Vielleicht bist Du so freundlich, das noch ein wenig zu erläutern.
Die Praxis, die Du beschreibst (mit Mantra als "Anker" beginnen etc.) ist ja in der thailändischen Waldklostertradition verbreitet. Ich konnte auch einige Mönche kennenlernen, die jahrelang so praktiziert haben, ohne diesen Zustand, den Du als Deinen "natürlichen Zustand" beschreibst, zu erreichen. (Darüber wurde auch offen gesprochen.) Damit meine ich Mönche, die zeitweise durchaus viel Samadhi und Sati entwickeln konnten, allerdings nicht kontinuierlich und stabil.
Würdest Du mir zustimmen, dass es eher die Ausnahme als die Regel ist, einen solchen stabilen Zustand zu erreichen, wie Du ihn beschreibst?
Das mag jetzt vielleicht nicht so in den Schriften stehen, aber ich bin mir sicher dass wir alle unterschiedliche Erfahrungen und Qualitäten in diese Existenz einbringen. Wir praktizieren nicht seit einem Jahr oder 25 Jahren, wir praktizieren schon seit unzähligen Existenzen. Und da entwickeln sich unterschiedliche Fähigkeiten.
Aber ich stimme ihnen (dir) vollkommen zu, es ist selten.
Warum konnte ajahn chah, mahasi sayadaw, tenzin Palmo eine so hohe Verwirklichung erlangen, während manche von uns nach 10 Jahren Praxis immer noch auf der Stelle stehen? Erstens weil ihre Praxis an der ersten Stelle steht, und zweitens weil sie gewisse Qualitäten in diese Existenz mitbringen. Im Westen ist das Thema der Wiedergeburt (wieder ergreifen) ein tabu.
Warum?
Weil wir dank Google, mp3, Youtube, Bücher die Erfahrungen der Meister lesen, hören können.
Und für jemanden der halbwegs erfolgreich war in seiner Praxis, bedeutet Erleuchtung, daß niemand Erleuchtung erlangen kann.
Niemand der stirbt und geboren wird.
Jetzt sehen wir aber all die Gräber auf dem Friedhof und lesen diese Aussagen der Meister, die wir respektieren und verehren.
Und wir denken uns, dass die Wiedergeburt nicht von Buddha gelehrt wurde, oder das er sie aus dem Hinduismus übernommen hätte, weil wir den Unterschied zwischen den beiden Religionen nicht sehen.
Wir wechseln von einem Glauben zum anderen.
Schon wenn wir in den Strom eintreten, können wir unseren Glauben hinter uns lassen.
Erleuchtung ist nicht irgendwo, und wir können es nicht erlangen.
Die Praxis ist im Prinzip eine Praxis der Reinigung und ein Öffnen des Herzens.
Da ist ein Pfad zur Erleuchtung, aber niemand der die erreichen könnte
Da ist nur anicca, anatta, dukkha.
Was wird wiedergeboren? Unwissenheit, Gier, Angst, Begierde usw.
Diese Sachen und die Resultate unserer Handlungen halten uns fest im Samsara.
Wir wollen jemand sein, oder auch nicht mehr sein, und alle unsere Probleme basieren auf einer falschen Sichtweise.
Zurück zum Thema Samatha.
Samatha muss am Anfang ständig kultiviert werden. Die zwei bis drei Retreats im Jahr reichen da nicht aus.
Wir sollten unsere Aufmerksamkeit nicht ständig nach außen tragen.
Vielleicht hattest Du schon mal die Erfahrung, dass Du nach einem retreat wieder relativ schnell in alte Muster verfallen bist.
Warum? Weil die 30 Minuten am Morgen und am Abend die restlichen Stunden nicht ausgleichen können.
Wir hören Musik, wir lesen unzählige Bücher und schauen Fernsehen.
Man geht vielleicht ins Kino und Gönnt sich ein paar Bier mit Freunden.
Das alles schwächt unseren Samatha Level.
Diese Welt bietet unglaublich viel Ablenkung.
Das klingt jetzt sehr egoistisch, aber für mich war die Praxis wichtiger als alles andere.
Erst da habe ich verstanden warum der Buddha seine Familie und alles andere hinter sich gelassen hat, um sich der Praxis zu widmen.
Er hat es (glaube ich zumindest) in 6 Jahren zum arahat gebracht, ich habe es in 15 Jahren noch nicht geschafft.
Aber da ist kein Neid, ganz im Gegenteil, da ist nur Dankbarkeit.
Ich hoffe das ich ein paar Fragen beantworten konnte und verbleibe mit freundlichen Grüßen!