahrung.

    Mehr dazu, wenn du magst. _()_


    (So ist es schwer für mich, zu beurteilen, ob wir nicht vielleicht doch gar nicht so auseinander liegen.)

    Gerne! Allerdings weiß ich gar nicht so recht, was zu sagen ist (passiert mir hier selten :) ).


    Das ist eben meine Erfahrung: Metta/Mitgefühl/Mitfreude lässt sich trainieren, so wie sich Achtsamkeit trainieren lässt. Das kann man auch völlig unabhängig von einem buddhistischen Kontext tun.


    Eine Falle fällt mir gerade auf: Wir reden davon, Mitgefühl zu entwickeln. Eigentlich geht es aber darum, einen mitfühlenden Zustand zu entwickeln. Das ist nicht das selbe.


    Natürlich, so wie Du richtig schreibst, nicht so:

    diesen Monat / in nächster Zeit will ich mal etwas mehr Mitgefühl zeigen / entsenden"

    aber so:

    Heute

    Genau jetzt, genau in diesem Moment. Ganz analog zur Achtsamkeit.


    Allgemein, nicht auf Dich bezogen: Wohl weiß ich aus diesem Forum, dass manche Menschen auf Grund ihrer Geschichte regelrecht Angst vor Güte und Liebe haben; vielleicht, weil sie entweder mit nicht-echt-gemeinter Liebe überschüttet und gebunden wurden, oder weil Liebe kein erlaubtes Gefühl ihn ihrem Leben war. Oder es gibt einfach Gründe, die in der Verschiedenheit der Menschen liegen.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Das ist eben meine Erfahrung: Metta/Mitgefühl/Mitfreude lässt sich trainieren, so wie sich Achtsamkeit trainieren lässt. Das kann man auch völlig unabhängig von einem buddhistischen Kontext tun.

    Moin Aravind,

    das sehe ich anders. Achtsamkeit ist eine geistige Entscheidung und nicht mit Gefühl verbunden, sondern unabhängig genau so wie Konzentration kein Gefühl ist.

    Ich kann mich aber entscheiden für Mitgefühl und Mitfreude oder jedenfalls dieses zu "beherzigen" (wie der Begriff schon sagt, spielt da das Herz eine Rolle). Ob ich das fühle oder mich einfach nur so verhalte, weil ich das richtig finde, sind zwei verschiedene Dinge.

    _()_

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Das ist eben meine Erfahrung: Metta/Mitgefühl/Mitfreude lässt sich trainieren, so wie sich Achtsamkeit trainieren lässt. Das kann man auch völlig unabhängig von einem buddhistischen Kontext tun.

    Moin Aravind,

    das sehe ich anders. Achtsamkeit ist eine geistige Entscheidung und nicht mit Gefühl verbunden, sondern unabhängig genau so wie Konzentration kein Gefühl ist.

    Ich kann mich aber entscheiden für Mitgefühl und Mitfreude oder jedenfalls dieses zu "beherzigen" (wie der Begriff schon sagt, spielt da das Herz eine Rolle). Ob ich das fühle oder mich einfach nur so verhalte, weil ich das richtig finde, sind zwei verschiedene Dinge.

    _()_

    Hallo Monika,

    Ja, das hat verschiedene Aspekte, das finde ich zum Verständnis auch wichtig, gut, dass Du das kommentierst.


    Das mit der Achtsamkeit habe ich "nur" aufgeführt, als Beispiel, dass man sich zu beidem entscheiden kann. Natürlich haben sie verschiedenen Charakter.

    Der Übergang im Bereich der Liebenden Güte zwischen Gefühl und Zustand ist für mich sehr fließend.


    Und genau, Achtsamkeit ist ein Zustand. Aber auch Metta ist in meiner Erfahrung ein Zustand, und nicht in erster Linie ein Gefühl. Der Zustand ist aber auf jeden Fall mit dem Potential an bestimmten Gefühlen wie Mitgefühl und Mitfreude verknüpft, da hast Du völlig recht. Metta ist der Zustand, Mitgefühl und Mitfreude sind praktisch die Manifestation. (Und potentiell weitere wie Freiheit, Leichtigkeit, ...)


    Der Witz ist, dass das nach meiner Erfahrung auch rückwärts funktioniert. Man kann es üben, ganz konkret jetzt im Augenblick Mitgefühl zu empfinden, so wie man sich entscheidet, jetzt achtsam zu sein. (Manche würden statt "empfinden" sagen: "Mitgefühl zuzulassen", nach der Idee, dass unser Metta nur durch andere Gefühle und Ansichten verdeckt sind.) Dadurch gelangt man mit der Zeit immer häufiger in einen Metta-Zustand.


    Wie gesagt, ich rede hier nur über meine Erfahrung. Andere haben andere Erfahrungen.


    Auf der theoretischen Ebene sehe ich da aber auch keinen Widerspruch. Warum sollten wir das Eintauchen in solche Zustände nicht üben können, wo doch jedeR von uns jahrzehntelang aktiv geübt hat, Mitgefühl zu unterdrücken, um unser Ego zu schützen. Warum sollten wir nicht üben können, unser Herz zu öffnen, nachdem wir erfolgreich geübt haben, unser Herz zu verschließen.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich versuche mal, meine Sichtweise noch etwas genauer zu beschreiben:


    Was ich (mittlerweile) unter Mitgefühl verstehe, unterscheidet sich von dem, was teilweise von der Gesellschaft im alltäglichen Leben so als freundliche Gesinnung, liebevolles Verhalten, Güte bezeichnet wird.

    Und – Achtung, jetzt werde ich etwas gemein – ich bezeichne das manchmal als: "Plüschgefühle mit rosa Schleifchen ohne echte Tiefe, manchmal sogar etwas verlogen und vorgetäuscht."


    Das, was ich an dem verbreiteten "Mitgefühl" kritisiere, ist eben gerade genau das: dass es nicht selten antrainiert wirkt. Sobald ich etwas tiefer schaue, löst es sich in Luft auf.


    Vielleicht muss man noch genauer sagen, was man unter "Mitgefühl trainieren" versteht. Für mich klingt das zunächst merkwürdig.


  • Was Du mit "Mitgefühl" meinst, bleibt natürlich vollkommen Dir überlassen.

    Vielleicht muss man noch genauer sagen, was man unter "Mitgefühl trainieren" versteht. Für mich klingt das zunächst merkwürdig.

    Ich rede von Metta, Mudita und Karuna und deren Training. Gerne auch Kultivierung ( CCC), Bhavana.


    Keine Ahnung, in welchem Verhältnis plüschige Verhaltensweisen dazu stehen. ;)


    Ehrlich gesagt fehlt mir auch die Motivation, mich mit Plüsch zu beschäftigen. Am Ende wäre die "Gefahr" für mich zu groß, andere zu bewerten, statt auf die eigene Entwicklung zu gucken.


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ehrlich gesagt fehlt mir auch die Motivation, mich mit Plüsch zu beschäftigen. Am Ende wäre die "Gefahr" für mich zu groß, andere zu bewerten, statt auf die eigene Entwicklung zu gucken.

    Danke für diesen Wink mit dem Zaunpfahl, Aravind. ;)


    Es ging mir nicht so sehr darum, andere zu bewerten (was du ja auch gar nicht behauptet hast, du hast es sicher ganz allgemein gemeint, die Gefahr des Bewertens besteht schnell mal).

    Mehr ging es mir darum, mein eigenes Mitgefühl zu beleuchten und einordnen zu können. Dabei kann es für mich hilfreich sein, mir anzuschauen, in welchem Kontext es zunächst herangereift ist. Und da sehe ich eben, dass Mitgefühl im Sinne von Metta, Mudita, Karuna sich davon unterscheidet.


  • Es gibt anscheinend verschieden Herangehensweisen. Eine beliebte Variante ist es über eine Art Gefühlsentwicklung entsprechende Vorstellungen auf andere (Objekte Menschen, Lebewesen usw) auszustrahlen oder zu empfinden. Eine andere Variante wäre es eben auf seinen eigenen Geist (und damit auf alle Sinneseindrücke) aufzupassen wie eine Mutter auf ihr Kind, damit wird Nicht-Gier, Nicht-Hass und Nicht-Ablenkung kultiviert was zu Nicht-Grausamkeit etc führt- ohne plüschiges sozusagen.

  • Danke für diesen Wink mit dem Zaunpfahl, Aravind.

    :grinsen::grinsen::grinsen:

    Danke für die Rückmeldung.


    Tatsächlich ist das gerade ein wichtiger Teil meines Trainings, nach Anregung von Pema Chödrön (auch, wenn ich kein Tibeter bin):

    "Wenn dich ein äußerer Anlass ärgert oder sonst wie unangenehm berührt, lass den äußeren Anlass sofort los, und wende dich dem zu, was in deinem Geist und in deinem Körper passiert.

    Denn: Wenn du Pech hast, verstärkt der Blick nach außen deine Wahrnehmung noch. Und wenn es ganz blöd läuft, machst du dein Gefühl dabei weg, bevor du dich mit ihm beschäftigen konntest." Sie kann das allerdings viel poetischer und liebevoller ausdrücken. :)


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Ich möchte mal ein Beispiel für Mitgefühl nach meinem Verständnis nennen. Dabei spielt ausgerechnet (:grinsen:!) Aravind eine Rolle. Am 19. März 2020 wurde von ihm der Thread "Aravinds Aufbau-Thread: Positives in der derzeitigen Situation" eröffnet.


    Ich habe das mit einiger Freude zur Kenntnis genommen. Ich sah (und sehe) darin auch unter anderem einen Akt des Mitgefühls. Zu dem Zeitpunkt der Pandemie waren die Verunsicherung und die Ängste in der Öffentlichkeit zum Greifen nahe, sie waren beinahe körperlich zu spüren. Insofern habe ich den Thread auch als eine Oase verstanden, um den zunehmenden Gefühlen und Gedanken in Richtung Leid etwas Aufbauendes zur Seite zu stellen. :maske::wrose:


  • Ich setze mich schon sehr lange mit dem Thema "Mitgefühl" auseinander. Und ich kann natürlich nur von mir sprechen bzw. von dem, was ich bei anderen wahrnehme.


    Meine Schwester zerrann förmlich in Mitgefühl, schon bei kleinsten Anlässen, z.B. wenn ein Esel Lasten schleppen musste - "oh, diese armen Tiere ...". Ich konnte da nicht derart mitfühlen, weil ich ganz andere Probleme in der Welt sah und sehe. Auch erzählte eine Freundin mir vor zig Jahren bei der Hungersnot in Biafra, dass ihre Mutter immer beim Abendbrotessen und den Nachrichten sagte "oh, nein, wie furchtbar" und dann wieder in ihr Brot biss und schon beim nächsten Thema war.


    Das ist natürlich nicht damit gemeint, Aravind, das sehe ich auch so. Aber das hat mich ein Leben lang beschäftigt. Aus Sicht anderer Menschen wirke ich eventuell hart, aber mein Mit-Gefühl äußert sich wenn, dann in Handlung oder aber irgendwie still.

    Und Du hast Recht, es ist möglich, sich darin zu trainieren, denn ich fühle manchmal nix beim Anblick vieler Leichen in der Tagesschau. Ich glaube auch, die Flut an tragischen Nachrichten überfordert mich/uns. Aber ich will mich nicht entschuldigen.


    Auf jeden Fall werde ich in Bezug auf Mitgefühl eigentlich immer wieder mit sentimentalen Gefasel konfrontiert, wobei die Person aus meiner Sicht nichts Konstruktives gegen das Leiden unternimmt und auch natürlich auch nicht kann - und noch nicht einmal weiß, was der Buddha unter Leiden versteht - und natürlich auch nicht einmal daran interessiert ist.

    _()_

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    Ayya Khema

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  • Das ist natürlich nicht damit gemeint, Aravind, das sehe ich auch so. Aber das hat mich ein Leben lang beschäftigt.

    Genau. Je nach Lebensgeschichte verbrauchen sich Begriffe, da muss man ganz pragmatisch mit sich sein, das denke ich auch.


    Ich würde das, was Du schilderst, eher als Mitleid bezeichnen. Meine Peergroup wohl als Übertriebenes-Betroffenheits-Gefasel. :)


    Ich habe wie jedeR auch meine Trigger; manche davon spare ich mir zur späteren Bearbeitung auf... :)


    Liebe Grüße,

    Aravind.

  • Dazu ist mir soeben noch eingefallen, dass ich Mitgefühl eigentlich erst wirklich "erkannt" habe, als ich durch eigenes Unvermögen verstand, warum "die Welt", "die Menschen" so sind wie sie sind. Erst durch das Begreifen der Begriffs Verblendung/Unwissenheit wurde mir klar, wie schwer es ist, sich auf diesen Pfad zu begeben und bereit zu sein, Denken und Handeln zu verändern. Da fühlte ich auf einmal mit, dass es unmöglich ist, wenn da keine innere Bereitschaft zu besteht. Und ich hatte Mitgefühl. Davor waren meine Gedanken immer "wieso begreifen die das nicht ..., warum ändert sich nix oder nur langsam ... usw."

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  • Ich setze mich schon sehr lange mit dem Thema "Mitgefühl" auseinander. Und ich kann natürlich nur von mir sprechen bzw. von dem, was ich bei anderen wahrnehme.


    Meine Schwester zerrann förmlich in Mitgefühl, schon bei kleinsten Anlässen, z.B. wenn ein Esel Lasten schleppen musste - "oh, diese armen Tiere ...". Ich konnte da nicht derart mitfühlen, weil ich ganz andere Probleme in der Welt sah und sehe.

    Möglicherweise verstehen wir Mitgefühl unterschiedlich. Das „oh, diese armen Tiere ..." hört sich nach Mit-Leid(en) an.


    Möglicherweise ist hier nicht der Ort das näher zu definieren. Dann bitte sagen. Mir fiel es auf, da ich schon viele solche Gespräche bzgl. Mitleid/Mitgefühl/Empathie (kognitive/affektive) geführt habe.



    Ich möchte auch gerne einen Text dazu mit euch teilen:


    […]Bevor ein so großes Projekt initiiert werden konnte, führten die Forscher, immer über den Zeitraum von einer Woche, mehrere Schulungsprogramme für Meditationsanfänger durch, die über altruistische Liebe und Empathie meditierten. Diese Vorstudie konnte bereits aufzeigen, dass die meisten Empathie beim Anblick des Leids eines anderen Menschen empfinden können und dass dieses Leid systematisch mit ausschließlich negativen Gefühlen wie Schmerz, Hilflosigkeit, Ängstigung und Entmutigung verbunden wird. Die neuronale „Signatur“ der Empathie ähnelt der von negativen Empfindungen. Allgemein ist bekannt, dass der bei Empathie mit dem Schmerz eines Anderen aktivierte Bereich des neuronalen Netzes (vordere Inselregion und Gürtelwindung), auch bei eigenem Schmerzerleben reagiert.

    Tania Singer und ihre Kolleginnen haben etwa 100 Themen auf zwei Gruppen aufgeteilt. Eine Gruppe meditierte über Liebe und Mitgefühl, eine andere über Empathie. Die ersten Ergebnisse zeigten am Ende einer Meditationswoche über altruistische Liebe und Mitgefühl, dass die Probanden eine sehr viel positivere und liebevollere Wahrnehmung bei Videoauszügen mit leidenden Menschen zeigten. „Positiv“ bedeutet aber nicht, dass die Probanden das Leiden als annehmbar empfanden, sondern dass sie mit konstruktiven Geisteszuständen wie Mut, mütterlicher Liebe und Hilfsbereitschaft reagierten und nicht mit negativen Geisteszuständen, wie Hilflosigkeit, Abwehr, Entmutigung und Vermeidung.

    Darüber hinaus wurde Empathie nicht mehr systematisch mit einer negativen und störenden Wahrnehmung fremden Leids verbunden. Diese Veränderung wurde auf die Tatsache zurückgeführt, dass die Probanden zugewandte Empfindungen für den Nächsten für alle Situationen geübt hatten. Sie waren so in der Lage, dem Anderen in einer schwierigen Situation mit Liebe und Mitgefühl zu begegnen und Resilienz angesichts des Leidens des Anderen zu entwickeln. Normalerweise findet Resilienz beim Patienten statt; nach der Definition von Boris Cyrulnik handelt es sich dabei um die Fähigkeit zu überleben und ein Trauma zu überwinden, indem innere Ressourcen aktiviert werden. Unter Resilienz verstehen wir hier, die Fähigkeit des Probanden, sein ursprüngliches Hilflosigkeitsgefühl zu überwinden und es durch aktive Anteilnahme und Mitgefühl zu ersetzen. Die Daten der gemessenen Hirnaktivitäten bei den Probanden haben ebenfalls gezeigt, dass das Areal des neuronalen Netzes für das Verbundenheitsgefühl und das Mitgefühl aktiviert war, was in der Gruppe, die nur über Empathie meditierte, nicht der Fall war. […]


    Empathie und Mitgefühl: Welche Unterschiede und Zusammenhänge gibt es zwischen diesen beiden Emotionen? – Matthieu Ricard | Neurowissenschaft | Buddhismus

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


    Viele Wege führen ins Nirvana.

    Deepa

  • Hallo Deepa,

    Danke für den Text.


    Natürlich habe auch ich ein Leben lang Mitgefühl empfunden, wenn ich jemanden leiden sah. Dieses Mitgefühl erstreckte sich auch auf Kriminelle in bestimmten Situationen, was mich selbst immer wieder wunderte und mich bei meinen Mitmenschen "allein damit ließ".


    Das Mitgefühl, von dem in der Lehre ausgegangen wird, bezieht sich aber vor allem auf die sogenannten normalen Handlungsweisen, ihr normales Handeln, ihre Unwissenheit - wie z.B. die Gier: sexuelles Verhalten, Billigwaren kaufen/essen, reisen müssen, besitzen müssen.


    Oder Hass: den Ärger rauslassen, obwohl es sich im Prinzip um eine Mücke handelt, Gewalt anwenden, weil die Impulse dazu zwingen, Andersdenkende ablehnen, Kriege führen ...


    Das alles und noch viel mehr fällt unter Unwissenheit. Und deshalb geht es darum, Mitgefühl für die "Menschheit" zu haben in ihrer Blindheit.


    Das ist m.E. noch mal eine Nummer größer nachzuempfinden bzw. sich hineinzuversetzen. Und dies geschieht durch Meditation darüber und Reflektion. Durch diese Erkenntnis kann Mitgefühl entstehen.

    _()_

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    Ayya Khema

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  • Ich kann sagen, wie ich es erlebe. Ich hege keinen Groll; es ist, wie es ist. Da ist eine Akzeptanz dessen, was da ist. Wir alle handeln eben unserem Geisteszustand entsprechend, aus unserer Wirklichkeit heraus. Und an dem Punkt kommt die Ruhe oder Stille - wie auch immer. Ggf. unterschiedliche Termini für einen Zustand.


    Wie wirklich ist die Wirklichkeit. :)

    Paul Watzlawick


    Fällt mir dazu auch ein...

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


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    Deepa

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  • Dieses Mitgefühl erstreckte sich auch auf Kriminelle in bestimmten Situationen, was mich selbst immer wieder wunderte und mich bei meinen Mitmenschen "allein damit ließ".

    Das kommt mir bekannt vor. :)

    Zu meinen Beiträgen: So sehe ich es.


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    Deepa

  • Dies finde ich passend:

    MN 26, Vers 21


    Zitat

    "Da schenkte ich der Fürsprache des Brahmā Gehör und aus Mitgefühl für die Wesen begutachtete ich die Welt mit dem Auge eines Buddha. Als ich die Welt mit dem Auge eines Buddha begutachtete, sah ich Wesen mit wenig Staub auf den Augen und mit viel Staub auf den Augen, mit scharfen geistigen Fähigkeiten und mit dumpfen geistigen Fähigkeiten, mit guten Eigenschaften und mit schlechten Eigenschaften, leicht zu lehren und schwer zu lehren, und einige, die weilten, indem sie Furcht und Tadel in der anderen Welt erblickten."


    'Die Türen zum Todlosen steh'n ihnen offen,

    Wer Ohren zum Hören hat, zeige Vertrau'n.

    Ich dachte, es sei zu beschwerlich, o Brahmā,

    Und sprach nicht vom Dhamma, das tief ist und fein.'


    Nochmal Dank an S-Marter für dieses Zitat.

    _()_

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    Ayya Khema

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  • "Ich bin ein Teil jener Kraft, die stets das Gute will und nur das Böse schafft."

    J.W.v. Goethe "Faust"


    Da ist mein Mit-Gefühl heute. Früher war es bei diesem Satz "Bedauern".

    _()_

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