Übersetzungvorschläge für huatou

  • Wie kann man huatou 話頭/话头 am besten ins Deutsche übersetzen?

    Am besten gar nicht, da dabei unvermeidlich im Original mitschwingende Konnotationen verloren gehen. Um der Frage nicht gänzlich auszuweichen: 話 wäre hier in diesem Kontext mE i.S.v. 'mündliche Überlieferung' (wobei im Chinesischen damit zumindest 'Respekt' verbunden ist) zu verstehen. Das 頭 wiederum ist der 'Kopf' eben dieser speziellen mündlichen Überlieferung - wobei man im Deutschen da statt von 'Kopf' vom 'Kern' der Geschichte sprechen würde. Dabei geht allerdings etwas die im Begriff 'Kopf' mitschwingende Autorität verloren; das Gewicht, das auf diesen 'Kern' gelegt wird.


    Ich würde im Verlegenheitsfall gar nicht so wörtlich übersetzen, sondern Goethes 'des Pudels Kern' aufgreifen - und den so übersetzen Begriff in einer Fußnote näher erläutern :angel:. Wobei die gar nicht mal so umfangreich sein müsste, wenn man vorher, etwa in einer Fußnote zu 公案 (was ich idR als 'Präzedenzfall' übersetze), verständlich gemacht hat, wozu so was gut sein soll und wie man damit umgeht - was also eigentlich der Pudel ist. Wobei sich das allerdings weder durch mehr oder weniger angemessene Übersetzungen noch durch Fußnoten klären lässt - aber da sage ich hier sicher niemandem was Neues ...


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  • sondern Goethes 'des Pudels Kern' aufgreifen

    Das verwendet man (aber) häufig, wenn etwas überraschend ist / unerwartet ist / man etwas nicht ahnen konnte.


  • Man könnte es mit "Kehrwort" übersetzen.


    Danke. Ich habe jetzt einmal nach dem Wort gesucht. 'Kehren' meint hier nicht wegkehren, sauber machen, sondern umkehren. Richtig? In

    MUMONKAN Hauptfälle, Mumons Kommentar, Verse heißt es: "Ein Kehrwort, Umkehrwort oder Verwandlungswort (tengo) ist ein Wort oder ein Satz mit der Kraft, Illusionen in Erleuchtung zu verwandeln. (S.5)"


    Kennt jemand die Schriftzeichen für 'tengo'?

    Am besten gar nicht, da dabei unvermeidlich im Original mitschwingende Konnotationen verloren gehen.


    Aber trifft dies nicht auch zu, wenn ich gar nicht übersetze? Ich meine, kaum ein Leser wird diese Konnotationen überhaupt kennen. Bei einer Übersetzung hat er wenigstens ein deutsches Wort an der Hand.


    'mündliche Überlieferung'


    Bei mündlicher Überlieferung denke ich zuerst an die alten thera, die zusammen ihre Texte vortrugen (saṅgīti) und es ja bis heute noch tun. Das meinst du nicht, oder? Ein huatou ist ja (fast) immer einem gongan/kōan entnommen und Teil eines Dialogs/Begegnung - also eher gesprochenes Wort als Überlieferung. Was denkst du?

  • Kennt jemand die Schriftzeichen für 'tengo'?

    轉語


    Am besten gar nicht, da dabei unvermeidlich im Original mitschwingende Konnotationen verloren gehen.


    Aber trifft dies nicht auch zu, wenn ich gar nicht übersetze? Ich meine, kaum ein Leser wird diese Konnotationen überhaupt kennen. Bei einer Übersetzung hat er wenigstens ein deutsches Wort an der Hand.

    Den Gebrauch von Fremdworten kann man erlernen, einschließlich der damit verbundenen Konnotationen. Übersetzte Fachbegriffe sind für den Leser der bequemere Weg - gleichzeitig aber auch einer, der potentiell Missverständnisse befördert. Da gibt es so gut wie nie eine direkte, wirklich 'passende' Entsprechung - und eine bequeme Übersetzung kann dazu verführen, die inhaltliche Ergründung des Begriffs, seine semantische Klärung, zu vernachlässigen.

    Ein huatou ist ja (fast) immer einem gongan/kōan entnommen und Teil eines Dialogs/Begegnung - also eher gesprochenes Wort als Überlieferung. Was denkst du?

    Nun, es sind schriftlich überlieferte, gesprochene Worte :) ... die seit Jahrhunderten immer wieder von Jemandem der Überlieferung wert befunden wurden ...


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  • sondern Goethes 'des Pudels Kern' aufgreifen

    Das verwendet man (aber) häufig, wenn etwas überraschend ist / unerwartet ist / man etwas nicht ahnen konnte.

    Eben. ;)


    Wobei ich persönlich da weniger an Goethe denke, bei dem sich des Pudels Kern als Mephisto enthüllt, als an den bekennenden Pudelhalter A. Schopenhauer, der seinen Pudel, wenn er sich denn mal daneben benahm, mit dem vernichtenden Tadel "du Mensch!" bedachte. Was ziemlich direkt zur Frage führt, ob der Pudel menschliche oder ob Buddha Pudelnatur hat ...


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  • 轉語


    Danke. Die Übersetzung hier ist ja wörtlich und leicht verständlich. Daher würde ich (Um)Kehrwort nicht für huatou verwenden wollen.

    Den Gebrauch von Fremdworten kann man erlernen, einschließlich der damit verbundenen Konnotationen. Übersetzte Fachbegriffe sind für den Leser der bequemere Weg - gleichzeitig aber auch einer, der potentiell Missverständnisse befördert. Da gibt es so gut wie nie eine direkte, wirklich 'passende' Entsprechung - und eine bequeme Übersetzung kann dazu verführen, die inhaltliche Ergründung des Begriffs, seine semantische Klärung, zu vernachlässigen.


    Da stimme ich einfach mal zu. Aber das Nichtübersetzen von Begriffen nimmt halt auch den ganzen Spaß aus der Übersetzungsarbeit heraus.


    Ich habe mir auch noch ein paar Gedanken gemacht.


    a) 頭/头 hat hier vielleicht gar keine bedeutungstragende Rolle, sondern ist nur eine grammatische Funktion. Wie zum Beispiel in den Wörtern 石頭 Stein, 舌頭 Schlange oder 木頭 Holz. Dann wäre huatou wörtlich einfach nur 'das Wort' u.ä.

    b) 頭 hat auch die Bedeutung von 'Ende', wie in 蠟頭 Kerzenstummel oder 鉛筆頭 Bleistiftstummel. Dann wäre huatou so etwas wie 'Überbleibsel der Worte' oder 'Wörtertende'. Alles natürlich keine "schönen Übersetzungen" selbst wenn die Bedeutung stimmen sollte.

    c) Vielleicht (?) könnte 頭/头 auch im Sinne von 工頭 Vormann, Vorarbeiter, also der Erste unter den Arbeitern, verstanden werden und dann schlicht als 'Hauptwort' im Sinne von das wichtigste Wort, die wichtigste Phrase im kōan verstanden werden. Aber irgendwie erscheint mir dies zu einfach.

  • Ich habe mich schon oft darüber gewundert, dass der Begriff Hua Tou (Hwadu, Wato) bei uns kaum geläufig ist, während er in den koreanischen Traditionen, die dem chinesischen Chan geografisch, historisch und wohl auch inhaltlich näher stehen als die japanischen, quasi in aller Munde ist. Übersetzt wird Hua Tou meist mit "Koan", was wohl auch der Grund dafür ist, dass den Begriff Hua Tou hier kaum jemand kennt.


    Auf der Webseite des Jogye Order of Korean Buddhism (welcher geschätzt etwa 90% aller Seon-Linien unter sich vereint und als extrem seriöse Quelle eingestuft werden kann) findet sich folgende Erklärung:


    Zitat

    Hwadu is made up of the word hwa, which means speech or story, and du, which is a meaningless suffix. So hwadu is just a word for speech. But we must note that Seon masters use this word in a particular way. Hwadu is a special language of Seon masters that blocks all passages for thought and discrimination. (...)


    There are also times when the du of hwadu is not used simply as a suffix. At such times, hwadu means “the head of the word,” and indicates the world before the word comes out. One may also see that hwadu means the definition of words preceding daily speech. Hwadu are presented by the teacher to the pupil and the student must wrestle in a bout with life and death in taking up this hwadu.


    Hwadu are also called gongan and gochik. All mean the same. Gongan also is the public (gong) of transcending public and private, and gochik is the go (past) that transcends time and space, and hwadu is a word that transcends words. In other words, gochik are the just rules of law, the Dharma/Law that was recognized by the ancient worthies. That is they are “the laws that were via words,” and the “laws of the patriarchs of the past.” Being just, the discriminating mind must not intervene in them. Therefore they are called public cases (gongan). If one zealously practice in accord with that Dharma one is sure to be able to see the nature. Gongan are thus said in the sense that they are “standard cases” that will allow one to be enlightened if one practices according to that Law that transcends both sides. In this way gongan are a basis of absolute criteria and judgments in the practice of meditation.


    One may be directly enlightened through such hwadu, gongan and gochik. But if (the Master) says wake up, and one cannot wake up even when it is presented, one has no option but to take up the hwadu.


    What is Hwadu? > What is Ganhwa Seon? | Welcome to Jogye Order of Korean Buddhism



    Mein eigener Lehrer, ein koreanischer Zen-Meister, verwendet Hwadu meist im Kontext von unmittelbarar Praxis mit dem Hauptkoan/Lebenskoan ('Was ist dies?' oder 'Mu'), das man sich im Sinne des Großen Zweifels Tag und Nacht vor Augen führt. Gongan (Koan) wird eher im Rahmen von Koan-Interviews (Dokusan) verwendet, also auch bezogen auf andere Koans als 'Was ist dies?' oder 'Mu', also Koans, die es zu "lösen" gilt. Die Übergänge sind aber fließend, u.a. da in fortgeschrittener Praxis die Nebenkoans zum 'Was ist dies?' bzw. 'Mu' werden.


    So sehr mir Leonies "Kehrwort" als Begriff mit Hinweis auf eine gewisse Bedeutung (bzw. gerade das Überwinden von Bedeutung) sympathisch ist, muss ich mich doch Sudhana anschließen. Ebenso wie wir das Wort Koan ja auch nicht überstzen, sind auch die Konnotationen von Hua Tou zu komplex und historisch speziell, um das in einem deutschen Begriff angemessen einfangen zu können.


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    Einmal editiert, zuletzt von Tai ()

  • Danke, Tai für das Zitat. Ich bin selbst mit 'Koanarbeit' nicht näher praktisch vertraut (bis auf einen 'Ausreißer'), aber ich habe schon länger den Eindruck, dass die Methodik dieser Schulung signifikante Unterschiede zwischen japanischer, chinesischer und koreanischer Tradition aufweist, was mir Dein Zitat bestätigt. Hinsichtlich der Arbeit mit dem Huatou, wie sie speziell Xuyun lehrte, findet man bei seinem Schüler Lu Kuanyu Einiges - sogar in deutscher Übersetzung (unter dem bescheuerten Titel 'Die Geheimnisse chinesischer Meditation').


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  • Hwadu is made up of the word hwa, which means speech or story, and du, which is a meaningless suffix.

    a) 頭/头 hat hier vielleicht gar keine bedeutungstragende Rolle, sondern ist nur eine grammatische Funktion. Wie zum Beispiel in den Wörtern 石頭 Stein, 舌頭 Schlange oder 木頭 Holz. Dann wäre huatou wörtlich einfach nur 'das Wort' u.ä.


    Zwei Idioten, ein Gedanke? Ist das noch Zufall?

    hwadu means “the head of the word,” and indicates the world before the word comes out. One may also see that hwadu means the definition of words preceding daily speech.

    c) Vielleicht (?) könnte 頭/头 auch im Sinne von 工頭 Vormann, Vorarbeiter, also der Erste unter den Arbeitern, verstanden werden und dann schlicht als 'Hauptwort' im Sinne von das wichtigste Wort, die wichtigste Phrase im kōan verstanden werden.


    Allerdings die Gleichsetzung von kōan und huatou kann ich nicht verstehen. Schlütter (200) schreibt in How Zen Became Zen:


    Zitat

    It is important to be aware of the distinction between kanhua Chan and the practice of using gongan as a means of instruction, which is often missed in the secondary literature. Dahui was far from being the first Song Chan master to use gongan stories in teaching his students…

    It is not clear exactly when the practice of commenting on old gongan cases started, but the earliest Chan masters to have such commentaries included in the recorded sayings attributed to them appear to be Yunmen Wenyan and Fenyang Shanzhao (947-1024). It is clear that from the beginning of the Song, Chan masters used gongan in their sermons, composed anthologies of gongan commentary, and used gongan to challenge students to see their own pure Buddha-minds… It must be emphasized that this use of gongan was in no way the special domain of the Linji tradition: gongan instruction was the property of all of the Chan school…


    There is no doubt that Dahui built on previous developments in gongan practice in his creation of kanhua Chan, although kanhua Chan cannot be understood solely as the product of an internal process.


    There is evidence that after several generations of Chan masters had been using gongan stories as teaching devices in sermons and encounters with disciples, some Chan masters began to assign specific gongan to their disciples to contemplate, which at a later point could result in an enlightenment experience for the student. This practice seems to have become fairly common in the eleventh century…

    The development of this use of gongan clearly foreshadows Dahui’s kanhua Chan, and without it, Dahui’s innovations would hardly have been possible. The earlier form of gongan contemplation differs from kanhua Chan in a number of important ways, however. the earlier practice was never advocated as the exclusive or even main practice leading toward enlightenment, and there was no notion of a ball of doubt that builds up before finally shattering… Most important, there is no record from the Song of any earlier Chan master’s having told his audience to focus on a single word or phrase of a gongan story, as Dahui did when he insisted on the intense reflection on the huatou, or punch line, in kanhua practice…

    Dahui’s use of gongan went far beyond anything that is attested in Chan literature before him. He was the first to insist on the absolute necessity of an intense introspection directed toward the crucial punch line part of the gongan, the huatou, and this makes him unique among Song Chan masters. Dahui’s advocacy of kanhua Chan was really without precedent…


    Kanhua Chan can be characterized as a whole new meditation technique. Furthermore, Dahui insisted that kanhua practice was in actuality the only way to enlightenment for Chan practitioners of his day, to the virtual exclusion of other Buddhist meditation practices. In this insistence, he was unusual among the Song Chan masters, who generally tended to take a rather inclusive view of Buddhist practice. It is therefore fair to say that Dahui not only developed a new contemplative technique, he also invented a whole new kind of Chan in the process. {Schlütter 2008 #2042D: 109–116}


    Yunqi Zhuhong definiert huatou wie folgt: "In all of these dialogues there is a single phrase of vital importance, and that is the huatou" (The Letters of Chan Master Dahui Pujue, S. 21). Huatou also als Element innerhalb der gongan, Frage-Antwort-Texte usw. Schlütter "übersetzt" huatou hier mit 'punch line', also Pointe. Hat auch einen gewissen Charme.


    Die Aussage, dass Dahui der allererste war, der mit huatou arbeitete wird von Broughton; Watanabe (2017) in The Letters of Chan Master Dahui Pujue in dieser Deutlichkeit jedoch in Frage gestellt.


    Mein eigener Lehrer, ein koreanischer Zen-Meister

    Auf meinem Nachttisch liegt gerade Core Texts of the Sŏn Approach, ebenfalls von Broughton; Watanabe (2021). Kennst du das?

  • Danke Himmelsbaum für das Schlütter-Zitat - Dumoulin hat sich mit dieser Entwicklungsphase nach meiner Erinnerung nur recht kursorisch beschäftigt, aber dass es da hinsichtlich dieser Praxis erst in der Song-Ära einen Umbruch gegeben haben muss, erschließt sich schon aus der Lektüre der 'klassischen' (tang-zeitlichen) Überlieferungen. Da man solche Entwicklungen gerne an Namen fest macht, stößt man dann irgendwann auch mal auf die Namen Dahui Zonggao und Hongzhi Zhenjue, die 'Gesicht gebend' für die zukünftigen Entwicklungen stehen - zeitlich erstaunlich nahe zum 'Import' nach Japan.


    Danke auch für Deine philologischen Erläuterungen, für einen blutigen Laien wie mich ist das hilfreich.


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  • So kann also gesagt werden, dass jedes Koan ein huatou enthält oder sich als Satz oder Wort komprimieren lässt.

    Linji's Ka ist so ein Beispiel. Aber dieses Wort ist auch die Frage, die den zweifel erweckt. z.B. was ist "Ka"? oder "was ist Mu?". Jeder Fall im Koan-Studium enthält so eine Frage und es ist schon eine Schwächung des Studiums, wenn diese Frage dem Schüler gestellt wird und er sie nicht selbst entdecken kann.

    Wie übersetzt man also huatou? Das EINE Wort? Das letzte Wort?

    Da gibt es das Beispiel 13 des Mumonkan Tokusans Essschalen.

    :zen:

  • Zwei Idioten, ein Gedanke? Ist das noch Zufall?


    Nein, das würde ich als Bestätigung deiner Varianten a) und c) verstehen.


    Yunqi Zhuhong definiert huatou wie folgt: "In all of these dialogues there is a single phrase of vital importance, and that is the huatou" (The Letters of Chan Master Dahui Pujue, S. 21). Huatou also als Element innerhalb der gongan, Frage-Antwort-Texte usw.


    Ja. Dem liegt aber noch eine weitere Ebene zugrunde, auch wenn Yunqi Zhuhong das hier vermutlich gar nicht unbedingt so gemeint haben mag. In der Huatou-Praxis richtet sich die Frage ja direkt auch auf das Fragende. "There's a single phrase of vital importance in the Koan" ist mir ebenso wie "true word or real sentence in this koan" auch schon als Hinweis auf dieses Fragende begegnet. Die Frage an sich ist wertlos. In der tatsächlichen Huatou-Praxis ist "Was ist dies?" oder "Mu" aber zugleich genau dasjenige, das sich die Frage stellt.


    Deswegen finde ich Leonis Übersetzungsvorschlag "das Eine Wort" eine sehr gelungene Idee. Sie drückt tatsächlich genau aus, worum es (nach meinem Verständnis) beim Huatou geht; ebenso wie der Begriff "der Eine Geist" ja auch eine Überwindung von Subjekt-Objekt-Dualität impliziert. Auch Erklärungen von Huatou als "Wort vor dem Sprechen" oder "dem Augenblick vor dem Denken" gehen in eine ähnliche Stoßrichtung, denn dieser Augenblick kann ja nicht verschieden sein von genau dem Geist, der diesen Augenblick realisiert.


    Allerdings würde ich trotzdem dafür plädieren, den unübersetzten Begriff zu- oder mindestens mitzuverwenden z.B. durch Klammersetzung oder in Form von Fußnoten etc. - einfach weil der Begriff historisch doch recht bedeutungsreich ist und, wenn es um Koanpraxis geht, dringend in den gängigen buddhistischen Wortschatz des Westens gehört.


    Auf meinem Nachttisch liegt gerade Core Texts of the Sŏn Approach, ebenfalls von Broughton; Watanabe (2021). Kennst du das?


    Nein, bisher leider nicht.

  • den koreanischen Traditionen, die dem chinesischen Chan geografisch, historisch und wohl auch inhaltlich näher stehen als die japanischen


    Zumindest Zen-Meister Foguang Ruman stimmt dir hier in Bezug auf Muyŏm zu.


    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.


    Quelle: Broughton; Watanabe (2021): Core Texts of the Sŏn Approach: a Compendium of Korean Sŏn (Chan) Buddhism

  • Danke auch für Deine philologischen Erläuterungen, für einen blutigen Laien wie mich ist das hilfreich.


    Bitte auch immer mit folgender Anmerkung im Hinterkopf lesen: Ich boxe da teilweise auch oberhalb meiner Gewichtsklasse. Ich habe zwar modernes Chinesisch studiert, was natürlich hilft, aber klassisches Chinesisch, buddhistisches Chinesisch usw. ist doch noch einmal etwas anderes. Als Muttersprachler für Deutsch werden sich die meisten von uns wohl schwer tun, den Straßburger Eid auf Althochdeutsch zu lesen. Auch wenn dies nicht ganz vergleichbar ist zum klassischen Chinesisch.

    finde ich Leonis Übersetzungsvorschlag "das Eine Wort" eine sehr gelungene Idee.


    Gefällt mir auch ganz gut.


    Eine beliebte Praxisfrage im chinesischen Zen ist auch: wer ist es, der den Namen Buddhas intoniert (念佛是谁)?

  • Himmelsbaum ,

    Wie kann man huatou 話頭/话头 am besten ins Deutsche übersetzen?

    Wie wäre es mit "das wichtige/entscheidende Thema" oder "die wichtige/entscheidene Frage", die jemand hat? Oder wie Jeff Shore es wohl ausdrücken würde: "die brennende Frage im Hier und Jetzt" (siehe sein Buch Der Weg beginnt unter Deinen Füßen, S. 173, wo er die Koan-Praxis im Rinzai-Zen beschreibt).

  • Dies wäre mir dann doch zu lang für eine Übersetzung. Da ist es dann wirklich besser, huatou einfach unübersetzt zu lassen und "die brennende Frage im Hier und Jetzt" und so in die Fußnote zu packen.


    Ich habe mit 'Wendung' als Übersetzung geflirtet, wie in Redewendung. Das hätte dann auch, was mir bei 'Kehrwort' so gut gefällt, nämlich die zweite Bedeutung von Umkehr (des Geistes). Dahui Zonggao spricht im Kontext der Huatou-Praxis auch von 活句 und 死句. 句 ist 'Satz, Phrase' und 活 'lebend, lebendig' und 死 'tot, sterbend'. Und vielleicht nehme ich 'Wendung' doch lieber als Übersetzung für 句: lebende Wendung für die richtige Huatou-Praxis und sterbende Wendung für falsch aufgefasste Huatou-Praxis.