5 Thesen zu einem Buddhismus im Westen

  • Es ist nun viele Jahrzehnte Jahre her, dass buddhistische Lehrer in den Westen kamen. Der Buddhismus wurde schnell Teil der hiesigen Gegenkultur. Was haben wir seitdem gelernt? Und wie hat sich der Buddhismus im Westen verändert? 5 Thesen.


    1. Westlicher Buddhismus ist eine Laienbewegung: In den meisten asiatischen Ländern sind – wenn überhaupt – buddhistische Mönche die wirklich Praktizierenden. Sie konzentrieren sich auf Meditation und Studium, während Laien sie unterstützen. Die Unterscheidung zwischen Mönchen und Laien passt nicht in die moderne Gesellschaft. Gibt es überhaupt buddhistische, zölibatäre Mönchsorden im Westen? Nicht monastische Praktizierende sind im Westen die Regel. Sie gehen oft mit großem Ernst einen spirituellen Pfad. Sie sie es, die den Buddhismus im Westen tragen und weiterentwickeln.
    2. Der traditionelle Buddhismus hat Gepäck: Tibetische Lamas, die in den 1970er Jahren zu uns kamen, schienen unsere Shangri-La-Fantasien zu erfüllen. Aber neben Inspiration und Weisheit brachten sie auch sektiererische Tendenzen, Schamanismus, mittelalterliche hierarchische Systeme und tiefen Konservatismus mit. Die zweite im Westen populäre buddhistische Schule, der Zen, hat nicht weniger Probleme. Darauf müssen wir mit unseren eigenen westlichen Werten und Einsichten reagieren und eine Transformation des traditionellen Buddhismus herbeiführen – wir sind mitten in diesem Transformationsprozess. Westliche Ideale finden ihren Weg reaktiv in die buddhistische Orthodoxie.
    3. Die Schulen vermischen sich: Die meisten asiatischen buddhistischen Lehrer gingen davon aus, dass sie ihre bestehenden Schulen im Westen unverändert weiterführen würden. Aber die Grenzen lösen sich auf. Die westliche buddhistische Welt ist im Wesentlichen nicht konfessionell. Bei allem Gerede über Linien, Übertragung und Reinheit der Lehre wird der westliche Buddhismus von den Bedürfnissen der Schüler und nicht den Wünschen der Lehrer bestimmt.
    4. Achtsamkeit ist der Ort, an dem sich Buddhismus und Westen begegnen: Buddhistische Achtsamkeitspraktiken werden auf alle Lebensbereiche angewandt, von der Behandlung psychischer Probleme über die Arbeit bis hin zu ganz alltäglichen Verrichtungen, wie das Kochen und Essen. Wir erleben einen Achtsamkeitsboom. Der buddhistische Einfluss auf die westliche Kultur ist in allen Bereichen stark: in der Kunst, im sozialen Handeln, in der Sorge um unseren Planeten, in der Psychotherapie etc.
    5. Im Westen etabliert sich eine eigene buddhistische Kultur. Sie ist ein Synkretismus aus den Einflüssen Asiens und westlichen Werten und Vorstellungen.

    Quelle unbekannt, von mir bearbeitet.

    "Es gibt nur eine falsche Sicht: Der Glaube, meine Sicht ist die einzig richtige."

    Nagarjuna / 塞翁失馬焉知非福

  • Während Luthers Thesen ja in erster Linie etwas Politisches waren, würde ich bei heutigen Thesen erwarten dass man sie empirisch belegen kann.


    Der Buddhismus im Westen ist vorwiegend ein asiatische Buddhismus. Den 30 000 deutschstämmigen Buddhisten stehen 230 000 bis 250 000 asiatische Buddhisten gegenüber. Diese sind in ihrer Herkunftskultur verwurzelt.


    Von den 30 000 vertritt die DBU ungefähr 9 500. Während es große Organisationen außerhalb der DBU gibt. So gibt der Diamantweg an, 5 500 Mitglieder zu haben und die Sokka Gakkai 3 500 Mitglieder zu haben. Allein diese beiden Organisationen haben also so viele Mitglieder wie die DBU. ( Zahlen von hier )


    Von daher ist die Frage, wo genau die von dir aufgestellten Thesen überprüfbar sind. Kann man feststellen, dass in der DBU die traditionellen Buddhisten an Halt verlieren und es mehr größere Organisationen gibt, die nicht mehr einer Tradition zuzuordnen sind?


    Wie könnte man die Thesen empirisch überprüfen?

  • Nur kurz zu den Zahlen: Das ist eine Diamantwegseite, deren Interesse ist es, die DBU kleinzurechnen und sich selbst gross darzustellen. Die Zahlen stimmen deshalb nicht. Die Zahlen, die die DBU kommuniziert und die remid zitiert übrigens auch nicht. Das kann ich mit Sicherheit sagen.

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  • Wie könnte man die Thesen empirisch überprüfen?

    These 1: Es gibt hierzu keine empirisch ermittelten Daten. Aber Kenner der Szene werden dem Zustimmen. Ich bin gut vernetzt und kenne persönlich etwa ein Dutzend Ordinierte. Allein der engere Kreis der DBU sind vielleicht 100 Leute, zu denen fast das ganze Dutzend Ordinierter gehört, die damit fast 100 sog. Laien gegenüberstehen.


    These 2, das „Gepäck“: Dazu empfehle ich die Arbeit des Religionswissenschaftlers Georg Wenisch (zunächst einmal über tib. Buddhismus):

    https://rw-ktf.univie.ac.at/fileadmin/user_upload/i_religionswiss/Wenn_Schwaene_im_Wasserlilienteich_schwimmen._Sexueller_Missbrauch_im_tibetischen_Buddhismus__Georg_Wenisch_2021_.pdf


    These 3: Hier gibt es Daten der MBSR/MBSC-Verbände. Und man staunt, wieviele Menschen Achtsamkeitsübungen in ihrem Alltag praktizieren, wie stark komplementäre Massnahmen, oft achtsamkeitsbasiert, herkömmliche medizinische Therapien begleiten oder wieviele Menschen zumindest schon einmal einen Achtsamkeitskurs belegt haben.


    Laut Verband wurden allein in D von den Lehrern des Verbands in 2020 mehr als 2.400 8-wöchige MBSR Kurse gegeben. Durch den Verband sind mehr als 1.000 MBSR-Lehrer zertifiziert. Wieviele bud. Lehrer können wir in die Waagschale werfen? Wieviele (Intensiv-) Kurse, die mit einem 8-wöchigem MBSR-Kurs vergleichbar wären, haben 2020 wohl zum Dharma stattgefunden?


    These 4: Zu den Zahlen habe ich schon was gesagt. Diese Domain hat der Diamantweg schon lange. Diese Daten aber sind direkt online gegangen, nachdem sich die Wege der DBU und des Diamantwegs getrennt hatten. Diese Website erfüllt rein politische Zwecke.


    These 5: Das lässt sich einfach zeigen. Zen im Westen ist schon lange nicht mehr mit Zen in Japan zu vergleichen und diese Modernisierung fließt zurück nach Asien. Auch der tibetische Buddhismus wandelt sich. Es wird beispielsweise offen darüber gesprochen, ob das Tulku-System nicht abgeschafft gehört.

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  • Die Unterscheidung zwischen Mönchen und Laien passt nicht in die moderne Gesellschaft.

    Die Unterscheidung ist in manchen Kontexten hilfreich, in anderen nicht. Das hat mit der modernen Gesellschaft recht wenig zu tun.


    Gibt es überhaupt buddhistische, zölibatäre Mönchsorden im Westen?

    Je nachdem welche buddhistische Richtung man betrachtet, gibt es diese "im Osten" auch nicht. Die Idee dass ein Mönchsorden zölibatär sein müsste ist nichts, das im Buddhismus zwingend notwendig ist.


    Aber neben Inspiration und Weisheit brachten sie auch sektiererische Tendenzen, Schamanismus, mittelalterliche hierarchische Systeme und tiefen Konservatismus mit

    Konservatismus war hier auch schon vorher vorhanden, manches wurde verstärkt anderes wurde abgeschwächt. Auch Schamanismus und ähnliches war hier - wie überall auf der Welt - über Zeiten hinweg ein wichtiger Teil der Kultur, welcher die Entwicklung der Gesellschaft vorangetragen hat.


    Darauf müssen wir mit unseren eigenen westlichen Werten und Einsichten reagieren und eine Transformation des traditionellen Buddhismus herbeiführen – wir sind mitten in diesem Transformationsprozess.

    Wir stecken immer in einem Transformationsprozess. Wie überall auf der Welt gibt es im Osten, im Westen, im Norden wie im Süden Probleme und wir müssen aufpassen nicht auf Scharlatane hereinzufallen und auch nicht auf Hetzer die Gruppen gegeneinander ausspielen wollen - unabhängig in welchem Kontext das passiert. Dabei darf man nicht blind in die Falle laufen die eigene Sicht der Dinge mit einer vermeintlichen Wahrheit zu verwechseln. So einfach ist die Welt leider nicht.


    Die meisten asiatischen buddhistischen Lehrer gingen davon aus, dass sie ihre bestehenden Schulen im Westen unverändert weiterführen würden.

    Da bin ich mir nicht so sicher. Schaut man sich Shunryu Suzuki und ähnliche an, kann man sehen, dass vieles "im Westen" anders gemacht wurde als es in z.B. Japan der Fall war. Das fängt auch schon bei Kleinigkeiten wie den Oryoki Ritualen an und hört nicht bei den Lehrreden auf. Die Sprache, wie auch die gewählten Mittel waren an die Zuhörenden angepasst. Entsprechend hat sich natürlich auch die Art der Vermittlung und das äußere Bild der Praxis verändert.

    Achtsamkeit ist der Ort, an dem sich Buddhismus und Westen begegnen:

    Was ist überhaupt "der Westen"? Buddhismus ist in meinen Augen mehr als nur Achtsamkeit oder MBSR. Nicht jede Achtsamkeitsübung ist buddhistisch - genauso wie nicht jeder Buddhist achtsam ist.


    Im Westen etabliert sich eine eigene buddhistische Kultur. Sie ist ein Synkretismus aus den Einflüssen Asiens und westlichen Werten und Vorstellungen.

    Die Buddhistische Praxis hat sich - wie auch jede andere kulturelle Struktur - immer angepasst und wurde in die bestehenden Strukturen eingewebt. Das ist nichts unübliches sondern eine normale Entwicklung.


    Was ich immer noch nicht weiß ist, was dieser ominöse Westen ist. "Der Westen" - wenn man jetzt mal Europa und Amerika meint - ist so vielfältig und unterschiedlich wie es nur sein kann. Weder fängt es an, noch hört es auf bei den Themen Waffen, Essen, Verkehr und Freiheitsverständnis. Eine Unterteilung in "Osten" und "Westen" ist altbacken - besonders wenn es um das Buddhadharma geht. Will ich dem Dharma folgen obliegt es mir selbst heraus zu finden was der Weg ist. Ich selbst muss ihn gehen. Die Unterteilung in "Osten" und "Westen" bringt mir dabei gar nichts.

    _()_

  • Das könnte der Autor der Thesen sein:

    Buddha zieht nach Westen
    Neun Thesen, die einen Weg weisen können für die Praxis. Ein Plädoyer für einen aufgeklärten westlichen Buddhismus.
    www.ursachewirkung.com


    Auf das Problem des Standortes "Westen" wurde ja schon hingewiesen.

    Wichtiger als diese Richtung ist zu wissen, wie viele Buddhisten - Laien und/oder Mönche -z.B. in Europa oder Deutschland oder den USA überhaupt zahlenmäßig erfasst sind.

    Was sich aber grob schätzen lässt, ist die Annahme einer Marginalität des Buddhismus in den christlichen, jüdischen und muslimischen Kulturen.

    Religion
    Mehr als jede vierte Person hält die Existenz eines Gottes für ausgeschlossen bzw. für nicht bewiesen. Auffällig ist dabei der große Anteil an nicht gläubigen…
    www.bpb.de


    Die Frage Mönche oder Laien hat nichts mit "dem Westen" zu tun, sondern mit den Ressourcen, die nötig sind, um eine monastische Gemeinschaft aufzubauen. Es gibt aber schon eine Reihe von Entwicklungen in den USA, Frankreich etc. Ob das die nächsten Generationen überdauert, ist natürlich offen. Jedenfalls sind keine weiteren Gründungen hinzu gekommen.

    Der tibetische B. ist da sicherlich am weitesten, weil er sich nie als Laienbuddhismus verstanden hat und entsprechende Zentren aufgebaut hat, in denen Lehrer tätig sind.

    Allgemein ist eher von einem Rückgang der Entwicklung auszugehen.


    Wir erleben am Beispiel des MBSR und ähnlicher Angebote, dass vor allem kommerzielle Gründe zur Verbreitung buddhistische Elemente eine Rolle spielen. Daher haben wir eben in der Psychologie, der Beratungsszene u.a. Angebote mit buddhistischen Inhalten. Die Kommerzialisierung der Spiritualität ist aber ein allgemeines Phänomen und findet sich auch in der traditionellen christlichen Religionen. Buddhismus bietet da Elemente oder Versatzstücke an, die sich vermarkten lassen.

    :zen:



  • 5 westliche Thesen über Buddhismus

    dürfte als Überschrift mehr beschreiben, was jedoch nicht vom Buddha gelehrt wurde.


    Ein innerer Pfad, wie der edle achtfache Pfad den der Buddha lehrte benötigt keine Konstrukte, keine Ein-/Zuordnung, es steht Leerheit am Ende des Weges den der Buddha ging.


    Verbundenheit wird dabei in Hingabe erlebt.

    Verankerte Hingabe durch Vertrauen auf dem Pfad entstanden.


    Welche als Resultat auch nicht unbedingt einer westlichen Weise entspricht.

    Dagegen spricht ist ein ganzer Wirtschaftszweig.


    Es ist dabei also wohl mehr ein westlicher Wunsch nach vermeintlicher Sicherheit in einer nicht von Sicherheit existierenden Welt da draußen.

    Verständlich.


    In Metta🙏

    Einmal editiert, zuletzt von Numisatojama ()

  • Was ich immer noch nicht weiß ist, was dieser ominöse Westen ist. "Der Westen" - wenn man jetzt mal Europa und Amerika meint - ist so vielfältig und unterschiedlich wie es nur sein kann.

    Ja, da hast du recht. "Westen" ist immer so eine Selbstbeschreibung gewesen. Gerade im kalten Krieg positionierte sich ja der "Westblock" gegenüber dem Ostblock, indem er sich als Hort von Demokratie, Kapitalismus und Freheit positionierte und Werte der Aufklärung zu verbreiten suchte. Am häufigsten werden da die liberale Demokratie und folgende Werte genannt:

    • Freiheit,
    • Rechtsstaatlichkeit,
    • Gleichheit vor dem Gesetz
    • Individualismus
    • Toleranz gegenüber Minderheiten


    Wobei es ja zentral ist , dass sich diese aufklärerischen Ideen selber gerade nicht geographisch verorten sondern als universell begreifen. Sie liegen nicht auf einem Chromosom sondern man kann sie verbreiten. Was ja im Zuge der Globalisierung passiert ist: Man findet nach wie vor meist europäische Länder die deutlichste Ausprägung aber im Detail ist es häufig überraschend:


    Demokratie


    Bei der Demokratiequalität liegen z.B Japan, Österreich, Korea und Kanada ungefähr auf dem selben Level während Griechenland das ja einigen als Erfinder der Demokratie gilt als"defizitäre Demokratie" und auch die USA ist nur knapp drüber.


    Rechtsstaatlichkeit:

    Auch bei Rechtsstaatlichkeit ist es so, dass europäische Länder zwar insgesamt weit vorne liegen, im Detail aber Japan vor Ländern wie Belgien und England rangiert.

    Auch hier macht also das Ost-West Denken wenig Sinn.


    Toleranz:

    Wenn man sich als Beispiel für Toleranz den LGBTQ equality Index ansieht, dann ist da Europa zwar sehr tolerant aber auch dies taugt nicht zur Abgrenzung. So liegen z.B Indien und Thailand vor Italien ( Wahrscheinlich wegen des neofaschistischen Backslash)


    Freiheit:

    Die politische und zivile Freheit nach Freedom House ergibt folgendes Bild:

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Hier sind Japan, Mongolei und Indien ebenso wie der Westen mit zivilen und politischen Freiheiten gesegnet. Bei der persönlichen Freheit liegt Taiwan vor Italien.


    Individualismus:

    Zu Individualismus gibt es bei Hofstede die Kulturdimension Kollektivismus/Individualismus. Da sieht man dass es in Europa/Nordamerika tatsächlich besonders "individualistisch" ist.

    Bitte melde dich an, um diesen Anhang zu sehen.

    Dies gilt aber interessanterweise nicht für Portugal und Spanien.


    Gerade Spanien war ja bis 1975 noch eine Militärdiktatur, in der die Jungfrau Maria den Titel eines Ehrengenerals der spanischen Armee zugesprochen wurde. Während Japan damals schon eine Demokratie war.


    Ich denke jeder Zen-Lehrer der jünger als 80 Jahre alt ist, ist in einem liberalen, säkularen Rechtstaat aufgewachsen - in einer modernen individualisierten Konsumgesellschaft.


    Und sogar vor mehr als hundert Jahren gab es im Buddhismus ja Leute wie den anarchosyndikalistischen antiimperalistischen Sōtō Abt Uchiyama Gudō:

    Uchiyama war ein entschiedener Verfechter demokratischer Rechte. Er forderte die Abschaffung des Meiji-Kaisersystems und eine Landreform zugunsten armer Bauern. Scharf kritisierte er Zen-Führer seiner Zeit, die der Meinung waren, die niedrige soziale Position von Menschen sei eine Folge ihres schlechten Karmas, und damit das Elend der Bauern rechtfertigten.[5] Als Sozialist setzte Uchiyama sich für eine schrittweise Abschaffung des Privateigentums, für die Gleichberechtigung der Geschlechter, für kostenlose Gesundheitsversorgung und freie öffentliche Bildung ein.[6] Bei Eintritt Japans in den 1. Weltkrieg rief er die Wehrpflichtigen auf, massenhaft zu desertieren

    Uchiyama war ein Radikaldemokrat mit Diamantsutra dran, der ( neun Jahre vor Rosa Luxemburg) für sein Eintreten für die Recht der Armen hingerichtet wurde.


    Es ist eine Welt mit zahlreichen Parallelen und Verstrickungen.

  • Ich meine, wir reden hier von Ideen und Lebensphilosophien. Das liegt daran, dass ich Religionen überwinden will, und damit hat das institutionelle und die Festlegung von irgendeiner Lehre, einem Dogma, einem Ritual für mich keine Bedeutung. Auch die Gebundenheit an eine Region, ein Land hat mich nicht zu interessieren. Heutzutage ist es nicht schwer, ein Weltbürger oder Kosmopolit zu sein.


    Wie also kann die Buddha-Lehre mein Leben bereichern? Von vornherein ist das - auch wenn es konsumistisch und egoistisch klingt - die m.E. richtige Herangehensweise. Jedes "aber Theravada/Zen/etc. sagt es so" als Prämisse ist unnütz. Jeder prüfe mit seiner Einsichtsfähigkeit. Das, was übrig bleibt, ist dann "meine" buddhistische oder Zen-Praxis, und deine sieht vielleicht ganz anders aus.


    Dennoch will ich zu den 5 Thesen von oben was sagen:


    1. Zen war von Anfang an eine Laienbewegung, denn es war ja nicht institutionalisiert. Eine Gruppe scharte sich offenbar um (einen wohl ordinierten) Bodhidharma in den Bergen und erfand das buddhistische Rad so halbwegs neu. Auch der Buddha war ja ein Laie. Ob Buddha oder Bodhidharma, beiden waren selbstherrlich genug zu bestimmen, wer es würdig war, in ihre Fußstapfen zu treten.


    2. Das Zen hat keine Probleme, sondern einige seiner Lehrer. Die Tibeter faseln immer noch vom Shangrila, auf die eine oder andere Art, ihre Religion ist voller Hokuspokus und Klimbim. Als Nicht-Tibeter muss mich das nicht interessieren, aber das es deren Kultur in Wechselwirkung wesentlich ändert, ist unwahrscheinlich. Ich lese jede Woche, wie völlig von sich eingenommen einer ihrer Tulkus ist (Steven Segal, denn ich als Kampfkünstler durchaus schätze), wir haben also lebende Beispiele herumlaufen für das Versagen dieser Tradition, ethisch Erwachte zu erkennen (das gibt es natürlich auch im institutionalisierten Zen zuhauf).


    3. Die Schulen vermischen sich nur, weil viele Westler sich nicht entscheiden können und ein Mischmasch aus Lehren versuchen, unter einen Hut zu bekommen. In Asien ist das getrennt. Hierzulande gibt es oft nur Eintopf. Ich kann bis heute z.B. aber auch nicht begreifen, wie ein nach Deutschland entsandter japanischer Zen-Meister einen Dualisten wie Thich Nhat Hanh bewundern konnte. Wenn man nur lange genug im Lande ist ...


    4. Der buddhistische Einfluss ist nicht in "allen Lebensbereichen" stark. Das beste Gegenbeispiel sind zunehmende Aufmerksamkeitsdefizite, wie sie von Neurologen ständig angeprangert werden, vor allem befördert durch unseren Umgang mit sozialen Medien. Dadurch steigt das Bedürfnis nach Abhilfe durch MBSR etc., aber die Tendenz geht insgesamt eher zur Ablenkung und mangelnden Konzentration. Das, was als Achtsamkeit erscheint, wie Klimakleber, ist oft einseitig informiertes und hilfloses Getue. Die Achtsamkeit gilt nur den eigenen Anliegen.


    5. Im Westen etabliert sich vor allem eine muslimische Parallelkultur. Die buddhistische ist hingegen relativ bedeutungslos und besteht eher in Utensilien und Einrichtungsgegenständen. Der Buddhismus ist ein Geistestraining, jedenfalls wenn man dieser Interpretation der Karma-Lehre zustimmt, nach der es Gedanken, Absicht, Wille sind, die Konsequenzen bedingen. Einige meinen hingegen, Aktivismus sei wichtig, andere, Nichtstun (stundenlanges Meditieren) sei entscheidend. Da finden sich eher Extreme, denen gemeinsam ist, das sie sich vor allem meinen, körperlich positionieren zu müssen (wie die Klimakleber und die Zazenisten), und erst danach dem Geist widmen.

    "Ein Mönch, der Fragen stellt und sich unsicher ist, wie er den Geist eines anderen einschätzen mag, soll einen 'Buddha' genau untersuchen, um festzustellen, ob dieser tatsächlich erwacht ist." (Vivamsaka Sutta)