Gleichmut vs. Gleichgültigkeit

  • Hallo zusammen,


    nach einer längeren Pause vom Forum melde ich mich mal wieder mit einer kurzen Frage. Nach dem lesen einiger Bücher und mal mehr - mal weniger konsequenter Meditation, würde ich gerne eure Meinung zu folgendem Thema hören (Der Thread kann gerne verschoben werden falls er hier nicht passt)


    Die Frage: Wie grenzt ihr Gleichmut zu Gleichgültigkeit ab?


    Folgendes (ausgedachtes Beispiel):

    Man sitzt zusammen mit einer anderen Person auf dem Weg zu einem wichtigen Termin im Auto und ist recht spät dran. Nun kommt es zu einem Stau. Aufgrund der buddhistischen Praxis erkennt man, dass man sich deshalb nicht ärgern sollte und akzeptiert das zu spät kommen. Wie würdet ihr in einer solchen Situation mit Worten wie "Dir ist scheinbar alles egal" umgehen?


    Meiner Erfahrung nach ist es manchmal irgendwie schwierig zu vermitteln, dass eben genau das nicht der Fall ist, also das einem nicht alles egal ist, sondern man die Dinge einfach so akzeptiert wie sie sind.


    Was denkt ihr, habt ihr Tipps bzw. bereits ähnliche Erfahrungen gemacht?


    Viele Grüße

    Sonnenblume

    • Offizieller Beitrag

    Die Frage: Wie grenzt ihr Gleichmut zu Gleichgültigkeit ab?

    Ich stelle mir Gleichmut immer freundlich vor und Gleichgültigkeit unfreundlich.

  • Ich weiß nicht mehr woher ich das habe, aber folgendes ist was ich mir dazu merke:


    Gleichmut: man erlaubt sich bzw. hat den Mut etwas als gleich hinzunehmen, es also zu akzeptieren, auch, wenn es einem nicht leichtfällt oder gar missfällt.


    Gleichgültigkeit: man nimmt sich komplett heraus, es ist schlichtweg egal und koppelt sich von jeglichem Geschehen ab.

    _()_

  • Gleichmut ist ein Gefühl das aus dem Herzen kommt.❤️


    Gleichgültigkeit ist ein negativer Geisteszustand der aus (übergeordnetem) Hass entsteht.

    *************


    Gestern sagte mir die Richterin gleich zweimal;

    Ich kann sie menschlich sehr gut verstehen, doch ich muss das Gesetz anwenden.

    Es ist wichtig es vorzuleben auch wenn ich sie menschlich verstehen kann, das es eingehalten wird,

    damit keine ‚Wildwestzustände‘ an Taxiposten entstehen.


    Eine gleichgültige Aussage wäre zb;

    So sind eben unsere Gesetzte....

    Oder Gesetz ist Gesetz daran haben Sie sich zu halten.


    Die Richterin sprach aus ihrem Herzen zu mir und dafür bin ich ihr heute sehr dankbar❤️


    Sie hat mir damit viel gesagt

    Zb das ich nicht ausgegrenzt bin..

    Zb das ich menschlich nachvollziehbar sprach und handelte

    (als ich Einspruch einlegte, weil ich von einem ‚ Kollegen‘ angezeigt wurde, weil ich am Taxiposten letzten Okt.nicht aufrücken wollte weil Platz genug war, ich mich am Taxiposten gerne bewegte indem ich

    auf und abgehe statt im KFZ zu sitzen.

    ...

    Auch wenn es mich nun 98.50 Euro kostet😤😬😘

    *******

    Die Richterin hat mich erreicht.

    Dafür war es für mich wichtig.


    Es ist die Menschlichkeit die mich berührte und nachdenken ließ....


    In Metta🙏

  • Die Richterin hat mich erreicht.

    Dafür war es für mich wichtig.


    Es ist die Menschlichkeit die mich berührte und nachdenken ließ....

    Das kann ich gut verstehen, darf ich fragen, was du fühlst, wenn du an den Kollegen denkst, der Dich angezeigt hat?


    _()_

    Falls Du glaubst, dass Du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist.

    Dalai Lama

  • Liebe Sonnenblume, das Problem habe ich oft. Meine Partnerin wirft mir vor, apathisch zu sein, ich behaupte, ich bin gleichmütig :D Ganz im ernst: Gleichmut ist ein innerer Zustand. Er ist von außen nicht immer von Gleichgültigkeit zu unterscheiden. Das behaupte nicht nur ich, das hat Ayya Khema in irgendeinem Vortrag mal gesagt. Ich finde, sie hat recht.


    Du kannst nur in Dich reinhorchen und selbst entscheiden, ob das nun Gleichmut oder Gleichgültigkeit ist. In Deinem Stau-Beispiel: Wenn Gedanken hochkommen "ich komme zu spät" oder "mann, wie lange dauert es noch", Du aber nicht drauf reagierst, dann ist es wohl Gleichmut.


    Meine Erfahrung ist, dass man es auch nicht immer vermitteln kann. Besonders, wenn der andere grad zornig ist. Aber eine genaue und sichere Abgrenzung habe ich auch nicht.

  • Ich sehe das auch nur als innerliche Unterscheidung.

    Bin ich gleichmütig, dann ist das ein angenehmes Gefühl, am besten sogar mit dieser Ausstrahlung.

    Bin ich gleichgültig, dann ist das Ablehnung - also ein negatives Gefühl, selbst wenn alles scheißegal ist.


    Erkennen kann das von außen nur jemand, der/die sich auch auf einem ähnlichen Weg befindet und sich Gleichmut übt.


    Die Wahrnehmung von Menschen, die sich damit nicht auskennen, ist eher negativ und kaum zu "verändern", wenn diese Person es denn ohnehin nicht will.


    Soeben wurde ich an meinen Gleichmut erinnert - Danke für diesen Thread Sonnenblume, denn mein Mann stöhnte schon wieder beim Autofahren, weil vor uns eine winzige Baustelle auftauchte und er vom Gas runtermusste. :erleichtert::D

    Ohne mich ist das Leben ganz einfach

    Ayya Khema

    Oder anders ausgedrückt: Die Beherrschung der Gedanken ist der Weg zum Glück (SH Dalai Lama)

  • Danke mkha', tolles Dokument. Lese ich gleich, passend zu Vesakh :)

  • An dem Morgen empfand ich für den Kollegen neutrale Gefühle.So konnte ich seine ‚Forderung’ vom Inhalt her nicht nachvollziehen und wendete mich von ihm im direkten Kontakt ab.

    Den Versuch einer neutralen Kommunikation von mir lehnte er dazu ab.

    Das erleichterte das abwenden.


    Erst zwei Wochen später, so ahnte ich ja nichts von einer Anzeige, bekam ich Post von der Taxibehörde.


    Da kamen nach diesem schriftl.Vorwurf ‚ negative Gefühle‘ auf.

    Und diese förderten ( in mir) eine Flut an emotionalen Wellen mit sich.........🐳🐬🐳


    Eine sehr konzentrierte Vorgehensweise die ich mir im Laufe der Zeit mit emotionalen Wellen angeeignet habe,

    neutralisierte aufkommende Negativität in mir.

    Das dauerte in diesem Fall noch ca. 1 Tag.


    Es war diese Ungerechtigkeit die ich in mir empfand.

    Alte Geschichten....


    Und auch wieder nicht für den Kollegen.

    Für ihn empfand ich schnell großes Mitgefühl.

    Denn, was muss in einem Geist vor sich gegen der Andere, sicher nicht nur mich, für diese Situation bei der Behörde anzeigt, evtl.( wusste er ja nicht) ein Gericht bemüht und mit viel Energie und Fotos so eine schrift.Anzeige verfasst....🤔


    Und auch dieser Geist versucht ja nur glücklich zu sein...


    Es war der Beamte der Behörde der diese Situation nun vom Schreibtisch aus anders ‚ bewerte‘ als dies vor Ort der Fall war.


    Diese Ungerechtigkeit konnte, musste ich für mich vor einem/r ( hoffentlich neutralem, wusste ich ja auch nicht vorher) RichterIn klären.


    Und so kam es auch;

    Die Sache wurde damit nicht als ‚Tatbestand‘ eines Vergehens gegen die Ordnung (gesetzlich.Taxiordnung) von der RichterIn gewertet, sondern als ein ‚ nicht vorleben von Ordnung‘, beschrieb sie es.


    Denn auch ein vorleben von Ordnung gehöre zu einer Ordnung dazu.💫


    Sehr überzeugend, tief und herzlich ausgedrückt.


    Somit erkannte ich mich im ‚Fehlverhalten‘ und kann nun darauf achten und auch den Beamten in seiner ‚ausführenden Machtposition‘ neutraler sehen.

    Auch wenn ich hier noch immer ein ungutes Gefühl bei dem Beamten, ein Gefühl von Willkür ‚ erahnen könnte‘ , dem ich mich jedoch nicht weiter zuwenden möchte, weil es evtl. auch meiner verblendeten Sichtweise geschuldet sein kann😘


    Danke das Du nachgefragt hast liebe Auf dem Wege 🌹

    Ein sortieren tat mir gut.


    Dhammapada

    (256)

    Nicht ist gesetzfest einer, der Mit Willkür das Gesetz auslegt. Der Weise, der da beides prüft, Das Rechte wie das Falsche auch,

    (257)

    Ohn' Willkür und gesetzgemäß Und unparteilich andre prüft, Und so an das Gesetz sich hält, Solch Weiser als gesetzfest gilt.



    In Metta🙏

    3 Mal editiert, zuletzt von Xyz ()

  • Recht lieben Dank @S-Mater, besonders auch für die Hinweise auf 256 und 257, mit wenig Worten sehr viel gesagt.


    Dein Beitrag hat mich an eine Begebenheit in einem Taxi in Berlin vor 6 oder 7 Jahren erinnert. Der Taxifahrer war nicht mehr ganz jung. Wir befuhren eine Hauptstraße, der Verkehr war zähfließend, die aus der Nebenstraße kommenden hatten nur die Chance durch Rücksichtnahme der sich auf der Hauptstraße befindlichen Fahrer in den Fluss zu konmmen. Mein Taxifahrer ließ ein Taxi aus der Nebenstraße rein mit den Worten "ich mache das noch, bin nicht so ein Kollegenschwein wie wir sie jetzt haben. Früher waren wir eine Gilde, aber das hat sich geändert seit die Kanaken verstärkt Taxi fahren, da ist sich jeder selbst der Nächste". Ich habe das einfach so stehen gelassen, hatte keine Lust auf Diskussion.


    Natürlich hast Du Recht, wenn Du mit dem, der Dich gemeldet hast, Mitgefühl empfindest. Ich muss jetzt gerade etwas lächeln, stelle mir die vier beteiligten Personen in einem Theaterstück vor, wo die Gründe des jeweilig Handelnden beleuchtet werden.


    Deine Herangehensweise hat mich sehr berührt.


    :heart:_()_

    Falls Du glaubst, dass Du zu klein bist, um etwas zu bewirken, dann versuche mal zu schlafen, wenn eine Mücke im Raum ist.

    Dalai Lama

  • Es ist zwar schon etwas her, dass die Frage gestellt wurde, ich versuche trotzdem noch, meinen Senf dazu zu geben. Ich hörte darüber in einem sehr berührenden Talk von Ajahn Maha Bua. (Shedding tears in amazement of dhamma, zu finden auf Youtube, mit deutschem Untertitel)
    Kurz zusammengefasst verstehe ich es so:

    In beiden Fällen wird das Herz (citta) nicht von den Ereignissen (ob innerlich/äußerlich) berührt.
    Aber:

    Bei Gleichgültigkeit geschieht das dadurch, dass du eine Grenze ziehst, eine Fassade aufbaust, die Augen verschließt, die Dinge nicht wahrhaben willst - du lässt nichts an dein Herz ran. Bist gewissermaßen „kalt“.
    Der Gleichmut jedoch nimmt alle Dinge an, und zwar vollständig, um in einer Palikanonmetapher zu sprechen: wie die Erde. Egal ob du Fäkalien oder Blumen auf sie legst, sie nimmt beides gleichermaßen an und nimmt sie in sich auf, verwandelt sie. Du hast Gier und Hass und Verblendung überwunden, du haftest nicht an Positivem, lehnst Negatives nicht ab. Du erkennst alles als Phänomene die in Zusammenhang mit allem kommen und vergehen, ohne dich mitreißen zu lassen. In tiefer Weisheit kannst du alles zulassen und loslassen, weil du erkannt hast, dass alles anicca, anatta, dukkha ist. Dein Citta wird durch nichts mehr verwirrt, es bleibt ruhig und glücklich und du kannst aus Weisheit und Mitgefühl in der Situation handeln, ohne aber den inneren Zwang zu haben, überhaupt reagieren oder etwas ändern zu müssen. Durch tiefen inneren Frieden und Weisheit u. Achtsamkeit entsteht Gleichmut. Oberflächlich und auf den ersten Blick erscheinen Gleichgültigkeit und Gleichmut sehr ähnlich. Schaut man aber genauer hin, könnte man sie als Gegenteile beschreiben.

    Alles Liebe 🙏🏼